There is no problem oder:
Who the fuck is Tom Hanks?

Zwischen Fiktion und Realität: Der "Flughafen"-Mann von Paris und Steven Spielbergs Kino-Schnulzenversion "The terminal"

Von Bernhard Schmid, Paris
10/04

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Da sitzt er also jetzt vor mir, "aus Fleisch und Blut². Eher müsste ich sagen: aus Haut und Knochen. Eingefallene Wangen, ein schütterer Schnauzbart, ein unendlich müde und mitunter abwesend wirkender Blick: So jung und knackig wie Tom Hanks in der Spielberg-Verfilmung Terminal sieht er nicht aus. Auch sein Elan wirkt nicht so frisch wie jener des Filmhelden "Viktor Nagorski". Wir sind nicht am John F. Kennedy Airport in New York, sondern im Untergeschoss des Aéroport Charles de Gaulle, in Roissy bei Paris. Und die vielleicht wichtigste Kleinigkeit: Dies ist kein Film, sondern das wirkliche Leben.  

Zwei Meter neben ihm hasten die Passagiere vorbei, die mal eben noch im Duty Free Shop einkaufen möchten. Wie hieß es noch im Film so schön, um den vorübergehend staatenlos gewordenen Bürger einer in Putschwirren verstrickten ­ und zeitweise international nicht mehr anerkannten - Kaukasusrepublik in die Zone einzuweisen? There is only one thing you can do here, Mister Nagorski: Shopping. Nur heißt mein Gegenüber nicht Viktor Nagorski, und von der ominösen Republik "Krakozhia" hat er wohl auch noch nie gehört.  

Das ist er also: der Mann, der tatsächlich seit Jahr und Tag ein Plätzchen in einem Flughafen bewohnt. Es war gar nicht so schwer, ihn zu finden. In meiner Hand einen französischen Zeitschriftenartikel auf dem Stand von 1999, habe ich mich am vorletzten Sonntag auf die Suche gemacht.  

Steht da nicht etwas von der Bye Bye Bar im Einkaufsbereich des Flughafens, in deren Nähe er zu finden sei? "Möglichst unauffällig wirken", denke ich mir, und frage die beiden schwarzen Kellner an der Theke einer Espressoschenke nach einer gleichnamigen Bar. "Bitte? Die gibt es seit Jahren nicht mehr ­ das war mal da vorne, aber da wird umgebaut." Scheibenhonig aber auch. Schnell den Kaffee ausgeschlürft, und um die Ecke in die Apotheke. Verzeihung auch für die ungewöhnliche Frage, aber ob die Dame vielleicht jemanden kenne, der da seit ein paar Jahren... "Ach, Monsieur Alfred meinen Sie?", meint die Angesprochene ohne größere Gefühlsregung. "Ja klar kenne ich den, alle kennen ihn hier. Er kann gar nicht weit sein ­ ach, von hier aus sehen Sie ihn schon, schauen Sie mal da drüben." Auf Anhieb sehe ich nichts, oder eher, ich traue meinen Augen nicht: Da ist nur ein armseliges Stilleben aus vier oder fünf zusammengeschobenen leeren Pappkartons, einer Sitzbank, über die ein paar Klamotten gelegt oder gehängt sind, und einem Flughafen-Caddie. Und inmitten von allem sitzt er mit ausgestreckten Beinen und liest in einem Buch: Monsieur Alfred oder, wie er selbst als Anrede vorzieht, Sir Alfred.  

Dass er mit richtigem Namen eigentlich Mehran Karimi Nasseri heißt, wusste ich schon, nachdem vor einigen Jahren bereits hier und da Artikel über sein Leben erschienen waren - lange bevor Steven Spielberg es als Vorlage für seine doch recht wirklichkeitsfremde Kinoversion entdeckte. Und dass er 1945 im Iran geboren wurde, auch. Also versuche ich ihn auf Persisch anzusprechen. Der Versuch kommt aber nicht gut an: I am no Iranian und ein schnelles Abwehren sind Alfreds einzige Reaktion. Farsi ist nicht angesagt. Auch Französisch scheint er zwar zu verstehen, aber er weigert sich, es zu sprechen. Ansonsten will er nur Englisch sprechen.  

Die Sprache Shakespeares und sein Land: für Sir Alfred scheinen sie zur fixen Idee, zur Obsession geworden zu sein. In die Lektüre der vermischten Meldungen aus dem Londoner Leben war er vertieft, als ihm vor Jahren die Aktentasche mit allen seinen Papiere am Flughafen von Paris-Roissy gestohlen wurde - so lautet seine Version - oder als er sie möglicherweise dort auf einer Sitzbank vergessen hat, wie andere Varianten besagen. Das war 1988. Und so begann sein derzeitiges Leben an diesem sonst eher unwirtlichen Ort: Ohne jedes Papier, das als Identitätsnachweis gelten könnte, am Heathrow Airport in London eintreffend, wurde er vom Land seiner Träume umgehend dorthin zurückgeschickt, wo er herkam, also nach Paris. Seitdem verfolgt er die BBC-Nachrichten auf den Fernsehern in der Abfertigungshalle des dortigen Flughafens ­ und wehe dem, der ihn dabei stört, wie die Verkäufer in der Zone des boutiques vorsorglich warnen.  

Wenigstens in Buchform ist er mittlerweile in England angekommen: "The Terminal Man" lautet der Titel des vor wenigen Wochen auf der Insel erschienen Romans von "Sir Alfred Mehran", der dort 6,99 Pfund kostet ­ aber nicht mit dem gleichnamigen Buch von Michael Crichton aus dem Jahr 197Z zu verwechseln ist, das 1974 in den USA verfilmt wurde. "You should read it", meint Alfred zu mir, der mir auch einen Tip gibt, wo ich den Roman in Paris erwerben könne; seine Angaben dabei fallen freilich sehr ungefähr aus. Dass es in dem Roman, der als "Biography & Autobiography" angeboten wird, mit den autobioraphischen Angaben freilich nicht so genau genommen wird, sagt Alfred frei heraus: I changed the history, meint er kurz und bündig.  

Tatsächlich wird dort erzählt, wie Sir Alfred ­ jener aus dem Buch ­ aufgrund der Entdeckung eines lang gehüteten Familiengeheimnisses den Iran verlässt und in Großbritannien zu studieren beginnt, jedoch durch den plötzlichen Abbruch der Kommunikation mit seiner Familie zur Rückkehr in den Iran gezwungen ist. Dort wird er bei seiner Ankunft am Flughafen verhaftet, gefoltert und schließlich wieder abgeschoben; daraufhin beginnt seine Geschichte am 8. August 1988 am Flughafen Paris-Charles de Gaulle. In Wirklichkeit hat sich das Geschehene jedoch nicht so zugetragen. Aus den bruchstückhaften Erzählungen des wirklichen Alfred, dem aus früher erschienenen Artikeln öffentlich Bekannten und aus den Angaben seines Pariser Anwalts seit 1988, Christian Bourguet, ergibt sich ein anderes Bild.  

Realität einer Odyssee  

Demnach verließ Mehran Karimi Nasseri im Jahr 1977 den Iran, kehrte jedoch später nie dorthin zurück. Das auslösende Ereignis war, dass der damals 32jährige - der als Waise aufgewachsen war - erfuhr, dass er als unehelicher Sohn eines britischen Offiziers auf die Welt gekommen war. Seine Mutter war bei seiner Geburt gestorben. Daraufhin fasste Mehran ein Ziel, wenn nicht "das" Ziel in seinem Leben, das bis dahin eher freudlos verlaufen sein muss: Er würde seinen leiblichen Vater ausfindig machen und dank diesem die britische Staatsbürgerschaft erhalten, um ein neues Leben zu beginnen. Dafür erhielt er auch ein britisches Visum, das ihm eine ganz legale Einreise nach London erlaubte. Nur war dort der mutmaßliche Vater inzwischen verstorben, und da er vor seinem Tod keine Anerkennung seiner Vaterschaft hinterlassen hatte, blieb diese Tür juristisch für immer verschlossen.  

Nach einem Jahr lief die Gültigkeitsdauer des Visums aus, und Mehran fand sich ohne Geld, ohne Aufenthaltserlaubnis, ohne Bekannte und ohne jeden Nachweis seiner britischen Abstammung in London wieder. Die Behörden bereiteten seine Abschiebung bevor, aber kurz bevor sie zur Tat schritten, reiste der seines Traumziels Beraubte aus ­ allerdings nicht in den Iran, sondern nach Westdeutschland. Dort beantragte er politisches Asyl, was nicht sonderlich verwundern konnte, denn inzwischen war Khomenei in Teheran an die Macht gekommen. Damit waren nicht nur die Träume vieler der Revolutionäre gegen den Schah geplatzt, sondern das Land wurde in den folgenden Jahren mit der Peitsche regiert. Doch das Asylgesuch wurde abgelehnt. Mehran versuchte es erneut in den Niederlanden, dann in Luxemburg und schließlich in Belgien: Damals gab es noch kein Schengen-Abkommen, das ihm verboten hätte, Asylanträge in mehreren Mitgliedsländern der damaligen EG zu stellen.  

Schließlich fiel eine günstige Entscheidung für ihn: In Brüssel wurde ihm das vorübergehende Aufenthaltsrecht als Flüchtling zuerkannt. Dort konnte Mehran sich einige Jahre lang über Wasser halten. Doch der Traum vom britischen Pass lebte in seinem Kopf fort. Deshalb bestieg der am 28. August 1988 ein Flugzeug nach Paris, wo er eine Stunde Aufenthalt vor seinem Weiterflug nach London hatte. Ab da nahm das Verhängnis seinen Lauf. Bekanntlich ist der Pass das wertvollste Stück am Menschen; das aber kam unserem Protagonisten abhanden.  

Von den Briten am selben Tag zurück nach Paris-Roissy geschickt, findet der Ausweis- und damit offiziell "Identitätslose" sich im Flughafengefängnis wieder. Drei Monate lang. Selbst die Wächter finden die Situation absurd und nehmen "Alfred" ­ wie sie ihn als Erste nannten - regelmäßig, obwohl illegal, mit nach draußen an die frische Luft. Am Ende lassen sie ihn sogar gänzlich unbeaufsichtigt in der internationalen Transitzone. Nach draußen zu gehen bleibt Mehran/Alfred verboten. Vier Jahre verstreichen, dann erfährt er, dass das UN-Flüchtlingshilfswerk UNHCR nunmehr endlich eine Kopie seiner, in Belgien ausgehändigten, Dokumente als Asylantragstellender angefertigt hat. Jetzt genügt es also ­ so die frohe Botschaft, die Alfred verkündet wird -, dass er bei den Behörden in Brüssel vorstellig wird, um erneute Originaldokumente zu erhalten. Gut und schön, aber es bleibt eine kleine Frage übrig: Wie kann eine Person ohne gültiges Ausweispapier, die auch nicht formell für staatenlos erklärt worden ist, von Paris nach Brüssel reisen? Die Katze beißt sich in den Schwanz.  

Unterdessen richtet Alfred sich im Untergeschoss des Flughafens ein, auf seine Weise. Angestellte der diversen Fluggesellschaften bringen ihm Essensportionen von Bord mit, ansonsten verpflegt er sich bei McDonalds. Der Chefarzt des Flughafens, Philippe Bargain, untersucht ihn regelmäßig auf seinen Gesundheitszustand. Und seine Klamotten wäscht eine Stewardess von der Lufthansa.  

Doch das lange Leben im Durchgang der Passagiere lässt Alfred den Sinn für Raum und Zeit, in gewissem Maße für die Realität verlieren. Vieles wird ihm gleichgültig. Auf meine Frage, in welchem Radius er sich denn erlaubtermaßen bewegen dürfe, und ob er denn auch mal nach draußen dürfe, antwortet Alfred nur höchst apathisch: "There is no problem, there is no problem".  

Im Juni 1999 schien das langsame Mahlen der Bürokratie endlich zu einem Abschluss zu kommen. Damals ließ der seinerzeitige Innenminister Jean-Pierre Chevènement ­ auf dessen Schreibtisch als oberstem Dienstherrn die Angelegenheit inzwischen gelandet war ­ die Ausstellung eines Aufenthaltstitels anordnen. Er hatte erkannt, dass jemand, der einen gültigen Aufenthaltsstatus als Flüchtling in Belgien habe, damit auch im Schengen-Mitgliedsland Frankreich ein Aufenthaltsrecht genieße. Doch Alfred wollte davon nichts mehr wissen: Einen Herrn dieses Namens kenne er nicht mehr, lehnte er die Papiere auf den Namen "Mehran Karimi Nasseri" ab. Inzwischen war er vollkommen zu Mister Alfred geworden. "Nur als freier Mann", sprich als Sir Alfred, werde er den Flughafen verlassen "oder aber mein ganzes Leben hier bleiben". Die fixe Idee, nach so langem Warten, lässt keinen Platz mehr für schäbige Kompromisse.  

Wer nicht fragt, der nicht verliert....  

Der größte Witz an der Kafka-verdächtigen Geschichte ist, dass es tatsächlich genügen würde, dass Alfred einfach nach draußen marschiert. Den Flughafen zu verlassen, ist ihm formell verboten. Aber von der Haltestelle der Regionalschnellbahn RER bis zu dem Ort, an dem Monsieur Alfred sitzt, und zurück hat mich tatsächlich niemand aufgefordert, meine Papiere vorzuzeigen.  

Zumindest an diesem Punkt liegt Spielberg mit seiner filmischen Schnulzen-Variante mindestens in einem Punkt vielleicht gar nicht so weit daneben. In Terminal sieht man den auf Karriere erpichten Oberpolizisten des New Yorker Flughafens, Frank Dixon, mit der Frage beschäftigt: "Warum sucht er nicht nach den Lücken im System? Warum nutzt er nicht die Lücken, um rauszukommen? Alle tun das!" Die Problematik wird in der Spielberg¹schen Darstellung doppeldeutig behandelt. Denn Dixons Haltung schwankt zwischen beiden Polen hin und her: Zunächst von dem Standpunkt "Hauptsache, ich werde das Problem los" ausgehend, sucht Dixon dem vorübergehend ­ durch völkerrechtliches Abhandenkommen seiner Kaukasusrepublik ­ staatenlos gewordenen Nagorski auf der einen Seite Brücken zu bauen. Mal will er ihn dazu animieren, einfach "Illegaler" in New York City zu werden und möglichst schnell Land zu gewinnen ("Um 12 Uhr werden die Wachen ausgetauscht, und die Ablösung trifft erst um 12.05 Uhr ein ­ haben Sie mich verstanden, Mister Nagorski?"), mal will er ihn in ein Asylverfahren hinein drängen. Dann wieder will der Oberbulle seinen "Schützling", andererseits, in eine Falle locken: Wenn er ihn bei einem illegalen Versuch, den Flughafen zu verlassen, ertappen könnte, würde er über einen Vorwand verfügen, ihn inhaftieren zu lassen.  

In Wirklichkeit würden sich die Verantwortlichen des Migrations- und Überwachungsregimes wohl kaum über ein einzelnes Individuum so stark den Kopf zerbrechen, wie das hier auf der Leinwand dargestellt wird. Dennoch stimmt es, dass das System eine doppelte Wirkung erzielt und mutmaßlich auch intendiert, wenngleich sicherlich nicht im Kopf des einzelnen, bornierten Beamten und staatlichen Funktionsträgers. Einerseits soll es Repression, Bestrafung und Abwehr gegen als "lebendes Risiko" definierte Menschen auslösen ­ Effekte, die jedes Mal eintreten, wenn eine zum Zwecke der Abschreckung und Ausgrenzung gezogene Grenzlinie auf offene oder nachweisbare Weise überschritten wird. Andererseits aber produziert und provoziert es zugleich auch eine Vielzahl von Grenzüberschreitungen, die zur konkreten Folge haben, dass sie für die Betroffenen Prekarisierung, "Illegalisierung" und beispielsweise die Hinnahme besonders übler und "eigentlich" nicht zulässiger Arbeitsverhältnisse nach sich ziehen. Die Stabilität des Gesamtssystems benötigt den zweitgenannten Aspekten genauso wie den ersten.  

Sicherlich schwankt das genaue Verhältnis zwischen beiden Aspekten, in Abhängigkeit von gesellschaftlichen und ideologischen Faktoren. So dürfte in den USA der Ausgrenzungs- und Sicherheitsaspekt seit den Nachwehen des 11. September und der Verabschiedung des "Patriot Act" zugenommen haben, während traditionell eher ein anderes Modell im Vordergrund stand. Es wird in Spielbergs Film von dem aus Albanien stammenden Taxifahrer verkörpert, dem der nach 12 Monaten Aufenthalts im Flughafen in¹s Freie kommende "Held" Nagorski kurz vor dem happy end begegnet (Nagorski: "Und wann sind Sie in die USA gekommen?" Antwort: "Oh... letzten Donnerstag!").  

In West- und Nordeuropa dagegen überwiegt schon seit längerem die Verteidigung des Grenzschutzregimes gegenüber dieser pragmatischen Offenheit für "illegale" Arbeit. Aber auch hier werden andere Mechanismen in die vorrangig auf Abwehr ausgerichteten Dispositive integriert. In Frankreich etwa sieht ein, unter einer konservativen Regierung verabschiedetes, Ausländergesetz seit 1997 vor, dass all jenen "illegalen" Einwanderern, die nachweislich seit zehn Jahren im Land ausgeharrt haben, daraufhin ihre "Legalisierung" in Aussicht gestellt wird. Das ist die Anerkennung eines faktischen Zustands, der auch die ständige Präsenz "nicht legal" im Lande lebender und deswegen relativ rechtloser Menschen beinhaltet. Die Unterschiede zum früheren US-amerikanischen und zeitweise auch britischen System, die die Türen für illegalisierte und folglich prekarisierte Arbeitskräfte relativ weit offen stehen ließen, liegt darin, dass die nordeuropäischen Sozialsysteme traditionell mehr gesellschaftliche Garantien an die Anerkennung des Aufenthaltsrechts dieser Arbeitskräfte knüpften. In einem System, wo Millionen working poor auch bei legalem Aufenthaltsstatus keinerlei Sozialversicherung haben, kommt solcherlei Bedenken dagegen eine geringere Bedeutung zu.  

"Sir Alfred" ist das lebende Beispiel dafür, was mit einem Individuum geschieht, das in die Mühlen der mit den Mechanismen des Grenzregimes verbundenen Bürokratie gerät ­ und gleichzeitig nicht die Fantasie, die Entschlusskraft oder die nötigen Voraussetzungen besitzt, um sich auf den Wegen der "Illegalität" durchzuschlagen. Wäre ich Bourdieu-Anhänger, dann würde ich an dieser Stelle vom "sozialen und kulturellen Kapital" sprechen. Das kann in familiären Bindungen bestehen, die vielen Neueinwanderern die schnelle Integration in ein soziales Netzwerk ­ oft bei gleichzeitiger Hyperausbeutung ­ erlauben. Es kann auf Vorkenntnissen beruhen, welche auf Erzählungen anderer Migranten, die den "Sprung" vorher geschafft haben, beruhen. Oder einfach auf dem Mut und die Vorstellungskraft, die jemand benötigt, um sich, einmal in der "Transitzone" festgesetzt, einfach auf leisen Sohlen vom Acker zu machen.  

Alfred ist das Gegenbeispiel dafür. Und dennoch könnte auch er auf seine Weise seinen Gewinn aus der kafkaesken Situation schlagen, in der er lebt: Seine Geschichte ist derart absurd und dennoch glaubhaft real, dass der Aufkauf der Urheberrechte durch Spielberg ihm eine sattes Dollarsümmchen eingebracht hat, das nun in einer Postbankfiliale im Untergeschoss des Pariser Flughafens schlummert. Ob Sir Alfred persönlich viel davon haben wird, muss dahingestellt bleiben: Die Angestellten am Pariser Flughafen gehen nicht davon aus, dass er sein Leben woanders als in "seiner" Duty free-Meile beenden wird.

Editorische Anmerkungen

Diesen Artikel schickte uns der Autor am 14.10. 2004  in der vorliegenden Fassung zur Veröffentlichung. Eine leicht gekürzte Version erschien in "Jungle World" vom 13. 10. 2004.