Undercover gegen GlobalisierungskritikerInnen
Undercover gegen die Bewegung

von Peter Nowak
08/05

trend
onlinezeitung

Wie eine rechte Massenzeitung in Schottland Polizeiarbeit macht
Ein Nachtrag zu den Globalisierungsprotesten in Schottland

Die englische Zeitung „News oft the World“ ( www.newsoftheworld.co.uk/ ) sieht in der Aufmachung und im Layout aus wie die Bildzeitung in Deutschland. Auch politisch dürfte es viele Überschneidung geben. Nur  begnügen sich die britischen Boulevardjournalisten nicht mit dem Abdruck von Polizeimeldungen, wenn es um politische und soziale Bewegungen geht.

Sie übernehmen die Polizeiarbeit noch gratis mit. So rühmte sich der News oft the World-Journalist Craig Jackson einer Undercover-Arbeit der besonderen Art. „Unser Reporter infiltrierte die Strukturen von dissent, der wichtigsten anarchistischen Gruppe bei den G8-Protesten Anfang Juli in Schottland“ schreibt das Blatt. Dann folgen vier Seiten, die sich eigentlich eher wie Polizeiakten als wie die Seiten einer Zeitung lesen. Führende Aktivisten der linken Proteste aus Großbritannien, Griechenland und Italien werden der Art eines Fahndungsfotos vorgestellt und in die Nähe von militanten Aktionen gebracht. Die Fotos hat der „Journalist“ in seiner erfundenen Rolle als linker Aktivist gemacht, der vorgegeben hat, in den Strukturen von Dissent, dem Protestnetzwerk gegen G8, mitarbeiten zu wollen.

Außerdem hat er im Text zu einigen Aktivisten weitere Angaben, wie Alter und Wohnort gemacht. Wahrscheinlich sind das die Informationen, die ein vermeintlicher Sympathisant schon mitbekommt, wenn er in den Strukturen arbeitet. Daneben scheint Jackson auch Zugang zu dem Email-Verkehr zwischen linken Gruppen aus Schottland und dem Ausland bekommen haben. So werden Ausschnitte aus Anfragen nach Schlafplätzen und den politischen Bedingungen vor Ort in dem Blatt zitiert.  

Angereichert ist der Beitrag mit der üblichen Sprache rechter Hetzmedien. So darf der Begriff „Black Block“ in dem Artikel nicht fehlen. Das ist dem Gipfel 2001 in Genua ein immer wieder gern gebrauchtes Schlagwort gegen linke Gruppen. Legal arbeitende linke Gruppen aus Großbritannien und dem Ausland werden in dem Artikel als kriminell und terroristisch bezeichnet. Auch der Begriff des „Europäischen Anarchistischen Terror-Netzwerk“ fällt. Diese neue Wortschätzung dürfte wohl bald in den Sprachschatz von internationalen Staatsschutzbehörden und ihren Computern eingehen. Methoden wie die von Craig Jackson sind sicher nicht ungewöhnlich in einer Zeit, wo sich nicht wenige JournalistInnen als Sprachrohr des Staates und seiner Interessen gerieren und Proteste im Stil der Feindbekämpfung behandeln.  

Im Zeitalter des Medienaktivismus, der auch viele linken Gruppen erfasst hat, haben es solche Leute einfacher, an Informationen zu kommen. Weil eben die Gruppen nicht mehr so verschlossen wie früher sind, haben auch Staatsschutzjournalisten wie Craig Jackson grössere Chancen.  

Den in den Artikel erwähnten ist zu raten, sich gegen Methoden a la „News oft the World“ zu wehren zu setzen. Dazu sollten sie durch auch juristische Mittel in Anspruch nehmen. Das ist nicht nur im Interesse der sozialen Bewegungen aber auch von JournalistInnen, die sich nicht als StaatsschutzschreiberInnen verstehen.  

Editorische Anmerkungen

Der Autor übergab uns seinen Artikel am 28.7.2005 zur Veröffentlichung.