Betrieb &  Gewerkschaft
Daimler Wörth
"Auf Teufel komm raus" soll produziert werden

eine RF-News-Korrespondenz

09/2020

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Die Vertrauenskörperleitung des Daimler-Werks in Wörth hat einen offenen Brief an die Werksleitung geschrieben, in dem sie unerträgliche Arbeitsbedingungen in der Sommerhitze und während der Corona-Pandemie anprangert. Große Teile des Briefes habe inzwischen auch die örtlichen Medien aufgegriffen. Hier Auszüge daraus:

"Bereits seit zwei Jahren machen wir auf die Situation bei Hitze, insbesondere bei Temperaturen über 30 Grad, in den Produktionshallen aufmerksam und verlangen verbindliche Maßnahmen zur Entlastung und Abhilfe. ... Das ist schlichtweg nicht leistbar und wird nur durch extreme Anstrengungen und auf Kosten der Gesundheit möglich gemacht. Die Corona-Pandemie verstärkt die Belastungen in diesem Jahr aber noch weiter. … 

An etlichen Arbeitsplätzen, vor allem an den Bändern, wo der Abstand von 1,5 Metern nicht eingehalten werden kann, besteht zudem Maskenpflicht. Für alle diese Belastungen gibt es keinen bzw. nur unzureichenden Ausgleich. So wird Ihrerseits bewusst die Gesundheit der Mitarbeiter gefährdet. 'Auf Teufel komm raus' soll produziert werden, und die Gesundheit der Mitarbeiter spielt trotz aller Hochglanzbroschüren und öffentlicher Verlautbarungen keine ausreichende und angemessene Rolle! 

Auch der Betriebsrat fordert seit längerem Regelungen und deren Festschreibung in einer Betriebsvereinbarung zum Thema Hitzebelastung. Diese Verhandlungen werden Ihrerseits aber seit Jahren verschleppt. … 

Bereits vergangenes Jahr haben mehrere Hundert Kolleginnen und Kollegen der Spätschicht sich an einer Protestaktion gegen die unerträglichen Arbeitsbelastungen bei Hitze über 30 Grad beteiligt. Außerdem gab es mehrere Redebeiträge dazu auf Betriebsversammlungen. Spätestens das hätte ein Weckruf sein können. Leider ist dem bisher nicht so. 

Wir fordern:

  • Stündliche Arbeitsunterbrechungen an taktgebundenen Arbeitsplätzen mit Maskenpflicht zum fachgerechten hygienischen Wechsel der Mund-Nasenbedeckung
  • Maßnahmen wie regelmäßige Entwärmungsphasen und zusätzliche Erholzeiten, eine Verlangsamung der Bandgeschwindigkeit oder zusätzliches Personal, bereits ab Temperaturen von 30 Grad
  • Schaffung von mehr Duschkapazitäten, um allen Mitarbeitern am Arbeitsende das Duschen zu ermöglichen

Sollten wir auch weiterhin auf eine Verweigerungshaltung Ihrerseits treffen ..., sehen wir uns als IG Metall gezwungen, mit weiteren öffentlichkeitswirksamen Aktionen auf die unerträglichen Arbeitsbedingungen im Daimler-Werk aufmerksam zu machen.“ 

Soweit der Brief. Die Werkleitung musste dazu bereits öffentlich Stellung nehmen. Angeblich habe sie schon zu Beginn der Sommerperiode viele Maßnahmen für die Mitarbeiter eingeleitet. Verträgliche Arbeitsbedingungen hätten "oberste Priorität". Die Wahrnehmung in der Chefetage ist offensichtlich eine andere als in den überhitzten Werkhallen. Sie braucht offensichtlich eine „Sehhilfe“ seitens der Belegschaft und der Öffentlichkeit. 

Vollständiger Text des Offenen Briefs

Quelle: https://www.rf-news.de/2020/kw35/auf-teufel-komm-raus-soll-produziert-werden  / 25.8.2020