trend spezial: Berichte aus Kosova redigiert von Max Brym

Warum flüchtet die Jugend aus Kosova ?

08-2013

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Kürzlich erklärte Faton Topalli auf einer Pressekonferenz der „ Bewegung für Selbstbestimmung“ ( VV) : „Kosova ist zum zweiten mal innerhalb von 24 Jahren mit einer massiven Fluchtbewegung von Jugendlichen konfrontiert. In den Jahren zwischen 1989-1999 war die Hauptursache, die Repression durch eine ausländische koloniale Macht. Jetzt ist die Ursache dieser Flucht eine völlig gescheiterte Wirtschaftspolitik.“

In der Tat, die ökonomische und soziale Lage ist erschreckend. Gegenwärtig leben 141 000 Einwohner von Sozialhilfe, viele mit 49 Cent am Tag, andere bekommen nur 34 Cent pro Tag. Die Arbeitslosigkeit wird offiziell mit 45% angegeben, im internationalen Ländervergleich ist Kosova was die Lebenssituation der Bürger angeht, nur mit einigen Ländern in Afrika zu vergleichen. In Kosova leiden 18 % der Bevölkerung unter Kalorienmangel. Dazu leben 36 % der Bevölkerung von weniger als zwei Dollar am Tag. Der Privatisierungsprozess kostete bis dato 76.000 Arbeitsplätze. Aber für die „ Internationalen“ ist alles in Ordnung. Kosova wird als stabil eingeschätzt. Dieses Loblied auf die Stabilität ignoriert völlig die Lebenssituation der Menschen. Kürzlich schlug ein Artikelschreiber in der „New York Times“ Hashim Thaci, für den Friedensnobelpreis vor, Welcher Ausbund an politischer Dummheit und Reaktion. Kosova hat die jüngste Bevölkerung in Europa. Das durchschnittliche Alter der Männer in Kosova beträgt 23,3 Jahre, während es bei Frauen bei 23,4 Jahre liegt . Neunzig Prozent der jungen Menschen in Kosovo sind arbeitslos, und das Heer der Arbeitslosen wächst jeden Tag. In Kosova gelten 63% der Bevölkerung als arm.

Der Mangel an neuen Arbeitsplätzen und das schlechte Bildungssystem sind die wichtigsten Ursachen der Fluchtbewegung von jungen Menschen aus Kosova. Konfrontiert mit dem Problem des Überlebens, mit der Armut, dem Mangel an Arbeitsplätzen, den fehlenden bezahlbaren Wohnungen, veranlassen besonders junge Menschen aus Kosova zu flüchten. Nach offiziellen Angaben liegt die Zahl der Bürger aus Kosova in ungarischen Abschiebelagern bei über 4.000 Menschen. Eine beträchtliche Anzahl von jungen Menschen aus Kosova leben illegal in Österreich, in Deutschland, in der Schweiz, Italien und Frankreich. Viele von ihnen sind bei ihren Verwandten untergetaucht. Diese Menschen leben in absoluter Illegalität und damit in Angst und Schrecken. Die Europäische Union, schätzt dass allein im Juni mehr als 10 000 Menschen aus Kosova flüchteten. Die Regierung Kosovas hat ziemlich genaue Daten über diese Fluchtbewegung. Auch die Zahl der Ehen mit EU Bürgern nimmt zu. Gegenüber der Öffentlichkeit schweigt sich die Regierung Kosovas, über diese grausamen Fakten aus.

Der Regierung ist klar, dass ihre nicht vorhandene Sozialpolitik und der neoliberale Privatisierungsprozess , die Ursachen dieser Fluchtbewegung sind. Das einzige was der Innenminister betreibt sind verstärkte polizeiliche Maßnahmen gegen potentielle Flüchtlinge. Herr Rexhepi nennt diese Maßnahmen „ Kampf gegen illegale Schlepperbanden“. Ergo der Dieb schreit haltet den Dieb. Die Banden können nur deshalb massiv agieren weil die Regierung Thaci keinerlei Programm für eine soziale Zukunft der Menschen in Kosova hat. Im Gegenteil, Kosova hat eine negative Handelsbilanz von 1 zu 9. Dadurch wird die Inflation nach Kosova importiert, In Kosova selbst findet nur eine partielle Produktion in ein paar ausgesuchten profitablen Unternehmen statt, Grausam werden die Menschen im Komplex Ferronikel ausgebeutet und die Umwelt extrem vergiftet. Ausländischen Investoren wird der Rohstoffreichtum Kosovas schmackhaft gemacht. Perspektivisch soll Kosova als billige Rohstoffquelle dienen. Eine Verarbeitung der Rohstoffe ist in Kosova nicht vorgesehen. Aber die Regierung tut alles um den Abtransport der Rohstoffe zu ermöglichen. In Kosova baut das Konsortium Bechtel & Enka für 1. Milliarde Euro die teuerste Autobahn - umgerechnet auf die Kilometerzahl- in ganz Europa. Kosova soll ein Transportland werden. Rohstoffe werden abgebaut, abtransportiert, und das Land gilt als Durchfahrtsstraße für Produkte aus Osteuropa mittels der Autobahn an die albanische Küste. Garantiert ist der freie Kapital und Warenverkehr.

Die Menschen hingegen sitzen in Kosova in Not und Elend fest. Die Europaministerin Vlora Citaku machte sich kürzlich mit der rassistischen ungarischen Regierung gemein. Sie verwarf die illegale Fluchtbewegung und erklärte sich bereit, die in Ungarn internierten Flüchtlinge zurück zu nehmen. Frau Citaku beschimpfte die Flüchtlinge indem sie meinte: „ Diese Leute gefährden die „Liberalisierung des Visas“. Tja die Regierung des kapitalistischen Neoliberalismus kann nicht zugeben, dass sie selbst verantwortlich für die Fluchtbewegung ist. Allerdings ist das mit der „ Visa Liberalisierung“ ernst gemeint. Die Regierung hat kein Programm zur Schaffung von Arbeitsplätzen in Kosova. Es gibt keinerlei soziale Agenda. Perspektivisch will die Regierung Thaci, die Jugend legal loswerden. Europäischen Konzernen sollen legale Wanderarbeiter aus Kosova angeboten werden. Gleichzeitig wird in Kosova denselben Konzernen ein Monopol zur Ausbeutung von Menschen und Rohstoffen angeboten. Die Privatisierungsagentur schreibt auf ihrer Website: „ Kommen Sie nach Kosova, hier gibt es flexible günstige Arbeitskräfte und „ niedrige Steuern. Ergo die Privatisierungsagentur ist ein entscheidendes Puzzele für die Massenflucht aus Kosova .


Quelle http://www.vetevendosje.org/index.php?cid=1,2,6830&author=0