75 Jahre Zweiter Weltkrieg 
DAS ENDE
Aus den letzten Kriegstagen in Berlin
Flugblätter des antifaschistischen Widerstands

10-2014

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Diese Handzettel wurden in Berlin Steglitz von dem desertierten und untergetauchten Wehrmachtsoldaten Kurt Funk (SPD) hergestellt und verteilt.


                        Quelle: Hans-Rainer Sandvoß, Widerstand in Steglitz und Berlin, Westberlin 1986, S. 197

Die Gruppe "Ernst" agiert in den letzten Kriegstagen in Steglitz, Südende und Zehlendorf nicht nur mit Flugblättern, wie dem nachfolgenden, sondern auch mit "Graffiti"-Aktionen, indem sie Naziplakate übermalte und verunstaltete.


Quelle: Hans-Rainer Sandvoß, Widerstand in Steglitz und Berlin, Westberlin 1986, S. 198

Flugblatt der Gruppe "Mannhart", illegal gedruckt in Berlin Reinickendorf, Hermsdorferf Damm 87 und in Reinickendorf verteilt. 

Quelle: Hans-Rainer Sandvoß, Widerstand in Pankow und Reinickedorf, Berlin 1992, S. 236

Infos zur Gruppe "Mannhart"

Die Reinickendorfer Gruppe „Mannhart" leistete von 1942 an organisierten Widerstand gegen die NS-Diktatur. Die Aktiven trafen sich zu geheimen Zusammenkünften, halfen Verfolgten und kämpften in Wohngebieten und auf betrieblicher Ebene - darunter besonders bei Rheinmetall-Borsig - gegen die Gewaltherrschaft und den Krieg. Gründer, Leiter und geistiger Kopf dieser großen Gruppe aus Sozialdemokraten, Sozialisten und Kommunisten war der Heiligenseer Arzt Dr. Max Klesse. Der Mediziner Max Klesse (1896-1963) gehörte im 1. Weltkrieg der pazifistischen Unabhängigen Sozialdemokratischen Partei (USPD) und ab 1920 der SPD an. Er unterrichtete seit 1921 an der Berliner Gewerkschaftsschule und wurde später auch Mitarbeiter der (SPD-nahen) „Sozialistischen Monatshefte". Seit 1926 wirkte Dr. Klesse als stellvertretender Stadtarzt und Stadtoberschularzt von Reinickendorf. Wie viele andere  jagten auch ihn die Nazis 1933 aus dem Amt. Nach diesem tiefen beruflichen und politischen Einschnitt eröffnete er zusammen mit seiner Frau, Dr. Maria Klesse, eine Arztpraxis in Heiligensee, Am Hirschwechsel 34. Dieser Ort sollte zu einem zentralen Treffpunkt einer der bedeutendsten Berliner Widerstandsgruppen werden. Mit der Entfesselung des 2. Weltkrieges begann Dr. Klesse mit seiner Frau antinazisti­sche Flugblätter zu verfassen, zu vervielfältigen und anonym per Post zu versenden. Seinen eigenen Angaben im Jahre 1949 zufolge rief Dr. Klesse im November 1942 die Widerstandsgruppe „Mannhart" ins Leben. Zu den frühen Mitgliedern zählten (neben dem Ehepaar Klesse) der Bauarbeiter Otto Dressler (Heiligensee, Zeisgendorfer Weg 4), der Arbeiter Otto Engel und der Lehrer Hans R. Schneider (beide aus Heiligensee), Walter George aus Konradshöhe (Elstergasse 16) und Georg Kaufmann aus Hohenschönhausen, ein alter sozialdemokratischer Freund von Dr. Klesse. Die Gruppe wurde zunehmend erweitert und fand über einige besonders aktive Arbeiterfunktionäre Zugang zu wichtigen Großbetrieben, die wiederholt Flugblätter in ihre Betriebe einschleusten:

  • Rheinmetall-Borsig - Otto Dressler (1944 hingerichtet)
  • AEG Hennigsdorf - Otto Engel (1945 erschossen)
  • Rheinmetall-Borsig - Erich Mammach (1945 an den Entbehrungen verstorben)
  • Buchdruckgewerbe - Paul Alten (1949 verstorben)

Obwohl die Gründung von einigen engagierten Sozialdemokraten ausging, handelte es sich bei „Mannhart" nicht um eine sozialdemokratische Widerstandsgruppe. Die mit VKPD, also Vereinigte Kommunistische Partei Deutschlands, unterzeichneten Untergrundschriften, die in Wohngebieten und Betrieben verbreitet wurden, sprechen eine deutlich revolutionäre Sprache. Wie sich später beim Prozeß gegen die Borsig-Arbeiter herausstellte, hat das Mitglied der Berliner KPD-Bezirksleitung Paul Hinze die „Mannhart"-Flugblätter für zu „intellektualistisch" gehalten. Die Gruppe hatte offensichtlich den Anspruch, durch ihre Gründung und ihre großen Aktivitäten die alte Spaltung der Arbeiterbewegung in Sozialdemokraten, Sozialisten und Kommunisten durch eine neue revolutionäre Kraft aufzuheben und beispielgebend zu wirken.

Text bzw. Infos wurden entnommen: Hans-Rainer Sandvoß, a.a.O, S. 224f