Leserbrief zu Bernard Schmid
Extreme Rechte mobilisiert gegen eventuelle Syrien-Intervention. In Treue fest zum befreundeten Folterregimevon A.Holberg
09-2013
trend
onlinezeitungBernard Schmid schreibt in seinem ansonsten guten Artikel über Syrien einen Halbsatz, mit dem ich - vorsichtig ausgedrückt - ein Problem habe, und dieser lautet wie folgt: "Also in dem Sinne, das Alles, was den Sturz des Regimes begünstigt, theoretisch von Nutzen sein kann".
Ich stimme zu, dass das Assad Regime für revolutionäre Sozialisten ein grundsätzlich zu stürzendes ist, alleine schon, weil es ein bürgerliches ist und schwerlich einfach abgewählt werden kann. In dieser Hinsicht also durchaus von einem "theoretischen Nutzen" die Rede sein. Die Frage allerdings, die sich hier und jetzt und vermutlich auch für die überblickbare Zukunft stellt, ist die, ob "alles, was den Sturz des Regimes begünstigt" nicht theoretisch von Nutzen sein "kann", sondern praktisch zu Nutzen der werktätigen Bevölkerung Syriens ist.
Das halte ich angesichts des Kräfteverhältnisses zwischen unbewaffneter und bewaffneter Opposition einerseits und innerhalb der bewaffneten Opposition andererseits für eher fraglich. Ein militärischer Sieg der bewaffneten Opposition, in deren Präsenz die unbewaffnete kaum ein Schnitte hat, dürfte bei deren Charakter entweder zu einer mehr oder weniger "klerikalen" (ein Begriff, der für den sunnitischen Islam notwendigerweise schief ist) Diktatur führen, die an der politischen und sozialen Unterdrückung der syrischen Arbeiterklasse und ihrer potentiellen Verbündeten nichts ändert und gar die kulturelle Unterdrückung nicht-sunnitischer Gemeinschaften erst initiiert, oder - und das wäre für Alle noch schlimmer - zu einer Anarchie (im bürgerlichen Sinn).
Eine solche Einschätzung zwingt wohlbemerkt überhaupt nicht dazu, das syrische Regime ("Sozialistische Partei der Arabischen Widergeburt") unangemessen wegen vermeintlichen Antiimperialismus oder gar Sozialismus zu bejubeln, wenngleich sein grundsätzlicher Säkularismus außer Frage steht und gegenüber weitenTeilen der Opposition zu verteidigen ist.
Editorische Hinweise
Wir erhielten den Leserbrief vor Autor zur Veröffentlichung.