Nazi-Headbangers
Extrem rechte Fans auf Heavy Metal-Konzerten

Von Christian Dornbusch
10/04

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Die weit gefächerte Szene des Heavy Metal gilt in der popkulturellen Landschaft nicht als besonders progressiv und emanzipiert. Die Bands bestehen weitestgehend aus männlichen Mitgliedern, die, obwohl sie durchweg langhaarig sind, dennoch klassische Männlichkeit verkörpern wollen. Entsprechendes gilt für die, wiederum vorwiegend männlichen Fans; sie sind zumeist raubeinig und eher sexistisch als rassistisch. Doch auch hier, wie in anderen Szenen, gibt es sowohl erklärte Antifaschisten als auch Rassisten. Der Großteil der Fans schert sich indes wenig um Politik und möchte vor allem Spaß bei der nächsten Party haben. Getrübt wird das Amüsement jedoch von Neonazis, die auf den Events der Szene auch ein wenig Abwechslung vom Alltag suchen.

Als das größte Ereignis in Sachen Metal gilt mittlerweile unangefochten das "Wacken Open Air" in Wacken. Über 33.000 Besucher aus Deutschland und angrenzenden Ländern pilgerten am ersten Augustwochenende in die kleine schleswig-holsteinische Gemeinde. Offensichtliche Neonazis waren dabei in der absoluten Minderzahl. Nur vereinzelt präsentierten junge Männer ihr "Landser"-T-Shirt oder solche extrem rechter Metal-Bands oder eben Tätowierungen mit neonazistischer Symbolik. Omnipräsent waren indes Fans der Band "Böhse Onkelz", dem Headliner am Eröffnungsabend. Das Konzert ist der Auftakt ihrer Abschiedstournee. Der Gig in Wacken ist naheliegend, denn die wohl größte Fangemeinde der Frankfurter Band kommt aus dem Hardrock und Metal. Anfang der 1990er war es das Metal-Magazin "Rock Hard", das den Tabubruch vollzog und die Band in ihrem Heft zu promoten begann. Gemessen an der Anzahl der Besucher waren es waren vorwiegend Fans dieser Band, deren Auftreten und äußeres Erscheinungsbild Rückschlüsse auf ein dahinter liegendes rechtes Weltbild zuließen. Trotz der geringen Zahl offensichtlicher Neonazis auf dem Festival und auch des Statements "Metalheads against Racism" im Programmheft war das Angebot auf dem sog. "Metalmarket" erschreckend. Hier wurden an verschiedenen Ständen Produkte neonazistischer Metal-Bands wie "Totenburg", "Bilskirnir" und "Absurd" verkauft.

Das "Party San Open Air" (PSOA) in Bad Berka hingegen ist wesentlich kleiner, auch wenn die Besucherzahl seid Jahren beständig anwächst. Über 4.000 Besucher fuhren Mitte August auf das thüringische Festival. Das Profil der dreitägigen Veranstaltung unterscheidet sich vom "Wacken-Open-Air" durch den engeren musikalischen Fokus. Während das Festival im Norden versucht, alle Stilrichtungen des Metal auf die Bühne zu bringen, widmet sich die südostdeutsche Freilichtveranstaltung der härteren Gangart der Musik, dem Death- und Black Metal. Auf dem übersichtlichen Festival fielen neonazistische Metal-Fans schnell auf - Aufnäher, T-Shirts und Tätowierungen wie "Aryan Nation" über einem überdimensionalen Thorshammer auf der Brust zeigten für andere an, wes Geistes Kind diese Besucher waren.
Eintragungen im Gästebuch der Veranstalter zufolge sind einige Nazis auch vom Festivalgelände geflogen. Im Vergleich zu den Vorjahren scheint ihre Präsenz im übrigen rückläufig. Einen dezidierten Anlass für ihr Kommen gab es im Grunde auch dieses Jahr nicht. Zum Line-Up des PSOA gehörte keine Band, die in der Szene als extrem rechts gilt - einmal abgesehen von der norwegischen Black-Metal-Band "Carpathian Forest". Über sie munkeln Fans, dass deren Sänger "Nattefrost" bekennender Rassist sei. Derartiges ist im Black Metal jedoch beinahe schon die Regel - die Ablehnung einer "fremden Religion" wie der christlichen führt bei vielen dieser satanischen und/oder paganen Bands sukzessive auch zur Ablehnung anderer Kulturen und Migranten im eigenen Land.

Das kleinste und musikalisch spezifischste Festival ist das "Under the black Sun", dessen Name nicht in Verbindung steht zur "Schwarze Sonne"-Symbolik der Wewelsburg. Gut 600 Fans von Black Metal fanden am 9./10. Juli den Weg nach Ahlimbsmühle in Brandenburg. Veranstaltet wird das Festival im nördlich von Berlin gelegenem Nirgendwo vom Berliner Label "Folter Records" und der Konzertagentur "Triple Six Concert Agency". In der Black Metal-Szene genießt die Veranstaltung einen zwielichten Ruf.

Obwohl es alljährlich gelingt, renommierte Bands des Genres zu buchen, ist das Open Air auch für seine nicht gerade geringe Anzahl extrem rechter Besucher bekannt. Die Camping-Ordnung gibt beispielsweise vor, dass keine verbotene Musik abgespielt werden darf. Zuwiderhandeln wird mit dem Verweis vom Festival geahndet. Ein Ordner berichtete jedoch, dass sie sich bei der Fülle der Fälle lediglich darauf beschränken, die Leute darauf hinzuweisen, die Musik leiser Platz zu machen. Zwei seien jedoch vom Platz geflogen, da sie die Lautstärke partout nicht herunterregeln wollten.

Dabei kommen diese Besucher nicht durch Zufall. In diesem Jahr spielte beispielsweise einer der aktuellen Shooting-Stars des neonazistischen Black Metal auf dem Festival, die finnische Band "Satanic Warmaster". Auch von der ebenfalls aus Finnland stammenden Gruppe "Azaghal"' sind rassistische Äußerungen bekannt. Es kann daher auch nicht verwundern, dass gerade hier das sächsische, vorwiegend auf NS-Black Metal spezialisierte Label "No Colours" mit einem Verkaufsstand anwesend war.

Deutlich wurde angesichts der in diesem Sommer besuchten drei Metal Open Airs, dass extrem rechte bis neonazistische Fans vor allem dort anwesend sind, wo ihnen entweder ein direktes Angebot gemacht wird, wie zum Beispiel mit dem Auftritt von "Satanic Warmaster" oder das geballte Angebot an extremer Musik sie anspricht. Obwohl Black Metal die wohl kleinste Sparte des musikalischen Genre Metal ist, tummeln sich hier die meisten Fans mit rassistischen, antisemitischen und teilweise auch unverhohlen neonazistischen Ansichten. Letztlich sind sie ein Spiegelbild der Musik. Nicht nur musikalisch sind die Underground-Bands extrem, auch deren Musiker outen sich in Interviews häufig als Rassisten und Nazi-Sympathisanten.

Editorische Anmerkungen

Der Artikel ist eine Spiegelung aus der Zeitschrift DER RECHTE RAND. http://www.nadir.org/nadir/periodika/drr/Artikel/90-1.html