Horch und Guck
Die BRD - ein unermüdlich arbeitender Überwachungsstaat

TREND-Doku: 88jähriges DKP-Mitglied wird seit 1951 überwacht

09/2019

trend
onlinezeitung

Das Baden-Württembergische Landesamt für Verfassungsschutz überwacht das 88 Jahre alte Tübinger DKP-Mitglied Gerhard Bialas seit er 1951 Mitglied der Kommunistischen Partei Deutschlands wurde. Und das - obwohl er sich jahrzehntelange im Gemeinderat und im Kreistag engagierte und dafür mit dem  silbernen und  goldenen Verdienstabzeichen des Städtetags und der Landkreismedaille ausgezeichnet worden war

Zur Eisernen Hochzeit am 29. Mai 2019 bekamen er und seine Frau Christa Glückwünsche von Bundespräsident Frank Walter Steinmeier und Ministerpräsident Winfried Kretschmann:

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Gerhard Bialas nahm dies zum Anlass, um von  Kretschmann ein Ende der staatlichen Überwachung zu verlangen. Er hatte bereits 2012/13 diese Forderung erhoben und der damalige Innenminister Reinhold Galt (SPD) hatte ihn wissen lassen, das er solange er sich nicht von der DKP distanzieren würde, er damit leben müsse, „dass der Verfassungsschutz weiterhin Erkenntnisse speichert, die in diesem Zusammenhang zu Ihrer Person anfallen".

Statt des erhofften positiven Bescheids erhielt er Gerhard Bialas das folgende Schreiben aus dem Innenministerium:



Jetzt erst recht!
Klein beigeben kommt nicht in Frage!

Gerhard Bialas wird weiterhin am 1. Mai bei der DGB-Kundgebung Rote Nelken verkaufen und Infos auslegen, am Antikriegstag für die VVN oder die DKP Reden halten und die beim TAGBLATT jährlich zulässigen 15 Leserbriefe schreiben.

Quellen:

ANHANG

Antwort vom 19.Februar 2013 auf Gerhard Bialas Auskunftsersuchen beim Landesamt für Verfassungsschutz vom 03. Oktober 2012

Baden-Württemberg

LANDESAMT FÜR VERFASSUNGSSCHUTZ

Landesamt für Verfassungsschutz · Postfach 500700 · 70337 Stuttgart
Az.:LS-244s.005/537/ 9

Herr
Gerhard Bialas
                 
72076 Tübingen


Stuttgart,   19. Februar 2013
Durchwahl     0711 9544-348
Telefax    0711 9544-444

Name    Schneider
Aktenzeichen    LS-244s.005/537/f)
(Bitte bei Antwort angeben)


Per Postzustellungsurkunde


Ihr Auskunftsersuchen gemäߧ 13 Landesverfassungsschutzgesetz (LVSG)


Sehr geehrter Herr Bialas,


auf Ihr Auskunftsersuchen vom 3. Oktober 2012, das am 7. November 2012 einging, darf ich Ihnen mitteilen, dass beim Landesamt für Verfassungsschutz Baden­ Württemberg (LN),  soweit feststellbar, folgende Erkenntnisse vorliegen:


Sie sind beim LfV mit folgenden Daten in Akten und Dateien erfasst:


Name: Bialas

Vornamen: Gerhard Otto Gerd

Geburtsdatum: 21. Juli 1931

Geburtsort: Schweidnitz/Polen

Adresse: Weißdornweg 11, 72016 Tübingen früher wohnhaft: Gößstraße 71, 72070 Tübingen Ausgeübter Beruf: Gärtner im Ruhestand Anschlussinhaber: 07071/42327

ln der Vergangenheit sind Sie im Zusammenhang mit linksextremistischen Bestrebungen aufgefallen. Erkenntnisse bis einschließlich 2006 werden summarisch, spätere Erkenntnisse detailliert aufgeführt:

Sie sind dem LfV seit dem Jahr 1951 bekannt, zunächst im Zusammenhang mit Aktivitäten  in der "Kommunistischen Partei Deutschlands" (KPD). Nach  deren Verbot 1956 schlossen Sie sich der "Deutschen Friedensunion" (DFU) an, einer als Tarnorganisation der KPD bewerteten Partei. Im Januar 1969 leiteten Sie die Gründungsversammlung des Kreisausschusses Tübingen der wenige Monate zuvor neu gegründeten "Deutschen Kommunistischen Partei" (DKP). Die DKP ist die Nachfolgeorganisation der KPD. Fortan waren Sie in der DKP aktiv. Entsprechende Erkenntnisse reichen bis in das Jahr 2012. In der DKP hatten Sie im Laufe der Jahrzehnte führende Funktionen inne. Mehrfach kandidierten Sie für die DKP zu verschiedenen Wahlen auf Kommunal- und Landesebene sowie für ein Wahlbündnis unter Führung der "Partei des Demokratischen Sozialismus" (POS; heute Partei "DIE LINKE") zu kommunalen Parlamentswahlen und nahmen für diese Parteien Ihr Mandat wahr, zuletzt bei der Kommunalwahl 2004, als Sie für die "Tübinger Linke/POS - offene Liste" kandidierten. Sie bekannten sich stets zur DKP und deren Zielen.

In den letzten Jahren sind über Ihre Person insbesondere die folgenden Erkenntnisse angefallen:

Am 13. Februar 2007 fand in Stuttgart die Trauerfeier und Urnenbeisetzung eines verstorbenen DKP-Aktivisten statt, an der Sie teilnahmen. Die Beisetzungsfeierlichkeit war in ihren Wortbeiträgen "revolutionär" gestaltet, Fahnen der DKP und der ihr nahe stehenden Jugendorganisation "Sozialistische   Deutsche   Arbeiterjugend" (SDAJ) waren aufgestellt. Das Singen der "Internationalen" schloss die Trauerfeier ab.

Am 16. November 2007 waren Sie Teilnehmer eines Info-Standes der DKP auf dem Holzmarkt in Tübingen. Es wurde DKP-Infomaterial angeboten bzw. verteilt.

Sie luden im Namen der DKP Tübingen als Verantwortlicher im Sinne des Presserechts (V.i.S.d.P.) zu einer Veranstaltung "90 Jahre Oktoberrevolution - Perspektiven des Sozialismus heute" ein, die am 21. November  2007 mit der stellvertretenden DKP-Parteivorsitzenden in Tübingen im "Linken Forum" stattfand.

Sie waren Verantwortlicher für eine Einladung zu einer Veranstaltung der DKP am 13. Oktober 2009 im "Linken Forum" in Tübingen zum Thema "Linke Kommunalpolitik in Krisenzeiten".

Sie nahmen am 1. Mai 2010 an der Mai-Kundgebung in Tübingen teil, bei der auch linksextremistische Organisationen, u.a. die DKP, - Infostände aufgebaut hatten. Am organisatorischen Ablauf (Redebeiträge, Moderation) waren Linksextremisten beteiligt.

Sie waren als "Gerhard Bialas, DKP Tübingen" unter den Erstunterzeichnern für die "Weltfrauenkonferenz der Basisfrauen" von 4. bis 8. März 2011 in Caracas-, Venezuela, an der sich aus Deutschland vor allem die "Marxistisch-Leninistische Partei Deutschlands" (MLPD) und ihr nahe stehende Organisationen beteiligten.

In der Mitgliederzeitschrift "AntiFa-Nachrichten" der linksextremistisch beeinflussten "Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes - Bund der Antifaschistinnen und Antifaschisten" (VVN-BdA) Baden-Württemberg, Ausgabe 1 vom April 2011, sind Sie namentlich aufgeführt.

Sie unterzeichneten als V.i.S.d.P. ein Flugblatt der linksextremistischen, inzwischen aufgelösten "Marxistischen Aktion Tübingen" und der DKP, mit dem zu einer Vortragsveranstaltung am 12. Juli 2011 zum Thema "Probleme der Entwicklung von Klassenbewusstsein unter den heutigen Bedingungen" im "Linken Forum" in Tübingen eingeladen wurde.

Sie nahmen am Neujahrsempfang der Partei "DIE LINKE." am 28. Januar 2012 teil. Diese Erkenntnis steht auf Grund der vom Innenministerium Baden-Württemberg am
7. Februar 2013 verfügten Einschränkung der Beobachtung der Partei "DIE LINKE." zur Löschung an. Die Löschung erfolgt nach bestandskräftigem Abschluss des Auskunftsverfahrens.

In einem auf der Internetseite der DKP  Baden-Württemberg veröffentlichten Schreiben mit Datum vom 30. Januar 2012 bekennen Sie sich als Mitglied der DKP.

Weitere Auskünfte können Ihnen nicht erteilt werden. Eine Begründung hierfür unterbleibt gemäß § 13 Absatz 3 Satz 1 LVSG.

Hinsichtlich Ihres Auskunftsersuchens können Sie sich auch an den Landesbeauftragten für den Datenschutz (Königstraße 1Oa, 70173 Stuttgart) wenden.

Rechtsbehelfsbelehrung:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe Widerspruch erhoben werden. Der Widerspruch ist schriftlich oder zur Niederschrift beim Landesamt  für  Verfassungsschutz Baden-Württemberg, Taubenheimstraße  85  A,
70372 Stuttgart, einzulegen. Die Frist der Einlegung des Widerspruchs beginnt mit Ablauf des Tages, an dem Ihnen der Bescheid bekannt gegeben worden ist. Bei Zustellung durch die Post mit Zustellungsurkunde oder gegen Empfangsbekenntnis ist der Tag der Bekanntgabe der Tag der Zustellung.

Mit freundlichen Grüßen
 

Quelle: http://berufsverbote.de/tl_files/Bialas/BialasErkenntnisse.txt