Der
Sieg des „Brexit“, des britischen Austritts aus der
Europäischen Union, vom 23. Juni hat Schockwellen
nicht nur in Europa, sondern auf der ganzen Welt zur
Folge. Börsen stürzten ab; manche erlitten größere
Einbrüche als nach dem Zusammenbruch der Lehman
Brothers 2008. Auch wenn die erste Panik verfliegen
mag, so ist das nur ein Vorgeschmack darauf, was
passiert, wenn die wirtschaftlichen Konsequenzen des
Verlassens der größten Handelszone der Welt
offenkundig werden. Während die führenden
europäischen PolitikerInnen erklären, dass die EU
überleben wird und keine weiteren Staaten dem
britischen Beispiel folgen werden, haben
populistische PolitikerInnen wie Marine Le Pen den
Sieg des Brexit gefeiert und rufen zu einer
Volksabstimmung in Frankreich auf. In Britannien
selbst hat er die Büchse der Pandora des Rassismus
und britischen Chauvinismus geöffnet.
Polnische Kulturzentren und Moscheen wurden mit
rassistischen Parolen beschmiert. Kinder, die für
MigrantInnen gehalten werden, wurden auf Schulhöfen
beschimpft oder misshandelt, Erwachsene auf der
Straße angegriffen. Die Polizei berichtet von einem
alarmierenden Anstieg von Hassverbrechen. Zweifellos
ist ein großer Teil davon das Werk bislang noch
kleiner faschistischer Gruppen, aber etliches davon
ist die direkte, wenn auch unorganisierte Folge des
Hasses gegen MigrantInnen und Geflüchtete, der
täglich von den vier bis fünf meistgelesenen
Boulevard-Zeitungen verbreitet wird.
Spaltung der KapitalistInnen
Es ist auch den Milliardärsmedien zu verdanken, dass
das Gift des Chauvinismus Sektoren der
ArbeiterInnenklasse erfasst hat, die normalerweise
Labour wählen, und erst recht die fremdenfeindlichen
Teile der Mittelklassen und Millionen ArbeiterInnen,
die ohnedies kein Klassenbewusstsein haben,
regelmäßig die Tories wählen und keinen
Gewerkschaften beitreten würden. Die Darstellung des
Brexit als eine Rebellion des „Heart of England“ (des
Herzens Englands) gegen die privilegierte,
hauptstädtische Elite spielt direkt in die Hände der
von Nigel Farage geführten UKIP (United Kingdom
Independence Party). Sie lenkt außerdem auch von den
wirklichen Gründen für das Referendum ab, der
Spaltung der britischen KapitalistInnenklasse
zwischen jenen, die groß und konkurrenzfähig genug
sind, international zu operieren, und den kleineren,
national orientierten, die das nicht können.
Diese
Spaltung spiegelt sich in der Konservativen Partei
wider, deren FührerInnen und Abgeordnete im
Allgemeinen die Interessen der mächtigsten, aber
zahlenmäßig sehr kleinen KapitalistInnen zum Ausdruck
bringen. Die Basis der Partei besteht aber aus der
viel größeren Zahl kleiner KapitalbesitzerInnen, den
von ihnen Abhängigen, darunter oft deren Angestellte.
In der Kampagne stellte sich eine Minderheit der
Führung der Konservativen Partei – vor allem Boris
Johnson und Michael Gove – auf die Seite der
Brexit-BefürworterInnen, um ihre eigenen Aussichten
zu verbessern, Cameron abzulösen. Wie fast alle
AnalystInnen, so glaubten auch sie, dass sich die
lange als sicher erscheinenden Prognosen erfüllen
würden, dass das Remain (Verbleib)-Lager gewinnen
würde und Britannien in der EU bliebe – allerdings
mit Johnson als Premierminister.
Diese Fehlkalkulation hat den britischen
KapitalistInnen eine tiefe politische Krise beschert.
Ihre ganze ökonomische Strategie wurde durch ihre
eigene politische Partei aufs Spiel gesetzt. Noch
schlimmer: Die Austritts-Politik hat jetzt ein, wenn
auch vollkommen fragwürdiges, „demokratisches
Mandat“, und ihre Partei wird wahrscheinlich von
jenen leichtfertigen Abenteurern geführt werden, die
eine Mehrheit für den Brexit mobilisiert haben. Die
Sache wird noch schlimmer dadurch, dass das
ungewollte Resultat des Referendums nicht nur den
fragilen Zusammenhalt der EU auf die Probe stellt,
sondern auch das Auseinanderfallen des Vereinigten
Königsreichs selbst, da sowohl in Schottland wie in
Nordirland eine große Mehrheit gegen den Brexit
stimmte.
Die Führung der Labour Party
Die Krise der bürgerlichen Klasse macht es umso
schändlicher, dass die Labour-Rechte, die seit den
Tagen Tony Blairs über eine Mehrheit in der
Parlamentsfraktion der Partei verfügt, sich in dieser
Situation entschlossen hat, einen lange geplanten
Coup gegen den linken Parteivorsitzenden, Jeremy
Corbyn, zu initiieren, der vor weniger als einem Jahr
von einer großen Mehrheit der Mitglieder und
UnterstützerInnen gewählt worden war.
Dem
Narrativ von UKIP und der Boulevardpresse folgend,
stellen sie das Ergebnis als Rebellion der
„Kernregionen von Labour“ gegen die hauptstädtische
Mittelklasselinke Londons und der großen Städte dar.
Das ist eine ungeheuerliche Entstellung der Realität:
Rund zwei Drittel der WählerInnen der Labour Party
haben für den Verbleib in der EU gestimmt, während
nur 40 Prozent der WählerInnen der Konservativen der
offiziellen Politik ihrer Partei folgten, für den
Verbleib zu stimmen.
Nichtsdestotrotz müssen revolutionäre KommunistInnen
zur Kenntnis nehmen, dass eine signifikante Zahl von
WählerInnen aus der ArbeiterInnenklasse für die durch
und durch reaktionäre Politik des Brexit gestimmt
hat. Diesem wurde durch die Kommunistische Partei
Britanniens (CPB) und ihrer Tageszeitung, den
„Morning Star“, der Socialist Workers Party (SWP,
Schwesterorganisation von Marx21), der Socialist
Party (Sozialistische Partei, Schwesterorganisation
der SAV) und ihren jeweiligen Wochenzeitungen ein
„linker“ Anstrich gegeben. Sie traten für einen
„linken“ Austritt, den Lexit, ein und argumentierten,
dass dieser die Pläne der herrschenden Klasse
durchkreuzen und Cameron zu Fall bringen würde. Diese
simple Herangehensweise an den Klassenkampf ruft uns
Trotzkis ätzende Bemerkung in Erinnerung, dass jeder
Idiot eine Meisterstratege wäre, wenn es nur darum
ginge, überall dort, wo die herrschende Klasse ein
Plus macht, ein Minus zu setzen.
Die
CPB und die SP haben sogar mit der Idee geliebäugelt,
dass die Migration tatsächlich ein Problem wäre, dass
die Konkurrenz mit den polnischen ArbeiterInnen
wirklich die Löhne gedrückt hätte. Die CPB tritt für
eine Form kontrollierter Einwanderung ein. Die
internationale Organisation der SP, das „Komitee für
eine Arbeiterinternationale“ proklamierte den 23.
Juni gar zu einem großen Sieg der ArbeiterInnenklasse
und legte nahe, dass dieser zu einem Wahlsieg Jeremy
Corbyns führen könnte. Die SWP unterscheidet sich
davon immerhin positiv, indem sie die Forderung nach
offenen Grenzen unterstützt. Gleichwohl hat sie mit
ihrem Eintreten für den Brexit die ArbeiterInnen dazu
aufgerufen, Grenzen, die bislang relativ offen waren,
zu schließen! Nach der Abstimmung hat die SWP
außerdem wenigstens realisiert, dass eine massive
anti-rassistische Kampagne wegen der direkten Folgen
ihres vorgeblichen „Sieges“ notwendig geworden ist.
Viele Menschen stimmten für den Austritt, weil sie um
ihre Lebensbedingungen fürchten. Das ist zweifellos
verständlich. Die Vorstellung, dass der Verbleib in
der EU gegen ihre wirklichen Interessen verstoßen
würde oder ihre Ängste vor Migration gerechtfertigt
wären, beruht auf Einbildung und einer
chauvinistischen Verkehrung der realen Ursachen der
Probleme von Millionen. Aber was gab Schlagwörtern
wie „Wiedererlangung der Kontrolle über das Land“,
von „Souveränität“ und „Unabhängigkeit“ die Macht zu
überzeugen? Es ist der zunehmende Verlust selbst von
beschränkter Kontrolle über das eigene Leben, dieses
nach eigenen Wünschen zu gestalten. Tony Benn hat vor
Jahren Lord Actons bekanntem Ausspruch über die
Korruption durch Macht dahingehend umformuliert, dass
Machtlosigkeit korrumpiert und die absolute
Machtlosigkeit absolut korrumpiert“. Das Maß an Macht
über ihr eigenes Leben, dass ArbeiterInnen einmal
errungen hatten, war das Resultat besser bezahlter
Arbeit, sicherer Arbeitsplätze, sozialen Wohnungsbaus
und expandierender Sozialleistungen. Nicht „Europa“
hat das alles zerstört, sondern die britische
KapitalistInnenklasse, die an der Spitze des
Neo-Liberalismus, der Privatisierungen, des
Outsourcing und der Verlagerungen stand.
Das Ausbleiben jedes ernsthaften Kampfes zur
Verteidigung der Arbeitsplätze und Arbeitsbedingungen
durch Labour und die Gewerkschaften bedeutet, dass
viele Menschen, besondern die älteren, erwerbslosen
EinwohnerInnen in den niedergehenden, ehemaligen
Industriestädten berechtigterweise auf das ganze
„Establishment“ empört sind – seien es die
PolitikerInnen aus dem Parlament in Westminster, die
„ExpertInnen“ und BürokratInnen, die allesamt für die
soziale Verwüstung ihrer Gemeinden verantwortlich
sind.
Ein
damit verbundener Faktor ist der Niedergang der
Gewerkschaften, die nur noch halb so groß sind wie in
den 80er Jahren. Zusammen mit einem Rückgang der
Kampfkraft und Kampfbereitschaft bedeutet das, dass
viele Menschen keine Erfahrungen mit gemeinsamen
effektiven Aktionen gegen Entlassungen, Kürzung
sozialer Dienste oder Wohnungsnot haben. Das hat sie
für die Argumente der Rechts-PopulistInnen von UKIP
unter Nigel Farage empfänglich gemacht, die etwas tun
konnten, was die Austrittsbefürworter aus der
konservativen Elite um Boris Johnson nicht tun hätten
können. UKIP benutzte links klingende Demagogie über
die langen Wartelisten beim sozialen Wohnungsbau, die
Finanzierungskrise im Gesundheitswesen NHS, marode
Schulen und niedrige Löhne, um dafür die
migrantischen ArbeiterInnen verantwortlich zu machen.
Die
offenkundigen Krisen der europäischen Union – die
Bankenkrise, dann die Finanzkrisen in den
Mitgliedsländern, die Austeritätskrise, die den
schwächeren Ländern der Eurozone aufgezwungen wurde,
und schließlich die sog. „Flüchtlingskrise“ im
vergangenen Jahr – trugen alle zum weit verbreiteten
Misstrauen gegen „Europa“ bei. Hinzu kam, dass mit
Ausnahme von Corbyn und McDonnell alle PolitikerInnen
auf beiden Seiten des Referendums „vergaßen“, dass
der britische Kapitalismus 2008 selbst eine
fundamentale Krise durchmachte. Sie „vergaßen“, dass
die britischen Bosse Niedriglöhne durchgesetzt hatten
und britische Regierungen, ob von den Tories oder
Labour, eine Kürzungspolitik ohne jeglichen Druck von
Brüssel durchsetzten.
Schließlich scheint es bei einem Referendum – anders
als bei Parlamentswahlen, wo das undemokratische
britische Mehrheitswahlrecht sicherstellt, dass die
meisten Stimmen tatsächlich nichts zählen –,
tatsächlich auf jede Stimme anzukommen. Was auch
immer die unterschiedlichen Motive der einzelnen
WählerInnen für ihre Wahl sein mögen, so werden sie
zu einem Thema gebündelt. Das war zweifellos ein
machtvoller mobilisierender Faktor für Millionen, die
sich mehr und mehr von den beiden größten Parteien
entfremdeten, die beide dazu aufriefen, in der EU zu
verbleiben.
Aussichten
Das Anschwellen des antieuropäischen Chauvinismus
wird im September VertreterInnen des rechten Flügels
der Konservativen Partei, wahrscheinlich Boris
Johnson oder Theresa May, an die Regierungsspitze
bringen. Sie werden den Artikel 50 des Abkommens von
Lissabon aufrufen müssen und mit harten Bandagen auf
die Wirtschaft durchschlagende Verhandlungen mit der
EU beginnen. Sie werden ferner sicher einen neuen
Kürzungshaushalt verabschieden wollen. Die Bank von
England hat signalisiert, 250 Milliarden britische
Pfund aufzutreiben, wenn dies notwendig sein sollte,
um die Banken und den Finanzplatz London City zu
stabilisieren, während sie für das Gesundheitswesen
oder den sozialen Wohnungsbau keinen Penny übrig hat.
Der
Einfluss von Farage und seiner UKIP wird während der
Verhandlungen über den Brexit wachsen. Bei einer
wahrscheinlich vorgezogenen Wahl dürfte diese Partei
erstmals eine beträchtliche Anzahl von
Parlamentssitzen gewinnen. Das ist um so
wahrscheinlicher angesichts der Anstrengungen, Corbyn
als Führer der Labour Party wegzuputschen. Dieser
offene Verrat wäre eine echte Chance für UKIP, die
bewusst auf Stimmenfang bei Labour-WählerInnen in
Kleinstädten und Vororten aus ist. Die UKIP hofft,
dort große Einbrüche zu erzielen mit Hilfe ihrer
Demagogie, dass ihr die sozialen Probleme und die
vernachlässigte „einheimische“ (damit meint sie
weiße) ArbeiterInnenschaft am Herzen lägen, während
sie den eingewanderten ArbeiterInnen aus Europa die
Schuld an allen Unannehmlichkeiten in die Schuhe
schieben will.
Da
die ökonomische Schrumpfung, die sich schon vor der
Brexit-Abstimmung abzeichnete, Britannien sehr hart
treffen wird, kann auch die ‚Souveränität’ keinen
Schutz vor den Kräften der Märkte, d. h. den Gesetzen
des weltumspannenden Kapitalismus bieten. Wenn sich
die Verhandlungen zwischen Britannien und der EU
hinziehen, wird sich die Sachlage wirtschaftlich
verschlechtern, und es wird sich klar zeigen, dass es
kein Abkommen über einen kompletten
Einwanderungsstopp geben kann. Dies birgt die große
Gefahr, dass die Befürworter von direkter Aktion als
einzigem Ausweg Oberwasser gewinnen können. In einer
solchen Atmosphäre werden erwartungsgemäß Rufe nach
der Abschiebung von ausländischen Arbeitskräften und
Flüchtlingen lauter und physische Übergriffe von
faschistischen Gruppen häufiger. Rassismus wird in
all seinen hässlichen Formen um sich greifen, wenn er
nicht massenhaft bekämpft wird. Über das Potenzial
dazu verfügen nur Labour und die Gewerkschaften.
Nicht zuletzt wird die britische Entscheidung in
Europa die eurofeindliche Rechte beflügeln, die
bereits vor dem 23. Juni auf dem Vormarsch war. Front
National in Frankreich und andere Gruppierungen in
den Niederlanden, in Dänemark und einer Reihe von
ost- und mitteleuropäischen Ländern, die den Austritt
fordern und das Banner der nationalen Souveränität
schwenken und ihren Hass auf EinwanderInnen
hinausschreien, selbst wenn es bei ihnen kaum welche
gibt, werden profitieren. Dies hat eine Gegenreaktion
bei den europäischen HerrscherInnen hervor gerufen,
auch teils unter der Wählerschaft wie in Spanien, wo
es zu einer Ablehnung des rechten wie linken
Populismus und einem Zug zu der Geborgenheit
traditioneller Parteien wie der konservativen
Volkspartei von Mariano Rajoy gekommen ist, die – so
denken sie – Stabilität gewährleisten kann.
Angela Merkels Antwort auf das britische Votum fiel
im Gegensatz zu ihrem Finanzminister Wolfgang
Schäuble unerwartet milde aus. Ihre Äußerung zeugt
von dem Bewusstsein, nicht zu stark gegenüber den
schwächeren EU-Staaten auftrumpfen zu wollen, weil
diese sonst mit Gedanken an Abstimmungen oder den
Austritt spielen könnten, was die
auseinanderdriftenden Tendenzen innerhalb der
Europäischen Union verstärken könnte. Die
Brexit-Seuche könnte sich leicht wie ein Wundbrand
ausbreiten. Zum anderen halten es viele für
notwendig, Britannien zurückzuweisen, weil es die
anderen ermutigt.
Die
Schwäche der nationalen ArbeiterInnenbewegungen bei
der Bekämpfung von Kürzungspolitik und beim
Widerstand gegen den flüchtlingsfeindlichen Rassismus
ist der mit entscheidende Faktor für das Anwachsen
des reaktionären Nationalismus in Britannien ebenso
wie in ganz Europa. Es ist ihnen nicht gelungen zu
zeigen, dass „ein anderes Europa möglich“ ist, wie es
bei den Euromärschen und anschließend bei den
europäischen Sozialforen im Zeitraum von 1997 bis
2007 zu zeigen versucht worden ist. Welche Ironie der
Geschichte ist es, dass ausgerechnet im Augenblick,
als der Kapitalismus in seine ernsteste Krisen- und
Stagnationsperiode seit dem 2. Weltkrieg eintrat,
sich die Bewegungen der europäischen ArbeiterInnen
und der Linken hinter die eigenen Landesgrenzen
zurückgezogen haben.
Obschon es bedeutsame Ausnahmen davon gab, besonders
in Griechenland, Frankreich, Belgien, Spanien und
Portugal, lag es auf der Hand, dass die Bewegungen
selbst dort durch nationale Beschränktheit
beeinträchtigt worden sind. Notwendig sind nicht nur
Solidaritätsbekundungen, sondern ist ein gemeinsamer
Kampf aller europäischen ArbeiterInnen gegen ihre
eigenen Regierungen, um zu verhindern, dass sie
Kürzungen und sogenannte Arbeitsreformen
durchdrücken. Auf dieser Grundlage können die
EU-Behörden, die Kommission, die Zentralbank
getroffen werden und zwar knallhart. Diese
Institutionen sind nämlich nicht die allmächtigen
Menschenfresser, als die sie die
AustrittsbefürworterInnen hinstellen wollen. Die
Verstärkung nationaler Spaltungen ist allerdings der
völlig falsche Weg, sie zu bekämpfen.
Wenn
die Regierungen Spaniens, Italiens, Frankreichs und
schließlich Deutschlands daran gehindert werden
können, ihre Politik des Sozialkahlschlags, der
Lohndrückerei, der Deregulierung von Gesundheit, der
Sicherheit am Arbeitsplatz und der Arbeitszeit sowie
der weiteren Einschränkung der Gesundheits- und
Bildungsversorgung durchzusetzen, dann kann ein
ganzer Erdteil vom Kampf nicht nur um ein ‚soziales’,
sondern ein sozialistisches Europa erfasst werden.
Deshalb brauchen wir nicht nur eine Gegenbewegung
gegen Kürzungen und Rassismus und alle Auswirkungen
des Brexit-Prozesses in Britannien, sondern
gemeinsame Kampfmaßnahmen der ArbeiterInnen in ganz
Europa. Dies kann aber weder motiviert sein durch
eine Verteidigung der bestehenden EU, ein Gebilde,
das Griechenland und andere Mittelmeeranrainer
zermalmt hat, noch durch einen Austritt seiner
Mitgliedstaaten aus ihr.
Das
Banner eines vereinten ArbeiterInnen-Europa, der
Vereinigten Sozialistischen Staaten von Europa, muss
entfaltet werden: eines Gebietes, das seine Grenzen
weit offen hält für Flüchtlinge und alle, die dort
für dessen Aufbau arbeiten wollen. Ein solches Europa
kann dazu beitragen, dass sich solche Regionen rasch
entwickeln, wo der Mangel an Arbeitsstellen, Schulen
und Krankenhäusern junge Leute dazu treibt, das Land
zu verlassen und bei der Seeüberfahrt nach Europa ihr
Leben zu riskieren. Dann wird die Bewegungsfreiheit
für Menschen ein wahrhaft freiwilliges Gut sein und
einander helfen, eine bessere Welt aufzubauen.
-
PM per email am
28.6.2016 von ARBEITER/INNEN/MACHT-INFOMAIL
Nummer 890 29. Juni 2016
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