Großartige Gebirgswelt oder Bergbau-Boom
Gemeinsame Erklärung der Natur- und Ökotourismusunternehmer in Nordschweden vom 11. September 2013

Übersetzung aus dem Schwedischen: Hans-Joachim Gruda

09-2013

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Die Umweltqualitätsziele des Schwedischen Reichstags (Riksdagen) für eine großartige Gebirgswelt werden jetzt durch einen wachsenden Bergbau-Boom bedroht. Während der letzten Zeit haben die Konflikte um den Probeabbau von Eisenerz in dem Ort Gállok, oder Kallak, wie der schwedische Name des Ortes ist, Schlagzeilen in nationalen und internationalen Medien gemacht. Soeben werden Wirtschaft und Arbeitsplätze einerseits und die Ortsbevölkerung andererseits gegeneinander gestellt, als eine Konsequenz aus dem "minerallag" (Bodenschätze-Gesetz), das während des Beginns der Prospektierungen keine größere Rücksicht nimmt, weder auf die Grundeigentümer noch auf die Rentierwirtschhaft oder die Umwelt.

An immer mehr Stellen im nördlichen Schweden wird heute für neue Gruben prospektiert, in zuvor im allgemeinen völlig unzerstörten Gebieten. In mehreren Fällen außerdem im nahen oder direktem Anschluss an Nationalparke, Naturreservate und Weltnaturerbe. Hohe internationale Rohstoffpreise und eine liberale schwedische Bodenschätze-Gesetzgebung bewirken, dass andere Wirtschaftszweige wie Rentierwirtschaft und Tourismus nun aufs Altenteil gesetzt werden, denn niemand weiß mit Sicherheit, ob diese großartigen Bergwelten und gebirgsnahen Urwälder in fünf oder zehn Jahren noch vorhanden sein werden.

Erfolgreich Natur- und Ökotourismus zu entwickeln beansprucht Zeit und umfasst alles von der Entwicklung verschiedener Dienstleistungen, Etablierung des Betriebes bei Grundbesitzern und anderen Nutzern, Vermarktung, ständigen Qualitätsverbesserung und langfristigen Verbindungen zu ausländischen Geschäftspartnern. Ein Prozess, der vom Beginn bis zum rentablen Betrieb mindestens fünf, oft zehn Jahre benötigt. Wenn wir den Einsatz wagen sollen, müssen auch Ökotouristik-Unternehmer eine Sicherheit haben, dass es eine unzerstörte Natur und eine einzigartige samische Kultur weiterhin geben wird und nicht einige Jahre später durch für die Umwelt gefährliche Gruben oder gigantischen Tagebau ersetzt wurde.

Die schwedische Beherbergungswirtschaft ist heute eine der wenigen Branschen, die stetigen Zuwachs zeigen und in denen neue Arbeitsplätze geschaffen werden. Seit dem Jahrtausendwechsel wurden in ganz Schweden 37.000 neue Arbeitsplätze geschaffen. Die Anzahl der ausländischen Besucher ist gestiegen und der Exportwert des Tourismusses hat nun die Hundertmilliarden-Kronen-Grenze (ca. zwölf Milliarden Euro) passiert. Während des Jahres 2012 trugen die ausländischen Besucher mit Mehrwertsteuereinnahmen in Höhe von gut 14,5 Milliarden Kronen (ca. 1,75 Milliarden Euro) zur Staatskasse bei. Doch die Einnahmen aus dem Tourismus sind nicht für die Ewigkeit. Jedes Jahr müssen neue Gäste her gelockt werden und da sind wilde schöne schwedische Natur und samische Kultur zwei sehr wichtige Reiseanlässe. Zum Vergleich soll auch erwähnt werden, dass der schwedische Bodenschätze-Export mit null (0,--) Kronen zu den Einnahmen aus Merwertsteuern beitrug. Dies gilt nicht nur für 2012, sondern für alle Jahre, da schwedischer Export generell mehrwertsteuerbefreit ist.

Mit dem Beschluss der Regierung vom August 2013 zur Genehmigung der geplanten Grube in Rönnbeck und einer neuen Praxis, dass neue Gruben Vorrang haben vor der Rentierwirtschaft, wird die Sache auf die Spitze getrieben. Der jetzige Probeabbau von Eisenerz in Gállok kann mit anderen Worten zur Konsequenz haben, dass die gesamte Existenz der Jåhkågaska-Rentierwirtschaftsgemeinschaft aufs Spiel gesetzt wird und damit die Rentierwirtschaft im Sarek Nationalpark und in dessen Verlängerung im Welt-Natur- und Kulturerbe Laponia. Unentberliche unveräußerliche Werte, die sowohl für die Umwelt als auch für zukünftige Generationen zu schützen sich Schweden als Nation verpflichtet hat.

Desweiteren befürchten wir, dass die Bergbaupläne nicht bei Gállok enden werden. Wenn erst einmal die Infrastruktur, wie Straßen und andere Anlagen, vor Ort sein werden, wird der Druck wachsen, andere Funde weiter im Inneren der Bergwelt zu explorieren. Dann wird die Frage sein, welche Kräfte in der Lage sein werden, sich dem entgegen zu stellen.

Das jetzige liberale Bodenschätze-Gesetz und das im Allgemeinen unbegrenzte Recht zur Prospektierung schadet schon heute der schwedischen Renwirtschaft und der Beherbergungswirtschaft. Der Investitionswillen und der Zukunftsglaube sinken gewiss, wenn die zukünftige wilde Natur nicht länger selbstverständlich gegeben ist. Internationale Kritik und Aufmerksamkeit für die Rechte der Samen auf ihre Rentierweidegebiete, wie zum Beispiel in der The Washington Post, beschmutzen außerdem das Bild von Schweden als attraktiver touristischer Destination. Die neueste Untersuchung (IBIS des schwedischen "Tillväxtverket") von 2012 zeigte nämlich, dass Schweden zuerst und zumeist gerade assoziiert wird mit Naturerlebnissen, Freundlichkeit und Nachhaltigkeit. Natur- und Ökotourismus haben bereits gezeigt, wie tausende neue Arbeitsplätze in den dünn besiedelten Gebieten geschaffen werden können. Kurzfristig und fast ohne Mittel kann sowohl die Konkurrenzkraft geschärft als auch die Zahl der Unternehmen in Nordschweden erhöht werden. Es ist nun höchste Zeit, das Bild von Schweden als Reiseziel, das einzig zu bieten hat billige Angelscheine, Bergwanderungen mit eigenem Zelt und Sturmkocher oder ein "allemansrätt" (Recht zur Allgemeinnutzung der Natur), das ausländischen Besuchern das Recht gibt, ihr Wohnmobil wo auch immer hinzustellen, zu verändern. Nun ist es an der Zeit über Gebirgsstationen mit lappländischen Leckereien auf der Speisekarte, samische Guides die den Weg weisen zu ursprünglichen Kulturerlebnissen, erfahrene Hundegespann-Führern die Besucher aus aller Welt anlocken, vorausschauende Sportfischen-Veranstalter und vieles vieles mehr zu berichten und es zu vermarkten.

Wir Natur- und Ökotourismusunternehmer im Norden erklären deshalb:

  • Wir unterstützen die Rentierwirtschaftsgemeinschaften ("samebyar"), die jetzt um ihrer Rechte an ihren Rentierweidegebieten kämpfen.

  • Wir begrüßen den Antrag der Umweltpartei auf eine Sonderdebatte des schwedischen Reichstags über die Bergbauwirtschaft und die Bodenschätzepolitik.

  • Wir verlangen, dass Schwedens Reichstag jetzt eine nationale und langfristige Strategie zur Entwicklung des schwedischen Natur- und Ökotourismusses annimmt. Eine Wirtschaft für die Entwicklung des ländlichen Raums und eine Kraft zum Schutze eines gemeinsamen Natur- und Kulturerbes für uns, für die Umwelt und für kommende Generationen.

  • Wir ersuchen desweiteren unsere Verwalter der Nationalparke, Naturreservate und Welterbegebiete, neben den Freiluftsaktivitäten von eigener Hand auch den Natur- und Ökotourismus zu fördern und über ihn zu informieren. Dies als Beitrag zu langfristig nachhaltigen Arbeitsplätzen im Allgemeinen und in unseren geschützten Gebieten.

  • Es geht um neue Gruben in unzerstörter Natur in der Nähe zu Nationalparken, Welterbegebieten, Reservaten und anderer schützenswerter Natur. Wir sagen nicht nein zu allen Gruben, weder vorhandenen wie in Kiruna und Gällivare noch neuen, wo sich alle beteiligten Partner einig sind. Entscheidend ist, dass es Respekt gibt und einen Dialog zwischen Montanindustrie, Beherbergungswirtschaft und Rentierwirtschaft.

Sápmi/Lappland den 11. September 2013
 

Ekoturismföreningen

Svenska Turistföreningen

VisitSápmi

8Seasons

Abisko Dogsled

Ammarnäsfjällens Islandshästar

Ammarnäs Wärdshus/Fiskecentrum

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Aurora Safari Camp

Camp Ripan AB

Club Scandinavia

CreActive Adventure AB

Destination Laponia

Essense of Lapland

Fjällaktiv Lappland

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Icehotel AB

Jokkmokkguiderna

Lappeasuando Lodge AB

Lappland Tours AB

Natulife

Nutti Sámi Siida AB

Outdoor Lapland

Rajamaa in Lapland

STF Abisko Turiststation

STF Kebnekaise Fjällstation

STF Saltoluokta Fjällstation

The Silent Way

Treehotel

Vildmarksbyn Solberget

ÅrreNjarka Fjällby

Übersetzung aus dem Schwedischen: Hans-Joachim Gruda ( www.homo-peregrinus.de )

Editorische Hinweise
Wir erhielten das Dokument vom Übersetzer für diese Ausgabe.