Am 3. Oktober wird der 25.
Jahrestag der „deutschen Einheit“ begangen. Die letzten 25
Jahre gelten als deutsche Erfolgsgeschichte. Doch wir
sagen: Es gibt nichts zu feiern!
Erinnern wir uns: Am 2.
Oktober 1990 trat die DDR nach Artikel 23 des Grundgesetzes
der Bundesrepublik Deutschland bei. Dies war der Endpunkt
einer Entwicklung, die von den Ereignissen im Sommer und
Frühherbst 1989 über die Grenzöffnung am 9. November 1989
zu den Volkskammerwahlen am 18. März 1990 geführt hatte.
Das Ende der DDR, des ersten sozialistischen Staates auf
deutschem Boden, in dem 40 Jahre lang die Macht des
Kapitals beseitigt war, war Realität. Damit ver-schwand ein
Land vom deutschen Boden, in dem die Arbeiterklasse und
ihre Partei, die SED, im Bündnis mit anderen
gesellschaftlichen Kräften 40 Jahre den Sozialismus
aufgebaut hatten. Es war ein Land, das weltweit Ansehen
genoß wegen seines Eintretens für Frieden,
Völkerverständigung und internationale Solidarität in
Zusammenarbeit mit anderen sozialistischen Ländern.
Nach der Befreiung 1945
waren die deutschen und sowjetischen Sozialisten und
Kommunisten fest entschlossen, Deutschland als Ganzes zu
erhalten und einen demokratischen Neubeginn und Wandel in
ganz Deutschland ohne Faschisten, Kriegsgewinnler und
Kapitalisten zu beginnen, und ein wirkliches neues
demokratisches und friedliches Deutschland zu erbauen. So
sah es auch das „Potsdamer Abkommen“ der vier Siegermächte
von 1945 vor. Doch es kam anders: „Lieber das halbe
Deutschland ganz, als das ganze halb“- nach dieser
Adenauer-Devise wurde Deutschland gespalten.
Nach der Gründung der BRD
am 23. Mai 1949 wurde die Gründung eines eigenen Staates
unausweichlich. Er entstand am 7. Oktober 1949. Das Ende
der DDR hatte neben äußeren, objektiven – historischen,
ökonomischen und politischen – auch subjektive Ursachen.
Dazu gehörten, wie in den anderen sozialistischen Staaten
Europas und vor allem der Sowjetunion, Entwicklungen in der
führenden Partei, der SED, die zunehmend in den 70er und
den 80er Jahren Vertrauen großer Teile der Mehrheit der
Menschen im Land verlor.
Die Entwicklung bis zum 3.
Oktober 1990 war auch Ergebnis der äußeren und inneren
Konterrevolution. Von Beginn der Existenz der DDR an wurde
– vor allem auch von Westdeutschland aus – versucht, den
Sozialismus auf deutschem Boden zu ersticken, zu
zerschlagen: durch ökonomischen Druck, Handelsboykott,
massive Abwerbung von Fachleuten, durch Sabotage und
Anschläge bis hin zu Pla-nungen für einen Tag X und
militärische Bedrohung, aber auch durch ideologische
Diversion und letztlich auch die Politik eines vor allem
durch den – durch die (west)deutsche Sozialdemokratie
konzipierten um umgesetzten – „Wandel durch Annäherung“.
Alle Möglichkeiten, auch die Fehler der DDR und ihrer
politischen Führung wurden genutzt. So auch 1989/90.
Die Wirtschafts- und
Währungsunion Anfang Juli 1990 bedeutete bereits die
Besitzergreifung der DDR durch die BRD, die Auslieferung
Ostdeutschlands an das große Kapital, die totale
Unterordnung ohne Chance auf eine eigene, selbstbestimmte
Entwicklung.
Sie hatten erreicht, was
sie 40 Jahren angestrebt hatten: Die Eigentums- und
Machtfrage war zugunsten der großen westdeutschen Konzerne,
Banken und Versicherungen entschieden, die überhaupt kein
Interesse daran hatten, mögliche Konkurrenten in
Ostdeutschland zu erhalten. Der 2-plus-4-Vertrag, die
Beitrittserklärung der letzten Volkskammer der DDR, der
Einigungsvertrag galten nur noch der politischen und
juristischen Bestätigung der entstandenen tatsächlichen
machtpolitischen Tatsachen.
Die Folgen der
Wirtschafts- und Währungsunion, der am 3. Oktober die
politische Union, also die staatliche Annexion folgte,
waren für die Mehrheit der Bürgerinnen und Bürger der DDR,
verheerend. Das mit dem Beitritt vogelfrei gewordene
Volkseigentum der DDR wurde mit Hilfe einer „Treuhand“
systematisch ausgeplündert und verteilt. Die „Gewinner“
waren vor allem die westdeutschen Banken, Versicherungen
und Konzerne: unter anderem durch die Ausschaltung der
Konkurrenz, die Übernahme von Handelsbeziehungen, die
Ausweitung der eigenen Absatzmärkte usw.
Nach 1990 wurde die
Industrie der DDR – bis auf einige wenige „Filetstücke“ –
zerschlagen, staatliche Institutionen sowie viele
kulturelle Einrichtungen wurden „abgewickelt“.
Hunderttausende Universitäts-, Hoch- und
Fachschulabsolventen wurden entlassen. In den Jahren 1990
bis 1995 wurden in Ostdeutschland drei Millionen
Arbeitsplätze vernichtet. Im Jahre 1997 war im
Industriebereich nur noch ein Drittel der Menschen
beschäftigt, die 1989 dort arbeiteten.
Aus Fordernden, die ihre
Rechte laut Arbeitsgesetzbuch der DDR meist erfolgreich
einklagen konnten, wurden in jenen Monaten und in den
Jahren nach 1990 viele frühere Bürgerinnen und Bürger der
DDR zu Bittstellern und Almosenempfängern. Die Folge war,
dass in manchen Regionen vor allem viele junge, gut
qualifizierte Leute ihre Heimatorte verließen.
Fakt bleibt auch, dass per
Entlassungen und „Abwicklungen“, aber auch juristisch und
politisch, mit jenen abgerechnet wurde, die sich für die
DDR, für den Sozialismus aktiv engagiert hatten.
Durch die Zerschlagung der
Betriebe und staatlichen Institutionen, den schrittweisen
Abbau in vielen Bereichen der Wirtschaft, der Wissenschaft
und Kultur, die ständige Ungewissheit, unter welchen
Bedingungen man eventuell noch Arbeit finden könne, die
permanente Delegitimierung und Verketzerung des
Sozialismus, eine forcierte „Stasi“-Hysterie usw. erfolgte
eine umfassende Entsolidarisierung jener, die nur gemeinsam
ihre Rechte hätten verteidigen können.
Die Ungleichbehandlung der
Ostdeutschen ist bis zum heutigen Tag nicht beseitigt. Nach
wie vor gelten für Ostdeutschland niedrigere Löhne, meist
längere Arbeitszeiten, Rentenungerechtigkeit. Die
durchschnittliche Arbeitslosigkeit ist höher als in den
„alten Bundesländern“. Doch auch im Westen Deutschlands
veränderte sich nach 1990 für viele die Situation: In nicht
wenigen Regionen ist – vor allem in den letzten Jahren –
die Zahl der Arbeitslosen und Armen dramatisch gewachsen.
Das deutsche Großkapital
sah sich durch die Niederlage des Sozialismus in Europa und
die Annexion der DDR bestärkt und in seinen ökonomischen
und politischen Positionen in der EU wie weltweit gestärkt.
Das Kräfteverhältnis hatte sich grundlegende verändert. Es
wurde Zeit für eine Offensive zur Gewinnung von größeren
Macht- und Führungspositionen:
• Nicht nur der Osten
Deutschlands wurde ab 1990 zum Experimentierfeld des
Großkapitals für Privatisierung, Deregulierung, den Abbau
sozialer Errungenschaften und demokratischer Rechte. Die
gewonnenen „Erfahrungen“ nutzte man für das gesamte Land
und danach in EU-Europa. Michael Rogowski, der damalige
Vorsitzende des BDI erklärte am 16.12.2004 auf PHOENIX:
„Am 9.11.1989 haben wir mit der Maueröffnung auch die
Abrissbirne gegen den Sozialstaat in Position gebracht.
Hartz V bis Vlll werden demnächst folgen. Es ist
Klassenkampf und es ist gut so, dass der Gegner auf der
anderen Seite kaum wahrzunehmen ist.“
• Mit der Niederlage des
Sozialismus in Europa und dem Ende der DDR „wuchs“ die
Rolle Deutschlands in der europäischen und
internationalen Politik; der Weg wurde zugleich frei für
Kriegsbeteiligung und Auslandseinsätze der Bundeswehr zur
Durchsetzung von Kapitalinteressen. Auch vom Gebiet der
DDR geht heute Krieg aus. Auf dem modernsten
Truppenübungsplatz Europas, dem Gefechtsübungszentrum
(GÜZ) in Sachen-Anhalt werden Krieg und
Aufstandsbekämpfung geübt. Aber das reicht alles noch
nicht aus. Laut wird gefordert, „noch mehr Verantwortung“
(Gauck) in der Welt wahrzunehmen …
Diese Politik hat
wesentlich zur Eskalation von Kriegen und militärischen
Konflikten geführt – dem Hauptgrund für millionenfache
Flucht. Und der mörderische Krieg gegen Flüchtlinge an den
Grenzen der EU unter Beteiligung Deutschlands hat bereits
viele tausende Tote gefordert.
Die Kriegsgefahr in
Europa wächst.
Doch es geht noch um
weitaus mehr: Der Abbau von sozialen und politischen
Grundrechten, die Verschlechterungen von Arbeits- und
Lebensbedingungen im ganzen Land für viele Menschen, die
Feststellung, unter den heutigen Kräfteverhältnissen selbst
mit großen Friedensdemonstrationen oder Streiks der
Belegschaften weniger als vor noch 25, 26 Jahren zu
erreichen, lähmen den Widerstand.
In einer solchen Situation
bieten Rechtspopulisten und Faschisten – nicht nur im Osten
Deutschlands, sondern gleichfalls im Westen, ebenso wie in
vielen anderen Ländern Europas – scheinbar Lösungen für die
soziale und politische Misere. – Eine hoch gefährliche
Entwicklung.
All dies war viele Jahre
bis 1989/1990 – bis zum Zusammenbruch und der Zerschlagung
der sozialistischen Staaten in Europa und der DDR – in
dieser Ausprägung nicht möglich. Auch dem Großmachtstreben
der aggressivsten Kreise des westdeutschen Monopolkapitals
und seiner politischen Vertreter waren Grenzen gesetzt.
25 Jahre nach dem 3.
Oktober 1990 läuft die bürgerliche Propaganda wieder auf
Hochtouren: Eine friedliche Revolution gegen das
DDR-Unrechtsregime, gegen „Unfreiheit“ und „Stasi“ habe es
damals gegeben, die schließlich zur deutsche Einheit
führte. Die Geschichtsfälschungen und die Versuche der
Delegitimierung der DDR gehen weiter, denn die Menschen
sollen glauben, dass es keine gesellschaftliche Alternative
zum Kapitalismus geben kann.
Doch die Spur, die die DDR
hinterließ, ist tief: Trotz der anhaltenden
antikommunistischen Propaganda erinnern sich auch heute
nicht wenige Menschen, dass es ein Land gab mit sozialer
Sicherheit, in dem niemand Angst haben musste, den
Arbeitsplatz zu verlieren, ein Land mit einem
fortschrittlichen Bildungssystem, einem Gesundheitssystem,
das Schwächen hatte, aber für alle da war. Es bleibt die
Erinnerung, dass in diesem Land bereits mehr für die
Gleichberechtigung der Frau erreicht worden war, dass es
vor allem ein Land war, von dem niemals Krieg ausging,
sondern in dem Solidarität mit Ausgebeuteten und
Unterdrückten, in dem Friedenspolitik und Antifaschismus
Staatsdoktrin waren.
Wir Kommunistinnen und
Kommunisten halten die Erinnerung an die DDR wach, an das
bessere Deutschland, an die Möglichkeit einer
gesellschaftlichen Alternative.
Aber wir sagen zugleich:
Der Kampf gegen Krieg, um Frieden, um soziale und
demokratische Rechte, gegen Faschisten und für eine
Veränderung der Verhältnisse muss verstärkt werden.
Sozialismus ist heute
nötiger denn je!
Dafür steht die DKP,
dafür kämpfen wir.
Quelle:
http://news.dkp.suhail.uberspace.de
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