"Wer dem Volk
anstrengungslosen Wohlstand verspricht, lädt zu
spätrömischer Dekadenz ein." Westerwelle (FDP) 2010
"Durch die hohe soziale Absicherung bei uns ist
offensichtlich zu wenig Leidensdruck vorhanden",
Haderthauer (CSU) 2011
„Die Arbeitslosenzahl ist deutlich gesunken. Es wäre
insofern nicht klug, Hartz IV zu erhöhen, weil man dann
den Anreiz wegnimmt, im ersten Arbeitsmarkt aus eigener
Kraft den Lebensunterhalt zu verdienen.“ von der Leyen
(CDU) 2013
Was die Vertreterinnen und
Vertreter der derzeitigen Regierungskoalition hier zu
verschiedenen Zeiten zum Besten gegeben haben,
entspringt ihrer verqueren politischen Ideologie. Diese
geht nach wie vor von dem Glaubenssatz aus: "Es gibt
genug Arbeitsplätze!" und daraus folgt: "Wer keinen
Arbeitsplatz hat, ist zu faul sich einen zu suchen.
Keine selbst gefälschte Statistik, die das Gegenteil
belegt, würde sie davon abhalten, diesen Glaubenssatz
gebetsmühlenartig immer wieder abzuspulen. Die logische
Folge aus dieser politischen Haltung wäre, den Regelsatz
zu kürzen.
Das geschieht auch seit
Jahren!
Teils offen, teils verdeckt, in homöopathischen Dosen,
verbunden mit gelegentlichen "Stresstests".
- Gestrichen wurde der
"Armutsgewöhnungs"-Zuschlag (§ 24 SGB II) beim Wechsel
vom Arbeitslosengeld zu Hartz IV, durch den der
finanzielle Absturz von ehedem besser verdienenden
Erwerbslosen über den Zeitraum von zwei Jahren mit
zunächst maximal 160 € im 1. Jahr und 80 € im 2.Jahr
abgemildert werden sollte.
- Gestrichen wurde
ebenso der Beitrag zur Rentenversicherung von zunächst
80 € pro Monat, dann auf 40 €, nun komplett.
Im "Regelsatz" waren
schon immer alle Aufwendungen zu niedrig angesetzt oder
nicht berücksichtigt.
Das hatte zur Folge, dass sich immer mehr Betroffene
zunächst ihr evtl. verbliebenes Schonvermögen
aufzuzehren hatten. Wenn dann allerdings die
Waschmaschine kaputt ging oder die horrende
Stromrechnung nicht mehr aufgebracht werden konnte,
folgte der Bittgang zum Jobcenter um nach einem Darlehen
nachzufragen. Nach Aussagen der BA betrug die Summe
ausgereichter Darlehen im Jahre 2011 bereits 5 Mio Euro
pro Monat! (SZ v.25.06.2012).Seit 2011 muss dann ein
solches Darlehen mit monatlich 10 % des Regelsatz
getilgt werden.
Besonders in Ballungsgebieten sind Leistungsberechtigte
von "nicht anerkannten Kosten der Unterkunft" betroffen.
In einer Großstadt, wie Köln, werden diese im Jahre 2012
mit 8,4 Mio Euro ausgewiesen, d.h. das Geld für die
überteuerte Mieten muss ebenfalls aus dem Regelsatz
Angehörige verschiedener
Kölner Erwerbslosen Initiativen proben "spätrömische
Dekadenz" vor dem Parteitag der FDPbestritten werden.
Wer dann zu den 1 Million
Menschen gehörte, die sich aus nichtigem Anlass
gesetzeswidrigen Sanktionen ausgesetzt war, konnte sich
schon einmal nach Pfandflaschen umsehen.
Natürlich liefen Betroffene und die wenigen, mit Ihnen
politisch Verbündeten, von Anfang an gegen diese
Regelungen Sturm. Die Hoffnungen die manche auf "Recht
und Gesetz" hegten, wurden spätestens 2010 durch ein
Urteil des Bundesverfassungsgericht enttäuscht. Hier
wurde festgestellt, dass die Regelsätze nicht
"evident unzureichend" seien. Allerdings wurde
das "Verfahren" zur ihrer Festsetzung als
"verfassungswidrig" eingestuft und dem Gesetzgeber
aufgegeben, dies zu ändern. Was er dann auch tat. Mit
dem Ergebnis, dass die Regelsätze gekürzt hätten werden
müssen! Die Kunst bestand darin, dass tief in die
Trickkiste statistischer Methoden griff, um den
Regelsatz klein zu rechnen. Bekannt wurde, dass nun
"Alkohol und Tabak" nicht mehr berücksichtig würden.
Weniger bekannt ist, dass andere "nicht
existenzsichernde" Ausgaben, wie Auto, Garten,
Uhren, Haustiere natürlich auch nicht berücksichtigt
werden.
Für die "Leistungsbezieherinnen und Leistungsbezieher2
wiederum ist zu berücksichtigen ist, dass die Erhöhung
der Regelsätze seit acht Jahren regelmäßig den
tatsächlichen Preissteigerungsraten hinterher
hinken. Schlussendlich sei darauf hingewiesen, dass auch
der Regelsatz ein Bruttobetrag ist. Ungefähr 40 €
fließen dem Staat vermittels der Mehrwertsteuer
wieder zu.
Das ganze "System Hartz IV" hat zur Folge, dass die
Betroffenen wirtschaftlich an die Wand gedrückt,
ruiniert, gesellschaftlich ausgegrenzt und damit
vereinzelt werden. Die denkbar ungünstigste
Vorrausetzung gemeinsamen Widerstands. Der jüngste
"Stresstest" in dieser Hinsicht erfolgte Anfang des
Monats in Bremen, wo einfach wegen der Umstellung von
Software die Leistungen nicht überwiesen wurden. Ich
glaube, in anderen Ländern Europas hätten die
Betroffenen anders reagiert.
Die Festsetzung des
Regelsatz für "Hartz IV" ist ein politischer Akt …
In der Vergangenheit war es ein Willkürakt. Unvergessen
bleibt die ARD-Dokumentation: "Auf der Suche nach Peter
Hartz", in der dieser bestätigte, dass ursprünglich der
Regelsatz bei 511 € liegen sollte. Das war im Jahre
2004. Er ging damals davon aus, dass die Sozialhilfe mit
der Arbeitslosenhilfe zusammengelegt werden sollte und
nicht umgekehrt. Was politisch entschieden wurde war,
dass der Sozialhilfesatz, -erhöht um eine Pauschale der
"Sonderbedarfe"-, auf den Regelsatz von 345 € festgelegt
wurde.
Nun gehöre ich nicht zu den Menschen, die glauben, dass
Hartz IV „ abgewählt“ werden könnte. Jedoch war die
LINKE, -bzw. deren ehemalige Quellpartei PDS nicht nur
die einzige im Bundestag vertretene Partei-, die die
Hartz IV–Gesetzgebung von Anfang an abgelehnt hat,
sondern die auch ihre Möglichkeiten nutzt, auf allen
politischen Ebenen Missstände aufzudecken und
anzuprangern. Dabei wurde sie von vielen Erwerbslosen
und ihren örtlichen Initiativen unterstützt. In diesem
Sinne "wirkt" sie nach wie vor und ist ein verlässlicher
Bündnispartner für Erwerbslose. Ihre Forderung nach
Erhöhung des Eckregelsatz auf 500 € ist richtig, die
Einführung einer repressionsfreien Grundsicherung von
1050 € muss im zweiten Schritt erkämpft werden.
Alles Gründe, am 22.09.2013 die LINKE zu wählen!
Editorische Hinweise
Wir
erhielten den Kommentar vom Autor für diese Ausgabe.
"Kommentare zum Zeitgeschehen" geben nicht unbedingt die
Meinung der Redaktion wieder, sondern dienen der Debatte
zwischen verschiedenen Positionen.
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