Editorial
Der Kropf

von
Peter Schulz

10/02   trend onlinezeitung Briefe oder Artikel info@trend.partisan.net ODER per Snail: trend c/o Anti-Quariat 610610 Postfach 10937 Berlin
Als Querdenker gilt man(n) bei einigen viel, als Querkopf dagegen wenig. Querdenker verstehen sich als kritische Kritiker. Querköpfe werden als Störenfriede empfunden. Oft sind die Grenzen fließend. Auch im Hinblick auf die "Querfront". Die hat nun seit kurzem sogar eine gleichnamige Website, wo der unsägliche Querfrontbastler Peter Töpfer () seine Denke für Rechte und vermeindliche Linke absondert.

Ein Pendant von Links stellt bekanntlich Stefan Pribnows Politmagazin "Kalaschnikow" dar. Er und seine Kumpels mögen sich für Querdenker halten. Doch wie gesagt; die Grenzen sind fließend, insbesondere in Sachen Querfront.

Mit der nationalen Frage im Zentrum der politischen Bemühungen bastelt die "Kalaschnikow" seit Jahren an Anknüpfungspunkten für rechte Positionen. Der jüngste Versuch, Personen aus dem linken Spektrum mit völkisch-rassistischen Positionen ins Gespräch zu bringen und zu vernetzen, nämlich die so genannte "Nahostkonferenz" führte zu vehementen Reaktionen auf Seiten antifaschistischer Kräfte, die sich um die Zeitschrift Bahamas gruppieren. Deren zentraler Vorwurf gegen Pribnows Nahostkonferenz: "links - antisemitisch - deutsch".

Auch Bahamas & Co. sehen sich als "kritische Kritiker". Auch sie stellen einzig die nationale Frage in den Mittelpunkt ihrer Bemühungen. Bildlich gesprochen um 180 Grad gedreht zur "Kalaschnikow", feiern sie statt des deutschen den israelischen Staat. Statt der Beschäftigung mit der sozialen Frage betreiben die "Antideutschen" wie Pribnow & Co. die Ethnisierung des Sozialen.

Die Aufhebung der kapitalistischen Produktionsweise setzt ihre Analyse voraus und nicht den guten Willen. Sich die Marxsche Kritik der politischen Ökonomie anzueignen, um so ein Rüstzeug für die Analyse und Aufhebung des weltweiten Kapitalismus an die Hand zu bekommen, davon ist weder bei den "Antideutschen" noch bei "Kalaschnikow" die Rede.

Antideutsche sind keine Querdenker, sondern höchstens Querköpfe - der qualitative Unterschied zu Pribnows Querfront ist tatsächlich kaum spürbar. Beide Projekte stören, d.h. sie behindern die Vernetzung linker und fortschrittlicher Kräfte, indem sie polarisieren, spalten und Diskurse in die Welt setzen, die so überflüssig sind wie der Kropf.