#aufstehen: Stellungnahmen

Kommentar von "maoistdazibao"

09/2018

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Zur Sammlungsbewegung „aufstehen“

Kommunisten sollten sich bei der Bewertung einer politischen Bewegung nicht auf das stützen, was sie selbst gerne hätten oder was sie sich wünschen würden, sondern darauf stützen, was der objektive Klasseninhalt einer Bewegung ist. Und da ist bei „aufstehen“ bestenfalls ein Schüren sozialdemokratischer Illusionen festzustellen. Den Klasseninhalt von „aufstehen“ würden Karl Marx und Friedrich Engels mit konservativem oder Bourgeoissozialismus bezeichnen:

„Ein Teil der Bourgeoisie wünscht den sozialen Mißständen abzuhelfen, um den Bestand der bürgerlichen Gesellschaft zu sichern.

Es gehören hierher: Ökonomisten, Philanthropen, Humanitäre, Verbesserer der Lage der arbeitenden Klassen, Wohltätigkeitsorganisierer, Abschaffer der Tierquälerei, Mäßigkeitsvereinsstifter, Winkelreformer der buntscheckigsten Art.[1] Und auch zu ganzen Systemen ist dieser Bourgeoissozialsmus ausgearbeitet worden.

Als Beispiel führen wir Proudhons „Philosophie de la misere“ an.

Die sozialistischen Bourgeois wollen die Lebensbedingungen der modernen Gesellschaft ohne die notwendig daraus hervorgehenden Kämpfe und Gefahren. Sie wollen die bestehende Gesellschaft mit Abzug der sie revolutionierenden und sie auflösenden Elemente. Sie wollen die Bourgeoisie ohne das Proletariat. Die Bourgeoisie stellt sich die Welt, worin sie herrscht, natürlich als die beste Welt vor. Der Bourgeoissozialismus arbeitet diese tröstliche Vorstellung zu einem halben oder ganzen System aus. Wenn er das Proletariat auffordert, seine Systeme zu verwirklichen und in das neue Jerusalem einzugehen, so verlangt er im Grunde nur, daß es in der jetzigen Gesellschaft stehenbleibe, aber seine gehässigen Vorstellungen von derselben abstreife.

Eine zweite, weniger systematische, nur mehr praktische Form dieses Sozialismus suchte der Arbeiterklasse jede revolutionäre Bewegung zu verleiden, durch den Nachweis, wie nicht diese oder jene politische Veränderung, sondern nur eine Veränderung der materiellen Lebensverhältnisse, der ökonomischen Verhältnisse ihr von Nutzen sein könne. Unter Veränderung der materiellen Lebensverhältnisse versteht dieser Sozialismus aber keineswegs Abschaffung der bürgerlichen Produktionsverhältnisse, die nur auf revolutionärem Wege möglich ist, sondern administrative Verbesserungen, die auf dem Boden dieser Produktionsverhältnisse vor sich gehen, also an dem Verhältnis von Kapital und Lohnarbeit nichts ändern, sondern im besten Fall der Bourgeoisie die Kosten ihrer Herrschaft vermindern und ihren Staatshaushalt vereinfachen.

Seinen entsprechenden Ausdruck erreicht der Bourgeoissozialismus erst da, wo er zur bloßen rednerischen Figur wird.

Freier Handel! im Interesse der arbeitenden Klasse; Schutzzölle! Im Interesse der arbeitenden Klasse; Zellengefängnisse! im Int eresse der arbeitenden Klasse: das ist das letzte, das einzige ernstgemeinte Wort des Bourgeoissozialismus.

Der Sozialismus der Bourgeoisie besteht eben in der Behauptung, daß die Bourgeois Bourgeois sind — im Interesse der arbeitenden Klasse.“ (Marx/Engels, Manifest der Kommunistischen Partei. In: MEW Band 4, S. 488-489)

Belege hierfür sind:

In ihrem 2011 erschienen Buch „Freiheit statt Kapitalismus“  (Frankfurt/Main, 2011) erklärt die Frontfrau von „aufstehen“ Sahra Wagenknecht nicht etwa den (realen) Sozialismus zum Ziel ihrer wirtschaftspolitischen Konzeption, sondern den von ihr geschaffenen „kreativen Sozialismus“, der aber niemals Realität werden wird, genauso wie der „demokratische Sozialismus“ der SPD und der Partei „Die Linke“ oder der „echte Sozialismus“ der MLPD. Ziel wird der „Volks-Kapitalismus“ nach dem alten BRD-Wirtschaftsminister und –Kanzler Ludwig Erhard. Ihr „kreativer Sozialismus“ ist ein Abklatsch der BRD-Wirtschaftspolitik des demagogischen „Wohlstands für alle“, die in jeder Hinsicht ihre Grundlage verloren hat (nämlich die Existenz der DDR und der anderen sozialistischen Staaten bis 1990).

Zudem sagt die Vorsitzende der Linksfraktion im Bundestag, Sahra Wagenknecht, der Berliner-Zeitung vom 03.08.2018 zu den neusten Daten über die ungleichen Einkommens- und Vermögensverteilungen in Deutschland:

Die regionale und tiefe Spaltung beim Wertpapiervermögen zeigt das eklatante Versagen der letzten Bundesregierungen bei der Schaffung gleicher Lebensverhältnisse und einer gerechten Verteilung des Reichtums. In Merkels Niedriglohnparadies Deutschland hat sogar jeder zweite Bürger kein Vermögen mehr und kann nichts ansparen, geschweige denn in Aktien investieren. Es ist nicht verwunderlich, dass überdurchschnittlich viele dieser ärmeren Menschen in strukturschwachen Regionen wie dem Saarland oder einigen ostdeutschen Bundesländern zu finden sind. […] Wir brauchen eine solide und soziale Politik in Deutschland und Europa, die seriöse und risikolose Geldanlagen mit einer angemessenen Rendite für alle wieder möglich macht.“ (Link) Das als politische Spitzenlinke derzeit zu fordern, ist nicht nur der erneute Versuch, die Quadratur des Kreises mit Zirkel und Lineal zu lösen. Auch muss niemand in Wirtschaftswissenschaften promoviert haben, um die Unsinnigkeit dieser Aussage zu erkennen: Denn „seriöse und risikolose Geldanlagen mit einer angemessenen Rendite für alle“ sind im kapitalistischen System als Widerspruch in sich nicht möglich und im sozialistischen System nicht nötig. Wagenknechts Forderung ist im Wortsinn politisch das, was Kommunisten seit Marx und Engels „konservativen oder Bourgeoissozialismus“ nennen.

[1] Als hätten Marx und Engels die von einer Werbeagentur professionell erstellten Werbeclips auf der „aufstehen“-Internetseite schon 1848 vorhergesehen … (Link)

Quelle:  https://maoistdazibao.wordpress.com/ vom 16.9.2018