In letzter Zeit tragen sogar
kritische, aufgeklärte junge Menschen gelegentlich den Button
eines Politikers, der für die Todesstrafe eintritt. Sein Name
ist Barack Obama, der seit einiger Zeit als neuer
Hoffnungsträger gehandelte aussichtsreiche
Präsidentschaftsanwärter der USA. Seine Popularität bis in linke
Kreise ist nur ein Ausdruck der Krise der Linken.
Während die Börsen krachen und Marx auf der Titelseite der
Frankfurter Rundschau zu finden ist und die Tageszeitung den
Kapitalismus für gescheitert erklärt hat, setzten Teile
der Linken wieder einmal auf das vermeintlich kleinere Übel,
dieses Mal in den USA.
Dass Obama nicht nur in den Fragen der Todesstrafe Positionen
vertritt, die in Deutschland höchstens am rechten Hand
angesiedelt wären, wird dabei großzügig übersehen.
Die Obama-Euphorie ist nur die
Kehrseite des vor allem in Deutschland verbreiteten Bushbashing
Beide Male handelt es sich um eine Personalifizierung
gesellschaftlicher Verhältnisse. Während Bush für Viele das
Böse verkörperte, scheint mit Obama jetzt wieder ein
Hoffnungsträger aufgetaucht zu sein. Statt die kapitalistische
Vergesellschaftung auch nur in Ansätzen zu begreifen, bleibt
man bei der oberflächlichen Personifizierung. Dabei gibt es in
den USA soziale Bewegungen, Gewerkschaften usw. die es Wert
wären, von der Linken genauer analysiert und auch unterstützt zu
werden.
Eine dieser Initiativen ist die
„Koalition für die Rechte der ImmigrantInnen“ (CHIRLA), deren
Vorsitzende vor einigen Wochen auf einer Rundreise durch
verschiedene deutsche Städte. Dabei entstand dieses Interview:
1.) Wann hat sich die CHIRLA gegründet?
X.C.: Die Wurzeln unserer Arbeit
gehen bis ins Jahr 1986 zurück. Damals wurde eine Amnestie für
Menschen ohne Einwanderungspapiere verkündet. Allerdings kamen
nur Menschen, die vor 1982 in die USA eingewandert sind in den
Genuss dieser Amnestie. Außerdem war mit der Amnestie eine
Verschärfung verbunden. Künftig konnten auch Arbeitgeber, die
Menschen ohne Papiere beschäftigten, bestraft werden. Deshalb
bezeichneten wir die Amnestie als Mittel der besseren
staatlichen Kontrolle der Einwanderung. Wir mobilisierten in
der migrantischen Community dagegen. Das war ein Bruch mit den
traditionellen Migrantenorganisationen, die sich für punktuelle
Verbesserungen einsetzten und die Amnestie unterstützte. Seitdem
organisieren sich Migranten unabhängig von diesen Organisation..
2.) Wie groß ist die CHIRLA
aktuell?
X.C.: Bei uns sind sowohl
Einzelpersonen als auch Gruppen organisiert. Neben Migranten
sind es auch Studierende ohne gültige Papiere . Zur Zeit
umfasst die CHIRLA 34 lokale Organisationen und etwa 650
Einzelpersonen in Los Angeles.
3.) Gibt es auch
überregionale Kontakte?
X.C.: Ja. Im Jahr 2007 hat
sich CHIRLA während des US-Sozialforums mit 13 weiteren
Organisationen zusammengeschlossen und die Nationale Koalition
der Hausarbeiter gegründet. Sie sind wegen ihrer isolierten
Arbeitssituation kaum gewerkschaftlich organisiert. Die
Gewerkschaften stützen ihre Organisierungsarbeit vor allem auf
Betriebe mit vielen Beschäftigten und kümmern sich nicht um die
Interessen der oft besonderen Ausbeutungsbedingungen
unterworfenen Hausarbeiter. Gerade in diesem Bereich sind aber
besonders viele Frauen ohne Papiere beschäftigt sind. Wir wollen
mit unserer Arbeit diese Menschen die Möglichkeit geben, ihre
Interessen selber zu vertreten.
4.) Können in den USA
Immigranten ohne Papiere Gewerkschaftsmitglieder werden?
X.C.: Ja. Migranten, die in der
Industrie oder auch in der Landwirtschaft arbeiten, können
Gewerkschaftsmitglieder werden, auch wenn sie keine gültigen
Papiere besitzen. Mehrere Gewerkschaften werben sogar
schwerpunktmäßig Mitglieder unter papierlosen Migranten..
Dieses Konzept ist von Aktivisten an der Gewerkschaftsbasis
entwickelt worden und soll den Mitgliederschwund aufhalten.
5.) Gibt es in der
gegenwärtigen innenpolitischen Situation in den USA auch
Kampagnen gegen papierlose Migranten?
X.C. Es gibt natürlich einen
Alltagsrassismus. So werden Menschen, die wie Migranten
aussehen, von der Polizei häufig aufgefordert, obwohl es in
den USA keine Pflicht zum Mitführen eines Ausweises gibt. Auch
bei der Anmietung von Wohnungen werden Migranten benachteiligt.
Daneben gibt es organisierte Kampagnen gegen Migranten. Dabei
werden Kriminalfälle zum Anlass genommen, um Migranten generell
zu diffamieren. . Solche Positionen finden auch über die
Massenmedien verbreiten. Es gibt Vermutungen, dass solche
Kampagnen auch von der Republikanischen Partei im Vorfeld der
Präsidentenwahlen unterstützt werden.
6.) Gibt es aus Sicht der
Migranten einen Unterschied zwischen Mc Cain und Obama?
X.C.:
McCain steht für eine Kriegs- und Anti-Terrorpolitik, die sich
immer auch gegen Migranten richtet. Daher würde sich unter
seiner Präsidentschaft ihre Situation verschlechtern. Dem steht
nicht entgegen, dass sich McCain für Legalisierungsmaßnahmen
bei Migranten ausgesprochen hat. Darunter versteht er einen
kurzfristigen Status als billige Arbeitskräfte und nicht
langfristige Bürgerrechte. Gleichzeitig unterstützt die
Republikanische Partei auch Kampagnen gegen Migranten und
benutzt dazu aktuelle Kriminalfälle.
7.) Ist also Obama eine Hoffnung
für die Migranten?
X.C.: Nein, höchstens die weniger schlimme Alternative. Auch
unter Obama besteht die Gefahr, dass die Zuwanderung erschwert
wird. Denn die Demokratische Partei hat sich mehrheitlich
dafür ausgesprochen. Da die Legalisierung nicht vom Präsidenten
sondern vom Kongress entschieden wird, kommt es aber auf die
Position der Parteien an.
Interview: Peter Nowak
Editorische
Anmerkungen
Uns wurde der Artikel durch den Autor überlassen.
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