Unser größter gemeinsamer Nenner

Eine Broschüre der Frauen und Lesben des Anarchafeministinnentreffens

10/05

trend
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Seit 1993 gibt es das so genannte Anarchafeministinnen-Treffen. Dieser Zusammenhang hat eine Broschüre herausgegeben, woraus wir den folgenden Text entnahmen:

1. Die Unterdrückung der Frau ist Bestandteil und Stützpfeiler des Patriarchats. Jede Analyse, die das nicht berücksichtigt ist falsch. Jedes praktische Handeln ohne diese Inhalte schafft keine libertäre Veränderung. Das bedeutet, dass wir Rassismus, Sexismus und Kapitalismus als menschenunwürdige Gewaltverhältnisse (triple oppression) begreifen und deshalb bekämpfen.

2. Da für uns alles Private und alles Öffentliche politisch ist, auch das Unbekannte, ist die Trennung von Privatem und Öffentlichem aufgelöst. Darin liegt die Kraft zur Entwicklung einer anarchafeministischen Gesellschaft.

3. Unser anarchafeministisches Selbstverständnis beinhaltet, dass wir jegliche Erscheinungsformen von Hierarchie, geschlechtsspezifischem Rollenverhalten, Dominanz und ökonomischer Unterdrückung ablehnen. Das gilt für alle Beziehungen zu allen und allem. Das bedeutet, dass wir lernen, libertäre Lebensmodelle zu entwickeln und einzuüben. In diesem Entwicklungsprozess richten wir unsere besondere Aufmerksamkeit darauf, dass sich keine neuen Hierarchien, geschlechtsspezifisches Rollenverhalten, Dominanzen und ökonomische Unterdrückung entwickeln können.
Konkret bedeutet dies, dass wir über eigenes Verhalten reflektieren, basisdemokratische Strukturen aufbauen und versuchen Entscheidungen im Konsens zu treffen sowie eine weitgehende gesellschaftliche Selbstverwaltung zu verwirklichen.

4. Gemeinsam mit a l l e n sind wir bereit, uns im Sinne einer libertären Entwicklung auseinander zusetzen und zu leben, wenn bei den Männern Bereitschaft zur Veränderung des gesellschaftlich geprägten Männerbildes vorhanden ist - und das in Sprache, Verhalten, Struktur und in psychologischem Sinn. In a l l e n Zusammenhängen können Frauen ohne Erklärungszwang Räume thematisch, zeitlich und örtlich für sich beanspruchen. Das gilt auch für einzelne Frauen. Männer können auf Grund ihrer Unterdrückerstruktur keine Männerräume für sich beanspruchen, außer wenn sie antipatriarchale Auseinandersetzungen führen.

5. Es gibt keine objektive Definition von Vergewaltigung. Betroffene haben das Definitionsrecht, was für sie Vergewaltigung ist. Das gleiche gilt für sexualisierte / sexuelle Gewalt, sexualisierte Übergriffe in Sprache und Körperverhalten.

6. In unseren Augen ist kein Projekt (Mensch, Lebenszusammenhang) revolutionär, das das Verhältnis der Geschlechter nicht radikal in Frage stellt.

7. Für uns ist sowohl in dem Begriff Anarchie Frauenbefreiung enthalten als auch im Begriff Feminismus Herrschaftsfreiheit. Trotzdem muss dieser feministische Ansatz in libertären Zusammenhängen stärker berücksichtigt werden und in feministischen Zusammenhängen die Herrschaftsfreiheit.

Editorische Anmerkungen

Der gesamte Text, der diese Thesen erläutert, kann hier als PDF-File geladen werden. Kontakt zu dieser Gruppe könnt Ihr über Ilse Schwipper bekommen.

Weitere Infos zum Anarchafeministinnen-Treffen.....