Texte  zur antikapitalistischen Organisations- und Programmdebatte

09-2012

trend
onlinezeitung

Es gibt einen Überblick über alle bei TREND 2011/12 veröffentlichten Texte zur Debatte über Organisation und Programm, angeregt durch die "Sozialistische Initiative Berlin" (vormals Berlin-Schöneberg)

Red. Vorbemerkung: Zur Zeit werden immer noch die so genannten fünf Eckpunkte des SiB Na-Endlich-Papiers diskutiert im NaO-Blog diskutiert. Dazu wurde zum Thema "revolutionärer Bruch" ein weiterer Debattenvorschlag unterbreitet.

Für einen revolutionären Bruch mit dem Kapitalismus
Ein Debattenvorschlag von Dieter Elken

Wie für Marx ist es unser Ziel, „alle Verhältnisse umzuwerfen, in denen der Mensch ein erniedrigtes, ein geknechtetes, ein verlassenes, ein verächtliches Wesen ist.“.Wir wollen eine Gesellschaft ohne Ausbeutung, ohne Diskriminierung und Unterdrückung, den Kommunismus. Wir wissen, daß dieses Ziel nur durch den hartnäckigen Kampf für die Bedürfnisse aller Ausgebeuteten und Unterdrückten erreicht werden kann, den Klassenkampf von unten. Wir wissen auch, daß allein die Klasse der Lohnabhängigen über die Möglichkeit verfügt, durch den Kampf für ihre eigene Emanzipation, ihre Interessen und Bedürfnisse die Aufhebung der kapitalistischen Verhältnisse durchzusetzen und eine klassenlose Gesellschaft zu verwirklichen.

Die Klasse der Lohnabhängigen, d.h. die Arbeiterklasse, kann ihr revolutionäres Potential nur verwirklichen, wenn sie sich in ihrer breiten Mehrheit im Verlauf ihrer Kämpfe zu einer auch subjektiv revolutionären Klasse verwandelt. Das heißt sie muß im Verlauf ihrer Kämpfe ein Bewußtsein dafür entwickeln, daß ihre drängendsten Bedürfnisse nur auf dem Weg über eine umfassende, alle gesellschaftlichen Bereiche erfassende Revolution durchgesetzt werden können. Dies ist kein linearer Prozeß. Letztlich setzt dies eine umfassende Krise der bürgerlichen Gesellschaft und des bürgerlichen Staates voraus.: „Es genügt nicht, daß der Gedanke zur Verwirklichung drängt, die Wirklichkeit muß sich selbst zum Gedanken drängen“(Marx).

Eine solche umfassende Revolution kann weder auf ökonomischem Gebeit über lokale Genossenschaften und auch nicht auf kulturellem oder subkulturellem Gebiet über befreite Zonen schrittweise bzw. in kleinen Etappen in irgendwelchen herbeiphantasierten Nischen der bürgerlichen Gesellschaft realisiert werden. Alle Versuche dieser Art blieben im Ansatz stecken oder wurden in die kapitalistischen Verhältnisse (re-)integriert. Anders als die bürgerliche Revolution, die sich auf sich entwickelnde kapitalistische Verhältnisse innerhalb der Feudalgesellschaft stützen konnte, erfordert die soziale Revolution der Klasse der Lohnabhängigen die schnelle Umwälzung der Produktions- und Machtverhältnisse der bürgerlichen Gesellschaft. Eine Vergesellschaftung ohne wenigstens die gleichzeitige Enteignung des Kapitals ist nicht denkbar. Die Enteignung des Kapitals setzt die Übernahme der politischen Macht durch die Klasse der Lohnabhängigen voraus.

Ebenso gescheitert sind bisher – jedenfalls dort, wo die bürgerlichen Machtapparate nicht durch Kriegseinwirkungen erheblich geschwächt oder zerstört wurden - alle Versuche, bürgerliche Staatsapparate in Besitz zu nehmen und für eine gesellschaftsverändernde Politik im kommunistischen Sinne zu instrumentalisieren. Tatsächlich verändert haben sich immer nur diejegen, die diesen Versuch unternahmen: Sie verwandelten sich in bürgerliche Politiker, die den illusorischen Versuch unternahmen, Kapitalismus und Sozialismus miteinander zu versöhnen und so als bürgerliche Krisenverwalter endeten. Selbst Versuche, bedeutendere einzelne Reformen oder gar Reformpakete zur Verbesserung der Lage der Lohnabhängigen auf diesem Wege durchzusetzen, scheiterten am ökonomischen Widerstand der herrschenden kapitalistischen Klassen und/oder an Putschen. Wir halten daher eine Politik des bewußten Bruchs mit den bürgerlichen Staatsapparaten für unumgänglich. Wir können aber zum gegenwärtigen Zeitpunkt nichjt angeben, in welcher Gestalt sich dieser Bruch vollziehen wird.

Für eine Räterepublik

Das sich selbst demokratisch organisierende Proletariat hat bei seinem ersten selbständigen Massenkampf mit der Pariser Commune die Form seiner Herrschaft entdeckt: die Räterepublik. Dies ist zugleich die einzige Staatsform, in der das sich selbst organisierende Gemeinwesen eines besonderen, über der Gesellschaft stehenden, besonderen Machtapparats nicht mehr bedarf. Die Räterepublik bietet damit die Chance, ohne tiefgreifende gesellschaftliche Konflikte den Staat überhaupt abzuschaffen. Wir kennen bis heute keine nachrevolutionäre Staatsform, die besser geeignet wäre eine demokratische gesellschaftliche Selbstorganisation zu gewährleisten.

Wir wissen, daß das Proletariat und mit ihm verbündete Kräfte in seinem Klassenkampf die Räteform immer wieder neu entdeckt haben. Aber von Räten im eigentlichen Sinne kann nur dann die Rede sein, wenn Räte die breite Masse der Lohnabhängigen und anderer Werktätigen umfassen; in diesem Sinne sind Räte Organe der proletarischen Einheitsfront. Da sich nicht vorhersagen läßt, ob eine solche vor einer Revolution zustandekommt, läßt sich nicht vorhersagen, ob sich Räte zunächst neben dem bürgerlichen Staat entwickeln und ob dem Übergang der politischen Macht auf die Räte eine Phase der entwickelten Doppelherrschaft von krisengeschütteltem bürgerlichen Staat und proletarischer Gegenmacht vorausgeht.

Editorische Hinweise

Wir erhielten den Text vom Autor.