Wie in allen Bewegungen, die
einen großen Teil des
„progressiven Spektrums“
begeistern, gibt es auch in der
Klimabewegung
Auseinandersetzungen um die
richtige Linie. Was für Aktionen
sind legitim? Ist es sinnvoller
schöne Fotos für die Presse zu
erzeugen oder muss der militante
Widerstand aufgebaut werden?
Müssen wir vor allem an uns
selber arbeiten oder den
Kapitalismus insgesamt
abschaffen? Sollen wir uns
parteipolitisch engagieren oder
ist der Druck von der Straße
wichtiger? Die Grünen und andere
Parteien wollen Einfluss
entfalten und die Bewegung für
sich (und die parlamentarische
Arbeit) vereinnahmen. Radikale
KonsumkritikerInnen wollen am
liebsten selbstorganisierte
Bauernhöfe gründen und
Evangelikale wollen Gottes
Schöpfung bewahren.
In
diesem Artikel wollen wir aus
kommunistischer Sicht einen
Beitrag zu laufenden Debatten in
der Klimagerechtigkeitsbewegung
liefern.
Die Umweltkrise zeigt sehr
direkt und leicht erklärbar auf
warum das heutige
Wirtschaftssystem keine Zukunft
hat. Auf dem Weg dahin den
Planeten und damit seine eigene
Grundlagen zu vernichten, lässt
uns der Kapitalismus nur zwei
Optionen: Entweder werden sich
die Lebensbedingungen der
gesamten Menschheit bis hin zum
möglichen Zusammenbruch der
„Zivilisation“ rasant
verschlechtern, oder wir
schaffen den Kapitalismus ab.
Teile der
Klimagerechtigkeitsbewegung
packen in ihrer Praxis schon an
der richtigen Stelle zu: der
Wirtschaft. Wenn
Braunkohlegruben und Kraftwerke
blockiert werden schadet das der
kapitalistischen Wirtschaft an
einer sehr empfindlichen Stelle.
Ohne Strom ist die Produktion
nicht vorstellbar. Wir denken,
dass dieser Umstand einen viel
größeren Stellenwert einnehmen
sollte. Oft wird
Antikapitalismus im Vorbeigehen
erwähnt aber was das eigentlich
ist und wie eine Gesellschaft
jenseits von Profitlogik
aussehen kann bleibt offen. Es
wäre aber nötig herauszustellen,
dass wir nicht nur die Logistik
der Umweltzerstörung blockieren,
sondern auch und vor allem die
Logistik des Kapitalismus. Wir
sehen die Lösung der Umweltkrise
im Sturz des Kapitalismus, nicht
nur im Umstieg auf erneuerbare
Energien und bewusste Ernährung.
Solange hier noch irgendwas nach
dem Prinzip des maximalen
Gewinns produziert wird, leidet
die Umwelt automatisch. Diese
Sichtweise führt uns auch zu
einem wunden Punkt der Bewegung.
Wir müssen auf dem Weg zur einer
Perspektive jenseits des
Kapitalismus anfangen uns auf
die lohnabhängige Klasse zu
beziehen, mit ihr zu arbeiten
und die Selbstorganisation
voranzutreiben. Ja, auch und
erst recht die Teile der Klasse,
die bei RWE arbeiten. Also auf
genau den Teil unserer
Gesellschaft, der tatsächlich
produziert und dadurch sowohl in
der Lage ist die Produktion zu
unterbrechen, als auch sie
ökologisch und sozial
umzugestalten.
Die Aktionen von „Decoalonize“
greifen auf, dass der
Kapitalismus globalisiert ist
und haben als Ziel die
internationalen
Produktionsketten zu
unterbrechen. Dafür werden
Schienen, Häfen und Autobahnen
blockiert. Hier treffen die
gleichen Gedanken zu wie im
Abschnitt vorher, aber um eine
Komponente erweitert. Es geht
uns um den Imperialismus und die
wirtschaftliche und politische
Abhängigkeit von
kolonialisierten Ländern.
Weltweit gibt es ein Ringen um
Einfluss in unterdrückten
Ländern, Kriege werden um
Ressourcen geführt, sogar
Trinkwasser ist umkämpft. Die
Politik des deutschen Staates
und der EU in diesem weltweiten
Kampf um die Macht ist ziemlich
unbeeindruckt von „westlichen
Werten“ und Menschenrechten.
Klimagerechtigkeit kann nicht
hergestellt werden ohne die
vielfältige Ausbeutung der
kolonialisierten Länder zu
beenden. Es ist kein Zufall,
dass ausgerechnet die kurdische
Bewegung eine intensive
Auseinandersetzung mit der
Ökologie vorzeigen kann. Gerade
im mittleren Osten tobt der
Kampf um Ressourcen und damit
auch die Vernichtung von
riesigen Ökosystem besonders
heftig. Eine Verbindung dieser
Kämpfe würde sowohl den
antiimperialistischen Standpunkt
der kurdischen Bewegung, als
auch den den
antikapitalistischen Standpunkt
der Bewegung in Deutschland
stärken.
Die Klimagerechtigkeitsbewegung
schafft es viele Aktionsniveaus
nebeneinander bestehen zu
lassen. Es gibt
Massendemonstrationen, Blockaden
und unterschiedlichste Formen
direkter Aktionen. Uns wäre es
wichtig diese Aktionen mehr
zusammenzuführen. Warum nicht
bei Fridays for Future Blockaden
durchführen? Warum nicht bei
Ende Gelände einen militanteren
Widerstand gegen die Polizei
durchsetzen? Menschen, die sich
dauerhaft engagieren, werden
schließlich nicht durch eine
wohlwollende Berichterstattung
der bürgerlichen Presse, sondern
durch überzeugende und
erfolgreiche politische Arbeit
gewonnen. Die Presse ist sowieso
ein wackliger Verbündeter die
heute BraunkohlegegnerInnen lobt
und morgen Geflüchtete
verurteilt. Aber: Es sind auch
nicht nur die kleinen Grüppchen
von vermummten AktivistInnen die
eine Bewegung radikalisieren. Es
sind die Zustände im
Kapitalismus, verbunden mit
Menschen die eine weitergehende
Perspektive aufzeigen.
Um
das möglich zu machen brauchen
wir Strukturen die „nicht nur“
in einem der verschiedenen
Zweige der
Klimagerechtigkeitsbewegung
aktiv sind. Wir müssten in der
Lage sein alle Leute, die sich
beteiligen wollen, da abzuholen
wo sie stehen. Wir müssen
Brücken bauen zwischen den
Menschen, die sich an Aktionen
beteiligen und denen, die diese
Aktionen organisieren. Das Ziel
ist die Selbstorganisation der
AktivistInnen auf
antikapitalistischer und
antiimperialistischer Grundlage.
Es muss Anlaufstellen geben,
z.B. offene Klimatreffen, an
denen alle zusammenkommen können
die perspektivisch den Schritt
in die politische Organisierung
gehen wollen. Um zu erreichen,
dass Strukturen gleichzeitig
militante Aktionen und
Massendemonstrationen
durchführen können müssen sie
sich verdeckt organisieren. Die
Verbindung zwischen offenen
Anlaufstellen und klandestiner
Organisierung, zwischen
militanten Aktionen und
friedlichen Aktionen, ist eine
der größten Herausforderungen
die wir bewältigen müssen.
Das ist also unser konkreter
Vorschlag: Mehr Organisation,
mehr Konfrontation, klare
antikapitalistische und
antiimperialistische
Standpunkte, mehr Blicke über
den eigenen politischen
Tellerrand hinaus und wo immer
es geht mit den Kämpfen der
lohnabhängigen Klasse in Kontakt
kommen.
Für den Kommunismus!