TREND SPEZIAL Köln 19./20. September 2008

„Solche Erfolge brauchen wir!“
Massenblockaden verhindern Rassisten-Kongreß in Köln

Korrespondenz für RM 5/2008

10/08

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Die Partei Pro Köln / Pro NRW hatte für das Wochenende vom 19. bis zum 21. September zahlreiche faschistische Parteien und Organisationen aus Europa zu einem „Anti-Islamisierungs-Kongress“ nach Köln eingeladen (der Rote Morgen berichtete). Doch was von den Pro-Köln-Faschisten als große Offensive in die Öffentlichkeit geplant war, endete als erbärmliches Desaster: Tausende KölnerInnen und AntifaschistInnen aus ganz Deutschland und anderen Ländern verhinderten den Kongreß durch Blockaden; Bus- und Taxifahrer ließen die Faschisten stehen, Kneipen und Hotels warfen sie raus.

Genossen der KPD, die vor Ort mitblockiert haben, berichten:

Bereits am Freitag deutete sich an, dass der groß angekündigte Rassisten-Kongreß ein Flop werden würde. Zuerst musste Pro-Köln den Ort seiner „internationalen Pressekonferenz“ wegen zahlreicher GegendemonstrantInnen verlegen. Das Schiff, das die Faschisten dann über den Rhein zum neuen Ort der Pressekonferenz fahren sollte, wurde von AntifaschistInnen mit Steinen in Empfang genommen und konnte über mehrere Stunden nicht anlegen.

In der Nacht zum Samstag wurden die Faschisten aus zwei Hotels rausgeworfen. Die FahrerInnen von Bussen und Taxis weigerten sich, sie zu transportieren. Zahlreiche Kölner Kneipen hatten für dieses Wochenende zudem die Initiative „Kein Kölsch für Nazis“ ins Leben gerufen. Am Freitagabend gab es bereits eine Antifa-Großdemonstration mit mehreren tausend Leuten durch die Kölner Innenstadt.

Zum totalen Reinfall wurde der Rassisten-Kongreß dann am Samstagvormittag. Bereits am Morgen hatten sich tausende Menschen in der Kölner Innenstadt versammelt und waren in Gruppen zu verschiedenen Blockadepunkten rund um den Heumarkt gezogen, wo um 12 Uhr eine Kundgebung der Faschisten stattfinden sollte.

Wir schlossen uns der Gruppe an, die den Heumarkt unten am Rheinufer blockierte. Mit uns trugen wir ein Transparent: „Faschistische Organisationen verbieten. KPD“. Obwohl die Polizei mit Schlägertrupps und mehreren Wasserwerfern ausrückte und uns BlockiererInnen damit einschüchtern und vertreiben wollte, hielten wir stundenlang die Stellung, sprachen uns ab und verbesserten unsere Aufstellung mit Steh- und Sitzblockaden. Auf der anderen Seite des Rheins legte eine weitere Blockade die S-Bahn-Strecke vom Flughafen in die Innenstadt lahm. Eine Fußgängerbrücke zum Maritim-Hotel am Heumarkt, über die die Polizisten einzelne Nazis einschleusten, wurde nach kurzer Zeit ebenfalls blockiert, sodass es insgesamt nur etwa zwanzig Faschisten überhaupt auf den Heumarkt schafften.

Mit Megaphonen wurden immer wieder aktuelle Nachrichten durchgegeben: „200 Faschisten sitzen weiterhin am Flughafen fest.“ „Die Faschisten am Flughafen halten eine frustrierte Kundgebung im Keller des Flughafens ab.“ „Auch die Stimmung bei den Faschisten im Keller.“
Zwischendurch kam ein Karnevalstrupp vorbei und sang unter dem Motto „Bunte Funken gegen braune Halunken“ antifaschistische Lieder auf die Melodien bekannter Karnevals-Hits.
Das Flugzeug, das gegen Mittag mit einem „Pro-Köln“-Banner über die Innenstadt hinweg flog, war angesichts dieser Situation nur noch eine peinliche Lachnummer.

Gegen halb eins kam dann die Erfolgsmeldung per Megaphon: Pro-Köln hat den Kongreß abgesagt. Einige Zeit später, als beschlossen war, dass wir die Blockade trotzdem noch weiter halten würden, um eventuelle Spontanveranstaltungen von Pro-Köln zu verhindern, verkündete die Polizei, sie hätte die Faschisten-Kundgebung auf dem Heumarkt verboten. Kurz darauf wurden noch einmal die Wasserwerfer ausgefahren. Es ist anzunehmen, dass all das Manöver waren, um uns zur schnellen Aufgabe der Blockade zu verleiten.

Es fanden Verhandlungen mit der Polizei über eine Demonstration von uns BlockierInnen zum Heumarkt statt, wo gerade die technischen Anlagen der Pro-Köln-Kundgebung abgebaut wurden. Die Polizei hielt uns erst lange Zeit hin, leitete die Demo dann durch kleine Seitenstraßen und kesselte mehrere Gruppen ein. Im Nachhinein wurde über die Medien verbreitet, „gewaltbereite“ DemonstrantInnen hätten versucht, den Polizisten ihre Schußwaffen abzunehmen. Eine lächerliche Behauptung! Wieder einmal waren es die Bullen, die zuerst mit Einschüchterungsmethoden versuchten, den Rassisten-Kongress möglich zu machen. Da es aber sehr arbeitsaufwendig gewesen wäre, tausende BlockiererInnen mit Schlagstöcken und Wasserwerfern „beiseite“ zu schaffen, die Erfolgsaussicht eines solchen Unternehmens nicht allzu groß und es außerdem schlecht zu verkaufen gewesen wäre – wo doch bis in bürgerliche Kreise hinein die Stimmung gegen den Kongreß sehr stark war – trieb die Polizei das altbekannte Spiel, Teile des Protestes zu isolieren und zu kriminalisieren.

Dasselbe Spiel wurde in den Medien getrieben: Samstagabends hieß es auf verschiedenen Internet-Seiten noch korrekt: „Pro-Köln-Kongreß durch Blockaden verhindert“ - einen Tag später war aber nur noch von Demonstrationen die Rede, vom Verbot der Pro-Köln-Kundgebung durch die Polizei und davon, dass der friedliche Protest von „gewaltbereiten Linksextremen überschattet“ worden wäre.

Fest steht aber: Der Rassisten-Kongreß wurde durch Massenblockaden verhindert. Die KölnerInnen und ihre Unterstützer haben gezeigt, dass sie keine Nazi-Veranstaltungen bei sich dulden. Die tausenden AntifaschistInnen aus allen möglichen verschiedenen Spektren haben an diesem Tag ihr Ziel erreicht. Solche Erfolge brauchen wir! Sie zeigen, was solidarische Massenaktionen bewirken können.

Editorische Anmerkungen

Der Artikel erschien in der Zeitschrift DER ROTE MORGEN 5/2008. Wir spiegelten von KPD-Online.