Die Tübinger Linke ist sozusagen
außerordentlich erfolgreich. Der Kreisverband der Linken in der
zwölftgrößten Stadt des Landes Baden-Württemberg stellt mit Tobias
Pflüger einen stellvertretenden Bundesvorsitzenden der Partei und mit
Bernd Strassdeit den langjährigen Sprecher des Landesvorstandes und
Landesgeschäftsführer. Heike Hänsel sitzt im Bundestag für die Linke
Tübingen, die außerdem im Gemeinderat sowie im Kreistag des Kreises
Tübingen vertreten ist. Außerdem stellte die Linke Tübingen mit
Tobias Pflüger bis 2009 einen der wenigen Europaabgeordneten der
Partei.
So ist es nicht verwunderlich das sich
die Parteibasis mit ihren Anliegen eben an diese Tübinger Linke
wendet, um Unterstützung zu bekommen.
Da gibt es zum Beispiel Opfer von
schweren Krankheiten und Unfällen die auch nach Genesung einfach in
Pflegeheime abgeschoben werden und keine Möglichkeit auf ein
selbstbestimmtes Leben mehr haben. Diese Leute haben es schwer aus
den Mühlen der Bürokratie und der Sozialindustrie wieder heraus zu
kommen, wie auch am Fall des Gustl Mollath bundesweit bekannt
geworden ist. Einige kämpfen sich jedoch heraus und gewinnen dadurch
auch sehr gute Kenntnisse über die Mißstände in diesem Bereich und
haben Vorschläge wie sie abgestellt werden könnten. Auch an die
Tübinger Linke ist entsprechend herangetreten worden. Eigentlich wäre
davon auszugehen gewesen das die Linke auf die Mißstände hinweist und
auf deren Beseitigung dringt, doch die blockt total ab.
Kreistagsmitglied und Landesgeschäftsführer Strassdeit gab trotz
mehrfacher Nachfragen keine Auskunft über seine Meinung zu dieser
Angelegenheit, geschweige denn das er sich der Sache wohlwollend
prüfend angenommen hätte. Das Thema gibt es für ihn einfach nicht wie
in seiner Rede zum Kreishaushalt im Kreistag ersichtlich wurde, wo er
sich total in das kapitalistische System integriert hat. Auch die
anderen hohen Funktionäre wie Hänsel und Pflüger blockten ab. Dennoch
wurde versucht das Thema in die Linke einzubringen und bekannt zu
machen und es wurde zu diesem Zweck der Beitritt zur Partei erklärt.
Dagegen hat der Kreisvorstand der Tübinger Linken, in Person seiner
Sprecherin und Ehefrau von Bernd Strassdeit, Gerlinde Strassdeit,
Wiederspruch eingelegt. Frau Strassdeit ist jedoch in dieser
Angelegenheit in mehrfacher Hinsicht befangen da sie im Aufsichtsrat
der Altenhilfe Tübingen GmbH ist, Personalrätin beim Uni Klinikum
Tübingen und in weiteren Gremien, wo Sie nicht die Patienten sondern
Kapital und Bürokratie vertritt. So ist die Partei und Wählerbasis
von Die Linke entmündigt von einer allmächtigen Partei und
Staatsbürokratie, die eng verflochten und abgehoben ihre eigenen
Interessen verfolgt.
Wähler und Mitglieder sind von dieser
Bürokratie die auch von Die Linke Besitz ergriffen hat, bereits
abgeschreckt. So kamen zur Kandidatenaufstellung für die Landtagswahl
im Wahlkreis Tübingen, der aus der Stadt Tübingen und dazu dem
größten Teil des Kreises Tübingen besteht, gerade mal 38 Mitglieder.
Davon darf man ganz sicher die Hälfte zu den genannten
Mandatsträgern, ihren Mitarbeitern und Verwandten zählen. So ist es
nicht verwunderlich das sich Bernd Strasdeit mit großer „Mehrheit"
durchsetzen konnte und auch auf dieser „Versammlung" das einige Leute
von der Basis bewegende Thema „Patientenrechte" nicht diskutiert
werden durfte.
Im letzten Jahr hatte sich bereits ein
ähnlicher Fall in Tübingen ereignet. Anlas waren die olympischen
Winterspiele im russischen Sotchi gewesen, was die Tscherkessen,
Opfer eines dort stattgefunden Völkermordes im 19 Jahrhundert, auf
den Plan rief. Die bürgerliche Presse berichtete über das Schicksal
des Volkes der Tscherkessen und verglich dies häufig mit dem
Völkermord an den Armeniern. Auch an Die Linke Tübingen wendete sich
dieses bedrohte Volk mit konkreten Vorschlägen, so zum Beispiel die
Geschichte und die Kultur ihres Volkes genau zu erforschen und zu
dokumentieren. Außerdem hätte gegen diese ungeheure Geldverschwendung
und das neuerliche Vertreiben von größeren Bevölkerungsteilen wegen
Olympia in Sotchi protestiert werden sollen.
Doch auch dies wurde von den Bürokraten
in Tübingen in gleicher Weise abgeschmettert, auch dieTscherkessen
sind wie die Patienten nur eine kleine und unwichtige Minderheit, die
dem Bürokratendasein nicht förderlich sind. Recht, Gerechtigkeit,
Menschenrechte oder gar Grundwerte des Sozialismus zählen nichts
gegen Geld und Macht der Bürokratie.
Die Krankheit die Die Linke in Tübingen
und nicht nur dort befallen hat, heißt Kapitalismus.
Politik ist im Kapitalismus eine Ware die verkauft werden muss und
Profit und Lohn einbringen muß. Es geht eben nicht um politische
Veränderungen sondern um möglichst gute Anpassung an das System und
seine Institutionen und seine Bürokratie. Man geht als
Parteibürokratie Hand in Hand mit der Bürokratie anderer Parteien,
des Staates und der Bürokratie der Gewerkschaften und unterstützt und
zahlt sich gegenseitig. Patienten, bedrohte Völker, kämpfende
Arbeitnehmer, Friedensbewegte und sonstige Bewegungen haben in diesem
Tanz der Bürokratie keinen Platz, es sei denn sie sind ihr zu
Diensten und von nutzen. Die Bürokratie gehört zum Kapitalismus und
wird mit ihm untergehen, erst dann werden die Menschen frei sein.
Die Geschäftsgrundlage der „linken"
Bürokratie ist schon deutlich kleiner geworden, weshalb Leute wie
Hänsel und Pflüger von den Grünen zu Die Linke wechseln mußten. Doch
mit dem kapitalistischen Wirtschaftssystem verschwindet auch diese
letzte Geschäftsgrundlage weil Kapitalismus einfach Krieg und nicht
Frieden bedeutet. Frieden, Menschenrechte und kleine Leute haben
keinen Platz in kapitalistischen und bürokratischen Parteien wie auch
an der Unterstützung der Kriegswahnwichtel durch Tübinger
MandatsträgerInnen zu sehen ist.
Die Menschen müssen sich
zusammenschließen um die Bürokratie zu ersetzen und Probleme wirklich
angehen zu können. Und das nicht nur in Tübingen sondern überall. Der
Kampf gegen den Kapitalismus ist auch ein Kampf gegen die
kapitalistische Bürokratie, die durch Selbstverwaltung, gleiche
Rechte für Alle und direkte Demokratie ersetzt werden muß. Wir
brauchen eine „Partei neuen Typs" die für die Menschen da ist, was
auch die Linke anfänglich einmal werden wollte aber nie geworden ist.
Wir brauchen eine Partei im Sinne von Rosa Luxemburg, nämlich ohne
Bürokratie. Nur eine unbürokratische und unkapitalistische Partei
wird auch eine antikapitalistische, demokratische und unbürokratische
Gesellschaft erkämpfen können.
Editorische
Hinweise
Wir erhielten den
Artikel von Siegfried Buttenmüller für die
Ausgabe.
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