Demo am Freitag war ein Erfolg
von autonome antifa [f]
10/08
trend
onlinezeitung
Anlässlich der erfolgreichen
Verhinderung des Treffens der europäischer Rechtspopulisten am
Freitag und Samstag in Köln durch Blockaden und militante
Aktionen von mehren tausend AntifaschistInnen aus dem gesamten
Bundesgebiet, sieht man sich im Umsganze-Bündnis bestätig: „Die
Proteste in Köln zeigen die Notwendigkeit einer eigenständigen,
linkradikalen Bewegung."
"Es ist zwar schön, dass vielen Rechten die beiden Tage in
unangenehmer Erinnerung bleiben werden. Die Verhinderung des
Kongresses war staatlicherseits jedoch zumindest einkalkuliert.
Das ist kein Ausdruck eines Linksschwenks, sondern nur der
Tatsache, dass man im Moment offenbar keine Konkurrenz rechts
der CDU zulassen will. Es ging dem bürgerlichen Bündnis um dem
Oberbürgermeister nicht darum, Rassismus und Nationalismus
tatsächlich zu bekämpfen, sondern das Monopol darauf zu
behaupten. Das zeigt wie richtig es war, dagegen auf einen
linksradikalen Ausdruck schon am Freitag zu setzen,“ findet etwa
Sahra Brechtel von der autonomen antifa [f] aus Frankfurt.
Bereits am Freitag Abend hatten in Köln fast 3000 Menschen an
der linksradikalen Demonstration “Fight the Game - Rassismus,
Islamismus, Nationalismus und Kapitalismus bekämpfen!“
teilgenommen. Die Demonstration richtete sich gegen die
ideologischen und gesellschaftlichen Grundlagen der
verschiedenen reaktionären Bewegungen. Aus der Demonstration
heraus wurde die Kölner Ausländerbehörde mit Farbflaschen
angegriffen, danach kam es zu Rangeleien mit der Polizei.
Die Antifa-Sprecherin erklärte dazu: "Während der
Oberbürgermeister über den Rassismus von Pro Köln spricht,
drangsaliert seine Ausländerbehörde tagtäglich und ganz
„demokratisch“ MigrantInnen für den „Standort Deutschland“. Die
Aktionen gegen die Ausländerbehörde waren der konsequente
Ausdruck einer linksradikalen Bewegung, mit der kein Staat zu
machen ist. Wir wollen schließlich keinen demokratischen
Rassismus und Nationalismus, sondern gar keinen.“ Die
entschlossene Teilnahme von so vielen Menschen an der
eigenständigen linksradikalen Demonstration am Freitag sei in
diesem Sinne als ein Schritt in die richtige Richtung
zu bewerten.
Die autonome antifa [f] ist Teil des bundesweiten,
linksradikalen UmsGanze-Bündnis, das unter dem Motto "Religiöse
und nationale Kollektive kippen: Für den Kommunismus!" auch nach
Köln mobilsiert hat.
Hier noch der
Redebeitrag der autonomen antifa [f] aus Frankfurt auf der
Antifa-Demo am Freitag, die bestimmt keiner verstanden
hat... :
Liebe Linksradikale,
Antifaschismus – das ist nicht neu – bedeutet den Kampf
gegen die gesellschaftlichen Grundlagen aus denen heraus
Menschen die Bereitschaft entwickeln, reaktionäre Denk-
und Verhaltensmuster anzunehmen. Daher ist das Kriterium
unseres Antifaschismus nicht die Masse an Leuten, die
Anzahl an Fernsehberichten, das Image der Stadt oder sonst
ein Quatsch. Unser Kriterium ist die Wirksamkeit in der
Praxis. Und das unterscheidet uns grundsätzlich von den
Standortverwaltern von Grünen bis CDU – unser
Antifaschismus ist keine Ordnungspolitik.
Faschistischen Bewegungen und dem ideologischen Bodensatz
aus dem diese heraus entstehen, lässt sich am besten mit
dem Mittel des militanten Antifaschismus, mit direkten
Aktionen, mit Aufklärung, Outings und inhaltlicher Kritik
entgegentreten. Wir machen das, weil wir das am besten
können. Und das werden wir morgen Pro Köln und Co. auch
nachhaltig deutlich machen!
Aber – Und das wissen die meisten Antifas auch schon seit
einigen Jahren – Antifaschismus ist damit eben nicht der
Kampf „ums Ganze“: Dem Kapitalismus und dem Elend, der
Ausgrenzung und der Entfremdung, die er tagtäglich
produziert, lässt sich mit dem Mittel des Antifaschismus
nicht viel antun. Schließlich geht es bei der Abschaffung
des Kapitalismus um nicht weniger als den Kampf für
Vergesellschaftung der Produktionsmittel, die Abschaffung
der Herrschaft von Menschen über Menschen – den
Kommunismus.
Die Verteidigung der bürgerlich-demokratischen Herrschaft
ist dabei nur die Verteidigung von Bedingungen, unter
denen wir den Kampf für das ganz andere überhaupt denken
und angehen können. Es ist die Verteidigung eines
Zustandes, den wir als KommunistInnen überwinden wollen.
Trotzdem muss dieser Kampf geführt werden. Denn das
frustrierende Hamsterrad des Antifaschismus wird die
radikale Linke unter kapitalistischen Bedingungen nicht
verlassen können.
Was also sind dann die „gesellschaftlichen Grundlagen“
denen ein linksradikaler Antifaschismus auf die Pelle
rücken sollte?
Es sind die irrationalen und menschenfeindlichen
politischen Ideologien, die diese kapitalistische
Gesellschaft immer wieder selbst produziert, die aber mit
dieser eben nicht automatisch in eins fallen. Sie
produziert diese Ideologien mit schlafwandlerischer
Sicherheit, weil ihre alltägliche Praxis selbst immer
wieder beweist, dass Unmenschlichkeit und Unvernunft die
Funktionsprinzipien des Kapitalismus sind.
Die Sortierung von Menschen in Nationen, die Verachtung
von Schwäche, sexistische Rollenbilder, eine autoritäre
Organisation der Gesellschaft – all das sind keine
Alleinstellungsmerkmale faschistischer Bewegungen, sondern
schon innerhalb der bürgerlichen Gesellschaft angelegt.
Reaktionäre Bewegungen knüpfen daran an und radikalisieren
die Irrationalität der bürgerlichen Gesellschaft, indem
sie diese noch als „natürlich“ oder „gottgegeben“
konstruieren. Soziale Handlungen und Konflikte werden bei
ihnen in „natürliche“ umgelogen. Und mit Gewalt versuchen
sie dann, diese Lüge wahr zumachen.
Nationalsozialistische, faschistische und regressive
Bewegungen bieten sich dem bürgerlichen Subjekt somit als
Krisenlösungen an. Sie wollen die widerstreitenden
Interessen im Kapitalismus nicht überwinden, sondern dem
identitären Kollektiv unterordnen und das Individuum darin
aufgehen lassen; nicht zuletzt, indem zur Hetzjagd auf
einen angeblich äußeren Feind geblasen wird.
Darin sind sie sich die Kulturrassisten von Pro Köln, die
völkischen Nazis von der NPD und den „Autonomen
Nationalisten“ oder auch die Islamisten von Milli Görüs
bei allen Unterschieden einig.
Das zeigt: Ein linksradikaler Antifaschismus muss sich
inhaltlich bestimmen; zumindest wenn er mehr sein will als
reine Recherche-Antifa. Er muss sich auf die Seite des
Individuums und gegen nationale, religiöse oder auch
kulturelle Zwangskollektive stellen. Ganz egal, von wem
der reaktionäre Mist ausgeht – d.h: egal ob von Nazis,
Rechtspopulisten, Islamisten, Grauen Wölfen, christlichen
Fundamentalisten oder sonst wem.
In diesem Sinne ist es höchste Zeit, auch den Islamismus
als politischen Gegner ernst zu nehmen: Nicht nur, weil er
als politische Ideologie extrem autoritär und sexistisch
ist, sondern auch, weil an Einfluss gewinnt und die
bürgerlichen Parteien in Europa ihn zur Kontrolle von
sozialen Konflikten dann trotz aller Lippenbekenntnisse
gegen ihn doch auch einsetzen. Ihrem Antifaschismus geht
es eben nicht um größtmögliche Freiheit unter den
bürgerlichen Bedingungen, sondern im Zweifelsfall um Ruhe
und Ordnung für den Standortwettbewerb im Kapitalismus.
Wer zum Islamismus schweigt, sabotiert mithin auch jede
vernünftige Mobilisierung gegen staatlichen Rassismus und
autoritäre Formierung.
Dagegen sollten wir das Spiel der Kulturkämpfer nicht
mitspielen: Religionsfreiheit heißt dann zwar natürlich
gleiche Rechte für alle, aber wir sollten uns maßgeblich
für das Recht auf Freiheit von der Religion einsetzen.
Statt noch mehr Religionsunterricht, Kirchen und Moscheen,
etc. wollen wir eine radikale Säkularisierung. Machen wir
uns nicht zum Diener der Pfaffen. Das Paradies gehört
nicht ins Jenseits, sondern auf die Erde: Also Kirchen zu
Trinkhallen, Moscheen zu Tanzschuppen.
Ein linksradikaler Antifaschismus kann sich aber nicht in
allgemeinen Phrasen verlieren. Vielmehr muss er von den
realen Verhältnissen ausgehen. Und damit kann unser
Antifaschismus auch vor der Linken nicht halt machen.
Denn die aktuellen reaktionären Projekte, mit denen
regressive Bewegungen aller Couleur hausieren gehen gehen,
sind auch innerhalb der Linken anzutreffen:
Antiamerikanismus, nationalistische Globalisierungskritik,
der Bezug auf Volk und Vaterland, der Hass auf Israel –
all das lässt sich auch, von Linksruck bis zu Teilen der
Linkspartei, finden. Hier sollte die Antifa klar Position
beziehen. Nicht in identitären, antideutschen
Abgrenzungsspielchen, sondern in politischen
Auseinandersetzungen und Widersprüchen. Denn wer die
Chancen der Rechten begreifen will, der muss sich
anschauen was die Linken zu sagen haben. Und wenn sich das
nicht mehr groß voneinander unterscheidet, wird es düster.
Keine Frage, die Chancen für eine dagegen antretende,
linksradikale Bewegung sind nicht die Besten. Sie werden
sich aber auch nicht von alleine und schon gar nicht
virtuell einstellen. Diese Bewegung muss nicht gebloggt,
sondern in der real world organisiert und gemacht werden.
Und dafür ist die Antifa-Mobilisierung hier nach Köln
schon ein Schritt in die richtige Richtung gewesen.
Rassismus und Nationalismus, Rechtspopulismus und
Islamismus sind immer nur der der schlechte Ersatz für den
Traum, den die Welt der Menschheit so nachdringlich
auszutreiben versucht. Als Antifaschisten rufen wir dazu
auf, diesen Ersatzhandlungen heute und morgen mit der
nötigen Militanz entgegen zu treten. Unser Ziel als
Kommunisten aber bleibt es, diesen Kampf überflüssig zu
machen.
In diesem Sinne: Für eine linksradikale
antifaschistische Bewegung!
Paradise now – …ums Ganze! Für den Kommunismus!
Editorische
Anmerkungen
Die Texte erhielten
wir von den AutorInnen zur Veröffentlichung in dieser Ausgabe.