Flugblatt zum Antikriegstag
Warum gibt es Kriege? Welche Persspektiven haben wir?


von der Gruppe Wissenschaftlicher Sozialismus

09/08

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Afghanistan, Irak… Kriege gibt es viele auf der Welt, aber warum gibt es eigentlich Kriege? Und wie lange wird es noch Kriege geben?

Was ist ein Krieg?

Wenn es darum geht zu definieren was ein Krieg ist, wird häufig die Kriegsdefinition des preußischen Militärtheoretikers Clausewitz angeführt: „Der Krieg ist eine bloße Fortsetzung der Politik mit anderen Mitteln."

Diese Kriegsdefinition wurde dann auch später u.a. von Lenin verwendet. Allerdings greift diese Definition, nach dem heutigen Stand der Wissenschaft, zu kurz. Wenn wir die Gesellschaft untersuchen, so finden wir eine Klassengesellschaft vor. Und deswegen ist es notwendig dieses Merkmal auch einzufügen. Der marxistische Krieg-Friedensforscher Lion Wagner hat folgende Weiterentwicklung der Kriegsbegriffsdefinition ausgearbeitet:

„Der Krieg ist die Fortsetzung und das scheinbar letzten Mittel der Innen- und Außenpolitik von Klassen sowie politischen Gruppen mittels beidseitiger Anwendung organisierter bewaffneter Gewalt zur Herstellung und Erhaltung bzw. Beseitigung und Minderung von Ausbeutungsverhältnissen" [Lion Wagner, Krieg und Gesellschaftssystem; S. 291].

Entstehung und Ursache von Kriegen

Die Sammel- und Jagdwirtschaft der Urgesellschaft, die bis 13.000 Jahre vor unserer Zeitrechnung noch überall vorhanden war, entwickelte erstmals in der Menschheitsgeschichte Waffen. Die Waffen wurden zur Jagd gebraucht und waren als solche ein Fortschritt in der Entwicklung der noch geringen Produktivkräfte. Zwar gab es auch bewaffnete Konflikte in der Urgesellschaft, aber keine Kriege. Der bewaffnete Existenzkampf blieb beispielsweise eine Ausnahmeerscheinung.

Kriege gibt es aber dennoch schon sehr lange. Sie bildeten sich während der Übergangsperiode zur ersten Klassengesellschaft heraus. Sprich in der Zerfallsperiode der Urgesellschaft. Die Produktivkräfte waren nun so entwickelt, dass sie ein ständiges Mehrprodukt (ein Produkt also, das über das was zum Überleben notwendig ist herausgeht) ermöglichten. Und so setzte sich das Privateigentum und die Entstehung eines Ausbeutungsverhältnisses immer mehr durch. Es gab nun Teile der Gesellschaft, denen die Produktionsmittel gehörten und Teile, die keinen solchen Besitz hatten. So entstanden Klassen und zur Durchsetzung der herrschenden Klasseninteressen auch der Staat. Nun wurden aus den bewaffneten Konflikten Kriege [vgl. ebenda, S. 265f].

Lion Wagner stellt dazu folgendes vereinfachtes Schema auf:

Privateigentum an den wesentlichen Produktionsmitteln  Parallele Entwicklung von Ausbeutungsverhältnissen und Klassen  Parallele Entstehung des Staates und der Politik  Entwicklung bewaffneter Konflikte zum Krieg [ebenda S. 266]

Schauen wir uns nun die Kriegsursache in der imperialistischen Epoche an. Der US-Präsident Wilson sagte 1919 „Gibt es einen Mann oder eine Frau –- ja lasst mich sagen gibt es ein Kind -- , das nicht weiß, --dass der Samen des Krieges in der modernen Welt der industrielle und wirtschaftliche Wettbewerb zwischen den Nationen ist?"

Lion Wagner definiert die Kriegsursachen wie folgt: „Kriegsursachen sind eine solche qualitative und quantitative Verschärfung von Widersprüchen zwischen nationalen und fremdnationalen Klassen und politischen Gruppen, so dass zu ihrer Lösung der Krieg als wirklich oder scheinbar letztes Mittel der Politik angewendet wird" [ebenda; S. 277]

„Die politökonomische Kriegsursache - ist die auf der Grundlage des Kapitaleigentums wirkende Kombination - von objektivem ökonomischen Zwang - und subjektiven Streben nach Aneignung einer maximalen Mehrwertmasse." [ebenda; S. 278]

Sprich, die Kapitalistenklasse ist objektiv dazu gezwungen und strebt auch subjektiv danach einen maximalen Mehrwert durch ihre Ausbeutung zu erzielen. Ist dies durch die Verschärfung der innerimperialistischen Widersprüche nur oder scheinbar nur durch einen Krieg möglich, so ist die Kapitalistenklasse sogar durch diese Bedingungen dazu gezwungen den Krieg als Mittel zu wählen. Dies zeigt die Kriegsgefahr, die vom Kapitalismus bzw. vom Kapitalismus in der Etappe des Imperialismus ausgeht.

Somit kann man auch sagen, dass das ökonomische Gesetz des Kapitalismus, das Mehrwertgesetz, zum Krieg führt.

Es gibt aber auch noch psychologische Kriegsursachen, die vom polit-ökonomischen Bewusstseinsstand der jeweiligen Partei bzw. Klasse abhängen sowie eine politökonomisch-ideologische Kriegsursache, in der es auch darum geht die sozialistische Ideologie anzugreifen um das kapitalistische System aufrecht zu erhalten und dessen Beseitigung zu verhindern.

Gerechte und ungerechte Kriege

Sehr wichtig ist es aber zu erkennen, dass es sowohl gerechte als auch ungerechte Kriege gibt. Dies wird schon deutlich wenn wir uns eine Auflistung von Kriegstypen in der imperialistischen Etappe ansehen.

  • Imperialistische Kriege
  • Kolonial- und Neokolonialkriege
  • Nationale Freiheits-beziehungsweise Befreiungskriege
  • Krieg zwischen sozialistischen Staaten und imperialistischen Staaten
  • Revolutionäre/ konterrevolutionäre Bürgerkriege
  • Reformistische/ reaktionäre Bürgerkriege
  • Reaktionäre Bürgerkriege.
  • Separatistische Bürgerkriege
  • usw.

Gäbe es nun keine gerechten Kriege, so wären eine Revolution und ein Befreiungskampf ebenfalls ungerecht.

Wenn wir hingegen bei Marx/ Engels nachlesen so werden wir folgenden Satz finden:

„Die Gewalt ist der Geburtshelfer jeder alten Gesellschaft, die mit einer neuen schwanger geht." [Marx-Engels-Werke Bd. 23; S.779].

Dies gilt natürlich auch für die sozialistische Gesellschaftsordnung.

Wichtig ist, dass es z.B. auch beidseitig ungerechte Kriege gibt, Kriege, die einseitig gerecht und anderseitig ungerecht sind und Kriege die im Verlauf ihren Charakter ändern können. Des Weiteren ist nicht zwingend entscheidend wer den Krieg begonnen hat.

Wie es Genosse Wagner richtig darstellt ist der objektive Maßstab zur moralischen Beurteilung von Kriegen sein Verhalten zum gesellschaftlichen Fortschritt.

„Ein Krieg ist gerecht, wenn er auf den gesellschaftlichen Fortschritt und ungerecht, wenn er gegen den gesellschaftlichen Fortschritt gerichtet ist." [ebenda; S. 299]

Imperialismus

Das Wort Imperialismus taucht in den bürgerlichen Medien kaum auf. Während heute immer wieder von der bürgerlichen Seite her behauptet wird wir leben im Zeitalter der Globalisierung, halten wir daran fest, dass es sich um imperialistische Systeme handelt. Wenn z.B. Kanzlerin Merkel vor zwei Jahren die Globalisierung mit weltweitem Handeln definiert, so beschreibt sie nur eine Erscheinung des Imperialismus. Der Begriff der Globalisierung leugnet aber z.B. die Existenz von Klassen und somit auch die Existenz der Ausbeutung der Arbeiterklasse durch die Kapitalistenklasse.

Lenins Aussagen zum Imperialismus, sind weiter aktuell.

„Würde eine möglichst kurze Definition des Imperialismus verlangt, so müsste man sagen, dass der Imperialismus das monopolistische Stadium des Kapitalismus ist" [Lenin, Der Imperialismus als höchstes Stadium des Kapitalismus, Dietz Verlag 1970, S.94].

Der Imperialismus ist das höchste aber auch das letzte Stadium der Entwicklung des Kapitalismus. Er entstand gegen Ende des 19. Jahrhundert in den fortgeschrittenen kapitalistischen Ländern.

Es gibt eine Reihe von Merkmalen dieses Monopolkapitalismus.

  • Konzentration und Zentralisation der Produktion und des Kapitals
  • Verschmelzung des Industrie- und Bankkapitals zum Finanzkapital und der Entstehung einer Finanzoligarchie
  • Vorrangige Bedeutung des Kapitalexports gegenüber dem Warenexport
  • Herausbildung internationaler monopolistischer Kapitalistenverbände, welche die Welt ökonomisch unter sich aufteilen
  • Die Welt ist aufgeteilt [vgl. ebenda, S.94]

Eine interessante Erscheinung des Imperialismus ist die Tatsache, dass in den imperialistischen Staaten die Arbeiterklasse (bzw. Teile dieser Klasse) sozial bestochen wird. Die Grundlage für diese Bestechung bietet die Ausbeutung und Plünderung anderer Länder, Neokolonien, durch den imperialistischen Staat.

Trotz der weltweiten Kapitaloperationen eines imperialistischen Staates, ist dieser monopolkapitalistische Staat weiter ein notweniges Instrument. Sprich, die Bedeutung des Staates für die Aufrechterhaltung des Ausbeutungsverhältnisses sinkt keineswegs. Durch die von Marx und Engels erforschten innerkapitalistischen Widersprüche (wie dem tendenziellen Fall der Profitrate) ist der Imperialismus aber auch ein faulender Kapitalismus, der tendenziell zu Krisen und zu Kriegen führt. Die Welt ist zwar unter den imperialistischen Mächten aufgeteilt, aber da sich die ökonomischen und militärischen Kräfteverhältnisse ändern und jede Macht versucht ihren Einfluss auszuweiten, kommt es immer wieder zu Neuverteilungen, auch in Form von imperialistischen Kriegen.

Die Bereitschaft, durch Kriege Gebiete für sich zu erobern steigt tendenziell, wie die letzten Bundeswehrkriegseinsätze zeigen. Der deutsche Imperialismus ist ökonomisch stärker als er dies durch seine Neokolonien derzeit repräsentiert.

Angesichts der Schwäche der antiimperialistischen Bewegung hat er derzeit kein Problem neue Einsätze ohne große Proteste durchzuführen bzw. diese Einätze auszuweiten.

Schlussfolgerungen

Uns muss bewusst sein, solange es Klassengesellschaften gibt, wird es auch Kriege, und somit auch ungerechte Kriege, geben. Keine Reform des Systems wird mit den ungerechten Kriegen Schluss machen. Unser Kampf muss sich also gegen den Imperialismus richten. Wir müssen für den Übergang vom Kapitalismus zum Sozialismus kämpfen!

Editorische Anmerkungen

Wir erhielten den Text  von der GWS zur Veröffentlichung in der Septemberausgabe.
Kontakt zu den AutorInnen über deren Website: www.wisso.info

Gruppe Wissenschaftlicher
Sozialismus

INFOSTAND von GWS am Tag der Erinnerung und Mahnung

Am Tag der Erinnerung und Mahnung (14.September 2008) gibt es in Berlin wieder einen Aktionstag mit Programm und vielen Infoständen. Dort werden wir (GWS) auch einen Infotisch haben. Ort: Marx-Engels-Forum (nähe Alexanderplatz) / Uhrzeit 13-18 Uhr. Nähere Infos zum Aktionstag unter: http://www.tag-der-mahnung.de/