trend spezial: Berichte aus Kosova

Kosova - Pressefreiheit und Bonapartismus

von Max Brym am 27.06.2012

07-2012

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Einst schrieb Friedrich Engels: „Die Pressefreiheit endet dort wo das Anzeigenblatt beginnt“.

Diese natürlich eingeschränkte Pressefreiheit ist in Kosova längst gegeben. Die unzähligen Zeitungen Kosovas haben geringe Auflagen. Die meisten Bürger informieren sich über das staatlich kontrollierte „Parteifernsehen“ der PDK. Dies reicht aber den korrupten Kräften in Kosova noch nicht. Jeder Versuch unabhängiger Berichterstattung soll mit dem Strafgesetzbuch unterdrückt werden. Die „ Neue Züricher Zeitung“ schreibt: „Der zweite Artikel macht Journalisten und die Verlagshäuser für kriminelle Handlungen strafbar, die diese über ihre Medien begehen. Was indes unter einer Strafhandlung, die über Medien begangen wird, genau zu verstehen ist, wird im Gesetz nicht spezifiziert; unklar bleibt auch der Bedeutungsinhalt der körperlichen Unversehrtheit. Entsprechend gross ist die Furcht der Journalisten vor einer willkürlichen und politisch motivierten Rechtsauslegung.“ Am vergangenen Freitag sollten zwei der umstrittensten Paragraphen auf Empfehlung von Präsidentin Atifete *Jahjaga* geändert werden.

Kosova ist wegen des ungenügenden Schutzes von Journalisten wiederholt in die internationale Kritik geraten. Die NZZ meint völlig richtig: „In einer Untersuchung des kosovarischen Mediensektors – mit- 8 Tageszeitungen, 84 Radiostationen und 21 Fernsehsendern sehr fragmentierte Branche – hat im April auch die Südosteuropäische Medienorganisation (Seemo) über anhaltenden politischen Druck auf Medienvertreter berichtet. Als Problem werden dabei nicht nur Einschüchterungen und gelegentliche physische Angriffe auf Journalisten diagnostiziert, weshalb Selbstzensur weit verbreitet sei. Ein Kernübel sei auch die Furcht der Bevölkerung, gegenüber Medienvertretern kritisch ihre Meinung zu äussern...“ Die formalen Änderungen im Strafgesetzbuch zugunsten der Journalisten fanden jedoch keine Mehrheit im Parlament. Der langjährige Weggefährte von Ministerpräsident Hashim Thaci, Justizminister Kuci, gab daraufhin seinen Rücktritt bekannt.

Der Hintergrund

Der Franaktionsvorsitzende der PDK, Adem Grabovci, lies Thaci im Regen stehen. Dies geschah weil es für einige Kader der PDK immer enger wird. Die PDK Bürgermeister in Ferizaj und Kacanik mussten kürzlich zurücktreten, weil sie mit dem Strafgesetzbuch in Berührung kamen. Es droht eine Welle von Verfahren auch gegen Parlamentsabgeordnete, welche bestimmte Kader der PDK in den Abgrund zu reißen droht. Hashim Thaci hat nur noch die Minister seines Kabinetts mit Immunität ausgestattet. Das verzeihen ihm einige seiner Ex Kameraden in der eigenen Partei nicht. Selbst die formale Pressefreiheit geht dieser SHIK Fraktion in der PDK ( SHIK Parteigeheimdienst der PDK) zu weit. Im Hintergrund wird Kadri Veseli von diesen Leuten als Nachfolger von Hashim Thaci aufgebaut. Es droht ein kosovarischer Putin. Letzteres wird durch Deutschland unterstützt, denn im Privatisierungsprozess kamen deutsche Firmen bis dato zu kurz. Kadri Veseli hingegen fordert „ deutsche Investitionen“ in Kosova. Im Interview erklärte Veseli „Wir sind reich an Kohle – unter mehr als 70 Prozent der Fläche des Kosovo Polje gibt es Kohle und die erlebt eine große Renaissance. Vor allem nach dem Gau des Atomkraftwerkes von Fukushima spüren wir die Nachfrage. Aber auch da stehen leider andere als deutsche Firmen in der ersten Reihe der Bewerber um Lizenzen – deutsche Firmen werden bewusst durch Fehlinformationen aus den Bieterwettbewerben herausgedrängt. Bei der Kohle
sind wiederum die Türken vorn, gefolgt von Indonesiern.“ Ergo Herr Veseli ist ein gern gesehener Gast in der deutschen Botschaft in Prishtina. Er gilt als der kommende starke Mann, im Bund mit den offenen Feinden der Pressefreiheit.

Quelle- http://www.gt-worldwide.com/kadriveseli_kosovo_12-11.html

 

Editorische Hinweise

Den Text erhielten wir vom Autor für diese Ausgabe.