Mangelhaft
Die MLPD und die Ökologie

von Hanns Graaf

08/2020

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Das Programm der Marxistisch-Leninistischen Partei Deutschlands (MLPD) enthält auch ein Kapitel zur Umwelt: „Die existentielle Gefahr einer globalen Umweltkatastrophe“ (https://www.mlpd.de/parteiprogramm). Wir wollen in diesem Beitrag untersuchen, inwieweit die MLPD eine marxistische Sicht auf dieses Thema hat und ob ihre Aussagen für den Kampf der Arbeiterklasse gegen die Zerstörung der Umwelt im Kapitalismus hilfreich sind.

Mensch und Natur

Zunächst wird zum Verhältnis Mensch-Natur ausgeführt: „Der Mensch ist das höchste Produkt der Natur. Seine Geschichte beruht von Anfang an auf der immer höheren Einheit mit der Natur. Die Menschen schufen mit der modernen Naturwissenschaft und der industriellen Produktionsweise die bisher höchste Stufe dieser Einheit. Unter kapitalistischen Bedingungen entwickelte sich von Anfang an zugleich ein Prozess der Deformation der natürlichen Umwelt und der Entfremdung des Menschen von der Natur.“

Die MLPD behauptet eine Einheit zwischen Mensch und Natur. Zudem gebe es eine „immer höheren Einheit mit der Natur.“ Diese hätte mit der “Naturwissenschaft und der industriellen Produktionsweise die bisher höchste Stufe“ erreicht. Nun mag es diese „Einheit“ geben, da der Mensch ja ein Teil der Natur ist. Allerdings ist das nur eine Tautologie, so wie auch eine „Einheit“ zwischen Löwe und Tierwelt besteht. Zwar dämmert der MLPD, dass es offenbar auch einen Widerspruch zwischen Mensch und Natur gibt, doch klar ist ihr das nicht. Einerseits behauptet sie, dass diese „Einheit“ von Anfang an bestanden habe, andererseits sagt sie aber: „Unter kapitalistischen Bedingungen entwickelte sich von Anfang an zugleich ein Prozess der Deformation der natürlichen Umwelt und der Entfremdung des Menschen von der Natur.“

Des Rätsels Lösung liegt in der undialektischen Auffassung des Mensch-Natur-Verhältnisses bei der MLPD. Diese Einheit ist nämlich eine Einheit von Widersprüchen. Die Natur ist ständiger Veränderung, permanentem Werden und Vergehen unterworfen. Diese widersprüchliche Einheit besteht zwischen allen Teilen der belebten und unbelebten Natur, nicht nur zwischen Mensch und Natur. Ein Aspekt der Natur ist das Klima. Es ändert sich ständig und wirkt sich phasenweise für manche Arten positiv aus, für andere negativ. Irgend eine statische Einheit oder eine „immer höhere Einheit“ (was immer diese genau sein) a la MLPD gibt es nicht.

Zweifellos ist aber der Mensch tatsächlich „das höchste Produkt der Natur“, weil nur er fähig ist zu abstraktem Denken, zur Schaffung dynamischer sozialer Systeme und zur planmäßigen Umgestaltung der Natur. Doch diese vom Menschen gestalteten Prozesse sind nolens volens auch mit der Umgestaltung, ja oft mit der Zerstörung von Natur verbunden. Der Bau eines Hauses oder einer Straße und schon das Anlegen eines Stückes Ackerland bedeuten Veränderung, ja Zerstörung von Natur. Diese Dynamik hat schon lange vor dem Kapitalismus begonnen. Doch erst mit der globalen Ausbreitung der kapitalistischen Produktionsweise und dem zahlenmäßigen Wachsen der Menschheit im 19. und 20. Jahrhundert hat die Veränderung der Natur ein Ausmaß angenommen, das die Gefahr der unumkehrbaren Zerstörung großer Teile der natürlichen Umwelt mit sich bringen kann. In diesem Sinn kann der folgenden Aussage des Programms zugestimmt werden: „Ende der 1960er-Jahre löste das grenzenlose kapitalistische Profitstreben und sein ungebremster Raubbau an der Natur eine globale Umweltkrise aus.“

Doch dieser „Raubbau“ stellt nicht eine ominöse „Einheit von Mensch und Natur allgemein infrage“ – er ist nur die spezifische Form der Nutzung, der Veränderung und Aneignung der Natur durch „den Menschen“ der kapitalistischen Klassengesellschaft. Es geht nicht um den „Erhalt der Natur“ oder die „Bewahrung eines als harmonisch vorgestellten Mensch-Natur-Verhältnisses, sondern darum, dass dieses sich hinsichtlich der Natur – die ja auch den Menschen selbst umfasst – immer destruktivere Formen annimmt. Das Verhältnis Mensch-Natur ist ein veränderliches, ein dynamisches; insofern wird die „Einheit“, besser das Verhältnis von Mensch und Natur, immer wieder ge-, zerstört und erneuert.

Die Menschen des Altertums und des Mittelalters etwa nutzten Holz als Universalrohstoff: zum Hausbau, für Schiffe, für den Bergbau, als Brennstoff. Eine immer zahlenmäßig größere Menschheit, die zudem immer mehr produziert und konsumiert, war drauf und dran, die Erde zu entwalden – ein Prozess, der im Mittelmeerraum und in Südeuropa schon weit fortgeschritten war. Doch nicht Verzicht, sondern der technische Fortschritt beendete diesen Raubbau, indem der Stoff Holz durch Stein, Ziegel, Beton, Stahl und Kohle ersetzt wurde und ein Bewusstsein dafür entstand, Wälder wieder aufzuforsten und zu bewahren. Entscheidend für den Waldschutz war also die Entwicklung der Produktivkräfte, die wiederum damit verbunden war, dass eine neue Klasse, die Bourgeoisie, eine neue Produktionsweise etablierte, die einen qualitativen Sprung in der Produktivkraftentwicklung einleitete. Hier sehen wir, dass von einer „Einheit von Mensch und Natur“ im Sinne der MLPD, also eines „harmonischen“, „konfliktfreien“ Miteinanders keine Rede sein kann. Das Verhältnis Mensch-Natur ist immer ein widersprüchliches und veränderliches. Daher ist auch jede Vorstellung eines „Zurück zur Natur“ nicht nur illusorisch, sondern auch reaktionär.

Allerdings hat die MLPD recht, wenn sie feststellt, dass der Kapitalismus die Tendenzen der Naturzerstörung deutlich verstärkt hat, und nicht nur das Mensch-Natur-Verhältnis verändert, sondern droht, das Verhältnis an sich zu zerstören, wenn es keine Natur mehr gibt, zu der sich der Mensch überhaupt verhalten könnte.

Ein solches einseitiges, undialektisches, ja falsches Verständnis des Mensch-Natur-Verhältnisses ist mit dem Problem verbunden, dass den tw. utopisch-reaktionären Vorstellungen der kleinbürgerlichen Umweltbewegung mit dieser Auffassung nicht begegnet werden kann. Das führt dazu – und muss dazu führen -, dass sich die Linke und die Arbeiterbewegung dieser mehr oder weniger unkritisch anpassen.

Aktuelle Situation

Die aktuelle Lage charakterisiert die MLPD so: „Mit der Neuorganisation der internationalen Produktion seit den 1990er-Jahren wurde die Umweltkrise von einer Begleiterscheinung des Imperialismus zu einer gesetzmäßigen Erscheinung.“ Diese Einschätzung ist falsch. Die Umweltzerstörung, d.h. die rücksichtslose Nutzung der Natur zum Zwecke der Profitproduktion, war schon immer ein notwendiges Merkmal, „eine gesetzmäßige Erscheinung“ des Kapitalismus. Der Unterschied zum vor-imperialistischen Kapitalismus bestand v.a. darin, dass dieser seine Produktionsweise noch nicht voll entwickelt und auf den ganzen Planeten ausgedehnt hatte. Würden heute nur eine Milliarde Menschen auf der Erde leben, gäbe es bei gleicher Produktions- und Lebensweise kein globales Umweltproblem, weil die Einwirkung des Menschen auf die Natur zwar qualitativ gleich, aber quantitativ zu gering wäre.

Das Programm stellt weiter fest: „Dieser beschleunigte selbstzerstörerische Prozess schlägt sich in der graduellen Ausprägung von bisher neun Hauptfaktoren nieder:

  • Zerstörung der Ozonschicht
  • beschleunigte Vernichtung der Wälder
  • heraufziehende Klimakatastrophe
  • sprunghafte Zunahme regionaler Umweltkatastrophen
  • drohende Gefahr umkippender Weltmeere
  • Zerstörung regionaler Ökosysteme und Artensterben
  • rücksichtsloser Raubbau an den Naturstoffen
  • Vermüllung, Vergiftung und Verschmutzung
  • unverantwortliche Nutzung der Atomenergie.“

Schauen wir uns einige dieser „Faktoren“ genauer an. Die Ozonschicht hat wieder normale Ausmaße, ob durch die Reduktion von FCKW oder wegen natürlicher Variabilität. Eine Klimakatastrophe gibt es nicht. Was es gibt, ist das natürliche Schwanken des Klimas, darunter der Temperatur, die seit ca. 150 Jahren um 1 Grad gestiegen ist. Solche Schwankung, ja sogar weit dramatischere gab es schon sehr oft, auch in unserer gegenwärtigen Klimaperiode, dem Holozän, das vor ca. 10.000 Jahren begann. Für einen Einfluss des Menschen durch CO2-Emissionen gibt es keinen empirischen oder wissenschaftlichen Beweis, stattdessen werden natürliche Faktoren (Sonne, Meeresströmungen u.a.) in ihrer Bedeutung unterschätzt. Die Klimahysterie ist eine bürgerliche Ideologie, die den Verwertungsinteressen bestimmter Teile des „grünen“ Kapitals dient.

Die Behauptung einer Zunahme von „Umweltkatastrophen“ sagt nichts aus, denn diese können natürlichen oder aber menschlichen Ursprungs sein. Eine Zunahme von natürlichen Katastrophen, darunter Extremwetterereignisse, gibt es nicht, wie z.B. auch der Weltklimarat (IPCC) in seinem letzten Bericht AR 5 (2014) festgestellt hat. Dieser Befund wird auch durch die konkreten meteorologischen Daten bestätigt (z.B. Hurricanaktivität, Niederschläge usw.). Die ständigen medialen Behauptungen von zunehmenden Katastrophen sind nichts als Propaganda.

Genauso gibt es keine „drohende Gefahr umkippender Weltmeere“. Die Behauptung einer angeblichen Versauerung der Ozeane ist längst wissenschaftlich widerlegt und geistert nur noch als Medienente herum. Oder ist die Vermüllung der Meere gemeint? Die gibt es, aber sie hat nichts mit dem Klima zu tun und führt auch nicht zu einem „Umkippen“ der Meere. Auch hier ist die Begrifflichkeit im MLPD-Programm sehr schludrig. Trotz aller gebotenen Kürze eines Programms ist es begrifflich oft sehr unklar. Hier zeigt sich durchaus die Tendenz, unkritisch bestimmte Schlagworte der Öko-Szene und der Medien zu übernehmen.

Zum Punkt „rücksichtsloser Raubbau an den Naturstoffen“. Auch hier bleibt unklar, was genau gemeint ist. Ist es falsch, Naturstoffe als Ressourcen zu nutzen? Wohl kaum. Das Problem ist viel eher, dass der Kapitalismus eine Wegwerfgesellschaft ist, d.h. möglichst viel Neuproduktion generiert werden muss, weil sonst kein oder weniger neuer Profit erzeugt werden kann. Nicht die Nutzung von Rohstoffen ist das Problem, sondern das Vernichten, das Nicht-Recykeln, die künstliche Entwertung von Produkten. So ist nicht die massenhafte Nutzung von Plastik problematisch, sondern die Nutzung von Plastik-Sorten, die nicht oder nur schwer wiederverwendet werden können, und die viel zu geringe Verbreitung des Pfandsystems.

Sehr problematisch ist auch die Formulierung „unverantwortliche Nutzung der Atomenergie“. Dabei ist allein schon unklar, ob die MLPD hier generell gegen die Kernenergienutzung eintritt oder nur gegen die spezifische Form ihrer derzeitigen Nutzung. Wahrlich: Stilistiker sind die MLPD-Autoren nicht. Doch aus anderen Beiträgen wissen wir, dass die MLPD die Kernenergie per se ablehnt. Hier zeigt sich deutlich die kleinbürgerliche „grüne“ Technologie- und Fortschrittsfeindlichkeit und ein gravierendes Unverständnis für Wissenschaft und Technik – man könnte auch sagen, dass es den „MarxistInnen“ der MLPD an materialistischer Weltsicht mangelt. Weder im Programm noch woanders finden wir nämlich bei der MLPD einen (technisch) fundierten Beitrag zur Kernenergie, der ihre ablehnende Haltung wenigstens begründen würde. Bei Marx jedenfalls findet sich nirgends Technologiefeindlichkeit – im Gegenteil.

Den anderen, hier nicht erwähnten Programm-Punkten stimmen wir alles in allem zu. Wenn das Programm aber behauptet, dass die „Wechselwirkung zwischen diesen Faktoren und die Rückkoppelungen aus der Natur (…) den Umschlag in die globale Umweltkatastrophe“ beschleunigen, sind doch Zweifel angebracht. Welche Wechselwirkungen und Rückkopplungen sind hier gemeint? Die Art der Formulierung gleicht eher dem verbreiteten Alarmismus als rationalem Denken. Gleichwohl ist der folgenden Aussage insgesamt zuzustimmen: „Die internationalisierte kapitalistische Produktionsweise zerstört gesetzmäßig die Ökosysteme der globalen Biosphäre und gefährdet akut die Existenz der Menschheit. (…) Das strategische Ziel einer befreiten Gesellschaft ohne Ausbeutung und Unterdrückung, die Lösung der sozialen Frage kann heute nur noch in Einheit mit der Lösung der Umweltfrage verwirklicht werden. Die Umweltfrage ist zur Systemfrage geworden, zu einer zentralen Frage des Klassenkampfs und der Vorbereitung und Durchführung der internationalen sozialistischen Revolution.“

Umwelt und Proletariat

Damit kommen wir zur zentralen Frage, was die MLPD dazu zu sagen hat, wie dem Umweltproblem beizukommen ist bzw. wie es mit dem Klassenkampf des Proletariats verbunden ist. Ganz allgemein wird dazu am Schluss des Kapitels gesagt: „Die führende Kraft in der internationalen Revolution zur Lösung der Umweltfrage im Sozialismus/Kommunismus muss das internationale Industrieproletariat werden. Der Umweltkampf wird zugleich dem Kampf um den Sozialismus unerschöpflich neue Kräfte zuführen“. Daraus spricht viel Optimismus – leider ist der ziemlich unangebracht. Der Aufschwung des „ökologischen Denkens“ und der Umweltbewegungen hat nämlich der Linken gerade keine neuen Kräfte zugeführt, sondern sie ihr eher entzogen. Wer früher Kapitalismus-kritisch war, schloss sich der Linken an, heute findet man solche Leute eher bei FFF oder greenpeace. Eine Ursache dafür ist, dass die Linke insgesamt das Ökologie-Thema lange missachtet hat und daher bürgerliche „Reformer“ wie der Club of Rome u.a. das Thema besetzen konnten. Doch anstatt wenigstens im Nachhinein die Öko-Ideologie die kleinbürgerlichen „grünen“ Bewegungen und NGOs marxistisch zu kritisieren, rennt die Linke diesen fast unkritisch hinterher und denkt, dass es besonders „links“ wäre, deren Thesen und Begriffe mit einem sozialistischen i-Tüpfelchen zu versehen. Auch der Verweis auf das „internationale Industrieproletariat“ ist mehr als abstrakt und völlig ungenügend. Was ist z.B. mit der (indigenen) Landbevölkerung, v.a. in der „3. Welt“, die oft besonders unter den Umweltzerstörungen leidet?

Bürgerlicher Ökologismus

Das Programm betont: „Der gesellschaftsverändernde Charakter des Umweltkampfs erfordert von der Arbeiterbewegung und den Revolutionären der Welt, von der deutschen und internationalen Umweltbewegung einen tiefgehenden Selbstveränderungs- und Erneuerungsprozess“. Wer nun aber erwartet, dass die MLPD etwas Genaueres zur Umweltbewegung sagt oder gar Vorschläge macht, wie diese verändert werden müsse, der irrt. Hier zeigt sich auch bei der MLPD das Problem, das auch die gesamte Linke hat, dass sie nicht versteht, was die „grünen“ Bewegungen sind, was ihr Klassencharakter, was ihre Ziele und Methoden sind. Eine solche Analyse würde natürlich schnell ans Licht bringen, dass die Öko-Szene im Kern alles andere als proletarisch ist, ja nicht einmal relevante Beziehungen zur Arbeiterbewegung (Gewerkschaften) hat. Sie stützt sich wesentlich auf das Kleinbürgertum, auf die lohnabhängige Mittelschicht und Teile der „grünen“ Bourgeoisie. Dem entsprechen auch ihre Ziele (green new deal) und Methoden (Orientierung auf den bürgerlichen Staat als Exekutor von „Umweltschutz“, Mobilisierung und Subventionierung „grünen“ Kapitals usw.). All das soll ohne Beteiligung und auf Kosten der Massen erfolgen. Die MLPD hat dafür nicht einmal Ansätze einer Analyse und geht davon aus, dass die Öko-Bewegung per se fortschrittlich und unterstützenswert sei. Das ist sie in bestimmter Hinsicht auch, in anderer wieder ist das genaue Gegenteil der Fall. Letzteres etwa zeigt sich u.a. darin, dass der Anbau von Energiepflanzen (Mais, Raps, Kokosöl) von Greenpeace, WWF u.a. „grünen“ NGOs befürwortet wird, obwohl er massive ökologische Schäden verursacht und mit der Rodung von Regenwald verbunden ist.

Die stark ausgeprägte Technikfeindlichkeit und die verbreitete Unkenntnis von Naturwissenschaft und Technik beim „grünen“ Milieu, ihre vielen falschen Prognosen sieht die MLPD nicht. Sie hat vielmehr die Illusion, dass die Öko-Bewegung nur ein sozialistisches Ziel und eine stärkere Basierung auf das Proletariat brauche und schon wäre alles in Butter.

Im Gegensatz zu dem, was die MLPD glaubt, müssen die bürgerlich-reformerischen Ziele und Methoden der „grünen“ Bewegung grundsätzlich kritisiert und tw. sogar bekämpft werden. Doch im Gegenteil: alles, was das Etikett „grün.“ trägt, wird von der MLPD unterstützt: der Klimaschutz, die Energiewende, die Atomphobie usw.. Eine materialistische, d.h. sich zuerst – wenn auch nicht nur – mit den wissenschaftlich-technischen Grundlagen dieser Ideologien befassenden Betrachtungsweise geht auch der MLPD völlig ab.

Zwar stellt das Programm fest: „Der imperialistische Ökologismus ist die Antwort des allein herrschenden internationalen Finanzkapitals auf den weltweiten Widerstand der Umweltbewegung und auf die sich verschärfende imperialistische Konkurrenz um die Ressourcen der Welt. Seine zentrale Leitlinie ist die angebliche Vereinbarkeit von kapitalistischer Ökonomie und Ökologie. Das heißt: Umweltschutz nur, wenn die Profite gesteigert werden. Diese Ideologie wirkt als kleinbürgerlich-ökologistische Denkweise im Denken, Fühlen und Handeln der Massen und untergräbt das notwendige Umweltbewusstsein für die Rettung vor der globalen Umweltkatastrophe.“

Doch nirgends geht die MLPD genauer darauf ein, inwiefern dieser „imperialistische Ökologismus“ auch auf die Umweltbewegung einwirkt. Inzwischen gibt es ein großes und einflussreiches Milieu in Wirtschaft und Finanzsphäre, das prächtig an der Energiewende und dem Ausbau der „Erneuerbaren“ verdient: dazu gehört der Bauer mit einer großen Solaranlage auf dem Scheunendach, der Windradhersteller, der CO2-Zertifikate-Händler und etliche big player der Finanzmärkte, die in „grüne“ Fonds investieren, weil diese enorme Mengen staatlicher Subventionen anziehen. Dass FFF u.a. „grüne“ Bewegungen letztlich nur die nützlichen Idioten dieses Geschäftsmodells sind, versteht die MLPD nicht.

Ein Programm für den Klassenkampf?

Ein Programm, das sich als revolutionär versteht, zeichnet sich v.a. dadurch aus, dass es nicht nur allgemeine Einschätzungen enthält und Ziele formuliert, sondern dass es eine Handlungsanweisung für den Klassenkampf gibt, dass konkrete Forderungen aufgestellt und Taktiken benannt werden, wie und von wem diese umzusetzen sind. Von all dem – der eigentlichen Substanz des Programms – enthält das MLPD-Programm nichts.

Im Grunde geht es doch darum, die Entfaltung des Proletariats zum Subjekt, zur „Klasse für sich“ voran zu bringen. Das bedeutet u.a., dass ArbeiterInnen eigene Strukturen aufbauen, die sie selbst direkt demokratisch kontrollieren. Das können Kontrollorgane (Produktionskontrolle, Kontrolle der Geschäftsunterlagen usw.) sein oder Strukturen wie Streikposten, Streikkomitees bis hin zu Räten, Arbeitermilizen und einer Arbeiterregierung. Auf den Bereich der Ökologie bezogen bedeutet das z.B., Kontrollorgane aus ArbeiterInnen, TechnikerInnen, der Bevölkerung und „ExpertInnen des Vertrauens“ zu bilden, die bestimmte industrielle und soziale Vorgänge auf Umweltverträglichkeit hin kontrollieren. Diese Aufgabe darf weder dem bürgerlichen Staat noch der Bourgeoisie und auch nicht der „grünen“ Bewegung einfach überlassen werden. Davon finden wir im Programm der MLPD jedoch kein Wort. Auch die zur bedeutende Frage der „grünen“ Bewegungen, ihrer Ideologie und ihrer Kampagnen findet sich kein Wort der Kritik. So wundert es nicht, dass die MLPD im Grunde die Behauptungen der „grünen“ Szene nahezu kritiklos übernimmt und keine Anstalten macht, deren Inhalt auf Wissenschaftlichkeit hin zu überprüfen. Ob Klimakatastrophe, Energiewende oder Dieselabgasskandal: nirgends findet man bei der MLPD eine eigenständige (Natur)wissenschaftliche Analyse.

Insofern können wir ein Fazit ziehen: der MLPD mangelt es sowohl an einer materialistischen und wissenschaftlichen Analyse der Umweltproblematik als auch an einer Programmatik, die darauf abzielt, das Proletariat zum Subjekt von „ökologischer Politik“ zu machen. Das Programm verbleibt in einer allgemeinen, tw. berechtigten, tw. aber auch absurden und falschen Kritik an der vermeintlichen oder tatsächlichen Umweltzerstörung im Kapitalismus. Der abstrakte Charakter des Umweltteils des Programms (und nicht nur dieses Abschnitts), der keine konkrete Forderung enthält und keine organisierenden Vorschläge macht, hilft der Arbeiterklasse keinen Schritt weiter. Es ist untauglich dafür, das Proletariat und die Linke aus dem Dunstkreis des bürgerlichen Ökologismus heraus zu führen und eine proletarisch-kommunistische Alternative zu formieren.

Quelle: https://aufruhrgebiet.de/2020/07/die-mlpd-und-die-oekologie/



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