Am Montag Abend, den 15. Juni 15
kündigte Marine Le Pen – die Chefin des französischen Front National
(FN) - triumphierend an, nach mehreren vergeblichen Anläufen im Juni
und Oktober 2014 habe ihre Partei es nun doch geschafft, eine
Fraktion im Europäischen Parlament zu konstituieren. Dazu werden
mindestens 25 Abgeordnete aus sieben EU-Ländern benötigt. An der
Mindestzahl an beteiligten Nationalitäten scheiterte die
Fraktionsgründung bislang, da der FN nur über vier zuverlässige und
hinreichend vorzeigbare Partner verfügte, wie die FPÖ aus Österreich
und den Vlaams Belang aus Belgien. Zusammenschlüsse mit der
deutschen NPD, Jobbik aus Ungarn oder der griechischen Partei
„Goldene Morgenröte“ schloss die französische Partei hingegen aus.
Am 15. Juni
d.J.verkündete die Front National-Chefin also den Namen ihrer neuen
Fraktion, „Europa der Nationen und Freiheitsrechte“ (Europe
des nations et des libertés). Aus welchen zwei, bislang noch
in ihren Reihen fehlenden EU-Staaten die neu hinzukommenden
Abgeordneten für die Fraktion stammen, wurde zunächst nicht
offiziell bekannt. Es sickerte jedoch durch, dass wohl mindestens
eine Überläuferin aus den Reihen der nationalistischen und
rechtskonservativen britischen Partei UKIP von Nigel Farage dazu
gehört.
Am Dienstag, den 16. Juni 15 wurde die
neue Fraktion nun offiziell gegründet. Ihr gehören insgesamt 36
Abgeordnete an, darunter 21 des französischen FN. Für ihn wurden im
Mai 2014 insgesamt 24 Europaparlamentarier nach Brüssel gewählt.
Doch eine von ihnen, Joëlle Bergeron, lief damals kurz darauf zu den
Nationalkonservativen um Nigel Farage über, nachdem sie wegen ihrer
(befürwortenden) Position zum „Ausländerwahlrecht“ angegriffen
worden war. Dem Altvorsitzenden Jean-Marie Le Pen wurden am 04. Mai
2015 die Mitgliedsrechte beim FN entzogen, er wird zukünftig auch
nicht mehr auf derselben Bank im Europäischen Parlament sitzen wie
seine Nachfolgerin und Tochter Marine Le Pen. Bruno Gollnisch,
langjährige „Nummer Zwei“ hinter Jean-Marie Le Pen, kündigte an, in
diesem Falle auch seinerseits nicht der neuen Fraktion angehören zu
wollen. Er werde sein Abstimmungsverhalten im Europaparlament jedoch
mit ihr in Einklang bringen.
Es hat sich
bestätigt, dass eine bisher der britischen UKIP angehörige
Abgeordnete – Janine Atkinson - zu ihr gehört; diese war von ihrer
vormaligen Partei aus deren Fraktion ausgeschlossen worden, nachdem
herauskam, dass ihr Mitarbeiter wohl (Ab)Rechnungen gefälscht hatte.
Ferner kommen noch zwei Europaparlamentarier der polnischen
Rechtspartei KPN – „Kongress der neuen Rechten“ – hinzu: Michal
Marusik und Stanislaw Zoltek.
Im Vorjahr 2014
galt diese polnische Partei den Anführern des französischen FN noch
als hinreichend vorzeigbar, da ihr damaliger Chef Janusz
Korwin-Mikke offen antisemitisch, geschichtsrevisionistisch und
ungeschminkt homophob auftrat. Doch er wurde zu Anfang dieses Jahres
vom Parteivorsitz abgesägt. Ähnlich wie in jüngerer Zeit auch
Jean-Marie Le Pen als „Ehrenvorsitzender“ bei der französischen
Partei – dieses Amt wurde durch eine Abstimmung der Parteiführung am
12. Juni 15 ersatzlos gestrichen. Auch dies erleichterte die
Fraktionsbildung zusammen mit anderen Kräften im Europaparlament,
ähnlich wie die Absetzung von Korwin-Mikke. Eine Parallele, die auch
ein – namentlich ungenanntes – Führungsmitglied des französischen FN
in der Ausgabe der Pariser Abendzeitung Le Monde vom
Mittwoch, den 17. Juni 15 zieht: „Die kümmern sich um ihren
alten Chef, genau wie wir“ (uns um den unseren).
Über eine Fraktion
im Europaparlament; zu verfügen, hat nicht nur einen hohen
symbolischen Stellenwert, sondern bedeutet auch den Zugriff auf
zwanzig bis dreißig Millionen Euro (für
die Dauer einer Legislaturperiode) für Infrastrukturkosten und
Sitzungsgelder, sowie Möglichkeiten zur Erstattung von Reisekosten.
Editorische Hinweise
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Artikel vomn Autor für diese Ausgabe.
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