Stadtumbau & Stadtteilkämpfe
Forderungen der DKP Hamburg

Keine Rendite mit der Miete! Für eine soziale Wohnungspolitik - Menschenwürdiges und bezahlbares Wohnen für Alle!

Beschluss der Bezirksmitgliederversammlung der DKP Hamburg vom 19.-20. Okt. 2012

07-2014

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Viele Arten zu töten

„Es gibt viele Arten zu töten.
Man kann einem ein Messer in den Bauch stechen,
einem das Brot entziehen,
einen von einer Krankheit nicht heilen,
einen in eine schlechte Wohnung stecken,
einen durch Arbeit zu Tode schinden,
einen zum Selbstmord treiben, einen in den Krieg führen usw.
Nur weniges davon ist in unserem Staat verboten. “

Bertolt Brecht

Wer wissen will, wie heute modernes Wohnen aussieht, sehe sich die Planungen für die Bebauung der großen städtischen Flächen an der Finkenau und in Jenfeld an. Hier werden gut geschnittene, Licht durchflutete Wohnungen mit zeitgemäßem Komfort für jeden Bedarf gebaut: kleine Wohnungen für Singles und kinderlose Paare, große Wohnungen mit drei, vier oder fünf Zimmern für Familien mit mehreren Kindern.

Die Hamburger Innenstadt mit ihren attraktiven Einkaufsmöglichkeiten sowie Kultur- und Unterhaltungsangeboten ist mit U- und S-Bahn in wenigen Minuten erreichbar. In Eilbek liegen Einkaufs- und Freizeitangebote sogar unmittelbar vor der Tür. Die Häuser sind in großzügig gestaltete Grünanlagen mit Wasserläufen und Ruheräumen eingebettet, die Gelegenheit zur Entspannung und Kommunikation bieten.

Nur eines sind diese Wohnungen nicht: preiswert. Die Zielgruppe sind gutverdienende Menschen, die teures Wohneigentum erwerben oder extrem hohe Mieten zahlen können. Genauso ist es bei anderen innerstädtischen Bauvorhaben wie etwa der Hafencity. Dabei fehlt es in Hamburg gerade an preiswerten Wohnungen. Die Hälfte aller Wohnungssuchenden hat Anspruch auf eine Sozialwohnung, findet aber keine – und wenn, dann allenfalls in den städtischen Randgebieten ohne eigene Infrastruktur und mit oft schlechten und teuren Verkehrsverbindungen. In der Innenstadt werden selbst schlecht erhaltene und unmoderne Wohnungen zu kaum noch bezahlbaren Mieten angeboten.

In der reichen Stadt Hamburg haben 5400 Menschen keine Wohnung, mehr als 1000 von ihnen leben auf der Straße. Besonders schwer vermittelbare Mieter müssen in Bruchbuden hausen, wie mehrere Skandale über betrügerische Vermieter in der Hansestadt gezeigt haben. Viele Familien mit Kindern, leben auf engstem Raum zusammen gepfercht, weil größerer Wohnraum für sie nicht bezahlbar ist. Die Mehrheit der Bevölkerung muss einen immer größeren Teil ihres Einkommens für die Miete aufbringen, weil die Reallöhne sinken und die Mieten steigen. Wer bezahlbaren Wohnraum sucht, sieht sich Dutzenden Bewerbern gegenüber und muss häufig neben der zu hinterlegenden Kaution zwei Kaltmieten Maklercourtage bezahlen.

Der Grund dafür, dass an den Bedürfnissen der großen Mehrzahl der arbeitenden Menschen vorbei gebaut wird, liegt in dem bei uns herrschenden Wirtschaftssystem, dem Kapitalismus. Im Kapitalismus haben Mietwohnungen einen Warencharakter. Sie werden nicht gebaut, um die Wohnbedürfnisse der arbeitenden Menschen zu befriedigen, sondern um mit ihnen Profit zu machen, möglichst hohen Profit. Die Grundbesitzer verlangen in den besseren Wohnlagen, dort wo die Wünsche der Wohnungssuchenden möglichst gut erfüllt werden, außerordentlich hohe Grundstückspreise. Die Bauherren bauen darauf möglichst exklusive und teure Wohnungen, für die sie außerordentlich hohe Mieten verlangen können. Die weniger zahlungskräftigen Mieter werden an den unattraktiven Stadtrand verdrängt.

Das muss keineswegs so sein. Es gibt Beispiele dafür, dass auch innerhalb des kapitalistischen Systems bessere Wohnmöglichkeiten verwirklicht werden können. Das geschieht jedoch nicht, indem man die Kapitalisten mit guten Argumenten überzeugt. Das geschieht, wenn die arbeitenden Menschen die politische Kraft entwickeln, entgegen den kapitalistischen Gesetzen eine soziale Stadtplanung und einen sozialen Wohnungsbau durchzusetzen.

Nach dem Ersten Weltkrieg, als der Bourgeoise noch der Schrecken der revolutionären Ereignisse in den großen Metropolen Europas in den Knochen saß und als die Arbeiterklasse große politische Kraft entfalten konnte, wurden wegweisende Beispiele geschaffen. Noch heute wird in jedem Reiseführer von Wien der Karl-Marx-Hof erwähnt, ein Beispiel für Stadtplanung und Wohnungsbau im „roten Wien“ der 1920er Jahre. Aber auch in Hamburg sind in dieser Zeit – insbesondere unter dem Oberbaudirektor Fritz Schumacher – hervorragende stadtplanerische und architektonische Beispiele wie der Stadtpark, der Stadtteil Dulsberg oder die Wohnanlagen in der Jarrestadt geschaffen worden.

Auch nach dem Zweiten Weltkrieg gab es eine solche Ausnahmeperiode. In dieser Zeit hat sich die Wohnungssituation verbessert, weil die Arbeiterbewegung steigende Reallöhne durchsetzen konnte und weil es infolge der Systemkonkurrenz regulierende staatliche Eingriffe in den kapitalistischen Wohnungsmarkt in Form des sozialen Wohnungsbaus gab. Seit den 1990er Jahren folgt die Wohnungspolitik wieder dem ungehemmten Profitinteresse.

In der gegenwärtigen schweren kapitalistischen Wirtschaftskrise spitzt sich die finanzielle Situation der Länder und Kommunen weiter zu. Die Massenarbeitslosigkeit belastet deren Haushalte. Die Subventionierung der Profite von Banken und Konzernen durch Steuersenkungen und „Rettungspakete“ treibt die allgemeine Staatsverschuldung voran. Kosten werden auf Länder und Kommunen abgewälzt, Förderungen zusammengestrichen.

Um aus diesem Unterfinanzierungsdesaster zu entkommen, werden kommunale Haushalte immer mehr profitorientiert geführt. Im Bereich der Wohnungspolitik heißt das: Erstens, Einstampfen des sozialen Wohnungsbaus, Privatisierung von städtischem Wohnungseigentum und Verkauf städtischer Flächen nach dem Höchstgebotsverfahren. Zum zweiten ist diese Profitorientierung in Hamburg auch an der Streichung der „Sozialen Erhaltensverordnung“ zu beobachten. Dadurch können Hausbesitzer ungebremst ihre Mietwohnungen in Eigentumswohnungen umwandeln. Zum dritten sieht man dies an der legalen Zweckentfremdung von Wohnraum zu Büros. Allein durch konsequente Rückwidmung könnten nach Angaben von Mietervereinen jährlich 2000 Objekte wieder ihrem Wohnzweck zugeführt werden. Auch anderweitig wurde dem Mietwucher Vorschub geleistet. So wurde die gesetzliche Regelung fallengelassen, dass die Neuvertragsmiete die ortsübliche Miete nicht um mehr als 20% übersteigen darf und mit der energetischen Erneuerung wurde eine neue Goldgrube für Vermieter eröffnet.

Auf der Suche nach neuen Einnahmequellen verschärfte sich auch die Konkurrenz zwischen den Städten und Regionen um mögliche Investitionen und Unternehmensansiedlungen. Um Investoren anzulocken, zahlt der Staat ihnen Boni und verkauft ihnen städtische Grundstücke und Wohnungen, mit denen sie ihre Profite maximieren können. Das führt zum Rückgang des sozialen Wohnungsbaus, damit zur Verknappung bezahlbaren Wohnraums und deshalb zu steigenden Mieten. Weniger zahlungskräftige Bevölkerungsgruppen werden aus solchen „Sanierungsgebieten“ verdrängt. Die Städte profitieren davon, indem sie Grundstücke oder Immobilien verkauft haben, und bei reicheren Bewohnerinnen und Bewohnern auf mehr Steuereinnahmen hoffen. Vor allem aber profitieren die Banken und Investorengruppen.

Hinzu kommt eine weitere Entwicklung. Die gegenwärtige Wirtschaftskrise ist eine tiefe Krise des Systems. Sie ist gekennzeichnet durch Überproduktion von Waren, Überanhäufung von Kapital, sinkenden Masseneinkommen und dem Zusammenwirken dieser Faktoren. Im Ergebnis können die gewaltigen angehäuften Profite nicht gewinnbringend angelegt werden. Die Kapitalbesitzer suchen nach Ausweichmöglichkeiten für die Anlage ihres Kapitals in allen möglichen Formen der Spekulation, eine davon ist die Immobilienspekulation.

In den Jahren der CDU-Senate ist der soziale Wohnungsbau vollständig zum Erliegen gekommen, in den zweieinhalb Jahren der GAL-Regierungsbeteiligung diente jede Förderung ausschließlich den
Klientelinteressen des grünwählenden Kleinbürgertums. Zwar unternimmt der heutige SPD-Senat
Anstrengungen, den öffentlich geförderten Wohnungsbau wieder in Gang zu bringen, doch stellt er sich dabei nicht den Profitinteressen der Bauwirtschaft entgegen. So reicht die Anzahl der neuen Sozialwohnungen nicht einmal aus, um den Rückgang des Bestandes durch auslaufende Preisbindungen aufzuwiegen.

Die Situation auf dem Wohnungsmarkt trifft insbesondere die Arbeiterinnen und Arbeiter, die Angestellten und die Erwerbslosen, denn der Mietenwahnsinn stellt ja nur die eine Seite der Angriffe auf die Arbeiterklasse dar. Die andere Seite sind die realen Lohnverluste der letzten Jahre, die zunehmend prekäre Arbeit, die fehlenden Mindestlöhne und der jahrzehntelange Sozialabbau. Deshalb wirken sich Mietensteigerungen für die Arbeiterklasse besonders dramatisch aus. Dabei sind bestimmte Teile der Arbeiterklasse besonders betroffen: junge Menschen, die überhöhte Neumieten zahlen sollen sowie Ältere, die steigende Mieten nicht mehr zahlen können.

Wenn wir uns also heute mit der Wohnungsnot in Hamburg auseinandersetzen, müssen wir ihre Ursachen in dem herrschenden Wirtschafts- und Gesellschaftssystem erkennen. Diese Wohnungsnot wird grundsätzlich erst beseitigt werden können, wenn die kapitalistische Profitwirtschaft überwunden ist, wenn Wohnungen nicht mehr zum Erzielen möglichst hohen Profits gebaut werden, sondern ausschließlich zur Befriedigung des Bedürfnisses der arbeitenden Menschen nach einer angemessenen Wohnung in einer schönen und attraktiven Umgebung.

Es lohnt aber auch heute unter den bestehenden politischen und wirtschaftlichen Verhältnissen für eine Verbesserung der Wohnsituation zu kämpfen. Dafür müssen sich die Betroffenen organisieren und die notwendige politische Kraft entwickeln. Das lohnt sich nicht nur, es ist auch absolut notwendig. Denn eine große Zahl von Menschen in Hamburg steht – angesichts wachsender Armut und steigender Mieten - heute schon mit dem Rücken zur Wand.

In dieser Situation legt die DKP Hamburg das nachfolgende wohnungspolitische Forderungsprogramm vor. Es beruht auf zwei Erkenntnissen:

1. Die kapitalistischen Marktgesetze lösen das Wohnungsproblem für die Masse der Bevölkerung nicht, sie produzieren es vielmehr.

2. Der Senat und die bürgerlichen Parteien können und wollen das Wohnungsproblem nicht lösen:

  • sie können nicht, weil sich die kapitalistischen Marktgesetze, solange ihre Grundlagen nicht beseitigt sind,  letztlich gegen alle regulierenden Eingriffe gewaltsam Bahn brechen.

  • sie wollen nicht, weil aufs Engste mit dem Kapital verbunden sind und so die wirtschaftlich Herrschenden auch politisch das Sagen haben.

Zur Lage der Wohnungspolitik in Hamburg

Jeder weiß es: Aus Sicht der Mieterinnen und Mieter ist die Wohnungslage in Hamburg katastrophal. Was aber kaum jemand zur Kenntnis nehmen will: Es gibt eine zahlenmäßig kleine Minderheit von Immobilienbesitzern und Miethaien, die genau von dieser Lage profitiert. Diese tun letztlich nur das, was sie in einer kapitalistischen Wirtschaft tun müssen, wenn sie im Konkurrenzkampf bestehen wollen: Sie steigern ihre Profite. Und es kann auch nicht verwundern, dass der Hamburger Senat diese Profitinteressen durch Wohnungsprivatisierungen, Einstellung des sozialen Wohnungsbaus und – wie die Beispiele Hafenstraße, Rote Flora und Bambule zeigen – gegebenenfalls mit Polizeiknüppel und Wasserwerfer durchsetzt. Denn dieser Senat, egal welche Parteien gerade die Regierung bilden, ist Teil eines Staates, dessen Hauptaufgabe darin besteht, das Privateigentum an Produktionsmitteln, aber auch an Immobilien, zu schützen. Es geht deshalb nicht um moralische Vorwürfe gegen die Immobilienbesitzer oder die Hamburger Regierung. Nein – sie vertreten ihre Interessen. Wir sagen: Es ist Zeit, dass auch wir Mieterinnen und Mieter unsere Interessen vertreten – gegen Vermieter und Senat. Diesem Ziel sollen die folgenden Forderungen dienen. Wir beschränken uns dabei auf die fünf unseres Erachtens größten Missstände in der Hamburger Wohnungspolitik.

Skandal 1: Mieten steigen dramatisch – Leerstand auch

Hamburg ist nach München die Stadt mit den höchsten Mieten in Deutschland. Der Mietenspiegel 2011 zeigte im Durchschnitt einen Preis von € 7,15/m2. Seit 2008 stieg die durchschnittliche Netto-Kalt-Miete um zehn Prozent. Das ist der höchste Anstieg seit 1997. Der Durchschnitt ist aber eine Verschleierung des wirklichen Ausmaßes. Denn die Entwicklung in einzelnen Stadtteilen ist noch drastischer. So stiegen die Mieten in St. Pauli um 29%, in Wilhelmsburg um 21%.

Besonders dramatisch stellt sich die Entwicklung bei Wohnungen dar, die aus der Sozialbindung herausfallen. Nimmt man die Steigerung der Betriebs- und Heizkosten seit 2009 (+3%) hinzu, musste also jede Mieterin und jeder Mieter in Hamburg im Durchschnitt 13 Prozent mehr für das Wohnen berappen als vor einigen Jahren.

Der Wohnungsmarkt ist im Kapitalismus ein Markt wie jeder andere. Wird das Angebot verknappt, lassen sich für die vorhandenen Wohnungen höhere Preise (also Mieten) erzielen, denn schließlich ist jede und jeder auf eine Unterkunft angewiesen.

Eine künstliche Angebotsverknappung stellt es dar, wenn die Stadt Hamburg es duldet, dass massen- und dauerhaft Wohnraum leer steht. Angesichts der vorhandenen Wohnungsnot zeigt dies auch erneut, wessen Interessen der Staat verpflichtet ist. Der Wohnungsleerstand wird nicht einmal von der Stadt selbst registriert, sondern es bleibt z.B. dem Obdachlosenmagazin „Hinz und Kunzt“ vorbehalten, das Ausmaß des Wohnungs- und Gebäudeleerstands aufzudecken. Dabei ist es keineswegs so, dass die Stadt sich nur nicht darum kümmert, was private Immobilieneigentümer machen – nein, auch städtische Gebäude stehen zum Teil seit Jahren leer und werden gezielt unbewohnbar gemacht. Häuser und Wohnungen leer stehen zu lassen, ist kriminell. Kriminell ist es nicht, durch Hausbesetzungen auf derartiges Unrecht hinzuweisen. Ganz zu schweigen von den mindestens 1,17 Mio. qm Büroflächen, die in Hamburg leer stehen. Das sind rund 10% der gesamten Büroflächen.

Forderungen der DKP

  • Sofortiger Mietpreisstopp! Im ersten Schritt sind die Mieten für den öffentlich geförderten Wohnungsbau und die aus der Sozialbindung fallenden Wohnungen auf dem gegenwärtigen Niveau zu deckeln.

  • Es sind Mietobergrenzen gesetzlich festzulegen, die sich nicht an der kapitalistischen Kostenmiete, sondern an einer tragbaren Sozialmiete (gegenwärtig € 5,90/qm) orientieren.

  • Der Mietenspiegel muss abgeschafft werden. Er richtet sich vor allem an neuen Mietverträgen aus und trägt insgesamt dazu bei, dass die Mieten kontinuierlich steigen.

  • Die Mietobergrenzen, die für die Anerkennung der Kosten der Unterkunft durch ARGE und
    Grundsicherungsämter maßgeblich sind, sind dem Mietspiegel bzw. der realen Mietpreisentwicklung nach oben anzupassen.

  • Abschreibungsförderungen, die dazu führen, dass Spekulanten auch am Leerstand noch verdienen, müssen beseitigt werden. Wenn der Umbau zu Wohnraum öffentlich gefördert wird, wie dies mit dem Investitionsprogramm des alten Senats zwischen 2006 und 2010 geschehen ist, dann erhalten die Spekulanten am Ende auch den Umbau noch bezuschusst.

  • Wir fordern dagegen Strafabgaben bei Leerstand von Büroraum zu Gunsten der öffentlichen Wohnungsbaufinanzierung bis hin zu einer Umbauverpflichtung zu Lasten des Eigentümers.

  • Wir verlangen die Schaffung eines Gesetzes zur Belegung von leerstehenden Wohnungen mit
    festzulegenden Sozialmieten.

  • Schluss mit der Kriminalisierung von Hausbesetzungen.

Skandal 2: Der soziale Wohnungsbau wird ausgetrocknet – trotz SAGA

Rund 50% der Hamburger Haushalte hätten ihrer Einkommenslage entsprechend Anspruch auf eine Sozialwohnung. Diese Quote wächst, je mehr Familienangehörige der Haushalt umfasst. Dem steht ein immer kleiner werdender Anteil von preiswerten Wohnungen gegenüber.

1990 gab es in Hamburg noch 265.000 mietpreisgebundene Sozialwohnungen, 2010 waren es noch 110.000. Auch in Zukunft werden jedes Jahr tausende Wohnungen aus dem Sozialwohnungsbestand herausfallen. Schätzungen gehen davon aus, dass es 2018 in Hamburg nur noch 70.000 Sozialwohnungen geben wird. Die städtische SAGA/GWG hatte 1990 noch 107.000 Sozialwohnungen in ihrem Bestand. Auch sie hat die Zahl ihrer Sozialwohnungen drastisch reduziert.

Rund 40% des Bestands an Sozialwohnungen entfielen 2006 auf die SAGA/GWG, rund 30% auf die Genossenschaften und der Rest auf diverse andere Vermieter. Hinzu kommt, dass sich ein Großteil der verbleibenden preiswerten oder gebundenen Wohnungen auf einige wenige Stadtteile konzentriert. Dies wird am Beispiel SAGA/GWG deutlich: Während das Stadtunternehmen in drei Stadtteilen einen Mietwohnungsanteil von über 50% ausweist und es in sieben noch 30-50% sind, hat es in 25 Stadtteilen einen Anteil von unter 2%. Das heißt: In etlichen Stadtteilen finden Normalverdiener so gut wie keinen bezahlbaren Wohnraum mehr oder müssen inzwischen mehr als die Hälfte ihres verfügbaren Einkommens für die Miete aufwenden.

Die SAGA muss nach Vorgaben des Eigentümers (die Stadt Hamburg) eine jährliche Rendite von 6% erwirtschaften. Sie schreibt tatsächlich schwarze Zahlen, so schwarz, dass der Senat sich auf einen Trick besann, dieses Geld – ausschließlich Erträge aus Mieten Hamburger SAGA-Mieter - abzuschöpfen und in den Hamburger Haushalt einzustellen. Die SAGA musste den „Neue Heimat“- Erben GWG für 500 Mio. € erwerben. Dafür flossen jedes Jahr 100 Mio. € in das Stadtsäckel. Anstatt diese Mittel –erwirtschaftet durch die Mietzahlungen der SAGA-Mieter! – in den Wohnungsneubau und in eine ökologische Modernisierung zu investieren, finanzierte der Senat damit etwas anderes: Es sind letztlich die SAGA-Mieter und auch die SAGABeschäftigten, die die Elbphilharmonie, den Protzbau in der Hafen-City, finanziell schultern mussten. Mit dem von ihnen erwirtschafteten Geld wird auch die U4 gebaut, die wahrscheinlich teuerste U-Bahn der Welt. Auf diese Weise finanzieren auch die Steilshooper SAGA-Mieter ein Verkehrsmittel mit, auf das sie selbst seit vierzig Jahren vergeblich warten.

Zugang zum Sozialwohnungsbestand haben grundsätzlich alle Inhaber eines Wohnberechtigungsscheins (sog. §-5-Schein). Die Wirklichkeit sieht allerdings anders aus. Der Bestand an Sozialwohnungen nimmt kontinuierlich in dem Maße ab, in dem ursprünglich in Anspruch genommene zinsgünstigere Förderdarlehen zurückgezahlt worden sind. Es sind aber die Mieter selbst, die mit ihrer Miete die Rückzahlung überhaupt erst ermöglichen. Sind Sozialwohnungen am Ende aus der Mietpreisbindung herausgefallen, drohen den Mietern insbesondere dann deutliche Mieterhöhungen, wenn die Wohnung zugleich modernisiert wird. Das ist auch bei den Genossenschaften und der SAGA/GWG so. Dass eine Wohnung, die dem städtischen Unternehmen
SAGA/GWG gehört bzw. mit städtischem Eigenkapital finanziert wurde und deren Belastungen der Mieter getilgt hat, aus der Sozialbindung herausfallen muss, ist jedoch keineswegs Naturgesetz, sondern politisch gewollt und damit veränderbar.

Forderungen der DKP

  • Die Mittel für den sozialen Wohnungsbau müssen deutlich erhöht werden. Dies ist bundesweit durch Kürzung der Rüstungs- und Kriegsausgaben, durch Einziehung der Gewinne aus der Bodenspekulation und durch höhere Besteuerung der Großunternehmen und Großgrundbesitzer zu erreichen.

  • Die Mittel für den sozialen Wohnungsbau sind vorrangig zweckgebunden für öffentliches, kommunales oder genossenschaftliches Eigentum einzusetzen mit dem Ziel dauerhaft tragbarer Sozialmieten.

  • Für alle SAGA/GWG-Wohnungen, die aus dem Sozialwohnungsbestand herausfallen bzw.
    herausgefallen sind, muss eine fortdauernde Mietpreis- und Sozialbindung eingeführt werden. Dies würde sich auch dämpfend auf den Mietenspiegel auswirken, mit dem Vermieter ihre Mieterhöhungen begründen können.

  • Die Sozialbindung darf frühestens nach 30 Jahren (gegenwärtig 15 Jahre) auslaufen.

Skandal 3: Städtische Flächen zum Höchstpreis - Bodenspekulation boomt

Seit 2005 werden private Investoren gegenüber Genossenschaften und sozialen Trägern bevorzugt bei der Vergabe von städtischen Grundstücken. Die Anzahl der Höchstgebotsverfahren hat zugenommen. So haben z.B. Wohnbaugenossenschaften de facto keine Chance, günstigen Mietwohnraum zu errichten.

Mit den Grundstückspreisen ist eine Kernfrage sozialer und demokratischer Stadtentwicklung angesprochen. Ohne grundlegende Veränderung in der Boden- bzw. Grundstückspolitik Hamburgs bleiben auch die vom SPDSenat verkündeten Ziele, 2000 neue Sozialwohnungen jährlich zu bauen, auf der Strecke.

Die von allen bürgerlichen Parteien vertretene Politik der Schuldenbremse ohne gleichzeitige Belastung der  Reichen und Superreichen läuft darauf hinaus, dass Grundstücks- bzw. Immobilienverkäufe nach dem sogenannten Höchstgebotsverfahren fortgesetzt werden. Dieses Verfahren bedeutet, dass die Nettokaltmieten für die Mieter der neuen Häuser deutlich höher ausfallen, da die privaten Investoren die Kosten für die Grundstücke auf die Mieter umlegen. Der Verkauf städtischer Flächen spült zwar kurzfristig Geld in den Haushalt. Haushaltslöcher, die die Steuergeschenke für die Reichen und Superreichen verursachten, sind aber nur durch dauerhafte Umkehr zu Lasten der Vermögenden zu schließen.

Forderungen der DKP

  • Stopp des Verkaufs städtischer Flächen! Städtische Flächen sind nur noch im Wege des Erbbaurechts zu vergeben; jeweilige Nutzungs- und Belegungsbindungen sind im Erbbaurechtsvertrag zu verankern.

  • Anders als der einmalige Verkauf sichert das Erbbaurecht der Kommune laufende Einnahmen. Diese Einnahmen sollen wiederum in den sozialen Wohnungsneubau investiert werden. Eine Rückkehr zur bis 2002 geltenden Vergabepraxis, bei der städtische Flächen einheitlich und unabhängig von der Lage bewertet waren, ist Minimalziel.

  • Die Stadt selbst muss insbesondere dort, wo Quartiere „gentrifiziert“ (1) zu werden drohen, Flächen zurückkaufen. Immobilien dürfen vor Ablauf von mindestens zehn Jahren nach Erwerb nicht weiterverkauft werden.

  • Zur Erfüllung von Gemeinschaftsaufgaben ist der Großbesitz an Grund und Boden und der
    Wohnhausbesitz der Industrie- und Handelskonzerne, der Versicherungsgesellschaften, der
    Investmentfonds und Banken, der kapitalistischen Wohnungsbaugesellschaften und der großen
    Hauseigentümer mit mehr als 100 Wohnungen in öffentliches kommunales Eigentum zu überführen. Die im Eigentum der öffentlichen Hand befindlichen oder von ihr erworbenen Grundstücke dürfen nicht wieder privatisiert werden.

Skandal 4: „Aufwertung“ und Verdrängung: Umstrukturierung der Stadt im Dienste des Profits

In der stadtentwicklungspolitischen Konzeption der „wachsenden Stadt“, wie sie von allen Stadtregierungen –  gleich welcher politischen Färbung – seit dem CDU-Schill-Senat vertreten wird, haben Mietsteigerungen und Verdrängung von Mietern durch „Aufwertung“ eines Stadtteils Methode.

Ob in St. Pauli, St. Georg, Ottensen, Eimsbüttel oder dem Schanzenviertel – überall läuft der Mechanismus nach demselben Prinzip ab. Den alternativen Kneipen, Secondhand-Läden, kleinen Galerien und Straßenpartys folgen Café-Latte-Bars, Edel-Boutiquen, teure Kunstausstellungen und kommerzielle Großevents. Die Steigerung der Mieten ist damit vorprogrammiert. Und somit auch, dass von den alten Bewohnern kaum noch jemand sich den Verbleib im ehemals günstigen Stadtteil leisten kann. Etliche müssen in die günstigeren Randbezirke ziehen. Selbst Kleingärten sollen für teuren Wohnraum vernichtet werden. Ein typischer Prozess der Verdrängung, der auch als Gentrifizierung bezeichnet wird. Dies sind Folgen der Stadtpolitik mit der der Senat gut leben kann. „Eine starre Festschreibung der jeweiligen Bevölkerungsmischung ist nicht gewollt“, so der Senat.

Musterbeispiel dafür, dass der Prozess der Aufwertung und Verdrängung politischem Kalkül entspringt, sind die Elbinseln Wilhelmsburg und Veddel. In diesen Stadtteilen gibt es viele städtische Flächen und der Senat hat das große finanzielle Potenzial erkannt. Mit zahlreichen Projekten soll die Attraktivität der Stadtteile wachsen. Wilhelmsburg und Veddel sind jahrzehntelang sozial und baulich vernachlässigt worden. Neue Grünflächen, Fahrradwege und Sanierungen der Wohnungen – gegen solche Verbesserungen kann niemand etwas haben.  Doch die gegenwärtige Stadtpolitik geht in eine andere Richtung. Die Internationale Bauausstellung (IBA) und die Internationale Gartenschau (IGS) werden 2013 in Wilhelmsburg stattfinden und tiefgreifende städtebauliche Veränderungen südlich der Elbe herbeiführen. Insbesondere die IBA bringt mit spektakulären Großprojekten eine gewaltige Umstrukturierung des Stadtteils. Diese soll weitere Investoren anlocken. Die Umwandlung von Sozial- in Eigentumswohnungen, der Neubau von Luxus-Wohnungen anstelle von günstigem Wohnraum, die Schaffungen eines „bunten Straßenlebens“ mit Geschäften und Cafés für finanzstarke Konsumenten sind Beispiele dafür. Mittlerweile sind die Mieten in Wilhelmsburg seit 2006 um durchschnittlich 21% gestiegen,  dies ist aber wohl nur ein Vorgeschmack für die sich abzeichnende Entwicklung. Die durchaus erwünschten Folgen nannte der CDU-Bürgerschaftsabgeordnete Henning Finck schon 2005: „Durch diese (Miet-) Erhöhungen kann sich die Mieterklientel verändern und sich so die Bevölkerungsstruktur (…) deutlich verbessern“ (Hamburger Abendblatt, 31.1.05). Klartext: Verdrängungsprozesse im Zuge von sogenannten Aufwertungen von Stadtteilen sind also keine ungewollten Nebeneffekte. Sie sind politisch kalkuliert, gewollt und werden politisch gefördert.

Der Widerstand gegen die unsoziale Umstrukturierung der Stadt ist Klassenkampf. In diesen Auseinandersetzungen stehen sich die unvereinbaren Interessen der Banken, Investoren und Konzerne und ihrer politischen Erfüllungsgehilfen im Rathaus und die Interessen der Masse der Mieterinnen und Mieter, die sich vor allem aus der Arbeiterklasse zusammensetzt, gegenüber.

Die Verdrängung durch „Aufwertung“ zu stoppen, ist ohne Frage nicht leicht. In den betroffenen Quartieren muss Druck entwickelt werden. Erste Schritte werden immer sein, dass sich betroffene Mieter zusammentun, Mieterversammlungen einberufen, Mietervereine einschalten, Aktionen entwickeln und so Druck von unten für die Forderungen zu entwickeln.

Forderungen der DKP

  • Sofortiges Mietenmoratorium, das die Mieten zunächst auf dem jetzigen Niveau einfriert und dann auf die gesetzliche Mietobergrenze zurückführt.

  • Gesetzlich zu schaffende Mietobergrenze von 5,90 Euro/m2, die zunächst für Neubauten gültig sein muss, dann für alle Wohnungen.

  • Zwangsumzüge von ALG II-Empfängern oder anderen weniger zahlungskräftigen Menschen darf es nicht geben!

  • Die Mittel, die durch ein Mietenmoratorium bei den Aufwendungen der Stadt für die „Kosten der
    Unterkunft“ im Rahmen von Leistungen nach SGB II und XII sinken, müssen an die SAGA/GWG
    abgeführt werden, damit sie in von Umstrukturierung bedrohten Stadtteilen Häuser aufkaufen kann, aus denen dann Sozialwohnungen werden.

  • Keine Vernichtung von Kleingarten-Flächen für teuren Wohnraum.

Skandal 5: Der Senat handelt – aber er handelt absolut unzureichend

Die Wohnungsmisere in Hamburg und der Mietenwahnsinn haben viele politische Väter und Mütter. Unter dem CDU/Schill-Senat vom Beginn des letzten Jahrzehnts war der soziale Wohnungsbau in Hamburg ganz zum Erliegen gekommen. Doch die „rot“-grüne Bundesregierung war es, die 2006 die Wohnungsbauförderung des Bundes stoppte. Den Ländern wurden bis 2013 jährlich gerade einmal 518 Mio. € zur Verfügung gestellt, die noch nicht einmal voll verbraucht wurden. Die SPD trägt also eine Mitschuld an der Misere in Hamburg, erst recht die GAL, die zuletzt mit der CDU regierte und einen Wohnungsbauentwicklungsplan verantwortet, der die Misere gut beschreibt, aber keine ausreichenden Maßnahmen zu ihrer Überwindung liefert. Die GAL hat während Schwarz-Grün nichts für den sozialen Wohnungsbau getan, aber für ihre Klientel gut gesorgt, indem sie öffentliche Mittel in sogenannte Baugemeinschaften leitete; eine Eigentumsförderung, die vorzugsweise auf stadteigene innerstädtische Immobilien und Grundstücke zurückgriff und öffentliche Bauförderung abschöpfte. Die Situation auf dem Wohnungsmarkt in Hamburg wurde immer dramatischer und auch der öffentliche Druck zum Handeln stieg immer weiter an.

Der gegenwärtige SPD-Senat verspricht nun, die Wohnungsfrage zur Chefsache zu machen und 6000 Wohnungen jährlich neu zu bauen. Das lässt hoffen. Aber bisher handelt es sich nur um Absichtserklärungen, die erst noch in politische Realität umgesetzt werden müssen. Und solange Wohnungen und Wohnungsbau den kapitalistischen Marktgesetzen unterliegen, bleibt zweifelhaft, ob diese Wohnungsnot wirklich spürbar gelindert wird. Auch die Schuldenlast des Landes Hamburg – für die die Senate durch ihre Steuerpolitik selbst verantwortlich sind – und die in der Verfassung verankerte „Schuldenbremse“ sprechen dagegen, dass der SPD-Senat über kosmetische Verbesserungen hinaus handeln wird.

Analyse des Wohnungsbauprogramm des Senats: ungenügend!

Es lohnt sich, einen genaueren Blick auf das Wohnungsbauprogramm des Senats zu werfen. Denn hier wird deutlich, wie unzureichend die Planungen sind, dem Ausmaß des Problems Herr zu werden.

Erstens ist die Marke von 6000 Wohnungen angesichts eines Mangels von mehreren Zehntausend Wohnungen und wachsender Bevölkerungszahl in Hamburg viel zu gering angesetzt.

Zweitens ist das Versprechen, ein Drittel der neuen Wohnungen im sozialen Wohnungsbau zu erstellen, zu hinterfragen. Denn zum einen hätten nach geltenden Regeln fast die Hälfte aller Hamburgerinnen und Hamburger Anspruch auf eine Sozialwohnung; angesichts dessen wird deutlich, dass 2000 neue Sozialwohnungen allenfalls einen Tropfen auf den heißen Stein bedeuten. Zum anderen werden von diesen 2000 Wohnungen nur 1200 Wohnungen nach dem ersten Förderungsweg (5,80 Euro/qm) gebaut und 800 nach dem zweiten Förderungsweg (8,20 Euro/qm). Letztere sind für einen Großteil der betroffenen Menschen weiter unbezahlbar. Außerdem soll die Mietpreisbindung nur für 15 Jahre gelten. Das heißt, dass nach Ablauf dieser Frist innerhalb von drei Jahren eine Mieterhöhung um 20 Prozent oder die Umwandlung in Eigentumswohnungen droht.

Die MieterInnenbewegung in Hamburg darf sich deshalb mit dem Wohnungsbauprogramm des Senats nicht zufrieden geben.

Forderungen der DKP

  • Wohnungsneubau muss in Hamburg maßgeblich öffentlich geförderter mietpreisgebundener Neubau sein. Dies erfordert einen grundsätzlich anderen Umgang mit städtischem Grund und Boden: Statt die Flächen an Investoren zu verkaufen, müssen sie verpachtet werden.

  • Das Wohnungsbauprogramm muss sich am ermittelten Bedarf breiter Bevölkerungsschichten orientieren. o Alle neuen Sozialwohnungen müssen Mietpreis- und Sozialbindung für 30 Jahre erhalten.

  • Alle aus den Mietpreisbindungen „herausgefallenen“ Wohnungen der SAGA/GWG müssen erneut Mietpreis- und Sozialbindung erhalten.

Wie setzen wir diese Forderungen durch?

Bauherren und Vermieter brauchen wir nicht davon zu überzeugen, dass ihr Handeln unsozial ist. Sie haben ihr Kapital in Wohnungen investiert, um daraus – wie es im Kapitalismus üblich ist – möglichst hohen Profit zu schlagen, nicht, um die Bedürfnisse der arbeitenden Menschen nach einer angemessenen und bezahlbaren Wohnung zu befriedigen. Ihr Interesse steht dem der Mieter diametral entgegen.

Mit ihnen kann sich ein Mieter nur auf der rechtlichen Ebene auseinandersetzen, wenn der Vermieter seine vertraglichen Verpflichtungen nicht einhält, wenn er zum Beispiel gegen gesetzliche Vorschriften zur Bausicherheit oder zum Gesundheitsschutz verstößt. Dann kann er ihm das Profitmachen verleiden, indem er die Miete kürzt. Da solche Auseinandersetzungen Geld kosten und Öffentlichkeit meist hilfreich ist, sollten solche Auseinandersetzungen von möglichst vielen betroffenen Mietern gemeinsam geführt werden.

Wir dürfen nicht auf den Staat vertrauen

Weil die Interessen der Vermieter und der Mieter so unüberbrückbar gegeneinander stehen, wird oft der Staat, in Hamburg also: Senat und Bürgerschaft, um Hilfe angerufen. Dem liegt die Annahme zugrunde, dass der Staat neutral über den unterschiedlichen Interessen steht und „gerecht“ vermitteln kann. Das ist ein Irrglaube.

Die staatlichen Institutionen vertreten im Kapitalismus die Interessen der Kapitalisten. Das tun sie, indem sie möglichst gute Bedingungen für den Kapitaleinsatz schaffen und die Kapitalisten gegen Angriffe der Ausgebeuteten schützen.

Trotzdem ist der Staat für die unter dem Diktat der Vermieter Leidenden ein Ansprechpartner. Denn zu seinen Aufgaben gehört es im Interesse der Kapitalbesitzer auch, das gesamte Wirtschaftssystem am Laufen zu halten.

Um aus seinem Kapital Profit herauszuschlagen, braucht der Kapitalist Lohnarbeiter. Und die brauchen Essen und Trinken und Kleidung und ein Dach über dem Kopf. Dafür zahlt ihnen ihr Arbeitgeber Lohn. Wie sie aber zu den genannten Lebensgrundlagen kommen, darum mag sich der einzelne Kapitalist nicht kümmern. Das organisiert am besten für alle Kapitalisten zusammen der Staat.

Alle Kapitalisten wünschen sich möglichst wenig Konflikte im Land, um ihren Geschäften in aller Ruhe nachgehen zu können. Wenn einzelne Kapitalisten – in unserem Fall die Wohnungsvermieter – durch besonders rabiates Geschäftsgebaren Unruhen auslösen, greift der Staat ein, um wieder ruhige Geschäftsbedingungen herzustellen.

Daraus ergibt sich, dass auch der Staat nicht mit guten Argumenten von der Berechtigung der Forderungen nach einer ausreichenden Versorgung mit angemessenem und bezahlbarem Wohnraum überzeugt werden muss.

Er wird nur tätig werden, wenn das Geschäftsinteresse aller Kapitalisten bedroht ist, wenn die Lohnarbeiter nicht mehr frisch und munter zur Arbeit erscheinen oder ihre Unzufriedenheit über ihre Lebensbedingungen zu politischen Unruhen führt. Die gilt es also zu organisieren.

Beispiele für erfolgreichen Widerstand

Um die Betroffenen aus ihrer Isolierung herauszuholen, müssen lokale Zusammenschlüsse gefördert, Mietervertretungen gestärkt und rechtliche Vertretungen organisiert werden. So haben im Karolinenviertel Mieter eine Genossenschaft gegründet, die gegen den Verkauf an die SAGA und Mieterhöhungen protestiert. In Wilhelmsburg erscheint der Wilhelmsburger Appell für Sozialwohnungen und gegen Vertreibung durch die Internationale Bauausstellung.

Gleichfalls in Wilhelmsburg haben sich GAGFAH-Mieter zusammengeschlossen und gegen die GAGFAH demonstriert. Auf der Homepage „leerstandsmelder.de“ sind Hunderte von leerstehenden Wohnungen und Büros ausgewiesen. Aber das veranlasst Bezirksverwaltungen und Senat noch lange nicht, solche Wohnungen zu beschlagnahmen, Wohnungssuchende dort einzuweisen und leerstehende Büros in Wohnungen umzubauen und mit Wohnungssuchenden zu belegen. Wo der Senat und die Bezirksverwaltungen leerstehende Wohnungen und Büros nicht sehen wollen, müssen die Wohnungssuchenden mit geeigneten Mitteln darauf aufmerksam machen.

Wo der Senat und die Bezirksverwaltungen allzu großzügig über Versäumnisse der Wohnungseigentümer hinwegsehen, müssen die Betroffenen sich zusammenschließen und die politisch Verantwortlichen zum Handeln zwingen. In St. Pauli kam es zu Protesten gegen den illegalen Abriss eines denkmalgeschützten Hauses in der Bernard-Nocht-Straße. Gleichfalls in St. Pauli verabschiedeten auf einer Stadtversammlung 300 Teilnehmer Forderungen zum Schutz des Stadtteils vor weiterer Spekulation und Zerstörung, für den Bau und Erhalt von Sozialwohnungen.

Im Februar 2012 erschien die Hamburger Erklärung, unterschrieben von vielen Initiativen, Bündnissen und linken Gruppe und über 100 Einzelpersonen. Darin wird gefordert, dass langfristig die Mietpreise auf 4 € pro m2 gesenkt werden müssen.

Wenn der Senat weiter Geld aus der städtischen Wohnungskonzern SAGA/GWG abzieht, statt ihn mit den nötigen Mitteln für den Bau guter und preiswerter Wohnungen auszustatten, muss er mit demonstrativen Mitteln auf die Interessen der Wohnungssuchenden hingewiesen werden. Das Bündnis „Mietenwahnsinn stoppen“ überreichte dem SAGA-Vorstand die „Goldene Mietpreisspirale“. Im Oktober 2010 folgte dann eine Demo mit mehr als 7.000 TeilnehmerInnen vom „Netzwerk Recht auf Stadt“ und dem „Leerstandsbündnis“. Im Oktober 2011 kam es zu einer großen Mieterdemo mit über 10.000 TeilnehmerInnen in St. Pauli.

Dass solche Proteste durchaus Erfolge bringen können, zeigt der Widerstand gegen den Verkauf und Abriss des „Gängeviertels“. Die Stadt kaufte die Häuser zurück und übergab sie der Gängeviertel Genossenschaft eG.

Gute Argumente für eine ausreichende Versorgung mit angemessenem und bezahlbarem Wohnraum braucht man dabei nicht, um Vermieter oder Regierende zu überzeugen. Diese vertreten andere, entgegengesetzte Interessen. Gute Argumente braucht man, um Verbündete unter Mitbetroffenen und in einer breiten Öffentlichkeit zu gewinnen. Dann aber kommt es darauf an, dass diese Diskussionen in Aktionen umgesetzt werden. Ob Bauherren, Vermieter oder Politiker, sie alle werden nur zu beeindrucken sein, wenn die Betroffenen auf der Straße sind und vor den Türen der Immobilienspekulanten und Rathäuser stehen.

In den Initiativen und Aktionen werden allerdings meist nur Symptome beschrieben und bekämpft. Fast immer fehlte eine konkrete Analyse, welche Mechanismen des herrschenden Wirtschafts- und Gesellschaftssystem zu den bekämpften Situationen geführt haben und wer die Verantwortlichen sind. Häufig werden zwar die Investoren wie z.B. die GAGFAH, auch „Heuschrecken“ genannt, angegriffen, die nur ihre Profite im Blick hätten. So als wäre alles wieder gut, wenn diese ausgeschaltet oder zumindest zurückgedrängt würden. Dabei wird übersehen, dass alle Beteiligten, Investoren, Wohnungsbauunternehmen und auch die Regierung, grundsätzlich in das Profitsystem eingebunden sind.

Aktion und Solidarität!

Wie kann der Widerstand bestärkt und intensiviert werden? Aktion und Solidarität sind die Schlüsselbegriffe. Nicht Reden, sondern Handeln beeindruckt Kapitalisten und Regierung, gemeinsames, solidarisches Handeln, das den notwendigen öffentlichen Druck erzeugt. Durch die Durchsetzung einzelner Forderungen können Erfahrungen gesammelt werden und Bewusstsein davon geschaffen werden, wie auch unter den herrschenden Bedingungen Interessen durchgesetzt werden können. Wir Kommunistinnen und Kommunisten wollen uns aktiv an den Kämpfen für menschenwürdiges Leben für alle beteiligen und diese mit gestalten und damit unsere Sicht der Ursachen für Wohnungsnot und Mietenwahnsinn in die Bewegungen hinein tragen.

Mit unseren Forderungen unterbreiten wir Hamburger Kommunistinnen und Kommunisten ein Diskussionsangebot an die Mitstreiterinnen und Mitstreiter aus den demokratischen und sozialen Bewegungen in unserer Stadt. Wir präsentieren den Mieterinnen und Mietern unseren Standpunkt. Es geht dabei nicht um Vollständigkeit. Nicht jeder Aspekt konnte tiefschürfend betrachtet werden. Aber darauf kommt es nicht an. Die richtigen Forderungen für ein lebenswertes, sozialeres Hamburg entstehen in den gemeinsam und solidarisch zu führenden Auseinandersetzungen um eine fortschrittlich ausgerichtete Stadtpolitik, in der gemeinsamen Auswertung von Erfahrungen und in den gemeinsam auch mit Mieterinitiativen und Mieterverbänden zu führenden Kämpfen für das Recht auf Wohnen und gegen die auf Profitgier zurückzuführende Privatisierung unserer Stadt.

Fußnoten

1) „Als Gentrification bezeichnet werden städtische Entwicklungsprozesse der baulichen Aufwertung, der Steigerung der ökonomischen Verwertung und kulturellen Neubewertung, die einen Austausch der Bevölkerung in den betroffenen Wohngebieten bedingen. Die Verdrängung der städtischen Armen ist dabei nicht nur Nebenprodukt, sondern das Prinzip und Ziel solcher städtischen Umstrukturierungen.“ (Andrej Holm, Stadtsoziologe)

Editorische Hinweise

Wir spiegelten den Beschluss von http://dkp-hamburg.de/