Betrieb & Gewerkschaft
Tarifrunde 2008 der IG-Metall
In den ersten Septembertagen tagen überall im Bundesgebiet die großen Tarifkommissionen

von werner

09/08

trend
onlinezeitung

Mit den verschiedensten Argumentationen wird vom Bundesvorstand der IG Metall derzeit eine gegenüber den schon geäußerten Forderungen zahlreicher Gewerkschaftsgremien niedrigere Forderung vorbereitet. Der IG-Metall-Vorsitzende Berthold Huber sagte lediglich, die Forderung solle höher liegen als letztes Jahr, und das waren 6,5%. Verschiedene Vertrauenskörper hatten dagegen bereit Forderungen von 10 % und mehr verlangt. Konzernzentrale und Daimler Untertürkheim forderten 9,5 %, GKN Aerospace in München dagegen 13,5 %!!

Demgegenüber versuchen IG-Metall Verantwortliche, die Diskussion in die zunehmende Debatte um einen Konjunktur-Abschwung einzubinden und sie dadurch von der Konjunkturdebatte abhängig zu machen.

Wenn Oliver Burghard, Bezirksleiter der IG Metall in Nordrhein-Westfalen etwa sagt: „Es gibt keinen Grund zur Bescheidenheit. Die wirtschaftliche Lage in der Metall- und Elektroindustrie ist nach wie vor besser als in der zurückliegenden Tarifrunde“, dann macht er unsere Diskussion gerade von dieser Lage abhängig. Hans Bauer, erster Bevollmächtigter in Stuttgart malte auf einer Delegiertenversammlung den „Konjunkturhimmel“ dagegen schon etwas dunkler. Botschaft im Subtext: „Vorsicht mit zu hohen Forderungen!“

Beschwörend heißt es immer wieder, die Konjunktur solle man nicht schlecht reden. Aber eine Frage sei gestattet: Wenn die Konjunktur tatsächlich von der herrschenden Finanz- und Bankenkrise beeinträchtigt werden sollte, was gar nicht unwahrscheinlich ist, was dann? Sollen die Kollegen dann auf ihre berechtigten Forderungen verzichten?

Es ist im Kapitalismus normal, dass es Konjunkturabschwünge, ja eben sogar Krisen gibt. Sollen dann die Kolleg/innen zurückstehen.

Die Junge Welt zitiert den oppositionellen Daimler-Betriebsrat aus Stuttgart, Tom Adler, (IG-Metall-Mitglied und einer der Sprecher der oppositionellen Gruppe „Alternative“): „Die entscheidende Frage ist, was man zum Maßstab nimmt: Die konjunkturelle Lage oder die Bedürfnisse der Kolleginnen und Kollegen. Wenn sich die Gewerkschaft bei ihrer Forderung von Konjunkturdaten abhängig macht, ist sie vor dem Hintergrund einer zunehmend krisenhaften Wirtschaftentwicklung auf der Verliererstraße.“ (Junge Welt, 18.08.08).

Wir stimmen einem solchen Standpunkt zu. Die Kollegen sollten offen ihre Forderungen stellen, und sich nicht ausbremsen lassen! 10%! - das ist allemal gerechtfertigt. Arbeit-Zukunft schlug einen Festgeldbetrag von 300 Euro für alle vor.

In den ersten Septembertagen tagen überall im Bundesgebiet die großen Tarifkommissionen, beispielsweise am 3.9.2008 in Nordrhein-Westfalen, einen Tag später in Baden Württemberg. Zuvor finden vielfach Funktionärskonferenzen statt für die Betriebsräte und Mitglieder der Vertrauenskörperleitungen, direkt aus den Betrieben. Hier müssen die Forderungen zur Debatte gestellt werden. Hier ist der Ort, um einen klaren Standpunkt zu zeigen, der Gewerkschaftsführung Kampfbereitschaft zu signalisieren und die Weichen auf Streik zu stellen!

Keine Verrechnung des Lohnabschlusses mit der Altersteilzeit!

Eine wichtige Frage ist die noch immer nicht abgeschlossene Tarifrunde zur Altersteilzeit, in deren Rahmen es mächtige gewerkschaftliche Aktionen und Warnstreiks gab, ohne dass ein Abschluss erzielt werden konnte. Die Kapitalseite fuhr in Baden-Württemberg direkt einen Konfrontationskurs, der zum Scheitern der Verhandlungen führte (Vergleiche Arbeit-Zukunft 5/2008).

Aber zugleich bedeutet das: Die Tarifrunde ist noch offen, läuft noch und damit besteht keine Friedenspflicht mehr, so dass es gleich zu Warnstreiks und ganz schnell zu Urabstimmungen und Streiks kommen kann. Mit Aktionen muss nicht lange gewartet werden. Das muss die Basis nutzen und schnell in die Aktion gehen!

Zugleich aber sollte jede Vermischung der Altersteilzeitfrage mit der Lohntarifrunde bekämpft werden: Keine Anrechnung etwaiger Altersteilzeit-Ergebnisse auf die Lohnerhöhungen! Das darf nicht sein!

Es wird eine kämpferische Runde werden, aber die Risiken, mit der kompromisslerischen und bremsenden IG-Metallführung wieder nur zu einem verräterischen Kompromiss zu kommen, sind hoch.

Lassen wir uns das nicht gefallen. Sorgen wir dafür, dass es schnell in die Urabstimmung geht, auch die Abschlüsse müssen durch Urabstimmungen werden. Die Chancen sind gut wie selten, wenn die Mitglieder der Gewerkschaft das Heft in der Hand behalten, kämpferische Aktionen starten und langen Atem behalten, egal wie die Konjunktur läuft.
 

Editorische Anmerkungen

Der Artikel erschien erstmalig bei Indymedia am 4.9.08.