"Terroristische" T-Shirts

von Wladek Flakin

10/08

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Ein dänischer Verein will die "Antiterrorgesetze" der EU unterlaufen. Es folgt ein Gespräch mit Ulrik Kohl, Mitglied des dänischen Vereins "Fighters and Lovers" (Kämpfer und Liebende), der T-Shirts mit den Logos der kolumbianischen FARC und der palästinesischen PFLP herstellt.

Ihr Verein "Fighters and Lovers" ist ins Gerede gekommen, weil er angebliche "Terrororganisationen" wie die Revolutionären Streitkräfte Kolumbiens (FARC) und die Volksfront zur Befreiung Palästinas (PFLP) unterstützt. Was haben Sie "Böses" getan?

Menschen aus dem Westen verstehen meistens nicht, warum unterdrückte Menschen aus der dritten Welt bereit sind, ihr Leben für die Freiheit zu opfern. Deswegen ist es für westliche Regierungen leicht, sie als FanatikerInnen darzustellen – damit wollen sie Angst verbreiten und die eigene Bevölkerung unter Kontrolle halten.

Um dem entgegenzuwirken, wollen wir unsere politische Botschaft der internationalen Solidarität mit Sachen verbinden, die Menschen im Alltag benutzen

Was sind diese politischen Alltagsgegenstände?

Wir vertreiben über unseren Webshop T-Shirts und Basecaps, legen dabei aber Wert auf Qualität. Wir wollen keine trashigen Politklamotten, bei denen die Menschen einzig die Botschaft gut finden -– uUnsere Kunden sollen sich wohl fühlen, wenn sie unsere Klamotten tragen. Wir haben auch CDs produziert, z. B. mit kolumbianischen Protestliedern, die MusikerInnen der Guerilla und skandinavische KünstlerInnen gemeinsam aufgenommen haben. Die Musik kann übrigens kostenlos von unserer Homepage herunter geladen werden.

Natürlich machen wir auch traditionelle politische Propaganda, zum Beispiel geben wir ein Buch heraus, um zu begründen, warum wir uns für Befreiungsbewegungen einsetzen. Es gibt in unserem Angebot aber auch eher Untraditionelles, z. B. haben wir eine Duftserie aufgelegt: Parfüm und Rasierwasser mit den Namen "Ramallah Nights" (Nächte von Ramallah) und "Selva" (Dschungel). Die Erlöse gehen an einen Radiosender der FARC, an eine Druckerei der PFLP, oder an Unterstützungsarbeit für politische Gefangene in den jeweiligen Ländern.

Was wollt ihr damit erreichen?

Wir wollen damit durch kollektive Aktion die Kriminalisierung linker Organisationen durch die "Antiterrorgesetze" der EU in Frage stellen. Mit Hilfe unseres Webshops können Menschen aus aller Welt ihr Votum dagegen abgeben. Diesen Shop haben wir erst Anfang 2006 gegründet – binnen weniger Tage gingen bei uns 600 Bestellungen aus allen Kontinenten ein.

Haben die Kunden Probleme mit den Behörden bekommen?

Nein, die dänische Polizei konnte mit einer so großen Gruppe nichts anfangen. Sie hat sich dann auf die Urheber konzentriert, auf uns also.

Seit 2006 läuft gegen Sie ein ProzeßProzess wegen "Unterstützung des Terrorismus". Wie ist der Stand des Verfahrens?

Vor zehn Monaten wurden wir in erster Instanz freigesprochen. Das Gericht sah es als erwiesen an, daß FARC und PFLP keine terroristischen Organisationen sind. Immerhin sei Kolumbien alles andere als eine Demokratie, und Israels Besetzung des Westjordanlandes und des Gazastreifens sei illegal. Die Menschen dort hätten also das Recht auf Widerstand.

Die nächste Instanz sah das jedoch anders und entschied, FARC und PFLP seien doch terroristische Gruppen. Anscheinend fanden die Richter unsere Klamotten nicht so schick, wie unsere Kunden das tun! Jedenfalls wurden wir am 18. September verurteilt. Zum Glück konnte unser Versand während des Prozesses weiterlaufen.

Und wozu wurden Sie verurteilt?

Ein Kollege und ich bekamen sechs Monate Haft, vier weitere zwischen sechs Wochen und vier Monaten auf Bewährung. Einer wurde ganz freigesprochen. Verglichen mit der Höchststrafe von zehn Jahren ist das recht milde. Damit finden wir uns aber nicht ab – wir ziehen bis vor das oberste Gericht.

Haben Sie eine besondere Strategie entwickelt, um Ihr Anliegen umzusetzen?

Wir stellen zwar die „"Antiterrorgesetze" der EU in Frage, aber möglichst auf lustige Weise. Es ist dann Sache der Justiz, wie sie mit uns umgeht: Wenn sie uns anklagt, können wir den Gerichtssaal als öffentliche Tribüne nutzen – wenn sie uns ignoriert, können wir unseren Spielraum nach und nach erweitern. Unser Webshop hat jedenfalls Wirkung gehabt: Seit langem haben Öffentlichkeit und Medien in Dänemark nicht mehr so intensiv über die Lage in Kolumbien diskutiert.

Wie kommt euer Projekt in der Öffentlichkeit an?

Wir haben Unterstützung von vielen Menschen bekommen – nicht nur von RevolutionärInnen, sondern auch zum Beispiel von Überlebenden von den deutschen Konzentrationslagern, die ja auch damals als "Terroristen" denunziert wurden.

Warum haben Sie sich für die FARC und die PFLP entschieden?

Beides sind Befreiungsorganisationen, die mit einer fortschrittlichen Perspektive kämpfen. Sie sind somit Beispiele für andere.

Ist es in Dänemark schwierig , internationalistische Positionen zu verbreiten, während die politischenpolitische Diskussion eher von RechtspopulistInnenen dominiert wird?

Es gibt eine Tendenz der sozialen Bewegungen in Europa, sich immer rein defensiv zu verhalten. Wenn wir rassistische Sprüchen hören, neigen wir, so zu antworten: "Uunsere NachbarInnen mit migrantischem Hintergrund sind gar nicht so schlimm!" Doch eine wirkliche, eine starke Antwort auf den Rassismus ist der Internationalismus, also das Zusammenbringen verschiedener Gesellschaften. Die Befreiungsbewegungen, die wir unterstützen, zeigen ganz klar diesen Weg der Integration auf.

Wie Che Guevara gesagt hat, sollen wir uns bei jeder Ungerechtigkeit, auch wenn sie sich gegen Menschen auf der anderen Seite der Welt richtet, selbst betroffen fühlen. Genauso sollen wir die Siege von linken Menschen, auch wenn wir sie nicht kennen, als eigene Siege sehen.

Editorische Anmerkungen

Uns wurde der Artikel zur Zweitveröffentlichung durch den Autor überlassen.

Das ist eine Langversion des Interviews aus der jungen Welt vom 7. Oktober 2008

Interview: Wladek Flakin, von der kommunistischen Jugendorganisation REVOLUTION