„Die türkische Gleichung“
Wissengeschichtliche Erinnerung an politische Perspektiven der deutschen Südosteuropakunde während des Zweiten Weltkriegs(*)

von
Richard Albrecht

08/2018

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onlinezeitung

Wenn auch ohne die weltgeschichtliche Bedeutung des Völkermords an den Armeniern im Osmanischen Staat während des Ersten Weltkriegs zu erfassen, hat die bedeutende jüdisch-deutsche Publizistin, Politikwissenschaftlerin und Intellektuelle Hannah Arendt (1906-1975) in ihrer ´Bibel des Antitotalitarismus´ unter Betonung ihrer antirassistischen Grundüberzeugung („Es gibt keine Rechtsfertigung des Rassewahnes, weder eine theoretische noch eine politische...“) an den Strukturzusammenhang von Rassenideologie, Kolonialismus und faschistischem Totalitarismus erinnert[1]. Insbesondere Arendts Hinweise auf „Zusammenhänge zwischen Impe-rialismus und totalitärem System“ (Wilhelm Speitkamp[2]) sind wissenschaftlich rezipiert und, was mir inzwischen wichtiger erscheint: Sie sind auch in kritischer Absicht tätergesellschaftlich verstanden worden; etwa von Wolfgang Gust, der 2005 in einem öffentlichen Diskussionsbeitrag eine destruktive Kontinuitätslinie von Vernichtungspolitik in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts so beschrieb:

„Es ist die deutsche Politik der damaligen Zeit, die ihre Fortsetzungen hat bis heute [...] eine deutsche Politik, die fast konsequent von der rein deutschen Vernichtung der Hereros über die unglaubliche Komplicenschaft bei der Vernichtung der Armenier bis zur abermals urdeutschen Vernichtung der Juden führte.“ [3]

I.

Der spezifische „Diskurs“ im faschistischen Nationalsozialismus schließt einerseits allgemein mit zunehmender Festigung des Systems an den schon im deutschen Kolonialismus angelegten Rassismus an, erinnert aber andererseits speziell auch ans historische Staatenbündnis im Ersten Weltkrieg. Die zahlreichen auch im „Dritten Reich“ veröffentlichten Texte zur „arme-nischen Frage“ könnten dabei unterschieden werden etwa in erstens den Armenozid[4] zumeist leugnende und/oder verschweigende Avancen an „die neue Türkei“ und ihren Führer[5]; zweitens in typischerweise apologetisch angelegte, den Krieg und die eigene Rolle oder die gefallener oder verstorbener Kämpfer rechtfertigende Memoirenliteratur[6]; drittens in im weitesten Sinn wissenschaftliche Untersuchungen[7], wobei deren prominenteste Vertreter - wie der Islamkundler und Turanismusexperte Dr. Gotthard Jäschke (1894-1983), Herausgeber „Der Welt des Islam“ (1917-1955), der Zeitschrift der „Deutschen Gesellschaft für Islamkunde“ - sich ihrer ideologiepolitischen Rolle durchaus bewußt waren[8]; und viertens in Beiträge mit strategischer Bedeutung zu Türkei und Kaukasus während der Endphase des Zweiten Weltkriegs[9] - wobei hier die Veröffentlichungen zweier Autoren aus der Zeit des Zweiten Weltkriegs besonders interessieren sollen: Einmal Texte von Dr. Carl Mühlmann, Major a.D., seit Ende 1913 Adjutant von General Liman v. Sanders und in der Türkei bis 1918, später Archivrat und militärhistorischer Publizist; und zum anderen von Dr. Franz Ronneberger (1913-1999), zunächst bis 1945 Südosteuropakundler und Turanis-musexperte, später Journalist, Public-Relations-Spezialist und von 1964 bis 1980 Lehrstuhlprofessor für Politik- und Kommunikationswissenschaft an der Universität Erlangen-Nürnberg[10]. Dabei verkörpern Mühlmann und Ronneberger als Autoren mit ihren Texten exemplarisch b e i d e im „Dritten Reich“ als gesellschaftlich-politischem und kulturell-ideologischem System in ihrer widersprüch-lichen Einheit ´aufgehobenen´, auch generativ differenzierten, Strömungen und rassistischen „Diskurse“ faschistischer deutscher Ideologie: Mühlmann eher die ´traditional´ kolonialistisch-militärische und Ronneberger eher die ´moderne´ faschistisch-wissenschaftliche mit Aspekten der später von Jeffrey Herf als scheinbares Paradox erkannten reaktionärer Modernität („reactionary modernism“[11]).

II.

Mühlmanns Texte sind traditionelle wehrkundliche Arbeiten. Die letzte, hier nicht diskutierte Auslobung der Balkan-Strategie der deutschen Obersten Heeresleitung (OHL) von 1942, enthält eine Einführung des Präsidenten der Kriegsgeschichtlichen Forschungsanstalt des Heeres[12]. Mühlmanns Ende 1939 veröffentlichtes Porträt von „Enver Pascha“[13] orientiert sich sowohl an der auch von Hitler in „Mein Kampf“ (1925) übernommenen positiven Grundwertung in den Memoiren von Ludendorff (1919) und v. Hindenburg (1920) und bewertet die Alles-oder-Nichts-Politik des „glühenden“ türkischen Nationalisten Enver als jungtürkischen Kriegsminister (1913-1918) „ohne militärische Schulung“. Deutlich werden Analogien zu Hitler als Person und dem von ihm veranlaßten Angriff auf Polen (1.9.1939) ohne formelle Kriegserklärung und zum Heroischen – auch wenn Enver kein großer Feldherr war und die Ausrufung des Djihad in Konstantinopel (14.11.1914) nicht die von der deutschen Reichsleitung erhoffte Wirksamkeit entfaltete. Jedenfalls setzte Enver auf Sieg. Dieser hätte, so Mühlmann, das Osmanische Reich zur „wahren Weltmacht“ gemacht. Die entscheidende Ursache für den schließlichen Zusammenbruchs des Osmanischen Staates sieht der Autor im „Versiegen der wirtschaftlichen Kraft und Auszehrung und Erschöpfung des Volkes durch jahrhundertelange Mißwirtschaft und dauernde Kriege im Innern und Äußeren.“

Daran schließt Mühlmanns wieder vom Präsidenten der Kriegsgeschichtlichen Forschungsan- stalt bevorwortete breite Darstellung „Das deutsch-türkische Waffenbündnis im Weltkriege“[15] an. Hier spricht Mühlmann auch „die armenische Frage“ an, genauer: Der Autor übernimmt nicht nur rassistische antiarmenische Stereotypen von Armeniern als Geldverleiher und Wucherer, sondern auch teilweise die jungtürkische Propaganda, der zufolge „armenische Banden gewalttätig gegen die wehrlose türkische Bevölkerung“ vorgegangen wären, deren Folge die „Aussiedlung der noch unter türkischer Herrschaft lebenden Armenier“, an welcher „ein großer Teil des armenischen Volkes [...] zugrunde gegangen“ wäre. Den jungtürkischen Turanismus kritisiert Mühlmann, weil dieser 1918 im Kaukasus zu eigenen, dem Deutschen Reich und dessen Rohstoffinteressen zuwiderlaufenden Aktionen geführt habe. Und auch in diesem Buch kommt der Verfasser auf die Proklamation des Heiligen Krieges nach Kriegseintritt des Osmanischen Staates zu sprechen: „Außerdem bemühte sich Deutschland um die Erhebung der islamischen Welt, um den Krieg aus einem europäischen zu einem Weltkrieg zu erweitern“ - gibt folglich zu, daß der Krieg ohne das deutsch-türkische „Waffenbündnis“ viel früher beendet gewesen wäre, weil der „Niederbruch der Donaumonarchie dann viel eher erfolgt wäre“[16]. Diese Aussagen zu Beginn des Zweiten Weltkriegs bestätigen die zwei Jahrzehnte lang gerade in diesem politischen Lager bestrittene Kriegsschuldthese.

III.

Ronneberger, damals Dozent an der Wiener Hochschule für Welthandel, beschäftigte sich mit sozialwissenschaftlichen Aspekten der von faschistischen Ideologen wie Albert Brackmann, Werner Conze und Theodor Schieder propagierten „Umvolkung“ in seinem besonderen Arbeitsgebiet Südosteuropa[17]. Speziell zu Türkei, Türkismus und Turanismus veröffentlichte Ronneberger 1942/43 mehrere Beiträge. Im ersten plädiert er für eine Wiederbelebung der turanistischen Ideologie und türkistischen Politik nach dem Tod Mustafa Kemals („Atatürk“) 1938, indem er geschichtliche Parallelen der Rolle Deutschlands in beiden Weltkriegen erkennt[18]. Nicht nur, daß der Autor, der in Anatolien „das türkische Vaterland“ sieht, wesentliche jung-türkisch-kemalistische politische Positionen übernimmt und den Armenozid überhaupt nicht anspricht – Ronneberger bewertet sowohl Rassebewußtsein und Nationalismus in der „neuen türkischen Kulturbewegung“ zu Beginn der 1940er Jahre einerseits und insbesondere das gleichzeitige „Anwachsen der Judenfeindlichkeit“ als „unmittelbare Auswirkung des neuen Rassedenkens im Türkismus“ andererseits positiv und erwartet antisemitisch-judenfeindliche „Maßnahmen gegen die Volksschädlinge“.

Nachdem Ronneberger in realistischer Einschätzung als oberstes Ziel der postkemalistischen Staatsführung Anfang 1943 die Wahrung der Neutralität der Türkei zwischen den Bündnisblöcken des Zweiten Weltkriegs bewertete[19], kommt er im Sommer 1943 erneut auf den von ihm als Grundfrage jeder Südosteuropaforschung und –politik bezeichneten Topos: „Türkei zwischen Europa und Asien“ zurück. Entsprechend der nationalsozialistischen Ideologie, in der die Kategorie des Raumes zentral ist[20], gilt Ronneberger die Türkei als Teil Südosteuropas. Hier nämlich ist „Raum im Überfluß“ vorhanden. Die diesen besiedelnden Türken gelten Ronneberger trotz anatolisch-bäurischer Rückständigkeit als „großraumbeherrschendes Volk“, dessen „Staatsführung bis zum Jahre 1943 in der Politik gegenüber allen Minderheiten eine konsequente Linie verfolgt [hat] mit dem Ziel, alle nichttürkischen Einflüsse, ob von West oder von Ost, auszuschalten. Zugleich betont der Autor die Doppelfunktion der Türkei als südöstlicher Vorposten gegen islamische Staaten wie Irak, Iran, Afghanistan einerseits und als „Bollwerk gegen den sowjetischen Koloß im Nordwesten“ andererseits[21].

IV.

Im Beitrag zum „Beitrag der Türkei zur politischen Modernisierung“ kommt Ronnerberger drei und halb Jahrzehnte später noch einmal auf seinen politisch bestimmten Südosteuropa-Begriff zurück. Der Verfasser sieht, auch in der Rückschau, den Kemalismus nicht als Ausdruck gescheiterter, sondern als Sonderfall geglückter Modernisierungspolitik in der Zwischenkriegszeit, auch infolge „Adaption des Europäismus“ und „im Namen der Demokratie“. Freilich fehlte diesem türkeispezifischem - damit nicht verallgemeinerbaren Modernisierungsprozeß von oben wie dem politischen Kemalismus „als Reformbewegung“ im allgemeinen die Einsicht, „daß Demokratie des ´Unterbaus´ bedarf“, weshalb es auch Re-Islamisierungsprozesse als traditionelle Gegenströmungen gäbe[22]. Und in der Tat war und ist die Türkische Republik aus mitteleuropäisch-geostrategischer Politoptik doppeltes „Bollwerk“ – eine unter globalpolitisch-geostrategischen Aspekten mögliche Aufnahmeperspektive in die Europäische Union ...

Der letztzitierte Beitrag des vom faschistischen Raum- zum modernisierungssoziologischen Demokratieideologen gewendeten Autors erschien 1979 in einer von Dr. Klaus-Detlef Grothusen (1928-1994) herausgegebenen Reihe der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG). Grothusen, Lehrstuhlprofessor für Osteuropäische Geschichte an der Universität Hamburg seit 1969, seit 1988 auch Vizepräsident der deutschen Südosteuropa-Gesellschaft, war auch Herausgeber der ersten sieben Bände des DFG-geförderten und als Standardwerk geltenden Südosteuropa-Handbuch (1975-1993) und, wie der Jurist, langjährige CDU-Funktionär und spätere Bundespräsident Dr. Richard v. Weizsäcker (*1920), ein Bewunderer von Mustafa Kemal, über den v. Weizsäcker 1987 öffentlich erklärte:

„Atatürk war einer der wahrhaft bedeutenden Staatsmänner unseres Jahrhunderts. Wenige lassen sich ihm an die Seite stellen.“[23]

Gemeint war Mustafa Kemal (1881-1939)[24], der ab 1934 staatsamtlich „Atatürk“ – Vater aller Türken – genannte jungtürkische Machtpolitiker und Begründer der „modernen Türkei“, welche bis heute „die Existenz nationaler Minderheiten auf türkischem Boden ausschließt“, weil, so die Regierung der Bundesrepublik Deutschland 1985, „die Türkei eine Rechtsgrundlage für einen besonderen Schutz von Minderheiten innerhalb ihrer Grenzen mit Ausnahme der Vorschriften des Lausanner Vertrages über die ´nicht-muslimischen Minderheiten´ bestreitet.“[25]

*) Ausführlicher zum politikgeschichtlichen Zusammenhang Richard Albrecht, Armenozid. Genozidpolitik im 20. Jahrhundert. Band 2. Aachen: Shaker, 2007 [= Berichte aus der Rechtswissenschaft], hierbesonders 63-114.

Anmerkungen

[1] Hannah Arendt, Elemente und Ursprünge totaler Herrschaft [1951]; dt. Neuausgabe: München-Zürich: Piper, 1986 [= Serie Piper/SP 645]: 308/309

[2] Winfried Speitkamp, Deutsche Kolonialgeschichte. Stuttgart: Reclam, 2005, 208 p. [ = RUB 17047]: 10

[3] zitiert nach: http://www.deutsch-armenische-gesellschaft.de/dag/rgenr.htm

[4] Armenozid ist ein Kunstwort. Gebräuchlich war das artifizielle Wortkonstrukt: Armenocide zunächst in armeno-amerikanischen Überlebenden-, Publikations- und Forschergemein-schaft/en der Vereinigten Staaten von Amerika (USA). Seit den 1970er Jahren, also innerhalb der letzten drei(undhalb) Jahrzehnte, wurde Armenocide im Zusammenhang mit der medienvermittelten „Holocaust“-Diskussion internationalisiert und wird heute auch innerhalb der Wissenschaftler/innen, die zum Völkermord (Genozid) forschen, also jener "scientific community" genannten Wissenschaftler-"Gemeinschaft mit ihren eigenen Sitten und Gebräuchen" (Carl Djerassi), benützt. Armenozid ist das deutsche Substantiv von armenocide. Beide Worte sind von Armenius cidere abgeleitet und meinen den Völkermord im Osmanischen Staat an Armeniern als religiöser, ethnischer und politischer Minderheit während des Ersten Weltkriegs 1915/18. Im Wort finden sich sowohl die Opfergruppe (Armenier) als auch das Mordgeschehen (cidere) wieder. Über die Form des Massenmord(en)s ist, im Gegensatz zum viel bekannteren Begriff und Kunstwort: Holocaust (wörtlich: holokaustos im Sinne von völlig verbrannt), bei Armenozid nichts ausgesagt - obwohl doch, beim Wort genommen, im historischen Völkermord-geschehen während des Ersten Weltkriegs eher Armenier lebendig verbrannt wurden als später, während des Zweiten Weltkriegs, Juden, die „fabrikmäßig“ ermordet wurden: „Das Verbrechen dieses Völkermords [ist] in seiner kalten unmenschlichen Planung und in seiner tödlichen Wirksamkeit in der menschlichen Geschichte einmalig“ (so Helmut Kohl [1987] als damals amtierender deutscher Bundeskanzler). - Im Holocaust-Wortfeld findet sich in noch allen Bedeutungsvarianten das Moment der Tötung durch Feuer, also der Verbrennung von Menschen. Genozid schließlich meint einen Stamm töten (genus cidere) und wird im deutschen Sprachgebrauch meist zur Kennzeichnung der gesamten oder teilweisen gewaltsamen Ausrottung eines Volkes oder einer Volksgruppe (Ethnie) verstanden. Armenozid hieß früher, vor dem Ersten Weltkrieg, im umgangssprachlichen Deutsch auch verbreitet kurz [der] „Armeniermord“ (so wie nach dem Zweiten Weltkrieg Holocaust und Shoah auch kurz [der] „Judenmord“ genannt wurden). - Jenseits jeden ideologisch-apologetischen Gedächtnisses war, was politisch seit dem Berliner Vertrag von 1878 mit seinem in Artikel 61 geforderten Reformen für im Osmanischen Reich lebende Armenier als christliche Minderheit „armenische Frage“ genannt wurde, jahrzehntelang historisch auch immer mit „armenischen Greuel“ (Meyers Lexikon 1924, 7. Auflage, 1. Band, 867) verbunden. Vgl. eingehender Richard Albrecht, Genozidpolitik im 20. Jahrhundert (Aachen: Shaker-Verlag, 2006 [= Allgemeine Rechtswissenschaft]): Völkermord(en) (Band 1, 182 p.) [und] Armenozid (Band 2, 114 p.), mit zahlreichen weiteren Nachweisen

[5] Anstatt weiterer Herbert Melzig, Kemal Atatürk. Untergang und Aufstieg der Türkei. Frankfurt/Main: Societäts-Verlag, 1937, 301 p.

[6] Herbert Volk, Öl und Mohammed. „Der Offizier Hindenburgs“ im Kaukasus. Breslau: W.G. Korn, 1938², 281 p.; Friedrich Frhr. Kreß von Kressenstein. Mit den Türken zum Suezkanal. Berlin: Vorhut-Verlag Otto Schlegel, 1938, 308 p.; dieser betont die „Mitschuld“ Deutscher an „Armenierverschickungen“ durch Schwei-gen (138); Kuno Graf Westarp, Konservative Politik im letzten Jahrzehnt des Kaiserreichs. 2 Bände. Berlin: Deutsche Verlagsgesellschaft, 1938, 440 [und] 720 p.; Felix Guse, Die Kaukasusfront im Weltkrieg bis zum Frieden von Brest. Leipzig: Koehler & Amelang, 1940, 130 p.; Friedrich von Rabenau, Seekt. Aus seinem Leben 1918-1936 [...]. Leipzig: v. Hase & Koehler, 1941; aus militärstrategischen Gründen soll auch Seekt (1866-1936), der 1916/18 Generalstabschef des türkischen Heeres war, von der „unglücklichen Armenierfrage“ gesprochen haben (105)

[7] Vgl. anstatt weiterer Hinweise auf wenige más-o-menos-Texte mit wissen-schaftlichem Anstrich: Hellmut Christoff, Kurden und Armenier [...]. Diss. rer.nat. Univers. Hamburg 1935, 85 p. [und Anhänge]; Orhan Münir, Minderheiten im Osmanischen Reich und in der neuen Türkei. Diss. iur. Univers. zu Köln 1937, 270 p.; Friedrich Heinz Bode, Der Kampf um die Badgadbahn 1903-1914 [...]. Breslau: Priebatsch, 1941, 131 p. [ = Breslauer Historische Forschungen 15]

[8] Gotthard Jäschke, Der Turanismus der Jungtürken. Zur osmanischen Außen-politik im Weltkriege; in: Die Welt des Islam, 23 (1941) 1-54; ders., Der Turanismus und die moderne Türkei; in: Beiträge zur Arabistik, Semitistik und Islamwissenschaft (ed. Richard Hartmann [und] Helmut Scheel). Leipzig: Otto Harrasowitz, 1944: 468-483

[9] Anstatt weiterer Reinhard Hübner, Die Bagdadbahn. Berlin: Junker & Dünnhaupt, 1943, 128 p.; A. Sanders [i.e. Alexander Nikusadse], Kaukasien. Nordkaukasien, Aserbeidschan, Armenien, Georgien. Geschichtlicher Umriß. München: Hoheneinchen, 1944², 349 p.

[10] Zu Ronneberger heißt es im open-source-online-Lexikon Wikipedia: „Die Verfassungen der Länder Südosteuropas, vor allem aber deren ethnischen, soziale, ökonomische und politische Strukturen, blieben weiterhin sein großes Interesse, was in der Habilitation 1944 mit dem Thema Wege staatswissenschaftlicher Forschung in Südosteuropa am Beispiel der Entwicklung Bulgarien den Abschluss seiner Studien zeichnete. Mit dem Ende des 2. Weltkriegs jedoch endete seine Lehr-, Forschung- und Publikationstätigkeit erstmals, weil er nach Kriegsgefangenschaft seine Habilitation verlor und wie alle reichsdeutschen Professoren seines Dienstes enthoben wurde. - „Südosteuropa ist kein Gebiet, das die Voraussetzungen einer eigenen, in sich geschlossenen Ordnung in sich birgt, sondern dessen ganze Stärke und Bedeutung in der Ergänzung einer größeren, durch das deutsche Reich stabilisierten Ordnung liegt.“ – SS-Untersturmführer Franz Karl Konrad Ronneberger (NSDAP), Chef des Nachrichtendienstes der „Südosteuropa-gesellschaft“ (SOEG) und Dozent der Südost-Stiftung des „Mitteleuropäischen Wirtschaftstages“, 1941. - 1948 trat Ronne-berger eine Stelle in Essen bei der Westdeutschen Allgemeinen Zeitung (WAZ) an, wo er schnell für seine täglich erscheinenden Portraits aus Politik, Wirtschaft und Kultur be- und anerkannt wurde. Ab 1952 setzte Ronneberger parallel dazu seine dozentische Tätigkeit an der Verwaltungs- und Wirtschaftsakademie Bochum fort, wo er auch wieder seine Forschungen aufnahm. 1958 verließ Ronneberger die WAZ und habilitierte 1960 erneut an der Universität in Münster. 1964 nahm Ronneberger eine Professur für Politik- und Kommunikationswissenschaften an der Universität Erlangen-Nürnberg an. Zum ersten mal an einer deutschen Universität wurde dabei die Bezeichnung Kommunikationswissenschaft Teil eines Lehrstuhl und Institutsnamens. - In der Kommuni-kationswissenschaft nahm sich Ronneberger dabei von Anfang an der Prüfung einer Theorie der Massenkommunikation sowie einer Theorie der Kommunikationspolitik an, welche 1992 in der Veröffentlichung einer umfassenden Theorie der Public Realations endete. Ein Schwerpunkt seiner Nürnberger Forschungen war die Erforschung journalistischer und massenkommunikativer Organisationen.“

(http://de.wikipedia.org/wiki/Franz_Ronneberger [050507]). Kritisch zu Ronneberger Peer Heinelt, Porträt eines Schreibtischtäters: Franz Ronneberger (1913-1999); in: Medien und Zeit, 17 (2002) 2/3: 92-111; ders., ‘PR-Päpste’. Die kontinuierlichen Karrieren von Carl Hundhausen, Albert Oeckl und Franz Ronneberger. Berlin: Karl Dietz, 2003, 239 p. [= Rosa-Luxemburg-Stiftung Manuskripte 37 = Phil. Diss. Marburg 2002], besonders 132-190. Hier wird auch Ronnebergers systemisches Integrationskonzept für die Massenkommunikation(sforschung) herausgearbeitet. Der mich interessierende (Kontinuitäts-) Aspekt freilich ist dort ebensowenig wie Ronnebergers „Volkstum im Südosten“-Texte untersucht

[11] Jeffrey Herf hat diese Schlüsselmetapher schon vor 25 Jahren ausgeprägt: Reactionary Modernism: Some Ideological Origins of the Primacy of Politics in the Third Reich; in: Theory and Society, 10 (1981) 6: 805-832 [und später:] Reactionary Modernism. Technology, Culture, and Politics in Weimar and the Third Reich (Cambridge University Press, 1986, 272 p.)

[12] Carl Mühlmann, Oberste Heeres-leitung und Balkan im Weltkrieg 1914-1918. Berlin: Wilhelm Limpert, 1942, 297 p; Einführung Foerster: 5

[13] Carl Mühlmann, Enver Pascha; in: Heerführer des Weltkrieges. Berlin: E.S. Mittler, 1939, 295 p., 142-169: Zitate 160 ff.

[14] Vgl. Richard Albrecht, Wer redet heute noch von der Vernichtung der Armenier?”- Kommentierte Wiederveröffentlichung der Erstpublikation von Adolf Hitlers Geheimrede am 22. August 1939; in: Zeitschrift für Weltgeschichte, 9 (2008) 2: 115-132

[15] Leipzig: Koehler & Amelang, 1940, 356 p., Zitat/e 276/277

[16] Ebda.: Zitate 25; 246. – Zu diesen reichsdeutsch-kaiserlichen ´Bemühungen´ kritisch Peter Hopkirk, On Secret Service East of Constatinople. The Plot to Bring Down the British Empire (Oxford University Press, 1994, 341 p.); dt. Ausgabe udT. Östlich von Konstantinopel. Kaiser Wilhelms Heiliger Krieg im Orient. (A.d.Engl. von Jobst-Christian Rojahn) München: Europa Verlag, 1996, 488 p.

[17] Franz Ronneberger, Bevölkerungsbewegungen der Gegenwart und Südosteuropa; in: Volkstum im Südosten. Volkspolitische Monatsschrift [Wien], April 1942: 61-69

[18] Franz Ronneberger, Türkismus und Turanismus; in: Volkstum im Südosten, Dezember 1942: 197-203

[19] Franz Ronneberger, Die türkische Gleichung; in: Das XX. Jahrhundert, März 1943: 111-114

[20] Am Beispiel, anstatt weiterer, veranschaulicht: Der damalige stellvertretende Reichsprotektor von Böhmen und Mähren, Reinhard Heydrich (1904-1942), drückte in seiner Rede auf der Prager Burg am 2. Oktober 1941 im Zusammenhang mit der ns-faschistischen politischen Ideologie und Vernichtungspraxis die Bedeutung der Kategorie des Raumes so aus: Das Handeln der Verwaltung des Reichsprotektorats müsse darauf gerichtet sein, „diesen Raum endgültig zu beherrschen und zu führen“ entsprechend der politischen „Grund-linie“: „daß dieser Raum einmal deutsch werden muß und daß der Tscheche in diesem Raum letzten Endes nichts mehr verloren hat.“ (zit. nach: »...im Stillen schon planend und fundamentlegend für eine Endlösung« [Einführung Theodor Bergmann] in: Utopie Kreativ, 76.1997: 26-35 [Dokument], Zitat 32)

[21] Franz Ronneberger, Die Türkei zwi-schen Europa und Asien; in: Volkstum im Südosten, August 1943: 125-132, Zitate 126-128

[22] Franz Ronneberger, Der Beitrag der Türkei zur politischen Modernisierung; in: Klaus-Detlef Grothusen (ed.), Die Türkei in Europa. Beiträge des Südosteuropa-Arbeitskreises der Deutschen Forschungs-gemeinschaft [...]. Göttingen: Vanden-hoeck & Ruprecht, 1979: 228-246, Zitate 228-232 [und] 246

[23] Richard v. Weizsäcker, zitiert nach Klaus-Detlef Grothusen, Der Weg der Türkei in die Moderne – 65 Jahre politisch-historische Entwicklung; in: Aus Politik und Zeitgeschichte (APuZ), B 14-15/88 [1. April 1988]: 3-12, Zitat 5

[24] Vgl. anstatt weiterer die biogra-phische Skizze von Bernd Rill, Kemal Atatürk [1985], Reinbek: rororo/rm 346, 4. Auflage, 1996, 156 p.

[25] Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Fraktion der SPD: Bundestagsdrucksache 10/3798 vom 9.9.1985: 1-5, Zitate 1, 4

Editorische Hinweise

Den Aufsatz erhielten wir von Autor für diese Ausgabe. Dr.habil. Richard Albrecht, PhD., Sozialwissenschaftler & Wissenschaftsjournalist, Bad Münstereifel. Leitkonzept The Utopian Paradigm (1991). Kolumnist des Linzer Fachmagazins soziologie heute. - Dieser Aufsatz wurde in der Zeitschrift Osteuropa zwischen Tradition und Wandel. Leipziger Jahrbücher, 10. Jg. 2008: 235-243, gedruckt.