Betrieb & Gewerkschaft
Nach Streik folgte Entlassung

von Peter Nowak
09/05

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Mehr als 25 Jahr hatte Richard Kaczorowski bei Opel in Bochum gearbeitet, davon 18 Jahre am Montageband. Jetzt ist er arbeitslos. Die Adam Opel AG warf den 45jährigen Arbeiter seine aktive Rolle im vergangenen Herbst vor. Er habe Streikwillige bedroht und von der Arbeit abgehalten, so die Version des Unternehmens, das Kaczorowski die fristlose Kündigung geschickt hatte. Dagegen hatte der Betroffene vor dem Arbeitsgericht geklagt. Vor der 1.Kamer des Bochumer Arbeitsgerichts bezeichnete Kaczorowski die Vorwürfe der Betriebsleitung aus haltlos und aus der Luft gegriffen. Er sei wegen seines aktiven Eintretens für den Streik gemaßregelt worden, betonte er

Das Gericht hörte fünf Arbeitskollegen des Klägers als Zeugen an. Nach den Vorwürfen des Unternehmens sollen sie von Kaczorowski unter Druck gesetzt worden sein. Vier Montagearbeiter bestritten vehement, dass sie sich während der Gespräche über die Arbeitsniederlegung von dem Beschuldigten bedroht gefühlt hätten. Der fünfte Zeuge, ein leitender Angestellter, blieb zwar bei seinen Beschuldigungen gegen K., fügte aber hinzu: „Ich hatte aber keine Angst vor dem Kläger."

Das Gericht wertete denn auch die fristlose Kündigung als unverhältnismäßig und wandelte sie in eine fristgerechte Kündigung um. Der zuständige Richter van der Leeden erklärte in der Urteilsbegründung, es spiele keine Rolle, ob Kaczorowski tatsächlich Kollegen beleidigt oder bedroht habe. Wörtlich erklärte der Richter: "Der wilde Streik im Herbst letzten Jahres, wie immer man ihn bezeichnet, war rechtwidrig. Der Kläger hat sich nicht nur daran beteiligt - das würde vielleicht eine Kündigung noch nicht rechtfertigen -, sondern er hat andere nachdrücklich aufgefordert, an dieser Arbeitsniederlegung teilzunehmen. Das war eine Aufforderung zum Vertragsbruch und damit eine schwere Verletzung des Betriebsfriedens." Der Richter beeilte sich zwar hinzuzufügen, dass er mit dem Urteil kein Exempel statuieren wolle. Doch bei vielen der Streikaktivisten vom letzten Herbst wird es so empfunden. „Während es legal ist, wenn Konzerne Tausende Arbeitsplätze vernichten, werden Arbeiter wie Kriminelle behandelt, wenn sie sich dagegen wehren«, heißt es in der einstimmig beschlossenen Resolution von Kaczorowsks Kollegen aus Endmontage. Auch der Betriebsrat und die Vertrauenskörperleitung der Opel AG haben die sofortige Wiedereinstellung von Kaczorowski und die Einstellung aller noch laufenden Verfahren wegen des Streiks vom letzten Herbst gefordert. Denn auch der Opel-Betriebsrat Turhan Ersin soll entlassen werden, weil er nach Ansicht des Unternehmens Arbeitswillige als Streikbrecher bezeichnet und so genötigt habe. Sein Verfahren ist noch nicht abgeschlossen.

In der Kritik ist allerdings auch die Bochumer IG-Metal geraten. Sie habe es versäumt, nach Ende des Streiks auf eine Schutzklausel zu bestehen, mit der Repressalien gegen die am Streik Beteiligten ausgeschlossen gewesen wäre. Der Bochumer IG-Metall-Bevollmächtigte Ludger Hinse wies diese Vorwürfe gegenüber ND zurück. Man habe Kaczorowski Rechtsschutz gewährt, doch der habe während des Verfahrens einen anderen Rechtsanwalt genommen und so auf die Unterstützung verzichtet. Eine Schutzklausel gegenüber Repressalien gebe es nur bei Tarifverhandlungen und um eine solche habe es sich bei den Konflikt bei Opel im letzten Herbst nicht gehandelt.

 

Editorische Anmerkungen

Der Artikel wurde uns vom Autor zur Veröffentlichung am 26.8.2005 überlassen.