Die "Weisheit", dass
sich Geschichte nicht wiederholt, wird gerade in
der Türkei auf dramatische Weise widerlegt.
Und zeigt uns, wie sehr sich
die Methoden der Diktatoren dieser Welt gleichen,
wenn es darum geht,
uneingeschränkte Kontrolle auszuüben und jeden
Widerspruch oder
Andersdenkende zu beseitigen. Der gescheiterte
Putsch von Teilen der Armee
war das Signal zum finalen Rundumschlag, mit dem
der neue "Kalif von Ankara"
die Reste der Opposition und vermeintliche Gegner
enthauptet. "Legitime" Grundlage für diese
Menschenjagd der
"Sicherheitskräfte" sind die neuen
Anti-Terror-Gesetze. Der Jubel der
AKP-Anhänger wurde instrumentalisiert als
Zustimmung für Erdogan.
Angestachelt durch religiöse "Heilsbringer" wurde
die Menge zum Mob. Und so
war es möglich, dass 5 junge Wehrpflichtige auf der
Bosporus-Brücke gelyncht
wurden. Dabei hatten sie doch nur den Befehlen
ihrer Vorgesetzen gehorcht,
wie man es ihnen beigebracht hatte! Und um diesem
Amoklauf zur Rettung der Freiheit und
Demokratie und des Volkes
berechtigten Zorn den Mantel der "Rechtmäßigkeit"
umzuhängen, braucht man
einen Grund, einen Sündenbock. Und sei er auch noch
so abwegig. Die Hauptsache
ist, dass das Volk ihn akzeptiert. Der Staatsfeind
Nr.: 1 heißt für Erdogan
Fethulla Gülen!
Nun kann man denken: Bei uns nicht möglich. Doch es
drängen sich schmerzliche
Parallelen zu unserer Vergangenheit auf.
Schauen wir zurück in unserer Geschichte bis in die
Nacht vom 27. auf den 28.
Febr. 1933. Da brannte in Berlin das
Reichstagsgebäude. Ursache:
Brandstiftung! Und man hatte auch gleich einen
Schuldigen, einen
Sündenbock: den Niederländer Marinus van der Lubbe.
Und was ihn zum idealen
"Corpus Delicti", zum Beweis seiner Schuld machte,
war: Er war Kommunist!
Noch am Brandort sagte der preußische Innenminister
Hermann Göring: "Das ist der
Beginn des kommunistischen Aufstandes, sie werden
jetzt losschlagen! Wir
dürfen keine Minute versäumen!"
Man darf dabei nicht vergessen, dass Adolf Hitler
und die NSDAP erst am 30.
Jan. 1933 legal an die Macht gekommen waren. Ihre
Hauptgegner waren die KPD
unter ihrem Vorsitzenden Ernst "Teddy" Thälmann.
Und es war Wahlkampf für die
Reichstagswahlen am 05. März 1933.
Deshalb forderte
Hitler noch am Abend des 28.02. vor Kadern der SA:
"Es gibt jetzt kein
Erbarmen. Wer sich uns in den Weg stellt, wird
nieder gemacht. Das deutsche
Volk wird für Milde kein Verständnis haben. Jeder
kommunistische Funktionär wird erschossen,
wo er angetroffen wird. Die
kommunistischen Abgeordneten (Anm. die KPD war im
Reichstag wie auch in den
Landtagen vertreten) müssen noch in der Nacht
aufgehängt werden. Alles,
was mit dem Kommunismus in Verbindung steht, ist
festzusetzen!"
Am 28.02.1933 beschloss das Kabinett unter
Reichskanzler Hitler per
Notverordnung das Gesetz "Zum Schutz von Volk und
Staat"! Damit wurden alle
Grundrechte außer Kraft gesetzt. Der Polizei und
ihren "Helfern" aus den
Reihen der SA war es nun möglich, willkürliche
Verhaftungen ohne Angabe von
Gründen vorzunehmen ("Der Verdacht machte die
Betroffenen verdächtig"),
rechtlichen Beistand zu verweigern, die
Unversehrtheit von Wohnung
und Eigentum war ausgesetzt. Das Post- und
Fernmeldegeheimnis wurde
ebenso aufgehoben wie die Presse- und
Meinungsfreiheit.
Und ebenso wie in der Türkei wurde für verschiedene
"Terrordelikte" wie
Brandstiftung die Todesstrafe rückwirkend wieder
eingeführt!
Bis Mai 1933 wurden fast 100.000 Menschen,
überwiegend Kommunisten, in
"Schutzhaft" genommen und, da sie Gefängnisse
übervoll waren, in neu
errichtete "Konzentrationslager" gesperrt. Unter
den "Schutzhäftlingen" waren
auch besonders viele linke Intellektuelle und
Menschen jüdischen Glaubens
wie Alfred Apfel, Fritz Ausländer, Felix Halle,
Wilhelm Kaspers, Rudolf
Bernstein, Egon Erwin Kisch, Erich Mühsam, Carl von
Ossietzky, Ernst Schneller, Werner Scholem
und Wilhelm Pieck.
Nun werden natürlich viele sagen, dass man das
Hitler-Regime nicht mit der
Türkei vergleichen kann. Das ist richtig. Aber ich
zeige auch nur die Parallen
auf, die sich augenscheinlich ergeben. Und was sich
für mich so verheerend für
unsere Auffassung für Demokratie und
Menschenrechte auswirkt, ist die Tatsache,
dass Europa nichts
unternimmt, um den Despoten Erdogan zu stoppen.
Denn man hat sich ihm mit
dem schmutzigen Flüchtlings-Abkommen bis zu den
Schultern rektal
unterworfen. Er macht für die EU die
"Drecksarbeit", um die Menschen,
die vor den von den "westlichen Demokratien"
vom Zaun gebrochenen Kriegen
zum Schutz von geostrategischen und
wirtschaftlichen Interessen
fliehen, zu stoppen. Damit die Heuchler und
Intriganten ihr "Gesicht"
wahren können. Aber gerade hier gilt: Eine Hand
wäscht die andere nicht,
denn dabei werden jetzt beide schmutzig!
Die Türkei unter Erdogan ist kein verlässlicher
Partner und gehört nicht in
die EU. Was sich nach Einführung der Todesstrafe
auch wohl erledigen wird.
Aber ich befürchte, dass unsere Pseudo-Demokraten
auch da einen Winkelzug
finden, um ihren Sprechblasen aus Appellen,
erhobenen Zeigefingern und
der Augenwischerei, das Recht verteidigen zu
wollen, dem Recht des
Stärkeren nachgeben werden. Denn für Erdogan war
der Putsch "ein Geschenk
Gottes". So wie bei uns der Reichstagbrand für
Hitler. Ein Ökonom würde, sollte er eine
eine Kosten/Nutzen Rechnung
aufstellen müssen, zu dem Ergebnis käme: Ohne
Aufwand wurde die größte
Wirkung erzielt! Verlierer waren beide Male die
Menschen!
Denn nach den Repressalien und dem Wüten des
Erdogan wird es still werden
in der Türkei. Unsere Pflicht ist es, mitzuhelfen,
dass aus der Stille keine
Totenstille wird.
Wie immer möchte ich ein weises Wort, passend zum
Thema, an das Ende meines
Diskussionsbeitrages stellen. Und vielleicht als
"Wegweiser" annehmen, damit
sich Geschichte doch nicht wiederholt.
"Die Welt
wird nicht bedroht von Menschen, die böse und
machtgierig sind, sondern
von denen, die es zulassen!" (Albert
Einstein)
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Autor am 20.7.2016
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