Kommentare zum Zeitgeschehen  Sonderthema: Zwei Jahre "NaO"

NaO-Prozeß – Nachrufe auf einen vor 2 Jahren Verstorbenen…

von
Detlef Georgia Schulze

08/2015

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onlinezeitung

Ich war ja 2011 bis 2013 – eine ganze Zeit und ziemlich aktiv – am „NaO-Prozeß“ beteiligt. Ziel dieses Prozesses war – so jedenfalls das Ausgangspapier, das ich noch nicht mitdiskutiert und mitgeschrieben hatte – eine spektrenübergreifende, revolutionäre neue antikapitalistische Organisation (NAO) aufzubauen: „Die neue Organisation wird revolutionär sein oder sie wird gar nicht sein.“

Dieser Prozeß war dann im Frühherbst 2013 vorbei:

  • Die eine wollten nun ‚endlich‘ eine NAO gründen, die inzwischen aber nicht mehr revolutionär, sondern „breit“ sein sollte.
  • Und die anderen hielten – obwohl sie erst später dazugestoßen waren – an dem ursprünglichen Ziel, eine revolutionäre Organisation aufbauen zu wollen, fest, aber eben dafür die Zeit noch nicht reif. Als Zwischenschritt plädierten sie für die Bildung eines Blocks (Bündnisses) revolutionärer Gruppen: Dabei wollten die Ersteren nicht mitmachen, und Letztere selbst (ich eingeschlossen), also wir, bekamen es auch nicht hin… – soweit, so unerfreulich.

Die anderen gründeten dann im Feb. 2014 trotzdem eine lokale NAO in Berlin – also eine gemeinsame Organisation mit Individualmitgliedschaft.

Die Gruppe Arbeitermacht (GAM) schlug sich dabei auf Seiten derjenigen, die schnell gründen wollten: Weil sie schnell eine Organisation und kein/en Block/Bündnis wollte, schlug sie sich auf die Seite, derjenigen, die schnell gründen wollten – auch wenn letztere wiederum keine revolutionäre, sondern eine „breite“ NaO wollten. Im NaO-Prozeß-Jargon hieß diese Taktik „Fischteich-Modell“: Die GAM hoffte, daß die neue „breite“ Organisation schnell neue, ‚noch‘ nicht revolutionäre Mitglieder gewinnt, und die GAM sie dann für ihre eigene Linie gewinnen – also abfischen – und dann doch noch aus der „breiten“ eine „revolutionäre“ NAO machen kann.

Das scheint nicht so ganz geklappt zu haben, denn Martin Suchanek von der GAM, schreibt jetzt quasi einen Nachruf nicht nur auf den NaO-Prozeß, sondern auch auf die „NAO Berlin“:

„Für uns war immer klar (und wir haben das immer klar formuliert): Die NaO ist ein Mittel zum Zweck beim Aufbau einer größeren revolutionären Organisation auf Basis eines revolutionären Programms. […]. Der rechte Flügel der NaO sieht das anders.“

Das war nun allerdings schon 2013 bekannt, bevor die „NAO Berlin“ überhaupt gegründet wurde… – In dem damals trotzdem geschlossenen „Organisationsgründung um der Gründungsgründung willen“-Zweckbündnis zwischen dem rechten Flügel und der GAM, die sich selbst für ziemlich „links“ hält, scheint die Stimmung inzwischen aber richtig im Keller sein:

„Er [Der „rechte Flügel“] hat sich vor kurzem als Strömung ‚NaO Wolken‘ formiert, praktisch eine Anti-GAM/REVO-Fraktion. Die politische Grundlage der ‚Wolken‘ ist rein negativ. Bei allen Unterschieden wollen sie keine politisch ausgewiesene, genuin revolutionäre Organisation.“

Das hatte dieser „rechte Flügel“ allerdings – seit dem Tino P. im Dezember 2011 (zunächst aus der Schweiz online schreibend und dann auch in Berlin vor Ort) dazu stieß – mit zunehmender Deutlichkeit erklärt: Am Ende wurde das ursprüngliche NaO-Prozeß-Ziel – eine revolutionäre NaO – vom Haupt-Verfasser des ursprünglichen Papiers höchstpersönlich als „sektiererische Verengung“ denunziert.

Im Hintergrund oder vielleicht auch Vordergrund scheinen freilich ganz andere Konflikte zu stehen, bei denen gar nicht so klar ist, ob die GAM – mit ihrer Voranstellung ihrer Sympathien für den palästinensischen und ost-ukrainischen/russischen Nationalismus vor Klassenfragen („Aber in diesem Krieg geht es nicht darum, dass zwei Formen bürgerlicher oder reaktionärer Ideologie aufeinander treffen, […]. Es geht um den Kampf einer unterdrückten Nation gegen einen rassistischen Unterdrückerstaat.“) – auf der linkeren Seite steht…:

„Die NaO [Berlin] nahm [mit ihrer GAM-Mehrheit] mehrere revolutionäre [sic, TaP!] Stellungnahmen zur Ukraine, zum Kampf gegen das Kiewer Regime, zum Massaker in Odessa und zur Unterstützung des anti-faschistischen und sozialen Widerstands an. Sie initiierte und organisierte Veranstaltungen mit Genossen von Borotba und Demonstrationen gegen die Ukraine-Politik der Bundesregierung und der westlichen Imperialisten.

• Sie unterstützte den Kampf gegen die rassistische Politik des zionistischen Staates und die Soli-Demos im Sommer 2014 sowie Solidaritätsdemonstrationen und -aktionen zum Nakba-Tag in Berlin und Stuttgart.“

Zur Ukraine siehe:

Siehe ansonsten noch – ohne allzu viel Lesestoff zusammenstellen zu wollen:

Quelle: http://theoriealspraxis.blogsport.de/2015/07/20/nao-prozess-nachrufe-auf-einen-vor-2-jahren-verstorbenen/

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