Betrieb & Gewerkschaft
17 Stunden Betriebsversammlung – 6 Stunden Streik bei Opel in Bochum am 9./10.9.2013 – Abfuhr an die Kapitulation vor GM

Erklärung des ZK der MLPD am 10.09.2013

09-2013

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Der 9./10. September 2013 war ein weiterer Höhepunkt des Richtungskampfs in der Bochumer Opel-Belegschaft. Während die Geschäftsleitung - unterstützt von der sozialdemokratischen Bochumer Oberbürgermeisterin - versuchte, den Widerstand der Opelaner zu brechen und diese zur Kapitulation zu bewegen, unterstrich die Belegschaft nach langen, heftigen und grundsätzlichen Diskussionen ihren entschlossenen Kampfwillen für den Erhalt des Werkes und des Kampfs um jeden Arbeitsplatz. Am Schluss der wohl längsten Betriebsversammlung des Bochumer Werkes trat die Nachtschicht nach einer einstimmigen Entscheidung in einen sechsstündigen selbständigen Streik. Auch wenn die Frühschicht den Streik auf Grund des massiven Drucks der Werksleitung nicht fortsetzte, war dies der bisherige Höhepunkt des sich seit Monaten entwickelnden aktiven Widerstands.

Ausgehend von der Geschäftsleitung sollte der Tag genutzt werden, mit vagen Versprechungen auf Abfindungen, Beschäftigungsgesellschaften, aber auch provokativer Beschuldigung der Belegschaft, auf die bedingungslose Kapitulation einzuschwören. Auch die Betriebsratsspitze hat willenlos gemeinsam mit der anwesenden SPD-Prominenz in den Abgesang für die Werksschließung eingestimmt. Das war nach all den Erfahrungen der Vergangenheit kaum überzeugend. Sollte das das Resultat monatelanger Vertröstungen gewesen sein? Empörung kam auf, als Solidaritätsdelegationen der BASTA-Frauen, aus anderen Betrieben des Ruhrgebiets oder von der MLPD zum Teil unter Anwendung körperlicher Gewalt an der Teilnahme an der Versammlung gehindert wurden. Das Maß war voll, als der Betriebsratsvorsitzende die breite selbständige Solidarität für einen Streik offen diskriminierte.

Die Provokation der Werksleitung, die Belegschaft wegen ihrer offensiven Haltung für die Werksstilllegung verantwortlich machen zu wollen, wurde in den Beiträgen entschieden zurückgewiesen, abgelehnt und attackiert. Die Werksleitung verließ daraufhin verschnupft und gedemütigt die Versammlung. Die vorzeitige Schließung von Werk II zum 18. September wurde von Arbeitern als „Blaupause“ entlarvt, durch Sonderschichten auf Halde die Schließung vorzubereiten und einen eventuellen Streik zu unterlaufen. Die Drohung mit Unterdrückungsmaßnahmen und antikommunistische Spaltungsversuche wurden im Verlauf der 23 Stunden zunehmend souverän pariert. Die Androhung von Repressalien durch die Geschäftsleitung gegen die Streikenden lief ins Leere.

Im Übergang zur Frühschicht am Dienstag verschärfte die Geschäftsleitung die Gangart. Dabei hatte gerade die Frühschicht die Angriffe am Montag noch am wenigsten verarbeitet. Sie musste am Vortag die meisten Reden von Werksleitung, bürgerlichen Politikern und diese unterstützenden Betriebsräte ertragen.

Der Werkschutz und die Vorgesetzten wurden nun Dienstag früh gegen den Streik in Stellung gebracht. Die Kollegen am Tor 1 wurden einzeln vom Werksleiter empfangen, desinformiert und mit arbeitsrechtlichen Konsequenzen bedroht, wenn sie nicht sofort die Arbeit aufnehmen würden. Noch kaum über den kämpferischen Ausgang der Betriebsversammlung in der Nacht informiert, konnte diese unterdrückerische Manipulation ihre zersetzende Wirkung zeigen.

Und doch: Die Nachtschicht verließ mit stolzer Brust und erhobenen Hauptes das Streikgeschehen. Sie hatte mutig die Initiative an sich gerissen und eine offensive Antwort auf die misslungene Werbung für die Kapitulation gegeben. Die Kollegen haben begonnen, den einzigen Weg zu beschreiten, der noch Erfolg im Kampf um jeden Arbeitsplatz verspricht. Sie haben die Würde aller Opelaner behauptet. Vor allem haben sie allen von Arbeitsplatzabbau Bedrohten im Ruhrgebiet, sei es auf den Kohlezechen, sei es bei den Zulieferern, sei es in der Stahlindustrie, in der geschüttelten Solarindustrie oder im Handel ein Signal gegeben! Das Signal des aufrechten Gangs, das Signal der Arbeiteroffensive!

Dazu mussten sie fertig werden mit den reformistischen Schmeicheleien einiger fragwürdiger Gewerkschaftsführer, die noch nicht einmal den leisesten Versuch unternommen hatten, dem Kahlschlag bei den Arbeitsplätzen der Autobauer zu widerstehen und sich stattdessen in antikommunistischer Hetze gegen klassenkämpferische Kollegen übten.

Die Ereignisse am 9./10. September 2013 zeigen:

In der Weltwirtschafts- und Finanzkrise, wie sie seit fünf Jahren anhält, sind hohe Anforderungen an das Klassenbewusstein zur Führung von selbständigen Arbeiterkämpfen gestellt. Sie müssen mit aller Härte geführt werden. Gesetzmäßig verschärfen sich in solchen Situationen die Klassenwidersprüche, die Arbeiter müssen sich auf schärferen Gegenwind einstellen. Mehr denn je sind jetzt Entscheidungen heraus gefordert.

Die Stärke der Arbeiter liegt in ihrer Organisiertheit und der unverbrüchlichen Klassensolidarität. Jeder Streik zeigt den Arbeitern, welche gesellschaftliche Machtposition sie haben.

Der Streik zeigte die befreiende Wirkung, wenn der zersetzende Einfluss der kleinbürgerlich-antikommunistischen Denkweise überwunden wird. Jahrelang wurde der moderne Antikommunismus unter der Opel-Belegschaft als dumpfe Vorbehalte verbreitet: „Aufzupassen vor den weitergehenderen Zielen der ,Roten'“ usw. Solche Methoden zerstören das gegenseitige Vertrauen und spalten die Kampfkraft. Am 9./10. September wurden immer mehr Arbeiter damit fertig, griffen selbst Methoden der antikommunistischen Spaltung an.

Wenn die Kapitalisten die Arbeiter immer stärker mit Drohungen überziehen, drücken sie damit nur ihre Defensive aus. Sie hatten eine Heidenangst vor solch einem Kampf inmitten des Bundestagswahlkampfs. Nicht umsonst gab es über diesen denkwürdigen Tag einen auffälligen Medienboykott. Die Kapitalisten dürfen die Löhne kürzen, Arbeitsplätze vernichten - wenn wir zum Streik greifen, wird sofort mit arbeitsrechtlichen Repressalien gedroht oder der Streik in den bürgerlichen Öffentlichkeit geächtet. Das ist die Logik des Kapitalismus!

Eine Kulmination kann zur Höherentwicklung des Kampfes führen, wenn sie bewusst verarbeitet und ausgewertet wird, wenn die Selbstveränderung bewusst geführt und zielstrebig und konsequent Interessen der Arbeiterklasse erkämpft werden, ohne sich beirren zu lassen.

Gratulation an die Kämpfenden! Euer Kampf wird auf neuem Niveau weiter gehen! Dafür könnt ihr euch der uneingeschränkten Solidarität der MLPD sicher sein.

Radikal links, revolutionär – für den echten Sozialismus!

 

Editorische Hinweise

Quelle: RF-News vom 10.9.2013.