Warum der Staat den Terrorismus braucht...

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Nach dem Terrorakt in New York rufen uns PolitikerInnen aller Parteien und Länder dazu auf, zusammen "unseren demokratischen Staat" gegen die "unzivilisierte Welt" zu verteidigen. Wir glauben nicht daran, dass uns irgend ein Staat - sei es der amerikanische, deutsche, irakische oder afghanische - vor dem Terrorismus schützen kann. Der Staat braucht den Terrorismus und handelt selbst jeden Tag auf terroristische Weise. Der Staat handelt im Interesse derer, die sich am Elend anderer bereichern: als Unternehmer, in dem sie uns für sich schuften lassen; als Aktienhändler, die mit den Profiten spekulieren; als Waffenhändler, die an Kriegen in aller Welt Gewinne machen. Auch der "demokratische Staat" schreckt dabei nicht davor zurück, Tausende von Unschuldigen zu massakrieren (z.B. während des Golf- oder Jugoslawienkriegs) oder Kriegsherren in anderen Ländern zu unterstützen (z.B. unterstützte die USA zuerst den Irak und die Taliban im Krieg gegen den Iran bzw. die UDSSR, um sie jetzt zum Hauptfeind zu erklären). Es muss sich nur lohnen.

Der Terrorismus ist Teil dieses Geschäfts. Die Anschläge in den USA sind sowohl Folge der terroristischen Außenpolitik der USA (nicht nur im Nahen Osten), wie auch selbst Teil des Spiels um Macht und Geld. Leute wie Bin Laden versuchen, "ihre" Region gegen Konkurrenten (in Form von fremden Armeen oder Unternehmen) zu verteidigen, da sie die eigene Bevölkerung selbst beherrschen und ausbeuten wollen. Dabei gehen sie nicht mehr oder weniger barbarisch vor, wie westliche Armeen auch - oder sind NATO-Uranium-Geschosse auf die irakische oder serbische Bevölkerung zivilisiert? Die ganze religiöse ("Heilige Krieg"), nationalistische oder humanistische ("das Gute gegen das Böse") Schreierei soll lediglich verschleiern, dass, wie am 11. September, nur für das Interesse der jeweiligen Führer gestorben wird.

Auch PLO-Führer Arafat galt jahrzehntelang als Terrorist. Nachdem er sich in "seiner Region" durchsetzen konnte, wird er heute als Staatsmann anerkannt, seine "Terroreinheiten" sind jetzt eine Staatsarmee und er kann internationale Unternehmen (z.B. DaimlerCrysler) auf seinem Territorium billige Arbeitskräfte anbieten. Die Geburt und Aufrechterhaltung eines jeden Staats verläuft blutig.

Jeder Staat braucht einen äußeren oder inneren Feind, um "seine" ArbeiterInnen trotz Sozialkürzungen und verschärfter Ausbeutung weiter im Schach halten zu können. Der Terrorakt in den USA kam allen Staatsvertretern der Industrieländer, allen voran Bush, gerade recht. Seid knapp einem Jahr schlägt die wirtschaftliche Krise in Europa und den USA mächtig zu: in den USA gingen 1 Million Arbeitsplätze in der Industrie verloren, Opel will die Produktion 15 Prozent zurückfahren, die "New Economy" sieht alt aus (z.B. AOL will 20 Prozent der Belegschaft in Deutschland entlassen, bei HP und anderen Firmen sind Lohnkürzungen angesetzt), die Aktienkurse sind im Keller. Wie wollen die PolitikerInnen uns heute noch verklickern, dass trotz "mehr Maloche für weniger Geld" in den letzte Jahren, trotz all des produzierten Reichtums und High-Tech-Technologie um uns rum, die Zukunft noch beschissener aussehen soll? Wie wollen sie verhindern, dass wir gegen Kürzungen und Entlassungen kämpfen und unsere eigenen Bedürfnisse gegen Profite und Aktienkurse durchsetzen? Nach den Anschlägen können sie viele ihrer Krisenmaßnahmen als "Anti-Terror-Maßnahmen" durchziehen und sie rechnen damit, dass wir sie in unserer Angst vor einem neuen Krieg hinnehmen. Sie erklären:

  •  die wirtschaftliche Krise sei nicht Folge des wirtschaftlichen Systems sondern der "Unsicherheit durch Terrorismus" (z.B. die Fluggesellschaft Continental will nach den Lohnkämpfen in der Luftfahrtindustrie 12.000 Leute entlassen, und stellt diesen Schritt als "Folge des Terroranschlags" dar)
  • wir müssten jetzt alle zusammen - ob reich oder arm - gegen die "islamischen Barbaren" vorgehen; wer in dieser Zeit gegen Sparmaßnahmen des Staats oder das verschärfte Ausquetschen durch die Unternehmer kämpft, handele im Interesse der Terroristen
  • härtere Gesetze (z.B. Demonstrations- und oder Einreiseverbot), mehr Bullenkontrollen (Schily fordert Fingerabdrücke im Ausweis) oder zig Milliarden Dollars für Militärmobilisierung seien nötig, um gegen die "Terroristen" vorzugehen.

Wir zahlen für die Folgen ihrer Politik und ihrer Krise:

  • als Kriegsopfer, sei es durch NATO-Bomber oder entführte Boeings
  • als Arbeitslose, deren Arbeit nicht mehr profitabel ausgebeutet werden kann, sei es hungernd in Bagdad oder gelangweilt in Bottrop
  • als ArbeiterInnen, die sich den Arsch abarbeiten, um "das Unternehmen" zu retten, sei es in Chicago oder Kabul

Lassen wir uns weder durch den Terrorismus noch durch staatlichen Anti-Terror einschüchtern. Sabotieren wir die Hetze, die uns als "Un/Zivilisierte" bzw. "Un/Gläubige" in den Krieg führen will. Kämpfen wir im Betrieb oder auf der Strasse für ein besseres Leben, in dem unsere Bedürfnisse das Bestimmende sind. Ein Leben, dass weder durch Schufterei für ein untergehendes System bestimmt wird, noch durch Krieg, Börsen- oder Flugzeugcrashs gefährdet ist!

Nieder mit dem Terrorismus - Nieder mit der Demokratie der Ausbeutung! 

prols gegen die (kriegs)maschine, 17.09.2001

Editoriale Anmerkung:   
Der Text wurde uns von i_k@koma.free.de zugesandt.

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