Bogotá 27.8.-1.9.2017
Der
Gründungskongress der Partei der FARC-EP

Bericht vom 1. Tag und
Eröffnungsrede von Timoleón Jiménez, Kommandeur der FARC-EP

9/2017

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Eine neue Partei für ein neues Land
Bericht vom Eröffnungstag

Es ist ein historischer Tag in der Geschichte Kolumbiens. Heute haben sich rund 1150 Personen im Zentrum von Bogotá getroffen, die als Delegierte in den nächsten Tagen das neue Programm, die Statuten, den zukünftigen Namen und die Abgeordneten der legalen politischen Partei der FARC-EP beschließen werden.

Es ist eine festliche Stimmung und ein Wiedersehen im Centro de Convenciones Gonzalo Jiménez de Quesada. Freundschaftliche Umarmungen werden gegeben, Fotos und Videos aufgenommen. Die Mehrheit der ehemaligen Guerillakämpferinnen und -kämpfer tragen T-Shirts mit der Aufschrift „Eine neue Partei für ein neues Land“. Im Hintergrund des Konferenzsaals wird die nationale und internationale Presse platziert, die am ersten Tag zahlreich erschienen ist.

Die Veranstaltung beginnt mit der Nationalhymne Kolumbiens und der eigenen Hymne der FARC-EP. Daran anschließend rufen einzelne Delegiertengruppen „Wir sind da“ und „Wir sind präsent in Bogotá“. Grußworte aus vielen Teilen der Welt werden verlesen, unter anderem aus den Botschaften Norwegens, Venezuelas und Chiles. Auch die kommunistischen Parteien aus Großbritannien, Argentinien und Costa Rica schickten Gratulationen, sowie verschiedene soziale Organisationen aus Bogotá. Eine Videobotschaft von Pablo Beltrán, Oberkommandierender der ELN, wird eingeblendet, in der er einen brüderlichen und solidarischen Gruß an den Kongress schickt. Er weist darauf hin, dass wenn auch aktuell auf getrennten Wegen, gemeinsam für den Frieden, das Volk und die Gemeinsamkeit der revolutionären Linken gekämpft wird.

Auch aus Deutschland gratulierte ein Abgeordneter der Partei Die Linke sowie eine kommunistische Gruppe von Kolumbianern aus Berlin. Nach der Verlesung der Grußbotschaften eröffnete Timoleón Jiménez, Oberkommandierender der FARC-EP, mit einer Erklärung den inhaltlichen Teil des Tages (Übersetzung hier), anschließend sprach in einem längeren brillanten Beitrag Iván Márquez. Beide Redner wiesen daraufhin, dass sich die FARC–EP nicht von ihren Grundsätzen verabschiedet und sich von dem Gedanken der Revolution löst, sondern weiterhin für die Schaffung eines demokratischen politischen Systems kämpft, welches Frieden mit sozialer Gerechtigkeit verbindet und indem die Menschenrechte respektiert werden.

Die wirtschaftliche Entwicklung soll so gefördert werden, damit letztlich eine Garantiefür das Wohlergehen aller Kolumbianer gesichert wird. Die Waffen sind niedergelegt, doch die FARC-EP führt den Kampf mit den Worten weiter. Auch wenn aktuell die politischen Verhältnisse nicht einfach sind, plädiert der Oberkommandierende in seiner Rede diese zu ändern. Dazu braucht es die Unterstützung der Massen, die die FARC-EP in Stadt und Land bewegen muss. Die neue legale Partei will dabei keine Dogmen und Sektierertum fördern, sondern einen Ort für viele Menschen schaffen: Vom Land und aus der Stadt, für Opfer des politischen Konflikts, Studierende, Frauen, Transgender, Indigene und Afrokolumbianer.

Der Frieden, die schönste aller Aufgaben erwartet uns
Eröffnungsrede von Timoleón Jiménez

Genossen:

Wenn wir uns in diesem Kongress versammeln, mit dem Ziel eine neue politische Partei zu gründen, die das kolumbianische Volk präsentiert, machen wir einen großen Schritt in der Geschichte der Volkskämpfe in Kolumbien.

Die FARC-EP, die glorreiche am 27. Mai 1964 geborene revolutionäre bewaffnete Bewegung, werden uns mit dieser Veranstaltung in eine neue ausschließlich politische Organisation transformieren, die ihre Tätigkeit mit legalen Mitteln ausüben wird. Das bedeutet nicht, dass wir irgendwie unsere ideologischen Grundlagen oder das Gesellschaftsprojekt aufgeben.

Wird bleiben so revolutionär wie die Leute aus Marquetalia, wir beharren darauf unsere bolivarischen Fahnen und libertären Traditionen unseres Volkes zu ernten, um für die Macht zu kämpfen und Kolumbien zur Ausübung seiner nationalen Souveränität und der Volkssouveränität zu führen. Wir werden auch weiterhin für die Schaffung eines demokratischen politischen Systems kämpfen, die den Frieden mit sozialer Gerechtigkeit, die Achtung der Menschenrechte und die wirtschaftliche Entwicklung und das Wohlergehen für alle, die in Kolumbien leben, garantiert.

Dies wurde durch unsere Achte Konferenz mit der Korrektur und Erweiterung des Agrarprogramms etabliert, und diese Bestimmungen werden auch weiterhin Teil unseres ideologischen und politischen Bestands sein.

Wir halten uns nun an die Schlussfolgerungen unserer zehnten Konferenz. Ihre politische Erklärung kam mit dem Titel „Der Krieg ist vorbei, lasst uns alle Frieden schaffen!“ Darin stellen wir fest, dass die endgültige Vereinbarung von Havanna die notwendigen Mindestanforderungen enthält, um unseren historischen Bestrebungen für die Umwandlung der gegenwärtigen Gesellschaftsordnung einer politische Kontinuität zu verleihen.

Und aus diesem Grund haben wir beschlossen, alle notwendigen Vorbereitungen für den Weg unserer politisch-militärischen Struktur zu einer neuen politischen Partei zu liefern. Schwierigkeiten, die bei der Umsetzung bekannt waren, verhinderten, dass dieser Kongress im Monat Mai stattfand. Wir tun es drei Monate später, mit dem gleichen Ziel, das von der Konferenz festgelegt wird, unsere strategischen politischen Zwecke für den sozialen Aufbau der Macht für dasVolk fortzusetzen.

Wie immer wir es als FARC gemacht haben, antworten wir an unsere Gegner an beiden Enden des politischen Spektrums immer mit Fakten ohne in komplizierte Debatten gefangen zu sein. Unser bestes Argument werden die organisierten Massen und Bewegungenauf den verschiedensten Schauplätzensein, die sich mit echtem Talent dem Regime und dem System entgegenstellen.

Wenn es unsere Verpflichtung ist, unsere Stärke und Energie für die Einheit der progressiven, demokratischen und revolutionären Sektoren des Landes, der politischen und sozialen Bewegungen, mehrerer sektoraler Organisationen und Forderungen auf nationaler, regionaler und lokaler Ebene anzubieten, dann müssen wir uns bewusst werden der Wirklich von dem Umfang, mit der wir die Nation ohne Dogmen oder Sektierertum mit klaren und einfach Vorschlägen ansprechen müssen, der alle ideologische Prahlerei fremd ist.

Das sollte sich in unserem Namen, in unseren Symbolen, in unserer Haltung, in unserem Umgang mit Menschen, in unseren Plattformen und Programmen manifestieren. Die große nationale Übereinstimmung, mit welcher wir die Macht von der Basis erschaffen und mit den institutionellen Räume streiten wollen wird nur möglich sein, wenn wir mit Bescheidenheit handeln, ohne Arroganz oder Eitelkeit mit Respekt für andere. Wir müssen uns nicht davon überzeugen, dass wir Revolutionäre sind, sondern müssen mehr und mehr Menschen dem Prozess für die großenVeränderungen des Landes zuführen.

In den Guerilla-Märsche waren wir es gewohnt den enormen Gebirgskämmen zu begegnen und wenn wir sie vollendetenes uns erlaubte zu anderen Tälern und Gipfeln aufzusteigen, die uns erwarteten. So sollten wir den aktuellen Schritt betrachten, den wir nehmen. Wir überwinden grundsätzlich das Hindernis des Krieges, wir feiern diesen Kongress öffentlich und in der Hauptstadt des Landes, ein echter Sieg, der vor Jahren nicht denkbar war. Wir stehen vor großen Herausforderungen und vielen Schwierigkeiten.

Nichts in der politischen Welt ist einfach, viel weniger die revolutionäre Tätigkeit. Das Regime und das System sind nicht für uns gemacht, aber wir sind in sie eingetaucht und bereit, sie zu ändern. Wir werden mit kühlem Kopf und von den Massen fordern, dass sie uns in allen Bereichen unterstützen. Unsere grundlegende Mission wird es sein, sie zu gewinnen, ohne sie wird der Gegner tun, was er mit uns will, ohne sie werden wir nicht in der Lage sein, etwas zu ändern.

Lassen Sie uns dies zu einem historischen Kongress machen, von dem aus wir uns mehr als je zuvor vereinigen werden, um unsere Träume zu erfüllen. Es ist dringend, die strategische politische Dimension des Schrittes zu verstehen und ihnzu verinnerlichen. Es ist nicht eine Frage der Sehnsucht, unseren alten Zeiten nachzutrauern, sondern daraus die Erfahrung zu sammeln, mit dem Blick eine bessere Zukunft für unser Volk aufzubauen. Frieden muss in Kolumbien eine wahre Wirklichkeit sein, eine schöne Aufgabe erwartet uns.

Quellen: