Zwei Leser*innenbriefe
Zur Lage in Syrien

von Heiner Philip und Anton Holberg

10/2016

trend
onlinezeitung

"Der Artikel ist zwar umfangreich, doch in seiner Gänze unterlegt von falschen Annahmen, indoktriniertzen Politiken und ungenauen Recherchen.

1. Syrien ist ein souveräner Staat.
2. es war der einzige Staat frei von Religions-Scharmützeln- und zwar nicht wegen repressalien, sondern wegen umsichtuiger Politik.
3. Es steht keinem Usurpator/Intruder zu, einen regime change zu machen
4. Syrien ist vom tiefen Staat USA ausgeguckt worden, um a) ans gas ud Öl zu kommen; b) zusammen mit Irak eine grosse Orientfläche zu verwüsten; c) politisch Syrien aufzuspalten für spätere Imperiums-Politiken ( NATO- Russia-Angriff - IRAN-Krieg- Eindämmung der Multi-Polaren Weltordnungsbestrebungen und Forcierung der UNI-Polaren Weltbestrebung ONE-WORL der USA.
5. Seit 2005 ist Syrien im Planungsfeuer der USA, 2007 wurde der Plan zur Zerstörung Syriens gefasst - erster Zug der Diffamierungen
6. 2011/12 wurde der Feltman/Perthes-Plan geschaffen: Vierteilung Syriens und aktiver Krieg via Allianzen und terrorgruppen ( CIA/Al-quaida)
7. Feltman = UNO-Politiker!
8. Perthes war lange vor Ort, nun in der deutschen Think-Tank-Szene = Dior SWP, Berlin
9. die Beiden haben den Vierteilungsplan für die USA/UNO entwickelt und die terrorgruppen = "Opposition" in der BRD eingeladen zu Konferenzen und Verfahrensweisen, wie man Assad brechen kann.
10. Deutschland ist also direkter Kriegs-Partner der USA!
11. Die terrortruppen - heute als IS benannt, sind allesamt durch den CIA gegründet worden- teilweise schon im Afghanistan-Krieg, dann lauend immer mehr bis heute. Namen sind unwichtig- denn alle werden von den USA oder Saudi-Arabien oder Pakistan oder Gemeinschaften finanziert und munitioniert.
12. Die sog. Opposition gibt es nicht, denn diese Truppen sind alles KÄMPFER gegen Assad und für den regime-Change der USA
13. das illegale un völkerrechtswidrige !!!!! Dauer-Bombardement der NATO-Allianzen hat ausser Völkermord nichts gebracht.
14. die 350.000 Tote gegen auf das Konto der USA!
15. Erst als Assad so gut wie bewegungsiunfähig wurde, rief er Russia zur Hilfe - offiziell über die UNO.
16. Der Sicherheitsrat blockierte.
17. Russia hat gedroht, seine gesamten Unterlagen und Recherchen des Feltman/Perthes-Plans in die Welt-Öffentlichkeit zu tragen-
und damit die UNO ,USA, und alle im Sicherheitsrat zu desavouieren!
18. Der Sicherheitsrat hat dann die Res. 2249 + etwas später 2254 beschlossen: im Klartext: NUR ASSAD und RUSSIA dürfen in Syrien
kämpfen gegen den IS/Terror/bewaffnete Opposition, auch bei Waffenstillständen!!!
19. Russia hat innerhalb 4 Monaten ca 50% der terrorgruppen ausgelöscht ( darunter auch US-Söldner!
20. der erste Waffenstillstand wurde von den USA benutzt, um neue Truppen, neue Terrristen und neue Waffen einzuschleusen/ üb Türkei.
21. die Rissen haben protestiert und Recht bekommen.
22. Die Öl-Diebstähle der Türken und IS mit Verkauf an und über Israel wurde durch Russia unterbunden und veröffentlicht.
23. der zweite Waffenstillstand ( Genfer Gespräche) machte klar, dass es keine "moderaten" und böse terroriaten gab, sondern nur Kämpfer.
24. Die terroristen konnten mit neuen Waffen wieder etwas Boden gewinnen. Erst Bombardements US-strateg. Zentren in Syrien rief die USA wieder dazu auf, einen Waffenstillstand zu machen ( weg"Hilfskonvois")
25. Der Bluff von den Konvois wurde aufgedeckt- die Waffenlieferungen verhindert; die USA schossen syr. Stellungen ab, Russia stoppte den Konvoi und verlangte Öffnung, was aber versagt wurde- daraufhin wuden weitere US-Stellungen in Syrien zerstört. USA schäumt und zieht Gross-Offensive Presse-LÜGEN durch.
26. Neue Waffenruhe wird nicht zustand ekommen, weil USA allzudeutlich immer wieder gelogen hat und im Prinzip die diplomatische Gutgläubigkeit der Russen mißbrauchte.
27. Jetzt greift USA zu ihrem Reserveplan: jetzt wird direkt Krieg in Syrien gemacht: neue starke Waffen, Flugverbotszone und vorausstichtlich der echte Proxy Krieg USA : Russia.... der Weltkrieg III liegt vor der Tür!

Soweit in Kürze die Zusamenfassung aus vielen recherchen. Das Wichtigste ist: souveräne Staaten dürfen NIEMALS von irgendeiner Macht usurpiert, okkupiert oder überfallen werden oder mit Regime-Change zerstört werden. DAS ist gröbstes Verbrechen gegen das Völkerrecht. Selbst undemokratische Staaten ( weltweit ca 75%!) dürfen nicht von Anderen mil. bezwungen werden- das macht die USA weltweit und behauotet noch, sie tue GUTES."

Am 4.10.2016 sandte er uns eine für TREND überarbeitet Fassung:

"Der folgende Text ist ein Leserbrief an die “Sozialistische Zeitung“ (SoZ). Um ihn auch für solche Leser verständlich zu machen, die den hier kritisierten Text von Kristin Helberg, die immer wieder im Fernsehen als Syrien-Expertin auftritt und dort – erwartungsgemäß wenngleich mit für ihre dortige Umgebung mit überdurchschnittlichem Wissen ausgestattet - die politische Stoßrichtung „unseres“ Imperialismus bedient, habe ich einige Zitate aus K.Helbergs Text eingefügt."

A. Holberg 4.10.2016

Frau Helberg hat in dem von der SoZ aus “Qantara“, der Online-Zeitschrift der Deutschen Welle, übernommen Artikel  eine Vielzahl wichtiger Fakten zusammengetragen. Ihren Schlussfolgerungen vermag ich dennoch nicht zu folgen.

Sie spricht (hier wie die imperialistsche Propaganda) durchgehend von “Assad“, der entmachtet werden müsse [„Tatsächlich lässt sich Syrien als Staat nur ohne Assad retten, der Präsident ist kein Garant, sondern eine Gefahr für Syriens Staatlichkeit“]

1) Kein Regime dieser Welt besteht aber nur aus oder stützt sich nur auf eine Person. Bashar al-Assad ist mehr noch als sein Vater Hafiz, der immerhin lange Jahre Luftwaffengeneral und schließlich Oberbefehlshaber der syrischen Armee war, Repräsentant wenn nicht gar nur Aushängeschild eines weitverbreiteten Netzwerks der syrischen Gesellschaft, nicht zuletzt eines führenden traditionellen Clans, nämlich der Assad(s) aus der alawitischen Minderheit, die ihrerseits nach der Unabhängigkeit Syriens in Folge der Zerschlagung des (sunnitischen) Omanischen Reiches nach dem 1. Weltkrieg eine zentrale Rolle in der syrischen Armee einzunehmen begann. Über ihre Herrschaft und die mit ihr verbundenen sozio-ökonomischen Maßnahmen konnte sie in Gestalt der kleinbürgerlich-nationalistischen Baath-Partei verschiedenste soziale Schichten und Gemeinschaften an sich binden, nicht zuletzt die unter dem osmanischen Sultanat zwar geschützten aber nicht gleichberechtigten nicht-sunnitischen Minderheiten – außer den Alawiten selbst eben Christen, Drusen und Schiiten. Darüberhinaus gelang es ihr aber auch wesentliche modernistische Teile der sunnitischen Handelsbourgeoisie zu kooptieren. Wie die blutige Revolte von Hama Anfang der 80er Jahre gezeigt hatte war ihr das in Hinblick auf die traditionalistischen Sektoren der sunnitischen (Klein-)bourgeoisie nicht gelungen [s. Hanna Batatu u.a. in “Syria’s Troubles“,MERIP Report,Washington D.C., No.110, 1982]. Diese sah vor allem in der Muslimbruderschaft ihre sozio-politische Repräsentantin. Die Muslimbruderschaft ist heute eine zentrale Kraft in der syrischen (Exil-)oppostion. Ein Sturz von Bashar al-Assad wird somit von einem nicht unerheblichen Teil der syrischen Bevölkerung mit großer Wahrscheinlichkeit als Bedrohung ihrer sozialen und politischen Gruppeninteressen betrachtet. Davon kann man ausgehen, auch wenn man von den Ergebnissen der letzten “Wahlen“ in Syrien nicht besonders viel hält.

2) In der Tat ist das Regime, wie die Autorin richtig sagt, vom Ausland abhängig. Welches Regime in der imperialistischen Peripherie wäre aber nicht vom Ausland – genauer von einigen ausländischen Staaten und Kräften – abhängig, nachdem sich die militärisch und wirtschaftlich stärksten Kräfte im Ausland – die NATO-Staaten unter Führung der USA, die Ölmonarchien der arabischen Halbinsel sowie Israel und sogar Länder wie Australien, das sich im September an der Bombardierung syrischer Soldaten beteiligt hat - spätestens seit Beginn des bewaffneten Aufstands gegen das Regime vor 5 ½ Jahren entschieden hatten, ihren alten Plan zum “regime change“ zu verwirklichen - durch einen tiefgreifenden Wirtschaftsboykott und die politische und materielle Unterstützung für die bewaffnete Opposition (darunter Waffenlieferung, Ausbildungshilfe etc.)? Dass die Kräfte, die das Assad-Regime heute militärisch unterstützen, das nicht aus Liebe zu ihm tun, [Hinzu kommt die Abhängigkeit des Regimes vom Ausland. Ohne die militärische Unterstützung aus Russland und dem Iran wäre Assad längst am Ende. Und ohne die personelle Verstärkung durch schiitische Milizionäre aus dem Libanon (Hizbollah), aus dem Iran, Irak und Afghanistan gäbe es keine Geländegewinne am Boden.] liegt auf der Hand. Russland hat ein generelles Interesse daran, sich der Einkreisung durch die USA und ihren Anhang zu erwehren und seine einzige Auslandsmilitärbasis, nämlich die einzige Marinebasis im Mittelmeerhafen Tartous, zu verteidigen. Der Iran und mit ihm die libanesische Hezbollah unterstützen das syrische Regie nicht, weil es ihm etwa religiös nahestünde. In der Tat können die alawitischen theologischen Vorstellungen von den im Iran herrschenden Zwölfer-Schiiten nur als absolute Ketzerei angesehen werden. Was sie verbindet, ist die Feindschaft, mit der sie seitens ihre Gegner von den USA über Israel bis hin zu den traditionell Schiiten-feindlichen Wahhabiten und Muslimbrüdern konfrontiert sind. Ob also das Regime so schwach wäre, wenn nicht nur es selbst, sondern auch die “Rebellen“ keine Hilfe (Waffen, Geld und nicht zuletzt Kämpfer) von außen erhielten, dürfte nur schwer zu ermitteln sein.

3) Frau Helbergs Nebenbemerkungen über die Kriegsverbrechen sind relativ irrelevant. Es herrscht Krieg, sogar z.T. ein Bürgerkrieg, und da sind Kriegsverbrechen von allen Seite überall Gang und Gäbe. Es dürfte – außer für weite Teile der westlichen staatstragenden Medien – kein Geheimnis sein, dass auch die “Rebellen“ nicht mit Wattebäuschen werfen, sondern etwa in West-Aleppo durch Artillerie-/Raketen-Beschuss von Wohnvierteln regelmäßig Zivilisten, darunter natürlich auch die immer wieder gerne ins Feld geführten Kinder, töten.

Frau Helberg behauptet, dass Assads Abgang Voraussetzung für ein Ende des Krieges sei. Das träfe vielleicht zu, wenn es außer ihren frommen Wünschen irgendeinen Hinweis darauf gäbe, dass sich die Feinde des Regimes danach auf einer Basis vereinigen könnten, die eine Regierungsbildung für ganz Syrien ermöglichen würde. Man bedenke aber, dass diese Leute es seit fünf Jahren nicht geschafft haben, ein Mindestmaß an politischer und militärischer Einheit herzustellen [ zum bis Mitte Oktober aktuellsten Fall s..https://now.mmedia.me] – es sei denn eine militärtaktische unter der Führung takfiristischer (d.h. jener Muslime, die Muslime anderer Richtung als „Ungläubige“ oder gar Abtrünnige“ und somit gegebenenfalls hinzurichtende bezeichnen) Jihadisten à la Jabhat an-Nusra, Ahrar ash-Sham oder IS etc. etc. Was macht Frau Helberg so hoffnungsfroh, dass sie uns erzählen will, dass nur, weil sicher die Mehrheit der Syrer weiter rauchen und musikhören wollen, die Jihadisten, die ja ganz offen erklären, dass der Wille der Menschen völlig uninteressant sei, wenn er dem (natürlich von ihnen interpretierten) Willen Gottes widerspreche, ihre blutig erkämpfte Machtposition zur Disposition stellen lassen würden? Wenn Frau Helberg erklärt: „Russland und die USA wären deshalb gut beraten, Syriens islamistische Rebellen zu Verbündeten im Kampf gegen den IS zu machen und deren Hauptfeind Assad so unter Druck zu setzen, dass dieser den  den Weg für eine Verhandlungslösung freimacht.“, dann verwechelt sie die strategischen und taktischen Unterschiede, die zwischen den jihadistischen Gruppen bestehen, mit grundlegenden Unterschieden in ihren gesellschaftlichen Zielen. Für all jene Syrer, die nicht nur weiter rauchen und musikhören wollen, sondern auch weder als vom Islam Abtrünnige massakriert noch als nicht-islamische “Leute des Buches“ (Juden und Christen“ in den Zustand von „Dhimmis“(Schutzbefohlenen) zurückgesetzt werden wollen, gibt es nicht nur mit dem IS nichts zu verhandeln.

4) Zum Abschluss: es ist möglich, dass das syrische Regime nicht in der Lage sein wird, den Krieg – und damit bis aus Weiteres den Frieden - für sich zu entscheiden. Dass sein Sturz durch „die“ bewaffnete Opposition aber Frieden und ein Mindestmaß an Stabilität ermöglichen würde, scheint mir ausgeschlossen. Die unbewaffnete Opposition hat ohnehin nichts zu melden.