Stadtumbau & Stadtteilkämpfe
Den kommunalen Wohnungsbau als Klassenfrage behandeln

Ergänzende Vorschläge zur INKW-Erklärung(*)

von Karl-Heinz Schubert

09-2014

trend
onlinezeitung

Vorbemerkung
Die Gemeinde oder Kommune ist im politischen System Deutschlands die unterste Stufe des Verwaltungsaufbaus und Trägerin der kommunalen Selbstverwaltung. Im Stadtstaat Berlin ist die Stadt zugleich Gemeinde und Bundesland, das bedeutet für die 12 Berliner Bezirke, dass sie nach § 2 Bezirksverwaltungsgesetz „Selbstverwaltungseinheiten Berlins ohne Rechtspersönlichkeit“ sind. Welche Aufgaben der kommunalen Selbstverwaltung auf die Bezirke übertragen wurden bzw. übertragen werden können ergeben sich demnach aus der jeweiligen Fassung des „Gesetz über die Zuständigkeiten in der Allgemeinen Berliner Verwaltung“.

Dieser Sachverhalt ist in meinen Thesen nicht ausreichend berücksichtigt worden, weil er mein derzeitiges verwaltungsrechtliches Wissen übersteigt. Allein die Tatsache, dass das „Allgemeine Zuständigkeitsgesetz“ in der Vergangenheit in regelmäßigen Abständen verändert wurde, zeigt allerdings an, wie wirtschaftliche und politische Interessen direkt auf staatliches Handeln umgestaltend einwirken. Deshalb ist der Umkehrschluss zulässig, dass nur eine mächtige wohnungspolitische Bewegung jenen Druck aufzubauen in der Lage ist, der für die in meinen Thesen angesprochenen Veränderungen zwischen Stadt- und Bezirksverwaltung notwendig sein wird.

 


Öffentlich bauen statt Private fördern!
Info- und Diskussionsveranstaltung mit der INKW
Montag, den 15. September um  19:30 Uhr

Im Frühjahr 2014 bildete sich in Berlin die „Initiative neuer kommunaler Wohnungsbau - INKW“. Sie fordert die Abkehr von der gescheiterten Wohnungspolitik in Berlin und schlägt vor, dass die städtischen Wohnungsgesellschaften selber preisgünstigen Wohnraum errichten und die MieterInnen in diesem Prozess gestaltend mitwirken können.
Mitglieder der Initiative werden Ihre Vorschläge vor- und zur Diskussion stellen.

Stadtteil- & Infoladen LUNTE, Weisestr. 53, 12049 Berlin

Da es mir nicht nur um eine Umverteilung von finanziellen Ressourcen zu gunsten der ArbeiterInnenklasse geht, sondern vor allem auch um die Verlagerung von (Selbst-) Verwaltungshandeln von „oben nach unten“ , spreche ich der Einfachheit halber in meinen Thesen von Kommunen, wenn ich die Stadtbezirke meine, ansonsten benutze ich das Adjektiv „städtisch“, wenn ich die Berliner Landesebene meine. Angesichts der Tatsache, dass die Berliner Bezirke die Größe einen deutschen Großstadt (mehr als 100.000 EinwohnerInnen) haben, sollte eine Kompetenzenverlagerung von oben nach unten nicht auf der Bezirksebene haltmachen, sondern auf die Orteile (insgesamt 98) abzielen.

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Ist die Ausbeutung des Arbeiters durch den Fabrikanten so weit beendigt, daß er seinen Arbeitslohn bar ausgezahlt erhält, so fallen die anderen Teile der Bourgeoisie über ihn her, der Hausbesitzer, der Krämer, der Pfandleiher usw. Kommunistisches Manifest (MEW 4/469)

In einer ersten Stufe sollen die noch vorhandenen landeseigenen Wohnungsbestände in ein kommunales Sondervermögen überführt werden, das auf bezirklicher Ebene organisiert ist. Dieser Bestand wird durch Ankauf von Grundstücken, bei denen die soziale Sicherung der Bewohner bzw. des Quartiers dies erfordert oder für die Lösung städtbaulicher Fragen eine Schlüsselstellung besitzen, erweitert.  Koalitionsvereinbarung SPD und AL, Westberlin 1989, S.28

Die INKW stellt ihrer Erklärung gezielt den Artikel 28 der Berliner Verfassung voran, wo als „Staatsziel“ formuliert wird: „Das Land fördert die Schaffung und Erhaltung von angemessenem Wohnraum, insbesondere für Menschen mit geringem Einkommen, sowie die Bildung von Wohnungseigentum.“

Menschen „mit geringem Einkommen“, das sind im Kapitalismus die Lohnabhängigen, meistens schlecht bezahlt, deren Arbeitskraft das gesellschaftliche Mehrprodukt schafft, welches in der Verfügungsgewalt der Produktionsmittelbesitzer in Profit verwandelt der erneuten Profitmacherei zugeführt wird. Wir haben es also nicht mit irgendwelchen Wohnungssuchenden zu tun, für die ein „neuer kommunaler Wohnungsbau“ in Gang gesetzt werden soll, sondern mit der Arbeiter_innenklasse, für die Wohnungsversorgung durch ein unreguliertes kapitalistisches Marktgeschehen gewöhnlich Wohnungsnot, Mietpreistreiberei und Zwangsräumung bedeutet.

So alt wie die ungelöste Wohnungsfrage im Kapitalismus ist, so alt sind die Versuche der Arbeiter_innenbewegung und anderer sozialer Bewegungen, durch staatliche Regulierungen Wohnungsnot und Mietpreistreiberei, die auf dem Rücken der lohnabhängigen und schlecht bezahlten Massen lasten, durch entsprechende kapitalbeschränkende Gesetzgebungen zu dämpfen oder gar zurückzudrängen. Der letzte Versuch in diese Richtung wurde meines Wissens letztmalig in (West-)Berlin in der Koalitionsvereinbarung zwischen SPD und AL formuliert.

Wenn nun heute nach 25 Jahren wieder der Ruf nach einer kommunalen Wohnungsversorgung ertönt, der, wie es in der INKW-Erklärung (S.4) heißt, das neue kommunale Wohnungsbauprogramm „nicht den Renditeerwartungen von privaten Investoren, sondern der sozialen Wohnraumversorgung verpflichtet“ sehen will, dann bedarf es zur Erfüllung dieses Anspruchs aussagekräftiger programmatischer Konturen, die nicht nur bisher Gesagtes und Versuchtes aufnehmen, sondern diese wohnungspolitischen Erfahrungen schöpferisch weiterentwickeln.

Die INKW nennt in ihrer Erklärung zwei zentrale Prinzipien für einen neuen kommunalen Wohnungsbau, wodurch sie sich von einer kapitalistischen Vernutzung von Wohnraum abgrenzt.

1) Damit staatliche Fördermittel nicht zur „kapitalistischen Bereicherung“ verwendet werden können, muss Wohnraum geschaffen, „der dauerhaft und garantiert im öffentlichen Eigentum verbleibt“. Der Einstieg dazu soll durch eine Veränderung der Rechtsform des Eigentums der städtischen Wohnungsgesellschaften ermöglicht werden, in deren Regie und Eigentum neuer preisgünstiger Wohnraum errichtet werden soll.

2) Die INKW favorisiert gegenwärtig „die Form eines Eigenbetriebs oder einer Anstalt öffentlichen Rechts“ und hebt in diesem Zusammenhang hervor, dass „die politische Kontrolle durch das Parlament und durch die Mieterinnen und Mieter in Form von entsprechenden Vertretungen in den Aufsichtsgremien gewährleistet sein“ (S.4) muss.

Im Sinne der INKW-Aufforderung „für diesen Kurswechsel in der Stadtpolitik zu streiten“ (S.4) möchte ich, aufsetzend auf den INKW-Prinzipien - Verstaatlichung und Mitbestimmung - Vertiefungen und Erweiterungen in Richtung einer antikapitalistischen wohnungspolitischen Programmatik zur Diskussion stellen.

Mir geht es dabei nicht um einen plakativen Antikapitalismus, sondern um einen substantiellen, d.h. die nachfolgenden Gesichtspunkte zielen darauf ab, in die Verwertungsbedingungen des Gesamtkapitals einzugreifen, damit der Teil des gesellschaftlichen Reichtums, der durch staatliche Regulierung (Besteuerung) dem Kapital und der Lohnarbeit zunächst entzogen wurde, nicht durch Rückverteilung (nur) dem Kapital zufließt. Stattdessen sollen solche Gelder in den Bereich (Wohnen, Infrastruktur) fließen, der der Reproduktion der Ware Arbeitskraft dient. Ziel ist es für die Lohnabhängigen eine politische Miete/-höhe durchzusetzen.

Nun würden zwar nicht mehr die Hausbesitzer über die Lohnarbeiter_innen herfallen können, wohl aber immer noch die „Krämer“, die „Pfandleiher“ usw. - erst in einer Gesellschaft, die nicht mehr der kapitalistischen Verwertungslogik unterworfen ist, werden auch diese Zwänge aufhören. Auf diese Situation müssen sich die Lohnarbeiter_innen vorbereiten, auch im Sinne von qualifizieren. Daher halte ich es für unabdingbar, dass mit der Kommunalisierung des Wohnraums die Mitbestimmung in Richtung Selbstverwaltung erweitert wird. Von daher müssen die Mieter_innen nicht nur über politische, sondern auch über ökonomische (Kontroll-)Rechte verfügen.

*) Öffentlich bauen statt Private fördern
Für einen neuen Kommunalen Wohnungsbau
Erklärung der berliner "Initiative neuer kommunaler Wohnungsbau" (Mai 2014)
http://www.inkw-berlin.de/material/inkw_d_Mai2014.pdf

Thesen / Forderungen / Vorschläge zur Diskussion

Vorbemerkung

Wohnungsbau und Wohnungsvermietung sind im Kapitalismus ökonomisch betrachtet drei aufeinander wirkende Prozesse der Kapitalverwertung. Zusammen bilden sie unabhängig von der Nachfrage den bestimmenden Grund des Mietpreises:

  • Der Boden als stoffliche Produktionsvoraussetzung für den Wohnungsbau, dessen Preis die kapitalisierte Grundrente ist.

  • Der Produktionsprozeß der Wohnung, d. h. die Höhe des vorgeschossenen Kapitals (die Höhe der Baukosten)

  • Das Vermieten der Wohnung als Leihkapital in Warenform und die damit verbundene Verzinsung des dafür vorgeschossenen Kapitals.

Jede wohnungspolitische Reform zugunsten der Arbeiter_innenklasse, die im Kapitalismus nur den Hauch einer Chance auf strukturverändernde Wirkung haben will, muss darauf abzielen, diese Prozesse der Kapitalverwertung zu beinflussen. Die nachfolgenden Punkte sind von dieser Erwägung getragen und durch David Harveys Buch „Rebellische Städte“ geformt, worin er das Recht auf Stadt als ein "kollektives Recht" definiert, um sich damit zugleich von einem "individualistischen" und "eigentumsbezogenen" Stadtbegriff abzugrenzen. Schlussendlich stimme ich ihm voll und ganz zu, wenn er sein stadtpolitisches Buch mit folgendem Satz beendet:

Die Städte für die antikapitalistischen Kämpfe zurückzuerobern und zu organisieren ist ein großartiger Ansatzpunkt.“

1) Zur Grundstücksfrage

  • Eigentümer der Grundstücke und der darauf errichteten oder zu errichtenden Wohnimmobilien ist das Land Berlin.

  • Grundstück und Wohnimmobilien sind untrennbar verbunden. Das Recht auf Aufhebung wird grundsätzlich ausgeschlossen.

  • Mit Wohnimmobilien bebaute Grundstücke werden zur dauerhaften Nutzung und Verwaltung den Bezirken überlassen. Entsprechende Ressourcen sind zur Verfügung zu stellen. Die Immobilien eines Bezirks werden in einem gemeinsamen Grundbuch erfasst.

  • Flächennutzungs- und Bebauungspläne dienen der Ausrichtung und Sicherung der städtische Infrastruktur für die neuen Wohnimmobilien.

  • Zu Sicherstellung einer dauerhaften Versorgung mit ausreichendem und angemessenem Wohnraum hat das Land Berlin entsprechende Grundstücke zur Verfügung zu stellen. D.h.

    • Grundstücke, die nicht bereits im Besitz des Landes Berlin sind, werden durch „Zukauf“ im rechtsüblichen Wege der Enteignung erworben.(siehe dazu: Berl. Enteignunggesetz, Berl.Verfassung Art.23, 24, §86-106 Baugesetzbuch)

    • Weitere Grundstücke sind kostenfrei vom Bund oder von anderen öffentlichen Trägern in das Eigentum des Landes Berlin zu überführen.

    • Gewerbegrundstücke werden soweit wie möglich in Wohngrundstücke umgewandelt.

  • Städtisches Wohneigentum und dazugehörige Grundstücke sind von Besteuerungen und Gebühren befreit.

Kommentar:

Ein Grundeigentümer kann seinen Boden gegen Bezahlung verpachten oder vermieten; oder verkaufen, d.h. die mit diesem Boden erzielbare Grundrente, für immer auf einen anderen übertragen. Jener Verwertungsmechanismus soll für den neuen kommunalen Wohnungsbau außer Kraft gesetzt werden. Diese Organisations- und Rechtsstrukturen sichern nicht nur die vergesellschaftete Eigentumsform sondern bilden auch eine wesentliche Voraussetzung für die Selbstverwaltung durch die Mieter_innen. Schließlich führen sie zur Senkung der Herstellungskosten.

2) Die Produktion der Wohnimmobilie

  • Die Errichtung von kommunalem Wohnraum erfolgt gemäß der Haushaltslage nur aus Eigenmitteln des Landes Berlin. Fremdmittel bedürfen der Zustimmung durch die Kommune (Bezirke, Anwohner_innen und zukünftige Mieter_innen). Etwaige Darlehen werden nicht grundbuchlich gesichert.

  • Bauplanung, -leitung und -überwachung sind städtische Aufgaben, die so zu organisieren sind, dass die Kommune daran gleichberechtigt teilhat.

  • Die Produktion erfolgt nach der Maßgabe, dass zukünftig alle Gewerke durch städtische Betriebe errichtet werden. Von daher wird bei jeder zu errichtenden Wohnimmobilie als erstes geprüft, welche städtischen produktiven Eigenleistungen schon heute möglich sind.

  • Der marktmäßige Bezug von Baustoffen und technischer Ausstattung, sowie der Einsatz von kapitalistisch betriebenen Unternehmen bei der Errichtung von Wohnraum hat nach folgenden Bedingungen zu erfolgen:

    • Staatlicherseits werden Ausschreibungpreise als Höchstpreise definiert.

    • Ein Abweichen nach oben unterliegt der Abstimmung mit der Kommune

    • Die Übernahme von Staatsaufträgen kann steuerlich begünstigt werden.

    • Aufträge sollen an solche Unternehmen vergeben werden, die dadurch neue Arbeitsplätze schaffen. Dafür sind ggf. Subventionen bereitzustellen.

  • Eigenleistungen durch die Kommune als zukünftiger Nutzer haben Vorrang vor der Fremdvergabe.

Kommentar:

Eine Reformpolitik, die sich zum Ziel setzt, eine politische Miete für die Nutzung einer kommunalen Wohnung zu verlangen und nicht eine Kostenmiete, die die Kosten der Errichtung und deren Verzinsung deckt, kommt dennoch nicht daran vorbei, die Herstellungskosten ökonomisch sparsam zu konzipieren. Denn die politische Miete sollte sich nicht zu weit von der Kostenmiete entfernen, um die zur Schließung des Defizits notwendigen Umverteilungen im Landeshaushalt gering zu halten.

Im Produktionsprozess der Immobilie entsteht immer im Verhältnis zu den Kosten der menschlichen (Lohn-)Arbeit ein Mehrprodukt, dessen Wert vom Privatkapitalisten zur weiteren Verwertung vereinnahmt wird. Je mehr Gewerke von vergesellschafteten Betrieben errichtet werden, desto größer wird das Mehrprodukt sein, dass der Reproduktion der ArbeiterInnenklasse zur Verfügung steht. Für die politische Miete bedeutet der Einsatz vergesellschafteter Betriebe, dass deren Preise ebenfalls politische Preise (Erzeugerpreise) sein werden. Von daher wird die Differenz zwischen Kostenmiete und politischer Miete immer geringer, je mehr vergesellschaftete Betriebe am Produktionsprozess beteiligt sind.

3) Belegung und Verwaltung der neuen kommunalen Wohnungen (Grundsätze)

  • Die Belegung der Wohnungen erfolgt durch die Kommune. Die persönlichen Voraussetzungen, die dazu berechtigen, eine neue kommunale Wohnung zu mieten, werden durch den Senat in entsprechenden Rahmenbestimmungen mittels eines Konsultationsverfahrens festgelegt. Die Kommunen vergeben nach diesen Kriterien auf Antrag einen „Wohnberechtigungsschein (WBS)“ und weisen eine Wohnung zu. Kiezsstrukturen haben darüber einen Kontrollrecht.

  • Der Mietvertrag ist unbefristet und wird mit der Kommune geschlossen.

  • Die Miethöhe wird landesweit einheitlich festgesetzt. Sie ist damit eine politische Miete und bricht die Logik des kapitalistischen Mietzins.

  • Die Finanzierung der Verwaltungsaufgaben und der Erhalt der Häuser wird durch die Mieteinnahmen aus den kommunalen Wohnungen eines Bezirkes finanziert. Diese Einnahmen werden in einem Konto zusammengeführt und bilden die Grundlage des Jahreswirtschaftsplans der jeweiligen Häuser nach dem Prinzip des Wertausgleichs.

  • Es besteht Zuschusspflicht des Landes.

  • Die Betriebskosten sind dadurch zu senken, dass die Versorgung der Häuser durch städtische Betriebe nicht zu Markt- sondern zu deren Erzeugerpreisen erfolgt.

  • Die Häuser denen, die drin wohnen“ - diese Leitlinie begründet ein kollektives Recht auf Selbstverwaltung. Auf Antrag soll die Kommune das Haus der Hausgemeinschaft zur vollen Selbstverwaltung überlassen.

  • Die Umsetzung dieser Leitlinie ist ein Prozess, dessen Ziel klar ist, aber der Weg dorthin offen. Zunächst bedarf es dafür bestimmter formaler Voraussetzungen, die von Beginn an darin bestehen, dass die Hausgemeinschaft als eigenständige Rechtsperson bei folgenden Entscheidungen im Haus mitwirken kann:

    • Verwaltung, Pflege, Instandhaltung, Verschönerung des Hauses und der Grünanlagen, Haus- und Vorgärten sowie Freiflächen, z.B. Kinderspielplätze und Kleinsportanlagen, sowie die Modernisierung des Objekts

  • Die Mitwirkung bei Kündigungen ist dagegen Pflicht, denn:

    • Jeder Mieter hat das Recht auf Kündigungsschutz. Gegen seinen Willen kann das Mietverhältnis nur durch das Gericht auf Verlangen des Vermieters aufgehoben werden. Klage kann nur erhoben werden, wenn die Hausgemeinschaft dem zugestimmt hat.

    • Die Räumung einer Wohnung im Wege der Vollstreckung setzt die Zuweisung anderen gleichwertigen Wohnraums voraus.

  • Solange es in diesem Sinne keine handlungsfähigen Hausgemeinschaft gibt, kann die Kommune diese Ausgaben auf eine andere Hausgemeinschaft übertragen.(Patenschaftsmodell).

Kommentar:

Nach welchen Kriterien und durch welche Diskursbeteiligte die WBS-Bestimmungen erstellt werden, wäre Aufgabe eines eigenen Papiers, gerade auch deshalb weil die Miete im neuen kommunalen Wohnungsbau eine politische sein soll.

Die Höhe der politischen Miete muss sich nicht nur berechnungstechnisch sondern auch vor allem in der Prozenthöhe deutlich von der „individuellen Kappungsgrenze“ der städtischen Gesellschaften unterscheiden, die heute bei „30 Prozent des Haushaltsnettoeinkommens“ liegt. Sie könnte aus der Wohnraumgröße, der Personenzahl und dem Nettoeinkommens abgeleitet werden, indem ein Prozentwert gebildet wird, der sich auf den statistischen Warenkorb bezieht. Es wäre aber auch denkbar, wie im „roten Wien“ der 1920er Jahre zu verfahren und die Miete an die Kosten der Instandhaltung zu koppeln.

Wenn hier von „Kommune“ die Rede ist, dann sind Gremien gemeint, die aus den Strukturen – oben auch als „Kiezstrukturen“ bezeichnet - der Anwohner_innen (z.B. Häuserrat) und der zukünftigen Mieter_innen (WBSler_innen) mit Vertreter_innen des Bezirksamtes gebildet werden. Sie sind von den Betroffenen selber zu entwickeln, sodann sind hierfür die gesetzlichen Regelungen zu schaffen.

Unabhängig davon wird es hauptamtliches Verwaltungspersonal geben, das mit dem bezirklichen Wohnungsbestand wächst. Diese Beschäftigten gehören zum Bezirksamt und erhalten unbefristete Anstellung sowie Tariflöhne. Sie bilden einen eigenen Betriebsrat.

4) Zu den Auswirkungen des neuen kommunalen Wohnungsbaus auf die städtischen Gesellschaften und ihre Bestandsmieter

Die Voraussetzung für eine neue kommunale Wirtschafts- und Organisationstruktur bildet die Zusammenlegung der städtischen Wohnungsgesellschaften des Landes Berlin z.B. in der Form eines öffentlich rechtlichen Eigenbetriebes auf der Grundlage eines entsprechenden Gesetzes. Darin wird bestimmt, dass der kommunale Wohnungbau aus den Mitteln dieser Zentralgesellschaft bestritten wird. Organisatorisch wird dieser Bereich als neuer Eigenbetrieb „KomWobau“ ausgegliedert. Er wird nach den in 1-3 beschriebenen Grundsätzen betrieben.

Für die bisherigen Bestandswohnungen der neuen Zentralgesellschaft soll nun gelten:

1) Die Wohnungsbestände sind zügig mit dem Ziel, an die Stelle des kapitalvermittelten Mietzins die politische Miete zu setzen, zu entschulden.

2) Die Mietermitbestimmung zur Vorbereitung auf die Selbstverwaltung ist stufenweise wie bei den neuen Wohnungen einzuführen. Die damit verbundenen Transformationsprozesse richten sich nach dem Stand der Entschuldung der jeweiligen Häuser.

3) Sind lokale Wohnungsbestände entschuldet, werden sie unverzüglich und unwiderruflich zur Nutzung und Verwaltung auf die „KomWoBau“ übertragen. Die bisher mit der Verwaltung betrauten Beschäftigten werden ohne Gehaltseinbußen Beschäftigte der kommunalen Hausverwaltung.

5) Über die Folgen für den „freien“ Wohnungsmarkt

  • Wenn durch Gesetz festgelegt wird, dass im kommunalen Wohnungsbau die Mieter_innen eines Hauses eine juristische Person bilden, die rechtsverbindlich handeln kann, dann muss dieses Gesetz auch für allen anderen Mietwohnungen gelten.

  • Zur Sicherstellung der politischen Miete wird eine Änderung der Besteuerung von kapitalistisch erstellten und genutztem Mietwohnraum unabweisbar.

  • Desweiteren soll/wird es keine Finanzierungshilfen (Fördermittel) mehr für privaten Mietwohnungsbau geben. Diese Mittel stehen nur noch dem staatlichen Wohnungsbau zur Verfügung.

  • Über die diesbezüglichen ökonomischen Auswirkungen der Mietpreishöhe auf dem „freien“ Wohnungsmarkt könnte hier nur spekuliert werden.

6) Nachwort

Zu diesen Vorschlägen wurde ich durch folgende Texte und Berichte inspiriert:

Berlin, im August 2014

Editorische Hinweise

Wir erhielten diesen Text vom Autor für diese Ausgabe. Wie er uns mitteilte, wurde in der INKW mit der Diskussion seines Textes begonnen. Nach Abschluss der dortigen Diskussion wird der Autor sich hier ggf. ergänzend äußern.