Kommentar

„Heute großspurig Windpark einweihen – morgen wegen Windkraft-Korruption im Gefängnis?

von Klaus Hart

09/01
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Unter diesem Motto begleitet in Brandenburg der windkraftkritische „Uckermärkische Umwelt-und Landschaftsschutzverband“ am 1.September die aufwendig-pompöse Einweihung des „Windparks“ Nechlin, eines der größten Europas – und hat die Fakten auf seiner Seite. Wie die auf Korruptionsverbrechen  spezialisierte Oberstaatsanwaltschaft in Neuruppin einen Tag vor der Einweihung gegenüber dieser Website erklärte, zählen die Geschäftsführer der Berliner Betreiberfirma Enertrag und des Tochterunternehmens Uckerwerk Energietechnik GmbH zu den Beschuldigten in einem Korruptionsfall, der den aktiv bestochenen Uckermark-Amtsdirektor Hartmut Wohlthat bereits hinter Gitter brachte. Wohlthat steht unter dem dringenden Tatverdacht, für Enertrag gegen beträchtliche Geldsummen den Windkraftbetreiber-Markt dieser brandenburgischen Region von Konkurrenten freigeräumt zu haben. Zuvor war bereits mitgeteilt worden, bei Durchsuchungen von Enertrag-Büros sowie der Amts-und Wohnräume Wohlthats habe man  sehr umfangreiches Beweismaterial sichergestellt. Die Auswertung sowie die Vernehmung von Zeugen hätten  den Tatvorwurf erhärtet,  Beweise lägen vor. Der zuständige Staatsanwalt Meier sprach jetzt explizit von einem Tatverdacht gegen die „führenden Köpfe von enertrag“, die Anklageschrift für den Prozeß mit insgesamt drei Beschuldigten sei in vier bis sechs Wochen fertig. Dem Vernehmen nach dürften somit neben Hartmut Wohlthat der Enertrag-Vorstandsvorsitzende Jörg Müller und der Tochterfirma-Chef Tilo Troike vor Gericht stehen – just jene, die am 1.September auf einem großen „Windfest“ das neue umwelt-und naturzerstörende Industrierotorenfeld von Nechlin  einweihen. Enertrag gehört nach eigener Einschätzung zu den größten Unternehmen der deutschen Windenergiebranche.

--Enertrag –Rückenwind von Wirtschafts-und Umweltmedien—

Wie üblich, bekommt  Enertrag von der Wirtschaftspresse gehörigen Rückenwind, Lob und Hudel. Kurz vor der Einweihung veröffentlichte auch der Berliner „Tagesspiegel“ einen großen Bericht, betitelt: „Der Osten lebt: Eine Reise zu den besten Unternehmen – Mit Windkraft verdient man in der Uckermark Geld“. Über den umstrittenen Enertrag-Chef  heißt es: „Einst studierte Jörg Müller in Moskau Kernenergie, jetzt betreibt er Windräder.“ Das Blatt nennt ausdrücklich keinerlei Informationen der Neuruppiner Oberstaatsanwaltschaft zu deren immerhin größtem derzeitigen Fall, überläßt Iris Drews, Vorsitzende des Uckermärkischen Umwelt-und Landschaftsschutzverbandes, den Hinweis auf „Korruptionsvorwürfe“: „Enertrag soll einen Amtsdirektor bestochen haben, um die Genehmigung für noch mehr Standorte für Windräder zu erhalten.“

Auch in Umweltmedien hat Enertrag sehr gute Karten: So läßt „Der Rabe Ralf“, Berlin, in einem mehr als halbseitigen Leserbrief die Korruptionsvorwürfe gegen Enertrag zurückweisen, ohne klarzustellen, daß es sich bei dem Leserbriefschreiber um einen leitenden Enertrag-Mitarbeiter handelt, der hier ein Firmen-Statement abgibt. Detail: In dem Leserbrief wird ausdrücklich nicht auf die Anschuldigungen der Oberstaatsanwaltschaft Neuruppin, die Verhaftung Wohlthats eingegangen. Zumindest amüsant folgende Passage:“Fragt man bei Enertrag nach, erfährt man, daß das Unternehmen den Vorwurf der Bestechung als haltlos zurückweist.“ Da hatte der leitende Enertrag-Mitarbeiter wohl sozusagen bei sich selber angefragt.



kh