Stadtumbau & Stadtteilkämpfe
Wenn du keine Wohnung hast – Geh spazieren!
Solidaritätskonzert des Berliner Hans-Beimler-Chor für ihren Sänger Oliver Lenz

von Ingeborg Lohse-Geserick

07/2015

trend
onlinezeitung

Wenn du keine Wohnung hast – geh spazieren! Nicht mal diesen zynischen Rat aus der „Kurzen Anfrage“ von Hanns Eisler aus dem Jahre 1929 könnte unser Mitsänger im Hans-Beimler-Chor „Olli“ – Oliver Lenz – in die Tat umsetzen. Er ist schwer an Multipler Sklerose erkrankt und sitzt schon seit einigen Jahren im Rollstuhl. Inzwischen ist er zu 100% körperbehindert.

Trotzdem nimmt Oliver immer noch sehr aktiv am Leben teil. Seine behindertengerechte Wohnung in der Carl-von-Ossietzky-Straße 6 in Potsdam bewohnt er schon seit 1990. Nun soll aber damit Schluss sein. Schon im Jahre 2011 kündigte sein Vermieter ihm die Wohnung wegen angeblichen „Eigenbedarfs“. So lange geht schon der Rechtsstreit auf Kosten von Olivers Gesundheit. Sein Vermieter Josco C. besitzt noch mehrere Wohnungen in Berlin – will aber Olivers Wohnung zwangsräumen lassen! Das wäre dann wohl das Ende von Olivers immer noch selbstbestimmtem Leben. Jetzt liegt der Fall beim Landgericht. Das Landgericht Potsdam gilt als sehr „vermieterfreundlich“.

Wie war das doch gleich: Ab wieviel Prozent Profit wird über Leichen gegangen? Auch sehr gerne mal mit Hilfe der Justiz! Am 6. Juni fand in der Erlöserkirche in Potsdam ein Solidaritätskonzert für – und natürlich auch mit Oliver auf der Bühne – statt. Die Kirche platzte fast aus allen Nähten – so viele Unterstützer Olivers und natürlich auch Freunde des Hans-Beimler–Chors fanden sich bei brütender Hitze in der Kirche ein. Die richtige Einstimmung brachte dann gleich ein sehr altes jiddisches Lied: Ein Lied über eine Zwangsräumung. Dire-gelt mus men tsoln! – Miete muss man zahlen! Warum eigentlich? Das ganze Konzert drehte sich um menschenwürdiges Leben und auch Wohnen. Da waren Brecht und Eisler natürlich genau die richtigen Ton- und Textgeber. Vom „Zerrissenen Rock“ über die „Resolution der Kommunarden“ zum „Stempellied“ und natürlich bis hin zum „Solidaritätslied“- etwas für Wohnungsfragen umgedichtet.

Im Anschluss an das Konzert wurde das Komitee „Solidarität mit Oliver“ gegründet. Sollte es wirklich zu einer Zwangsräumung kommen, wird sich das Komitee mit Berliner Initiativen gegen Zwangsräumungen vernetzen und ganz entschieden Widerstand organisieren. „Ich bin sehr gespannt, was passiert wenn der Gerichtsvollzieher vor mir steht und ich die Wohnung verlassen soll – will er mich mit meinem Rollstuhl die Treppen runter tragen?“. Oliver ist da sehr kämpferisch – und wir werden ihn dabei mit allen Kräften – nicht nur mit unseren Liedern – weiter unterstützen.

Editorischer Hinweise

Wir spiegelten den Bericht von http://anstoss.dkp-berlin.info/#chor