Betrieb & Gewerkschaft
Stoppt die antigewerkschaftliche Kampagne bei Siemens

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09-2012

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Siemens behauptet gern von sich, ein sozial verantwortliches Unternehmen zu sein. So hat der Konzern erst kürzlich ein Abkommen mit dem Gesamtbetriebsrat des Unternehmens, der IG Metall und dem internationalen Industriegewerkschaftsverband IndustriALL Global Union geschlossen, mit dem sich Siemens verpflichtet, das Recht der Arbeitnehmer auf Wahl einer Gewerkschaft zu respektieren. Aber nur kurz darauf hat das Unternehmen in seinem Werk Maryland, USA, eine umfassende Anti-Gewerkschafts-Kampagne gestartet, für die es Ken Cannon, einen der teuersten Anti-Gewerkschaftsberater, engagiert hat. Doch die Beschäftigten bei Siemens in Maryland wehren sich. Sie sind dabei, sich bei den United Steelworkers zu organisieren, und haben Gewerkschaften weltweit um Unterstützung gebeten.

Am 25. Juli hat Siemens medienwirksam mit der IG Metall und der IndustriALL Global Union ein Abkommen unterzeichnet, in dem sich der Konzern verpflichtet, fundamentale Beschäftigtenrechte weltweit einzuhalten. In der Vereinbarung ist u.a. das Recht der Beschäftigten auf Wahl einer Gewerkschaft und auf kollektive Tarifverhandlungen festgelegt. "Mitglieder von Arbeitnehmervertretungen oder Gewerkschaften dürfen aufgrund ihrer Mitgliedschaft weder Vor- noch Nachteile haben", heißt es.

Bei der Unterzeichnung in Frankfurt am Main meinte der Generalsekretär von IndustriALL Global Union, Jyrki Raina, dass mit diesem Abkommen - dem vierzigsten zwischen IndustriALL und einem multinationalen Konzern - "weltweite Standards für das Verhalten des Unternehmens gegenüber den Beschäftigten und den Gewerkschaften gesetzt werden". Siemens-Chef Peter Löscher sagte, dass das Abkommen ein Ergebnis dessen sei, dass sich Siemens der Verantwortung gegenüber der Belegschaft bewusst sei und "die vertrauensvollen Beziehungen zwischen Unternehmen, Belegschaftsvertretungen und Gewerkschaften zeigt".

Siemens will gewerkschaftliche Vertretung verhindern
Aber schon einige Wochen später ist es nicht mehr weit her mit den "vertrauensvollen Beziehungen". In Maryland, USA, hat Siemens eine massive Kampagne zur Verhinderung gewerkschaftlicher Organisierung gestartet. Dort entscheidet am 6. September die Belegschaft über die gewerkschaftliche Vertretung.

Mit persönlichen Schreiben an die Beschäftigten schüchtert Siemens Director of Operations Joe Didwall die Beschäftigten ein: "Wir müssen Ihnen sagen, dass es nach unserer Ansicht aus vielen Gründen nicht in Ihrem besten Interesse ist, eine Gewerkschaft von außen an Ihren Arbeitsplatz zu bringen. Und es ist auch nicht im besten Interesse des Unternehmens und unserer Kunden... Wir sind sicher, dass Sie dann am Abstimmungstag klar verstehen, welche schwerwiegenden Folgen diese Vertretung durch eine Gewerkschaft für Ihre persönlichen Interessen und die Ihrer Familie haben könnten. Deshalb glauben wir, dass eine deutliche Mehrheit von Ihnen dafür stimmen wird, die individuelle Stimme und die Kontrolle über die eigene Zukunft zu behalten, und eine gewerkschaftliche Vertretung ablehnen wird. "

Der General Manager, Izadore Hossler, sagte Arbeitern: "Wir werden Kunden aus dem Süden der USA verlieren, wenn wir gewerkschaftlich organisiert sind, denn die wollen mit einem Gewerkschaftsunternehmen keine Geschäfte tätigen."

Siemens engagiert Union-Buster
Für die Kampagne gegen die Gewerkschaft hat Siemens einen der teuersten Anti-Gewerkschafts-Berater der USA, Ken Cannon, angeheuert. Ken Cannon wirbt damit, dass er "40 Jahre Erfahrung darin hat, Unternehmensleitungen bei ihren Bemühungen zu helfen, Gewerkschaften fernzuhalten." Gegenüber den Siemensbeschäftigten erklärte Cannon, dass er seine Offensiven immer gewinnen würde und noch nie wegen unlauterer Praktiken gegen Gewerkschaften verklagt worden sei. Er teilte ihnen mit, dass er für die nächsten 30 bis 45 Tage vor Ort sei, durch den Betrieb gehen und mit ihnen einzeln sprechen werde. "Man wird euch entlassen, wenn ihr in der Gewerkschaftsfrage nicht nachgebt", drohte er. Die Beschäftigten sind Einschüchterungen, Überwachung, Drohungen bis hin zur Kündigung und zum Verbot, über die Gewerkschaft überhaupt zu sprechen, ausgesetzt. MitarbeiterInnen werden gezwungen, eine Unterschriftensammlung gegen die Gewerkschaft zu unterschreiben.

Beschäftigte wehren sich
Aber die Beschäftigten bei Siemens in Maryland wehren sich. Sie sind dabei, sich bei den United Steelworkers (USW) zu organisieren, weil ArbeiterInnen, die die gleiche Arbeit ausführen, aufgrund von Bevor- und Benachteiligungen verschiedene Löhne und unterschiedliche Lohnsteigerungen erhalten, das Management Urlaubskürzungen durchführt und grundsätzlich eine ablehnende Haltung gegenüber den Beschäftigten einnimmt. Am 6. September wird unter Leitung des National Labor Relations Board (NLRB) eine Abstimmung über die gewerkschaftliche Organisierung des Betriebs durchgeführt. Die USW hat Klagen gegen Siemens wegen unlauterer Arbeitspraktiken beim National Labor Relations Board eingereicht.

Internationale Solidarität gegen den Multi
Angesichts der Antigewerkschaftskampagne von Siemens haben die Beschäftigten weltweit Gewerkschaften um Unterstützung gebeten. Die Workers Uniting verurteilt die Anti-Gewerkschaftsaktionen des internationalen Konzerns auf das Schärfste. Die Aktivitäten des Konzerns würden nicht nur das US-amerikanische Arbeitsgesetz (U.S. National Labor Relations Act) verletzen, sondern auch die Konvention 87 der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO).

General Sekretär von IndustriALL, Jyrki Raina, fordert in einem Brief an den Siemens-Vorstandschef Löscher die unverzügliche Einstellung der Antigewerkschaftskampagne: "Ich fordere Sie auf, unverzüglich die Beziehung des Unternehmens mit den Gewerkschaftsbekämpfern Ken Cannon und Joe Brock zu beenden und die Aktivitäten gegen die Gewerkschaft einzustellen." Raina fordert Löscher auf, dafür zu sorgen, dass das Management eine neutrale Haltung einnimmt und den Vertretern der USW Zutritt zum Betrieb für Gespräche mit den Beschäftigten ermöglicht.

In Zusammenarbeit mit der USW hat LabourStart eine Solidaritätskampagne mit den Siemensbeschäftigten gestartet. In dem Text heißt es:

"Liebe Beschäftigte bei Siemens,
Wir wünschen Euch viel Glück bei der anstehenden Abstimmung über die Gewerkschaftsanerkennung und hoffen, dass Ihr Euch der internationalen Gemeinschaft der organisierten Beschäftigten bei Siemens anschließen werdet. In einer globalen Wirtschaft, die von globalen Unternehmen dominiert wird, ist es eine Notwendigkeit für uns Beschäftigte, sich international zusammenzuschließen, um unsere Arbeitsrechte durchzusetzen.
Dafür stehen wir mit Euch zusammen, in Einigkeit, um gemeinsam stärker zu sein.
Wir sind schockiert und enttäuscht über die antigewerkschaftliche Kampagne, die bei North-East in  Maryland läuft, und werden dem nicht schweigend zusehen. ..
Wir begrüßen Eure Entscheidung, eine Gewerkschaft zu gründen, und unterstützen Euren Kampf dafür."

Die Solidaritätserklärung kann hier unterstützt werden: http://www.labourstartcampaigns.net/show_campaign.cgi?c=1552

Editorische Hinweise
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