trend spezial: Berichte aus Kosova redigiert von Max Brym

Gegen die seltsame Religionsdebatte in Kosova

 

08-2013

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Gegenwärtig sollen sich in Kosova die Geister scheiden an der Haltung zum Islam. Auf der einen Seite stehen „laizistische Politiker“ und scheinbar aufgeklärte Journalisten, auf der anderen Seite „fanatische Islamisten“. Was beide Seiten verbindet ist nicht darüber zu diskutieren, wie die soziale Lage in Kosova geändert werden kann. Oft wird nur debattiert wie es im Himmelreich zugehen könnte. Es wird um Kopftücher und Religionsunterricht
gestritten. Dieser Streit ist kontraproduktiv. Er dient nur dazu die neuesten Verträge mit Serbien und den sozialen Verelendungsprozess zu negieren. Über die religiöse Frage sollen die Menschen gespalten werden. Der ganze inszenierte Streit über die Religion nützt dem kapitalistischen Neoliberalismus. Wir wollen hier nochmals betonen, dass die Religion eine zu respektierende Privatangelegenheit ist. Jede Religionsgemeinschaft hat unveräußerliche Rechte. Entscheidend ist aber die Haltung zur Frage, wie kann die Einheit der albanischen Nation im unzertrennlichen Zusammenhang mit der Lösung der sozialen Frage erreicht werden.  

Kosova- Bemerkungen zur Religion und Nation

 Kürzlich erschien ein Artikel von Albin Kurti unter dem Titel „ Religion und Nation“.. Es scheint auch für uns an der Zeit zu sein zum Themenkomplex „ Religion und Nation“ einige Bemerkungen zu machen. Um es vorweg zu sagen: „ Die Redaktion von Kosova Aktuell tritt für Selbstbestimmung, soziale Gleichheit und Laizismus ( Trennung von Kirche und Staat) ein. Die Angriffe und Drohungen von islamischen Fundamentalisten in Kosova gegen Frauen, wie die
die ehemalige Abgeordnete Alma Lama, von “Vetëvendosjes” ( Bewegung für Selbstbestimmung), attackieren wir als barbarischen und gefährlichen Akt. Die Rede eines Hoxhas aus Prizren, die über You Toube verbreitet wurde wird von uns scharf kritisiert. In dieser Rede stellte der Hoxha Frauen und Mädchen welche studieren als „ Huren“ hin. Diese Rede ist reaktionär und verkommen. Es geht auch nicht an wenn der Abgeordnete Gezim Kelmendi von der „ Partei des Rechts“ den albanischen Nationalhelden Skanderbeg nicht mehr als nationale Gestalt betrachtet wissen will. Für den Abgeordneten Kelmendi welcher die Regierung Thaci -unterstützt- war Skanderbeg nur ein „christlicher Held“. Ziel dieser ganzen Kampagne ist es das einfache Volk zu spalten, das soziale Elend zu belassen und den Widerstand gegen die EULEX und den serbischen Staat zu unterminieren. Es soll ein religiöser Diskurs in Kosova stattfinden. Nichts ist aber absurder als die Religion von der zu akzeptierenden privaten Sphäre in die Öffentlichkeit zu tragen. Die albanische Geschichte kennt Skanderbeg, der letztendlich in seiner Zeit katholisch wurde. Sie kennt aber auch den progressiven orthodoxen Bischof Fan Noli, welcher für demokratische Reformen speziell als Ministerpräsident 1924 in Albanien eintrat. Zudem hatte Fan Noli ein positives Verhältnis zu dem Atheisten Lenin und später in den USA zu dem Juden Albert Einstein. Die Geschichte kennt den Nationalhelden Adem Jashari, dieser Befreiungskämpfer der UCK wurde als Muslim geboren. Eine Religionsinterpretation welche den Glauben zum entscheidenden Faktor in der Bewertung von Geschichte und Personen macht zerstört den progressiven albanischen Patriotismus, gegen den serbischen Staat und die EULEX. Die sektiererische Religionsinterpretation zerstört die Einheit der armen Menschen und der Arbeiter. Die Religion ist eine zu respektierende Privatangelegenheit und sonst nichts. Das Volk in Kosova benötigt die Einheit der Menschen verschiedener religiöser Überzeugungen im Kampf für Freiheit und soziale Gleichheit. Ob einer Atheist, Muslim, oder Christ ist ist eigentlich einerlei. Es geht um Arbeit, Gleichheit und nationale Selbstbestimmung. Ein sektiererischer religiöser Diskurs macht die Wohnung nicht warm, füllt nicht den Bauch und schafft keinerlei soziale Sicherheit.

Keine religiöse Toleranz


Der Autor dieser Zeilen ist gegen die sogenannte religiöse Toleranz. Denn die Toleranz ist nichts freundliches, die Toleranz kann als Haltung jederzeit zurückgenommen werden. Das zugrundeliegende Verb tolerieren wurde im 16. Jahrhundert aus dem lateinischen tolerare („erdulden“, „ertragen“) entlehnt. Es gibt keinen Grund irgendeine Religion nur zu „ ertragen“. Nein die Ausübung der Religion oder der praktizierte Atheismus sind unveräußerliche Rechte. Rechte sind zu respektieren. Auch das Recht von Frauen Kopftücher an den Schulen und Universitäten zu tragen. Wer sich gegen dieses Recht ausspricht ist ungewollt ein Fürsprecher des Hoxhas aus Prizren. Der Kerntext seiner Rede ist, dass die Frauen und Mädchen gefälligst zu hause bleiben sollen. Es gilt jedoch das Recht auf das Kopftuch auf den Rock und andere Kleidungsstücke zu verteidigen. Die Frauen müssen dasselbe Recht auf Bildung und soziale Wohlfahrt erhalten als die Männer. Egal ob sie ein Kopftuch tragen oder nicht. Jeder sektiererische religiöse Diskurs hat zu verschwinden. Die Religion ist Privatsache. Was Kosova benötigt ist die Einheit der einfachen Menschen gegen jede Art von Ausbeutung und nationaler Unterdrückung. Dabei sollte die Devise gelten: „ Ob es einen Himmel gibt oder nicht darüber kann man sich bei genügender Zeit solidarisch streiten, jetzt muss aber dafür gekämpft werden zu verhindern, dass die Realität zur Hölle wird.