Auf dem Europäischen Forum, das vom 20. bis
zum 24. August 2014 in Assisi stattfand,
hatten wir Gelegenheit, mit Athanasia Pliakogianni
zu sprechen, einer Aktivistin des
Frauenzentrums in Thessaloniki und darüber hinaus
Mitglied der Anti-Euro-Partei Plan B, die
2013 von Alekos Alavanos, dem ehemaligen
Vorsitzenden des Synaspismos, gegründet
wurde. Wir versuchten, uns ein Bild über die Ziele und
Schwierigkeiten dieses Projekts und seine Einbettung in die
Vielfalt der Bewegungen und politischen Kräfte zu verschaffen.
Worin bestehen im konkreten eure Aktivitäten?
Wir
helfen armen Frauen. Einzelne Mitglieder und einzelne
Aktivisten, die für ihre Familien einkaufen, kaufen immer auch
ein bißchen mehr ein für dieses Projekt. Außerdem bringen Frauen
auch ihre gebrauchten Kleider; dazu kommen Posten wie Papier,
Waschmittel, Putzmittel, die sich die Frauen nicht leisten
können, das heißt: Frauen oder Familien, die ganz wenig Geld
haben oder überhaupt kein Einkommen haben. Wir unterstützen
besonders auch alte Leute und wir haben kein Problem damit,
Männern zu helfen, denn wir sehen unser Projekt als ein Projekt
von Solidarität an sich.
Woher kommen die Aktivistinnen?
Bei
uns sind Feministinnen, Angehörige von linken Organisationen,
Arbeitslose, Frauen aus allen Teilen der Bevölkerung, durchaus
nicht bloß Feministinnen, sondern Frauen, die verstanden haben,
daß sie in dieser Krise sich für andere einsetzen müssen.
Habt ihr Kontakt zu ähnlichen Organisationen in Saloniki?
Was
unabhängige Frauenorganisationen betrifft, so gibt es in
Saloniki keine weiteren, aber wir arbeiten mit verschiedenen
anderen Initiativen zusammen, die in Saloniki entstanden sind,
etwa mit Anwohnerkomitees (epitropés katíkon), mit der
Antirassistischen Initiative Saloniki oder mit der Bewegung
gegen die Privatisierung des Wassers Sóste to Neró
(Rettet das Wasser), wir haben Leuten geholfen, denen der Strom
abgesperrt wurde, haben an Demonstrationen gegen die
Elektrizitätswerke teilgenommen und wir haben die kämpfende
Bevölkerung in Chalkidikí unterstützt, die sich gegen den
Goldabbau einsetzt. Wir haben auch die Streiks der letzten Zeit
unterstützt. Wir waren beim Generalstreik, wir waren beim
Antirassistischen Festival hier in Saloniki, hier waren mehr
oder minder dieselben Organisationen wie beim Antirassistischen
Festival in Athen.
Alle diese Organisationen haben ja mit jeweils spezifischen
Thematiken zu tun, auf welche Weise unterstützt ihr sie?
Wir
nehmen direkt an ihrer Aktionen und Mobilisierungen teil, und
natürlich nicht nur, um unsere eigenen Anliegen zu propagieren;
aber in Griechenland gibt es nicht sehr viele feministische
Initiativen.
Ist das immer so gewesen?
Ja.
Es gab wohl einige, aber sie waren sehr wenige.
Ist euer Ziel auch, das gesellschaftliche System zu
verändern?
Bei
einigen ist das Konzept da, andere kommen schlicht und einfach,
um zu helfen. Unsere Hauptaufgabe ist Solidarität und der
Einsatz für die Anliegen der Frauen.
Gibt es politische Organisationen, die euch nahestehen oder
die euch geholfen haben?
Hinter der Gründung dieses Projekts steht keine andere
Organisation als wir selbst! Einzelne Frauen sind aber Teil von
politischen Organisationen, ich zum Beispiel bin bei Plan B,
es gibt Frauen von Syriza, von Antarsya und
Frauen, die bei keiner Organisation sind.
Haben euch Frauen aus dem Ausland besucht?
Ja, es existieren bereits Kontakte. Im Herbst findet in
Saloniki ein Treffen mit Frauen aus Balkanländern und der
Türkei statt. Der Termin steht noch nicht fest.
Wäret ihr auch an einer finanzieller Unterstützung
interessiert?
Ja,
aber Unterstützung besteht grundsätzlich aus vielerlei Aktionen,
aus Internationalität.
Würdet ihr gerne von Frauenorganisationen im Ausland
eingeladen werden, um euer Projekt vorstellen zu können?
Na
klar.
Habt ihr auch die Funktion eines Frauenhauses?
Ein
Frauenhaus, in dem Frauen geschützt werden können, haben wir
schon anvisiert, aber derzeit bestehen noch keine finanziellen
Möglichkeiten dafür. Für solche Fälle haben wir bisher mit
kommunalen Organisationen zusammengebarbeitet und mit NGOs, die
eigene Unterkünfte haben. In erstere Linie kommen zu uns nicht
Frauen, die mißhandelt werden, sondern solche, die ihre Miete
nicht mehr zahlen können, die obdachlos sind und die hungrig
sind. In Europa ist der Feminismus sehr rigide. Die
Sozialistische Jugend aus Österreich hat uns besucht, sie haben
gefragt: Wie ist es mit den Schwulen- und Lesbenrechten?
Zu
uns kommen Frauen, die nichts zu essen haben, und daher ist für
uns dieses Problem nicht prioritär.
Wir
helfen EmigrantInnen, die enorme Probleme haben. Wir haben eine
Frau mit einem Baby, die jede Woche kommt, um was für ihr Kind
zu essen zu bekommen.
Und
auch wenn wir in jeder Stadt ein Heim, eine Unterkunft
einrichten würden, so würde dies nie hinreichen, um alle
Probleme in Griechenland zu bewältigen.
Editorische
Hinweise
Das Interview erhielten wir für diese Ausgabe
von "Aug und Ohr".
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