SAFERCITY-Nachrichten vom 29. August 2004
zur deutschen Sicherheits- und Ordnungspolitik

zusammengestellt von Thomas Brunst
09/04

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1. a) Private Verstärkung für "Kommunale"

Uniformierter Vollzugsdienst geht künftig gemeinsam mit privaten Wachleuten  auf Streife
Vom 25.08.2004


Es gibt "schwarze Sheriffs", mit schlechtem Ruf, "Scouts", die mit wachsamen  Augen für städtische Ordnungsbehörden durch rheinland-pfälzische Innenstädte streifen - Worms wagt ganz Neues. Mit Beginn des Backfischfestes werden Mitarbeiter des uniformierten Vollzugsdienstes gemeinsam mit privaten Wachleuten auf Streife gehen.

Von unserem Redaktionsmitglied Susanne Müller

Das neue Sicherheitskonzept ist zunächst als Modell konzipiert, drei Monate lang soll es laufen und danach kritisch beleuchtet werden. Auf "6 000 bis 7 000 Euro" bezifferte die Stadt die Kosten für 450 Dienststunden der privaten Wachleute, die bei dem Security-Unternehmen "WR" in Kaiserslautern eingekauft wurden. Das Unternehmen beschäftigt nach eigenen Angaben 300 Mitarbeiter, "es ist seriös", bekräftigten Oberbürgermeister Michael Kissel,
Bürgermeister Georg Büttler und der Chef des Ordnungsamtes, Wolfgang  Brinkmann, bei der Vorstellung des neuen Konzeptes. Die neuen Doppelstreifen aus "Kommunalen" und Privaten sollen je nach Bedarf jeweils von 16 bis 23 Uhr unterwegs sein und in der City, Parkanlagen, an "gewissen Objekten und Treffpunkten" sowie auf Spielplätzen und an
Denkmälern nach dem Rechten schauen. Bei länger andauernden  Großveranstaltungen oder Festen soll die nächtliche Arbeitszeit bis auf drei Uhr ausgedehnt werden können.
Bislang hatte es bei der Stadt im Rahmen des uniformierten Vollzugsdienstes  keinen Spät- und Wochenenddienst gegeben, die neuen Einsatzzeiten seien, so betonten die politisch Verantwortlichen, im Einklang mit den acht Betroffenen und dem Personalrat abgestimmt worden. Durch ein Schichtsystem fielen keine Überstunden an. Die gewerblichen Kräfte werden für die  betreffenden Einsätze geordert, eine etwa zweiwöchige Vorplanung erstellt.
Das neue Konzept diene dazu, so betonte der Oberbürgermeister, das  subjektive Sicherheitsempfinden der Bürger durch Prävention zu erhöhen: "Objektiv besteht ein gute Sicherheitslage", erklärte er, dennoch erwarteten Bürger heute ein hohes Maß an Dienstleistung und Flexibilität von einer Kommune - "und dies auch in Zeiten schwacher Budgets". Deshalb gehe Worms diesen innovativen Weg, auch im Zug der umfassenden
Verwaltungsmodernisierung, die weiter voranschreite. Hierbei werde derzeit  auch die Zusammenführung des Personals, das derzeit den ruhenden Verkehr überwache, mit dem des Vollzugsdienstes geprüft, um so mehr Aufgaben und diese auch flexibler wahrnehmen zu können. "Die neuen privaten Mitarbeiter sind aber keine ,schwarzen Sheriffs´",  betonte der OB. Sie hätten keinerlei polizeilichen oder ordnungsbehördlichen  Befugnisse. Zielsetzung der Einsätze der neuen Doppelstreifen sei es, durch mehr Präsenz in den Abendstunden das Sicherheitsgefühl der Bürger zu  erhöhen. "Dennoch ist nicht vorrangig Sicherheit unser Ziel", so der OB. Diese sicherzustellen, sei Aufgabe staatlicher Behörden. Ordnung und Sauberkeit stünden vorne an, und dies im Rahmen einer Gesamtstrategie, die  Innenstadt attraktiv zu machen. (Wormser Zeitung, 25.08.04)

Worms trägt Sicherheitsbedürfnis der Bürger mit neuem Modell Rechnung

In Worms sollen erstmals in Rheinland-Pfalz private Sicherheitsdienste  gemeinsam mit Mitarbeitern des uniformierten Vollzugsdienstes der Stadtverwaltung auf Streife gehen. Mit den neu eingerichteten Kontrollgängen werde einem erhöhten Sicherheitsbedürfnis der Bürger am Abend und an Wochenenden Rechnung getragen, teilte das Wormser Ordnungsamt mit. Das neue Konzept will die  Stadt morgen vorstellen. Es ist neu, dass private Sicherheitsleute mit auf Streife gehen", sagte der stellvertretende Geschäftsführer des rheinland-pfälzischen Städtetages, Wolfgang Neutz. Bereits seit rund zehn Jahren gebe es im Land die Entwicklung, dass Kommunen für Aufgaben zuständig seien, die früher Sache
der Polizei gewesen seien. "Dies gilt etwa für nächtliche Ruhestörungen",  sagte Neutz. Daher müssten die Städte und Gemeinden schon seit einiger Zeit ihr Ordnungspersonal verstärken. "Dies ist teuer, vor allem abends und am Wochenende." Daher nehmen nach Angaben von Neutz bereits mehrere Städte Dienste privater Anbieter in Anspruch. "Beispielsweise Bad Dürkheim, wo sich die Stadt bei größeren Veranstaltungen  von Sicherheitsdiensten helfen lässt", sagte Neutz. In Trier plant die Stadt den Einsatz privater Wachleute an bestimmten Standorten in der Innenstadt. Das Vorhaben ist jedoch nach Auskunft der Stadt noch nicht finanziell abgesichert. In der Nibelungenstadt Worms geht das Ordnungsamt nun noch einen Schritt weiter. Bestimmte Plätze in der Innenstadt sollen künftig auch nach 16 Uhr regelmäßig kontrolliert werden, gemeinsam vom Vollzugsdienst der Stadt und privaten Wachleuten. Der Einsatz soll zum Backfischfest am 28. August  starten. (Wormser Zeitung - online -, 25.08.04)

1. b) SAFERCITY.DE-PRESSEMITTEILUNG (27.08.04):

Private Sicherheitsdienste im Auftrag von Städten und Kommunen - Die  Steuerzahler müssen sie bezahlen

In Rheinland-Pfalz tritt die Sicherheitswirtschaft verstäkt als Auftragnehmer der öffentlichen Hand auf. Mehrere Städte und Kommunen haben bereits öffentliche Sicherheits- und Ordnungsaufgaben auf private Dienstleister übertragen: Das Gewaltmonopol der Bundesrepublik bzw. der Grundgesetzartikel 33 Abs. 4. sowie der Datenschutz werden dabei völlig ignoriert. Im Gegensatz zu anderen Bundesländern schweigt in Rheinland-Pfalz  die Kommunalaufsicht hierzu. Die rheinland-pfälzischen Steuerzahler müssen jetzt auch für "private" Sicherheit und Ordnung aufkommen!

In Rheinland-Pfalz treten private Sicherheitsdienste verstärkt als  Auftragnehmer von Städten und Kommunen auf und sorgen dabei für Aufsehen. Im Trierer Stadtrat wurde Anfang dieses Jahres beschlossen, privates Sicherheitspersonal mit öffentlichen Sicherheits- und Ordnungsaufgaben zu betrauen. In Worms soll künftig ein Sicherheitsunternehmen die Mitarbeiter des Ordnungsamtes bei städtischen Streifengängen unterstützen. Und auch in
Bad Dürkheim arbeitet die Stadt bei öffentlichen Veranstaltungen mit  privaten Sicherheitsdiensten zusammen.

Diese Entwicklung stößt aber nicht nur auf Zustimmung. Die Trierer  Stadträtin Uschi Britz sieht hierbei die Bürgerrechte und das Gewaltmonopol der Bundesrepublik in Gefahr, weil für die Bürgerinnen und Bürger keine klare Trennung zwischen hoheitlichen und privaten Handeln mehr erkennbar ist. Ähnlich sieht dies auch die Gewerkschaft der Polizei (GdP). Nebenbei:
Datenschützer fragen sich, wie bei gemeinsamen Streifengängen von  Hoheitsträgern und Privaten dem Datenschutz (z.B. bei Identitätsfeststellungen) Rechnung getragen werden soll? In Hessen und Niedersachsen wurden die Pläne einzelner Städte und Kommunen, private Sicherheitsdienste mit öffentlichen Sicherheits- und Ordnungsaufgaben zu  betrauen, von den zuständigen Kommunalaufsichten (Regierungspräsidium Darmstadt u. Bezirksregierung Braunschweig) unterbunden.

Der Bund der Steuerzahler kritisierte bereits 1999 in Niedersachsen, dass es  den Steuerzahlern nicht zugemutet werden könne, neben der öffentlichen Sicherheit zusätzlich noch für "private" Sicherheit zur Kasse gebeten zu werden. Gerade der Kostenaspekt spielt vor dem Hintergrund der Notwendigkeit der Auftragsvergaben eine wesentliche Rolle: Der Wormser Oberbürgermeister Michael Kissel räumt ein: "Objektiv besteht eine gute Sicherheitslage" und betont, lediglich "das subjektive Sicherheitsempfinden der Bürger durch
Prävention" erhöhen zu wollen. (Wormser Zeitung, 25.08.04)

Passend hierzu äußert sich auch die Trierer Rathauszeitung vom 20.07.04: "Die Kriminalitätsstatistik der Stadt Trier verzeichnet keine besonderen Auffälligkeiten. Dennoch ist den Bürgern der Schutz vor Straftaten, das 'subjektive Sicherheitsempfinden' ein besonderes Anliegen." Durch die (enge) Zusammenarbeit zwischen Sicherheits- und Ordnungsbehörden ergibt sich ein weiteres Problem: Der Neutralitätsgrundsatz, den die Behörden - auch gegenüber den Sicherheitsunternehmen - beachten müssen, kann  bzw. darf nicht mehr existieren, wenn die Privaten als Partner oder sogar als Auftragnehmer, beispielsweise der Ordnungsämter und damit der Stadtverwaltungen, auftreten. Wie werden sich also künftig die Gewerbeaufsichtsämter der beauftragenden Städte und Kommunen bei Beschwerden gegen "ihre" Sicherheitsunternehmen verhalten?

Die Sicherheitswirtschaft hat bereits in verschiedenen Bundesländern  angetestet wie weit sie in der direkten Zusammenarbeit mit den Behörden kommt und sich dabei neue (lukrative) Aufgabenfelder erschließen lassen. Mit dem Bundesland Rheinland-Pfalz ist die Branche mit Sicherheit hoch zufrieden.

Weitere Informationen zum Thema im Internet unter:

http://www.workfare.ipn.de/buch/index.php?option=content&task=view&id=24&Itemid=2
http://www.labournet.de/diskussion/grundrechte/komm/kameraprivat.html

V.i.S.d.P.: Thomas Brunst, SAFERCITY.DE, Ihringshäuser Str. 104, 34125  Kassel, E-Mail: safercity@hotmail.com


2.) Wachen verjagen die Randalierer - Ein privater Sicherheitsdienst ist auf Streife

ZWEISAMKEIT MIT HUND: Derartige Parkidyllen sind geduldet auf der  Mathildenhöhe. Aber schon Liedersingen zur Gitarre wird unterbunden. Die Strenge hat Erfolg. Es gibt seit Wochen keinen Vandalismus.

Dieser Tage beim Ortstermin an der Russischen Kapelle auf der Mathildenhöhe: Vom Vorplatz bietet sich freier Blick auf das Große Glückerthaus. An einem der Bäume ist ein großer Ast abgebrochen und legt Olbrichs Jugendstilfassade frei.
Ob Sturm oder Vandalismus die Ursache waren? Oberbürgermeister Peter Benz sagt: „Wir haben hier schon alles erlebt. Einmal haben sie nachts einen von der Stadt frisch gepflanzten Baum umgehackt und damit Lagerfeuer gemacht.“
Der Vandalismus auf der Mathildenhöhe war eskaliert. Nächtliche Saufgelage arteten in Sachbeschädigung aus. Dreck, Unrat und übelste Verunreinigungen beispielsweise im Albin-Müller-Becken vor der Kapelle verschlangen viele tausend Euro an Steuergeldern. Höhepunkt: Im März dieses Jahres rissen Unbekannte die berühmte Hoetger-Plastik „Die Badende“ auf dem Paula-Ludwig-Platz um, dem Aufgang zur Mathildenhöhe. Doch damit ist seit vielen Wochen Schluss. Benz zieht eine positive Bilanz der von ihm angeordneten Überwachung der „Stadtkrone“, wie er das Jugendstilensemble nennt. Verwüstungen, Vandalismus und Sachbeschädigungen hat es seit Juni nicht mehr gegeben. Seit dieser Zeit sind die Wachleute eines von der Stadt beauftragten privaten Sicherheitsdienstes täglich im
Einsatz.
Auf den Wiesen mögen Besucher friedlich lagern. Dagegen schreitet niemand  ein. Allerdings, so streng sind jetzt die Sitten: Sie dürfen nicht etwa Lieder zur Gitarre singen. „Das Spielen und Darbieten von Musik ist untersagt“, teilt das städtische Presseamt mit. Es sei denn, es handele sich um eine von der Stadt genehmigte Musikveranstaltung. Benz registriert Verständnis für die neue Strenge. Besucher dürfen sich nicht mehr auf Mauern niederlassen, etwa auf der Umrandung des Wasserbeckens. Von dort aus war früher viel Unrat ins Becken geworfen worden. Grillen, Lagerfeuer oder Mitnahme von Fahrrädern auf den Rasen sind verboten.
Die Besucher, so der OB, zeigten nun Umweltbewusstsein und nähmen – meistens  jedenfalls – ihren Müll freiwillig wieder mit. Gravierende Vorfälle gab es seitdem nur noch zwei. Am 26. Juni wurden die Wachleute tätlich angegriffen, am 9. August tobten Randalierer vor der Russischen Kapelle. Beide Male wurde die Polizei zu Hilfe gerufen. Die Täter müssen mit strafrechtlichen Folgen rechnen. Wer die Anweisungen des Wachdienstes nicht  befolgt, wird wegen Hausfriedensbruch angezeigt. In Wiederholungsfällen  droht Platzverbot.
Schließlich, so Benz, handelt es sich bei den Summen, die für Reparatur und  Reinigung ausgegeben werden mussten, um „Steuergelder, die wir zu Lasten der Allgemeinheit aufbringen müssen, nur weil sich ein paar gedankenlose und rüpelhafte Zeitgenossen austoben wollen.“ (Darmstädter Echo, 19.08.04)

3.) swr.de berichtet am 23.08.04: Goll setzt auf private Wachdienste in Gefängnissen

Baden-Württembergs Justizminister Ulrich Goll (FDP) will in Gefängnissen private Dienstleister und Sicherheitsdienste einsetzen. Die Teilprivatisierung soll zunächst in der für 2009 geplanten Vollzugsanstalt Offenburg erprobt und dann auf andere Gefängnisse übertragen werden. Goll erklärte in einem Interview mit der "Stuttgarter Zeitung"  (Freitagsausgabe), er habe diese Pläne bereits mit Finanzminister Gerhard  Stratthaus (CDU) besprochen. Bis zu 20 Prozent der Stellen sollen in der neuen Anstalt an private Unternehmen vergeben werden. "Wir brauchen neue Haftplätze und können das Personal nicht aufstocken", begründete der Justizminister seinen Plan.
Golls Ansicht nach können Wäscherei, Kantine, aber auch der eigentliche  Vollzug - also die Bewachung der Häftlinge - von privaten Firmen übernommen werden. Ausdrücklich schloss er auch die Übergabe von Sicherheitsaufgaben an privates Personal mit ein.
23 Einrichtungen des Strafvollzugs mit 8.362 Haftplätzen gibt es im Land,  7.104 davon im geschlossenen Vollzug. Vergangenes Jahr waren die Gefängnisse überbelegt, durchschnittlich 8.604 Gefangene waren dort untergebracht. Deshalb werden seit Jahren neue Plätze in den bestehenden Anstalten eingerichtet. Der Neubau in Offenburg mit 500 Plätzen ist seit langem geplant. Über den Standort wird demnächst entschieden. Mit dem Bau soll 2006 begonnen werden.

4.) Schwarzfahrer prügeln auf BVG-Mitarbeiter ein

Kontrolleur mit Pflastersteinen beworfen - Opfer bricht bewusstlos zusammen

Von Michael Behrendt und Guntram Doelfs

Erneut ist es zu einem Übergriff gegen BVG-Mitarbeiter gekommen - beinahe  mit fatalen Folgen: Drei junge Männer haben am Mittwoch gegen 17 Uhr einen 26 Jahre alten Kontrolleur in Marzahn zusammengeschlagen und mit Pflastersteinen beworfen. Als kurz danach die Polizei am Tatort erschien, brach der aus mehreren Wunden stark blutende Kontrolleur bewusstlos zusammen. Die Polizisten leisteten Erste Hilfe, bis ein Rettungswagen
Stephan V. in ein Krankenhaus transportierte.
Der Kontrolleur zog sich nach Polizeiangaben eine 2,5 Zentimeter lange und  tiefe Kopfwunde, Hämatome und eine Platzwunde am Mund zu, die genäht werden musste. Nach ambulanter Behandlung konnte er das Krankenhaus wieder verlassen.
Der BVG-Mitarbeiter hatte gemeinsam mit einem Kollegen in der Tramlinie 7 an  der Lea-Grundig-Straße einen Schwarzfahrer erwischt und diesen zum Aussteigen aufgefordert. Kaum hatten jedoch der ertappte Fahrgast und ein weiterer Mann die Bahn verlassen, schlugen beide Männer auf ihn und seinen Kollegen ein. Aus einem Gebüsch kam noch ein dritter Täter hinzu. Dieser nahm Steine aus dem Gleisbett und schleuderte sie auf die Opfer. Danach flüchteten die Täter, einer konnte jedoch wenig später festgenommen werden.
Die schwere Attacke war die zweite binnen weniger Stunden auf BVG-Mitarbeiter. In der Nacht zuvor hatten wie berichtet drei Männer einen Bus mit einer Flasche beworfen.
Die BVG klagt seit langem über gewalttätige Angriffe. Vor allem gegen die 1200 Busfahrer und die rund 500 Kontrolleure, die täglich zirka 40 000 Menschen kontrollieren. Getreten, gebissen, geschlagen oder angespuckt - "das erleben meine Mitarbeiter täglich", sagt Michael Bock-Petzolt, Geschäftsführer der Sicherheitsfirma Gesellschaft für Sicherheit und
Eigentumsschutz (GSE), deren Mitarbeiter für die BVG kontrollieren.
Durchschnittlich zwei Mitarbeiter pro Monat melden sich nach Fahrgastattacken krank - etwa, weil sie einen Nasenbeinbruch davongetragen haben. "99,9 Prozent aller Fahrgäste sind aber friedlich und freundlich, eine steigende Tendenz tätlicher Angriffe sehen wir nicht", urteilt er. Das bestätigt auch BVG-Sprecherin Petra Reetz. "Die Zahl dieser Attacken ist
relativ konstant und liegt im Durchschnitt bei rund 150 pro Jahr", sagt Reetz. Auch eine steigende Tendenz zu besonders brutalem Verhalten gebe es nicht - was jedoch nicht heißt, dass es keine brutalen Übergriffe gibt. So stach 2002 ein Mann zwei Kontrolleure mit einem Messer nieder und verletzte sie schwer. Ein Jahr zuvor entging ein Kontrolleur nur mit großem Glück einer Querschnittslähmung, nachdem ein Fahrgast ihm mit einem Tritt die
Wirbelsäule gebrochen hatte.
Alle Kontrolleure werden in Seminaren auf den Umgang mit aggressiven  Fahrgästen geschult. Bei der GSE trainiert ein eigener Verhaltenstrainer mit den Mitarbeitern Deeskalationstechniken und begleitet sie auch bei Kontrollen. Das gehe "vom freundlichen Gespräch bis hin zur richtigen Körpersprache", um Fahrgäste nicht durch drohende Haltung gleich aggressiv  werden zu lassen, so Bock-Petzold. (Berliner Morgenpost, 20.08.04)
(siehe hierzu auch: http://x-berg.de/article.pl?sid=04/08/21/1438200  und http://www.nadeshda.org/foren/cl.politik.repression/p457s457a20.html )

5.) "Wir werden keine Kippen austreten"

Die Polizei will nicht die Aufgaben der BVG erledigen

Andreas Kopietz

Die BVG muss für den Schutz ihrer U-Bahnhöfe und Busse weiter private  Sicherheitsdienste bezahlen. Einen entsprechenden Vorschlag des Vorstandes, wonach Polizisten das Hausrecht ausüben sollen, lehnt die Innenverwaltung ab. Gestern war bekannt geworden, dass BVG und Polizei über eine entsprechende Vereinbarung verhandelt haben. Nach den Worten von BVG-Sprecher Detlef Untermann soll den Polizisten dadurch der Zugang zu den
BVG-Anlagen erleichtert werden, etwa für Personenkontrollen. "Die Beamten  können dann ganz unbürokratisch auf unseren Anlagen präventiv tätig werden", sagte Untermann gestern. Bislang muss die Polizei bei der BVG fragen und um Begleitung durch einen Mitarbeiter bitten. Untermann zufolge sind die Verhandlungen abgeschlossen. "Wir suchen nur noch einen gemeinsamen Termin zum Unterzeichnen der Vereinbarung."

Als nächstes die Schwimmbäder?

Eine Behauptung, die bei der Polizei als "dreist" empfunden wird. Dort  vermutet man eine "clevere Idee der BVG, auf diese Weise die Polizei zu verpflichten". So argwöhnt der stellvertretende Landesvorsitzende der Gewerkschaft der Polizei, Detlef Rieffenstahl: "Die BVG würde sofort noch mehr Personal zurückziehen, um weiter Kosten zu sparen. Dann würden die Bäderbetriebe folgen und dann die Bezirke, die der Polizei das Hausrecht für
die Sozialämter anbieten."
Auch im Polizeipräsidium will man nichts von einer Vereinbarung wissen.  Anfänglich soll sich Polizeipräsident Dieter Glietsch dafür begeistert haben. Als jedoch klar wurde, was für Verpflichtungen dranhängen und juristische Bedenken laut wurden, kam der geordnete Rückzug: Verschiedene Vereinbarungs-Entwürfe, die die BVG schickte, wurden nicht akzeptiert. Denn das Unternehmen wollte eine allgemeine Abtretung des Hausrechts. Somit wäre die Polizei auch für die Einhaltung der Beförderungsbestimmungen wie das  Rauchverbot zuständig. "Zum Kippenaustreten sind wir aber nicht da",  schimpft ein Beamter.
"Die bestehenden Gesetze reichen aus", sagt auch der Sprecher der  Innenverwaltung, Claus Guggenberger. Während BVG-Sprecher Untermann behauptet, die Vereinbarung sei nicht auf Initiative der BVG, sondern "auf Bitten des Innensenators" entstanden, spricht Guggenberger lediglich von einem "Prüfauftrag", den Senator Ehrhart Körting (SPD) erteilt habe, ob es
sinnvoll wäre, das Hausrecht zu übertragen. Grund waren Überlegungen zur Erhöhung der Sicherheit nach den Terroranschlägen vom 11. März in Madrid. Derzeit beschäftigt die BVG rund 1 000 Sicherheitsleute. (Berliner Zeitung, 26.08.04)

BVG bittet Polizei um Hilfe

Polizeibeamte sollen Hausrecht ausüben - Vertrag liegt bereits  unterschriftsreif vor

Von Dirk Banse und Michael Behrendt

1447 Körperverletzungen und 2284 Sachbeschädigungen wurden im vergangenen  Jahr allein in der Berliner U-Bahn erfasst. Im Jahr zuvor waren es noch 1090 beziehungsweise 2033 Fälle. Auch in Bussen und Straßenbahnen nahm die Gewalt erheblich zu. Für die BVG offenbar Grund genug, ihr Sicherheitskonzept ändern zu wollen und die Polizei stärker als bislang einzubeziehen. er Berliner Morgenpost liegt ein unterschriftsreifer Vertragsentwurf
zwischen dem BVG-Vorstand und dem Polizeipräsidenten vor, in dem die Übertragung des Hausrechts der BVG an die Polizei vorgesehen ist. Dann müsste die Polizei bereits einschreiten, wenn noch keine Straftaten vorliegen, aber gegen die Beförderungsbedingungen der BVG verstoßen wird. Die Verhandlungen auf der Führungsebene stehen kurz vor dem Abschluss. Es wird derzeit nach einem offiziellen Termin zur Vertragsunterzeichnung gesucht", sagte gestern BVG-Sprecher Detlef Untermann auf Anfrage. Bei der Polizei ist man allerdings noch nicht so weit. Es heißt, die Verhandlungen mit dem BVG-Vorstand seien noch im Anfangsstadium, der Vorschlag werde gegenwärtig eingehend geprüft.
Für die Polizei hätte die Übertragung des Hausrechts weitreichende Konsequenzen. Darf sie bislang nur bei Straftaten oder Ordnungswidrigkeiten einschreiten, müsste sie dann auch die Einhaltung der Beförderungsbedingungen kontrollieren. Darin heißt es beispielsweise, dass
"Personen, die unter Einfluss geistiger Getränke oder anderer berauschender  Mittel stehen", von der Beförderung ausgeschlossen sind. "Sportgeräte zur Fortbewegung (Fahrräder, Inlineskates, City-Roller, Skateboards)" dürfen auf den Bahnsteigen nicht benutzt werden. "Tonwiedergabegeräte, Tonrundfunkempfänger oder Musikinstrumente" sind nicht erlaubt. Es darf nicht gebettelt und gehandelt werden. Zudem ist das Verteilen von "Druckschriften" untersagt. Bislang muss die BVG dafür Sorge tragen, dass diese Richtlinien befolgt werden. Zur Unterstützung wurden private Sicherheitsdienste beauftragt.
Unklar ist bislang, ob die Polizei personell dazu in der Lage wäre, das Hausrecht auszuüben. Auch die Frage der finanziellen Entschädigung ist offenbar nicht geklärt. "Wir haben überhaupt nicht so viele Beamte, um auch noch diesen Auftrag erfüllen zu können. In der letzten Zeit wurden Abschnitte abgeschafft und Polizeidirektionen zusammengelegt, weil Personal fehlt", kritisiert der stellvertretende Landesvorsitzende der Gewerkschaft der Polizei (GdP), Detlef Rieffenstahl. Dieser Vertrag stelle eine Einladung an andere öffentliche Institutionen bis hin zu den Bezirksämtern dar, ihr Hausrecht der Polizei zu übertragen.
Laut Unterlagen, die der Berliner Morgenpost vorliegen, schließt aber auch die Polizei die Übernahme eines Hausrechts nicht generell aus. Der Leiter des Abschnitts 17 in Pankow äußerte sich bereits Anfang des Monats positiv dazu, das Hausrecht des dortigen Freibads auf die Polizei zu übertragen. Dies sollte dem Polizeipräsidenten zur Kenntnis gelangen. Rund um das Sommerbad gab es im vergangenen Jahr 164 Straftaten. Dagegen äußert sich ein Polizeiführer der für Friedrichshain-Kreuzberg und Neukölln zuständigen Direktion 5 kritisch zur Überlegung, das Hausrecht der BVG zu übernehmen. "Ich sehe nur Nach- und keine Vorteile für die Berliner Polizei", heißt es in einer Stellungnahme zu dem Vertragsentwurf. Die BVG möchte zwar die Polizei mit diesem umfassenden Recht privilegieren, und das nicht ganz ohne Eigennutz, werde aber ihre Rechtssouveränität nicht los, schreibt der Beamte. "Es muss die Fragestellung erlaubt sein, warum die BVG  gern ihr Hausrecht auf die Berliner Polizei ausdehnen möchte." Der Polizist vermutet, dass die BVG auf diesem Wege "Einsparpotenziale durch Reduzierung des Einsatzes von Wach- und Schutzpersonal erzielen will". (Berliner Morgenpost, 25.08.04)

Editorische Anmerkungen

Die SAFERCITY-Nachrichten werden Thomas Brunst regelmäßig herausgegeben. Sie wurden uns zur weiteren Verbreitung überlassen.

Vorausgegangene (aktuelle) SAFERCITY-Nachrichten unter:
http://www.nadeshda.org/foren/cl.politik.repression/p457s457a20.html

und im trend 8-04.