Stadtumbau & Stadtteilkämpfe
Spekulativer Wohnungsbau in Berlin erreicht neue Dimension

BBU-Pressemitteilung vom 20.07.2016

07/2016

trend
onlinezeitung

(Berlin, Bonn, 20.07.2016) Die Fakten: Mitten in Berlin sollen auf einer 2,2 Hektar großen begrünten Fläche, die Bautzener Brache, sieben Wohnhäuser mit über 300 Wohnungen gebaut werden. Angesichts des benötigten Wohnraums haben sich große teile der Bevölkerung daran gewöhnt, dass in jeder noch freien Ecke in Berlin Wohnsilos in Windeseile hochgezogen werden.

Mit der Bautzener Brache jedoch ist eine undurchsichtige Gemengelage zwischen der Politik und der Wirtschaft entstanden, die selbst für Berliner Verhältnisse eine neue Dimension erreicht hat.

Die Fläche grenzt unmittelbar an eine innerstädtische Durchgangsstraße, die Yorckstraße, mit einem täglich 24-stündigen hohen Verkehrsaufkommen. Entsprechend erreicht diese Straße mit die höchste Feinstaubbelastung Berlins. Die ersten der sieben Häuser sind nur wenige Meter davon entfernt geplant. Auch sollen dort Spielplätze gebaut werden ohne Rücksicht auf die Gesundheit der Kinder.

Mit Verwunderung nimmt der Bundesverband Bürgerinitiativen Umweltschutz (BBU) auch zur Kenntnis, dass die Häuser mitten in der für Berlin wichtigen Nord-Süd-Belüftungsschneise gebaut werden. Die Bedeutung dieser Grüntrasse für die Reduzierung von Atemwegserkrankungen ist seit langem bekannt. Hinzu kommt, dass die sieben Wohnblöcke auch noch quer in die Luftschneise gebaut werden.

Weshalb nun diese merkwürdige Planung, obwohl nur wenige hundert Meter entfernt stadtklimatisch günstige Freiflächen zur Verfügung stehen, auf denen nicht gebaut wird? Der Investor ist Reinhold Semer, der Inhaber der Baumarktkette Hellweg. Es sei sein besonderes Anliegen und ein persönliches Projekt, an dieser Stelle die Wohnblocks zu bauen. Lange fragten sich die Anwohner_innen, wie man auf die Idee kommen kann, die Menschen in ein solches Areal mit einer gesundheitlich hohen Belastung zu zwängen und obendrein das Ganze auch noch als ökologisch zu preisen.

Dann war klar, weshalb die Bautzener Brache unbedingt bebaut werden sollte. Für dieses Grundstück besteht nach §35 BauGB/Außenbereich kein Rechtsanspruch auf Baurecht. Dies war der Öffentlichkeit nicht bekannt und das Stadtplanungsamt belog die Bevölkerung. Es behauptete, auf der Fläche würde bereits ein Baurecht bestehen. Erst als das Grundstück „für'n Appel und'n Ei“ an den Hellweg-Eigentümer verkauft war, fiel dem Amt ein, dass kein Baurecht besteht. Der Investor ließ dann über ein Architekturbüro eine detaillierte Planung für die Wohnsilos vorlegen, obwohl kein Baurecht vorliegt.

Die Politik, der Bezirk Berlin-Schöneberg, will dies jetzt unter allen Umständen nachholen. Allen voran geht die Grüne Stadträtin für Stadtentwicklung, Sibyll Klotz, die das Wohnprojekt lobpreist und jedes Gegenargument aus der Bevölkerung vom Tisch fegt.

Wenn das Baurecht geschaffen wird, wird die Bautzener Fläche entsprechend des Bodenrichtwerts rund 22 Mio. Euro wert sein. Der Eigentümer der Fläche wird dann allein durch die politische Entscheidung einen Spekulationsgewinn von über 1000 Prozent erhalten.

Der BBU fragt, welcher Deal hat zwischen der Politik und dem Investor hinter der Bühne stattgefunden? Der BBU fordert von der Politik unverzüglich Aufklärung.

„Die Bautzener Brache ist das unsinnigste Wohnbauprojekt Berlins. Ein gesundheitlicher und klimatischer Schildbürgerstreich vor einem Spekulationshintergrund, der von der Grünen Stadträtin Sibyll Klotz mit allen möglichen Mitteln gepuscht wird“, stellt Dr. Peter Schott, Geschäftsführendes BBU-Vorstandsmitglied fest.

Der BBU fordert die Politik auf, die Planung für die Bebauung der Bautzener Brache als bundesweites Negativbeispiel für den spekulativen Wohnungsbau sofort zu stoppen und kein Baurecht zu gewähren.


per email am 20.07.2016
Informationen über den BBU und seine Aktivitäten gibt es im Internet unter
www.bbu-online.de www.facebook.com/BBU72.