Ein Beitrag zum Völkermord

von Aug & Ohr

10-2012

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Das Haßvideo gegen den Islam, das sich auf eine gemeine und pöbelhafte Weise zu äußern versucht, wie man sie selten zu Gesicht und zu Gehör bekommt, ist nicht nur auf die Moslems gerichtet, sondern auf die ganze – unter anderem moslemisch geprägte – Kultur einer Großregion, ja auf fremde Kulturen und „Rassen“ überhaupt. Das Fremd-Fanatische, das ist der Protagonist dieses Videos.

Dieses nationalsozialistische Machwerk läßt eine jegliche rassistische Hetzerei weit hinter sich. Breivik müßte Gefallen daran finden.

Weltraumkrieg als Rahmen

Es ist Verhetzung/Volksverhetzung im klarsten rechtlichen Sinne. Es sind Versatzstücke einer hysterisierenden, künstlichen Welt, wie sie uns in Weltraumfilmen täglich, wöchentlich ins Hirn gerammt werden. Das Video beginnt mit schauerlichen Weltraumereignissen (um die Erde und deren Mißstände sollte man sich ja tunlichst nicht kümmern!), die wirren fanatischen Gehirnen entstammen und sehr geeignet sind, auf abgerichtete Gehirne einzuwirken oder deren bereits konditionierte, zurechtgerückte Verstandeskoordinaten zu bestätigen.

Eine Art fliegende Untertasse kommt auf die Erde, alles explodiert, dann hält ein Reiter – ganz atavistisch - eine schwarze Fahne, auf der etwas in arabischer Schrift steht, dann sieht man eine offenbar „islamische“ Aufschrift in grüner Farbe – ja die Farbe ist ihr Markenzeichen! Daneben dahinbrausende Reiter. Führen sie nicht einen Kreuzzug gegen uns? Dann hört man jemanden auf Farsi sprechen. Dann sieht man eine Gestalt, die ein wenig Saddam Hussein ähnelt, dann Ölscheichs mit Militärs.

Es werden alle Feindbilder aufgereiht, die der schießbereite Weltfaschist bereits seit Jahren, Jahrzehnten assimiliert hat – die gröhlende Vorstadtjugend ist voll der Überzeugung, die sie da vermittelt bekommt.

Dann Schlachtenbilder, dazu ein leiernd-eintöniger Gesang (kulturrassistisch gegen die meditative Insistenz „östlicher“ Musik gerichtet, und das auf dem Hintergrund einiger hastiger Bilder, auf denen Gebäude in die Luft gesprengt werden – an sich die Lieblingsbeschäftigung der Amerikaner im Irak und anderswo. Dann hört man als Begleitung der Haupthandlung hysterisches Gebrülle.

Ein begriffsarmer und diskursfreier Vorspann - der nun vom eigentlichen Film abgelöst wird.

Ein Pogrom

Zuerst sieht man einen daherbrüllenden Soldaten, der zynisch die vielen Frauen des Propheten bestätigt und mit einem anderen in Streit gerät. Schnelle, neue Sequenz: Primitive, mit Holzprügeln einherstürmende „Araber“ – man wird an den Hetzausdruck „Kopfwindel“ erinnert (1). Ein bärtiger Araber (der Bart ist tiefschwarz) und sein Gehilfe plündern ein Krankenhaus, fegen die Medikamente aus den Regalen.

Kein Klischee bleibt unbedient. Ein greiser „Scheich“, der sich auf einen Stock stützt, gibt den Befehl, die Gebäude anzuzünden und „die Christen“ hinauszujagen. Er hat aber auch – so primitiv sind die Leute! – eine Axt in der Hand. Eine junge (westliche!) Frau wird von einer Horde zu Boden geschlagen-, sie liegt mit blutendem Mund regungslos da.

Das sind wir, das hilflose Europa!

Ein Kreuzzug

Es ist eigentlich eine gelungenen Außenprojektion dessen, was sonst die Wut der Kreuzzüge war (und ist). Das verrottetste Volk Europas strebte damals nach Jerusalem, Ziel der Sehnsucht der von der eigenen Gesellschaft kaputtgemachten, der Abenteurer, streunenden Heranwachsenden, verhetzten und prämiengeilen Minnesänger, von europäischen Gewaltherrschern aufgebotenen Landsknechtstruppen, die feine und entwickelte Städte - in Ägypten etwa – dem Erdboden gleichmachten.

Die neuen Kreuzritter sagen: Gegen uns wird ein Kreuzzug geführt! So wird in diesem Film ein Kreuzzug gegen die Christen (oder was wir sind!) simuliert. Eine Szene die offensichtlich im koptischen Milieu spielt. Damit wird denjenigen Kopten, die ja, zusammen mit Moslems, gegen das Mubarak-Regime aufstanden und die derzeit, mit vollem Recht die Pflege ihrer alten Sprache begeistert vorantreiben, Unrecht getan, und dem demokratischen Teil der Kopten (nicht ihrem im Luxus erstarrenden internationalen Großhändlern, nicht ihren ehemaligen mit Mubarak voll kollaborierenden „geistlichen“ Führern) wird die Rolle von Agenten des Antiislamismus aufoktroyiert.

Wie heißt es, dramatisch, im Video, in der koptischen Verschwörer-Wohnung? „Die Islamische ( sic!) Polizei hat 1500 Christen verhaftet und sie gezwungen, die Morde (sc. deren einer oben geschildert wurde) zu gestehen.“

Sie jagen uns, uns, die Kopten, die Christen, die Moslems umzingeln uns. Wir für die Freiheit, sie die Bestien, US-amerikanisch. Sollte der Film nicht von der CIA finanziert worden sein, dann müßte der CIA voll zufrieden damit sein.

Islamisch“ heißt es schlicht, „islamische“ Polizei. Nach Nuancen, etwa den Tahrir-feindlichen Salafiten, nach der Moslembrüderführung, nach sozialen Basisaktivisten der mit der Führung dissentierenden Moslembrüderschaft wird nicht differenziert. Differenziert wird nicht, Pardon gibt es nicht.

Das alte Klischee: Das Verschwörerisch -Zusammengedrängte von Verfolgten überzudramatisieren, um den Feind, die Gefahr umso deutlicher an die Wand malen zu können! Jeder CIA-Film bedient sich dieses Rasters.

Germanen spielen Orientalen

Das Video ist übrigens beinahe vollkommen rassenrein. Die Hauptschauspieler bestehen aus US-amerikanischen Standard-Bewegungen, aus Hollywood-Haltungen, aus dem üblichen Männer-Gekeife, jeglicher Orientalismus ist der Regie fern. Alle Protagonisten haben blaue Augen, teils stechend blaue Augen, ist´s nicht lächerlich? Vielleicht meinem, sie, daß alle auf der Welt so aussehen wie sie. Aber es kommt auch ein schwarzer Bart vor.

Die Darsteller treten im allgemeinen wie angelsächsische (durch den harten Kriegsdienst geeichte) Söldnermenschen auf, klobig und grob, manchmal hat man den Eindruck daß da auch ein hysterischer Odin spielt, oder, wenn etwas schwarzer, ein hysterischer Loki.

Alle sind hysterisch oder zynisch, besonders die Gefolgsleute des Propheten, dazu braucht es offensichtlich hysterische Schauspieler. Eine hysterische Regie: angelsächsische Killergestalten maßen sich an, Szenen aus der arabischen (moslemischen) Vergangenheit zu verkörpern – als handle es sich um die Schilderung eines Verbrechermilieus aus einer US-amerikanischen Vorstadt.

Nur der Prophet ist zuweilen etwas verweichlicht: er schwankt zwischen Brutalität, Zynismus und Perversität. Er wird mit offener Brust und zerzausten langen Haaren gezeichnet – ein wenig, als wäre er ein gescheiterter Konzertmanager. Blaue Augen!

Da sind die Counterfilme über Lateinamerika einfühlsamer. Dschungelguerilleros wirken voll „lateinamerikanisch“, mit schwarzer Haaren und scharfer militärischer Disziplin, oft sprechen sie das entsprechende „Idiom“, es wird die terroristische Rasse kennerisch festgemacht. So viel Mühe macht sich der Kreuz-Filmer nicht.

Ja der Dargestellte wirkte auf mich wie ein Drogenabhängiger, und das ist noch nicht alles. “Ist er schwul“ fragen sich seine Gefolgsmänner vor laufender Kamera. Im College ist es ein Makel.

Schwul, pädophil. Einer von ihnen fragt, ob er bei der nächsten geplanten Eroberung und Plünderung auch Kinder mißbrauchen darf. Man wisse ja, er stehe auf Kinder, betont schmierig ein Killer. Dafür gibt ihm der Prophet grünes Licht. Es fehlt noch das Brunnenvergiften und Kinderentführen.

Sexistische Kriegsführung.

Der Titel „The Innocence of Muslims“ ist übrigens vom gleichen faschistischen Zynismus geprägt wie die Bezeichnung „Zeus, Beschützer der Gastfreundschaft“ (Zeus Xenios), die von den griechischen Behörden für das Massendeportationsprogramm gewählt wurde. Imperialismus und Faschismus sind immer eng mit Zynismus verbunden, mit denen die Depravierung des Gegners intendiert ist.

Szenenmäßig äußert sich in diesem Video dieser gemeine, depravierende Zynismus etwa in dem Arrangement, wie der Prophet zwischen den Beinen seiner Frau umherkriecht, unter sie zu liegen kommt und dabei einmal leicht quäkend jammert: der Prophet als ein lallendes, schwaches, lächerliches Tier. Die Szene muß aber auch allen, die die letzten Jahre einigermaßen aufmerksam mitverfolgt haben, an diejenigen realen Szenen gemahnen (diese Assoziation stellt sich unweigerlich ein), wo eine US-amerikanische Soldatin einen arabischen Gefangenen an einer Leine durch das Zimmer schleift. Wie ein Hund kriecht der Prophet umher.

Es ist der unglaubliche Verfall und die äußerste Gemeinheit der westlichen Zivilisation, die in solchen Szenen - den Islam, die Araber verhöhnend – als die allgemeinste Waffe eingesetzt wird. Wie kann sich eine hohe Kultur, die arabische, die islamische, dadurch nicht provoziert fühlen?

Editorische Hinweise

Den Text erhielten wir vom Autor für diese Ausgabe.