Kommentare zum Zeitgeschehen
Jürgen Elsässer: Wenn offen zur Schau getragener Rassismus sich mit unverhüllter geistiger Primitivität paart

von Bernard Schmid

09/2015

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onlinezeitung

Einige notwendige Anmerkungen über einen, der vom Weggefährten der Linke zum verachtungswürdigen Subjekt wurde; mit ausgewählten Zitaten

So tief kann einer sinken. In den 1980er Jahren war Jürgen Elsässer noch Aktivist beim Kommunistischen Bund (KB) und dadurch in kollektive Diskussionsstrukturen eingebunden, die seinen damals bereits damals schrankenlosen Egozentrismus zu zügeln vermochten. In den 1990er Jahren wurde er vorübergehend zum Chefideologen der von ihm mit erfundenen ,antideutschen’ Strömung/Sekte. Ab 1994, als er kurzzeitig zum Chefredakteur und – nach nur fünf Wochen im Amt – zum „Redakteur für besondere Aufgaben“ der damals für einige Jahre links-pluralistischen Tageszeitung ,junge Welt’ wurde, entwickelte er sich bereits zunehmend zur ,Diva’. Seine notorische Denkfaulheit trat immer spürbarer zu Tage: Recherche-Aufgaben und das Zusammentragen von Fakten überließ er nunmehr bervorzugt Anderen – gerne, um seinen eigenen damals oft benutzten Ausdruck aufzugreifen, „blutjungen Praktikantin(nen)“. Er selbst setzte dann lediglich noch eine persönliche Note in Gestalt von ein bis zwei, meistens schrägen bis absonderlichen Thesen hinzu.

Seit Anfang der 2000er Jahre jedoch Elsässer sich definitiv aus der Linken (sofern man die damals von ihm mit repräsentierten ,Antideutschen’ noch hinzuzählt) hinaus entwickelt. Und seit nunmehr fünf Jahren steht er an der Spitze des von ihm gegründeten „COMPACT Magazins“, das von geistig Drogensüchtigen – welche sich hier allmonatlich ihre Ration Verschwörungstheorie und flott geschriebener Pseudo-Welterklärungen abholen und ’reinziehen -, Vollnazis und Vollverstrahlten konsumiert wird. Ein Blick auf das Leser/innen/forum von Jürgen Elsässers eigener Webseite genügt, um zu sehen, was sich dort zum Teil an primitivem Mob, Voll-, Halb- und Quartalsirren, zum Teil jedoch auch an offenen NS-Propagandisten austobt.

Seit Anfang des diesjährigen Sommers übertrifft Elsässer jedoch Alles, was man von ihm bislang auch dann erwartet hätte, wenn man eine negative Meinung von ihm hatte. Sicherlich, seit 25 Jahren hat er so manche Sau durchs Dorf gejagt, hat Kriegsverbrecher wie Radovan Karacic verteidigt und sich für autoritäre Herrscher wie Wladimir Putin und Baschir Al-Assad ins Zeug gelegt. Doch seit Juli/August dieses Jahres betreibt er eine offene Hass- und Hetzkampagne gegen (um von ihm selbst benutzte Begriffe zu zitieren) „Asylflut“, „den Asyl-Wahnsinn“ und – im zufolge zu viel ins Land strömende – „Fremde“. Er kolportiert unhaltbare Gerüchte wie die Behauptung der Massenvergewaltigung einer Zehnjährigen durch Asylsuchende in einem Berliner Schwimmbad; den einzigen ,Beweis“ dafür liefert ein Foto, das er zunächst selbst als quasi nichtssagend bezeichnete – bevor er sich in die eigene Hetze hinsteigerte - und auf dem man lediglich schwimmende Menschen im Wasser sehen kann. (Vgl. https://juergenelsaesser.wordpress.com und https://juergenelsaesser.wordpress.com/2015/08/14 )

Im Rahmen seiner Kampagne benutzt Elsässer auch unverkennbar rechtsextreme Begrifflichkeiten wie „der große Austausch“ und die Metapher vom angeblich bezielten „Bevölkerungsaustausch“ (vgl. ausführlich in diesem Video: https://juergenelsaesser.wordpress.com ) Dabei handelt es sich um ein Konzept, das durch die extreme Rechte in ganz Europa durchgereicht wird. Erfunden hat es der französische antisemitische und rassistische sowie elitäre/ „aristrokratische“ Schriftsteller Renaud Camus unter der Bezeichnung le grand remplacement. Seit 2014 wurde die wörtliche Übersetzung des Konzepts, also „der große Austausch“, durch die neofaschistische „identitäre Bewegung“ – die ihrerseits im deutschsprachigen Raum lediglich ein französisches Vorbild (schlecht) nachahmt – im deutschen Sprachgebrauch eingeführt. Besagter Renaud Camus wurde in Frankreich am 10. April 2014 wegen Volksverhetzung (respektive dem französischen Äquivalent: incitation à la haine raciale) erstinstanzlich verurteilt; ein Berufungsverfahren läuft. Am 21. April 2000 musste sein damaliger Verleger eines seiner Bücher aufgrund antijüdischer Passagen vom Markt nehmen.

Elsässer hat also auch hier nicht einmal selbst etwas erfunden, sondern plappert lediglich nach, was in einschlägigen Kreisen ohnehin zirkuliert und er lediglich einem gewissen Segment der Öffentlichkeit zugänglich macht. Dem Segment nämlich, das entweder sein Drecksblatt liest oder seine Videos im Internet goutiert, in denen er mit Gesinnungskameraden und Redaktionskollegen seines eigenen Magazins über vorher abgesprochene Themen debattiert – dort ist zwar null Pluralismus vorhanden, doch der Meinungspluralismus wird im eigenen Kreise suggeriert.

Nun hat Elsässer sich jedoch selbst übertroffen und es angebracht gefunden, seine rassistische Hetze auch noch mit Witzen über eine (qua Nationalität definierte) Menschengruppe zu garnieren, nämlich „Albanerwitzen“, wie er sich in oben zitiertem Video selbst brüstet.

Doch nicht einmal dazu vermag er wenigstens Originelles zu bringen. Denn wie sich herausstellt, zitiert er dabei nur eigene ,Witze’... - die er bereits vor zum Teil schon zehn Jahren anderswo breit trat.

So fängt einer seiner in der September-Ausgabe seines Drecksblatts veröffentlichten – lach, lach – ethnischen „Witze“ an mit: „Kommt ein US-Präsident nach Tirana..“ (vgl. https://juergenelsaesser.wordpress.com ) Den hat er jedoch, im selben Wortlaut, bereits im Juni 2007 flachgetreten, vgl. hier: http://www.ag-friedensforschung.de - Und ein anderer Völker„witz“ (vgl. ebenda) beginnt mit: „Eines wunderschönen Morgens in einem Kuhdorf irgendwo zwischen Pristina und Prizren…“

Auch diesen „Witz“ hat Elsässer jedoch wortwörtlich vor nunmehr zehn Jahren krezedent, nämlich im Jahr 2005. Vgl. dazu http://www.reutlinger-friedensgruppe.de/Kosovo-Saga.htm  und Antialbanische Hetze in der „Jungen Welt“ (trend 12/05)  

Dieses Vorgehen, das darin besteht, sich selbst nach zehn Jahren mit seit dieser Zeit abgestanden völkischen „Witzen“ zu zitieren, deutet die ganze Primitivität dieser Figur an.

Gäbe es so etwas wie historische Gerechtigkeit – einer wie Elsässer hätte längst irgendwo mit einer Schlinge um den Hals seinen Weg beendet; jedenfalls insofern, als dies im noch ,günstigsten’ Fall das Schicksal ist, das erklärten Kritiker/inne/n oder Gegner/inne/n der von ihm verherrlichten Regimes wie in Syrien und im Iran droht (sofern sie nicht zu Tode gefoltert wrden). Regimes, deren Machterhalt, -ausweitung und Stärkung er als ,Lösung’ für die Probleme des von Konflikten zerrissenen Nahen und Mittleren Osten anpreist.

Oppositionellen dort droht zum Teil noch Schlimmeres als „allein“ die Hinrichtung. Jürgen Elsässer hingegen droht, falls die Geschichte es nicht noch anders entscheidet, nach bisheriger Lage absolut nichts. Unsere humanistische Ader hindert uns daran, ihm Anderes zu wünschen. Sogar dann, wenn er aktuell seinen Fantasien über eine Art rechten Militärputsch gegen die von ihm so bezeichnete Asylflut freien Lauf lässt, etwa hier:

"Die Bundesregierung löst durch die Stimulierung eines unkontrollierten Massenzustroms den Staat auf, hebt die staatliche Ordnung aus den Angeln! In dieser Situation kommt es auf Euch an, Soldaten der Bundeswehr: Erfüllt Euren Schwur und schützt das deutsche Volk und die freiheitliche Ordnung! Besetzt die Grenzstationen, vor allem die Grenzbahnhöfe, und schließt alle möglichen Übergänge vor allem von Süden. Wartet nicht auf Befehle von oben! Diskutiert die Lage mit Euren Kameraden und werdet selbst aktiv!"
https://juergenelsaesser.wordpress.com

Von unserer Seite sagen wir: Leute, werdet selbst aktiv und stopft diesem rechten Hetzer, dessen Worte wie Brandsätze sind – dessen linke und antifaschistische Autorentätigkeit in der Vergangenheit jedoch belegt, dass er genau, ganz genau weiß, was er da tut – endlich das Maul. Es muss ja nicht gleich ein Hanfstrick sein, Auch wenn Oppositionellen unter den durch Elsässer favorisierten Regimes, „bestenfalls“, genau Solches droht.

Editorische Hinweise

Wir erhielten den Kommentar vom der Autor für diese Ausgabe.

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