Stadtumbau & Stadtteilkämpfe

Berlin
Besetzung im Jobcenter Mitte


von "Erwerbsloseninitiative Basta"

08/2016

trend
onlinezeitung

25.07.2016

Seit 9:30 Sit-In von 40 Erwerbslosen und Unterstützer_innen im Jobcenter Berlin Mitte +++ Die Erwerbsloseninitiative Basta fordert Übernahme der Mietkautionen auch für Untermietverträge und die Bearbeitung von Umzugsgenehmigungen am Tag der Antragsstellung +++ Offenlegung von Dienstanweisungen, die diesen Forderungen widersprechen +++

STEIGENDE MIETEN, MIESE LÖHNE UND VERDRÄNGUNG

Die Wohnungssuche in Berlin wird für Menschen mit geringem Einkommen zunehmend zum Albtraum. Ein Immobilien- und Wohnungsmarkt, der den Gesetzen des „freien Marktes“ unterworfen ist, sorgt dafür, dass Wohnraum zum Investitions- und Spekulationsobjekt wird, mit dem Haus- und Wohnungseigentümer_innen hohe Profite einfahren können.

Auf der anderen Seite sind wir als Mieter_innen mit stetig steigenden Mieten konfrontiert: Für immer mehr Menschen werden die Kosten für die eigenen vier Wände zunehmend unbezahlbar, sei es weil sie keine bezahlte Arbeit finden oder weil sie – nicht zuletzt durch die Jobcenter – in prekäre Beschäftigungsverhältnisse mit geringen Löhnen hineingedrängt werden, die nicht zum Leben reichen, geschweige denn für die Zahlung immer höherer Mieten. In der Folge werden Menschen mit geringem Einkommen aus ihren angestammten Kiezen in die Außenbezirke verdrängt und sind zunehmend von Zwangsräumungen, Wohnungs- und Obdachlosigkeit bedroht.

WAS DIE JOBCENTER DAMIT ZU TUN HABEN

Die Jobcenter und das Hartz IV-Regime sind dabei ein Teil dieses Problems: Für Bezieher_innen von ALGII gelten für die Kosten der Unterkunft „Angemessenheitsgrenzen“, die mit der Realität des Berliner Wohnungsmarktes wenig zu tun haben. Gelten die Kosten für die bestehende Unterkunft nach Ansicht der Jobcenter als „unangemessen“, werden absurde „Kostensenkungsaufforderungen“ ausgesprochen – nicht etwa gegen die Wohnungseigentümer_innen, sondern gegen die Mieter_innen selbst. Wie eine solche Aufforderung zur Mietkostensenkung von den Betroffenen gegen ihre Vermieter_innen durchgesetzt werden soll, bleibt dabei ein Geheimnis der Jobcenter. Empfohlen werden unter anderem die Senkung der Heizkosten durch „energiesparendes Heizen und Lüften“ oder die Untervermietung von einzelnen Räumen der eigenen Wohnung; wo dies nicht möglich ist, bedeutet die Einleitung dieses „Kostensenkungsverfahrens“ de facto den erzwungenen Auszug aus der eigenen Wohnung und in vielen Fällen die Verdrängung aus dem bekannten Wohnumfeld oder gar die drohende Obdachlosigkeit. Eine neue Wohnung zu finden wird nicht nur durch hohe Mieten erschwert: Viele Wohnungseigentümer_innen schließen eine Vermietung an ALGII-Bezieher_innen von vornherein aus.

EINE WOHNUNG GEFUNDEN? ZU FRÜH GEFREUT

Hat man es – trotz aller widrigen Umstände – endlich geschafft, von Vermieter_innen die Zusage für eine der raren als „angemessen“ betrachteten Wohnungen zu erhalten, wird der Umzug durch die Jobcenter noch weiter erschwert: Vor Abschluss des Mietvertrages muss eine Zusage des Jobcenters darüber eingeholt werden, dass die Mietkosten für die neue Wohnung übernommen werden. In vielen Fällen verschleppen die Jobcenter diese Zusage jedoch so lange, bis das Mietangebot nicht mehr besteht, oder sie verweigern den Umzug von vornherein mit fadenscheinigen Begründungen. Eine wiederkehrende Behauptung ist etwa, für Untermietverträge könne keine Kaution übernommen werden – dies hat jedoch keinerlei rechtliche Grundlage. Zudem wird die Kaution ohnehin nur als Darlehen gewährt und muss vom Regelsatz abgestottert werden (was eine Kürzung des monatlich zum Leben verfügbaren Geldes auf ein Niveau unterhalb des definierten Existenzminimums bedeutet).

WIESO WIR HEUTE HIER SIND UND WAS WIR WOLLEN

Wir nehmen diese Praxis des Jobcenters nicht länger hin und fordern daher hier und heute die schriftliche Zusage des Jobcenters Berlin Mitte zu den folgenden zwei Punkten ein:

  • Über Umzugsanträge muss noch am gleichen Tag durch das Jobcenter entschieden werden.
  • Wenn im Mietvertrag eine Kaution festgelegt ist, muss diese übernommen werden –auch bei Untermietverträgen.

Dies sind Minimalforderungen, die den durch chronischen Geldmangel, Bevormundung und Schikanen geprägten Alltag vieler ALGII-Empfänger_innen nur in einem kleinen, aber wichtigen, Teilbereich ein wenig erleichtern würden. Es sind Minimalforderungen – ihre Umsetzung kann das Jobcenter Berlin Mitte uns aber hier und heute garantieren, da der Zusage rechtlich nichts im Wege steht. Die Erfüllung der Forderungen setzt nur der häufigen Praxis des Jobcenters ein Ende, Umzüge in eine andere Wohnung ohne rechtliche Grundlage faktisch unmöglich zu machen.

Web: www.basta.blogsport.eu 

Twitter: https://twitter.com/BastaBerlin

Quelle:  linksunten.indymedia.org 25.07.2016