Gewerkschaften und Rechtsextremismus
Ausgewählte Ergebnisse des Forschungsprojektes

von Michael Fichter, Richard Stöss, Bodo Zeuner

07/05

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Rechtsextreme Einstellungen sind unter Gewerkschaftsmitgliedern in der Bundesrepublik genauso weit verbreitet wie unter Nicht-Mitgliedern. Das ist seit langem bekannt und wird auch durch unsere Untersuchung bestätigt: 19 Prozent der gewerkschaftlich Organisierten und 20 Prozent der Unorganisierten sind rechtsextrem eingestellt. Bei getrennter Betrachtung von Westdeutschland und Ostdeutschland macht sich allerdings ein deutlicher West-Ost-Unterschied bemerkbar. Rechtsextreme Orientierungen finden sich im Osten im Schnitt anderthalb Mal so häufig wie im Westen (27% zu 18%). Während dabei in Westdeutschland kein Unterschied zwischen Mitgliedern und Nicht-Mitgliedern besteht, sind Gewerkschaftsmitglieder in Ostdeutschland allerdings wesentlich resistenter gegen Rechtsextremismus als Nicht-Mitglieder (Tabelle 1). 

Tabelle 1:       Rechtsextreme Einstellungen bei Gewerk-
                        schaftsmitgliedern und Nicht-Mitgliedern nach
                        Gebiet 2003 (%)

[Skala REXL]

Mitglieder

Nicht-Mitgl.

Alle Befr.

West

18,4

17,8

18,1

Ost

22,5

28,1

27,1

BRD

19,1

20,0

19,9

Auch in sozialstruktureller Hinsicht machen sich Unterschiede zwischen Organisierten und Unorganisierten bemerkbar, wenn die Verbreitung von rechtsextremen Neigungen betrachtet wird (Grafik 1). Besonders auffällig ist, dass einfache Arbeiter (ohne abgeschlossene Berufsausbildung), wenn sie einer Gewerkschaft angehören, doppelt so häufig rechtsextrem eingestellt sind wie unorganisierte Arbeiter der gleichen Kategorie. Dabei ist allerdings zu bedenken, dass es sich bei den einfachen Arbeitern um eine kleine Gruppe handelt, der nur 10 Prozent aller Gewerkschaftsmitglieder angehören. Auch die gewerkschaftlich organisierten Angestellten in Verantwortungspositionen sind doppelt so häufig rechtsextrem eingestellt wie die gleiche Angestelltengruppe ohne Gewerkschaftsbindung. Diese Gruppe macht immerhin 14 Prozent aller Gewerkschaftsmitglieder aus. Organisierte Facharbeiter neigen zwar nur geringfügig stärker zum Rechtsextremismus als unorganisierte Facharbeiter. Bei den Facharbeitern handelt es sich aber um eine relativ große Mitgliedergruppe (25%). Sie stellen mithin einen erheblichen Anteil der gewerkschaftlich organisierten Rechtsextremisten.

Grafik 1:
Rechtsextreme Einstellungen bei Gewerkschaftsmitgliedern und
Nicht-Mitgliedern nach Erwerbsgruppen 2003 (%)
Ohne Selbständige und Beamte wegen geringer Fallzahlen.


 
Es gibt Mitgliedergruppen, die seltener rechtsextrem eingestellt sind als Unorganisierte: Rentner, Arbeitslose und einfache Angestellte. Wenn zudem die Unterschiede zwischen Menschen aus Ostdeutschland und Westdeutschland betrachtet werden, dann stellen sich die Verhältnisse noch differenzierter dar. In unseren Analysen haben wir zusätzlich zu den Erwerbsgruppen noch weitere Merkmale einbezogen, die charakteristisch für den sozio-ökonomischen Status der Befragten sind. Dies soll hier nicht im Einzelnen dargestellt werden. Entscheidend ist, dass dadurch das Bild noch komplexer wird.
Halten wir also fest: Die Aussage, dass sich Gewerkschaftsmitglieder und Nicht-Mitglieder bezüglich ihrer Anfälligkeit für rechtsextreme Angebote nicht unterscheiden, trifft zwar insgesamt für die Bevölkerung der Bundesrepublik zu. Unsere Untersuchung zeigt jedoch, dass bei genauerem Hinsehen gravierende Unterschiede zwischen Organisierten und Unorganisierten bestehen. Ein zentrales Anliegen des Forschungsprojekts bestand darin, diese Differenzen genauer zu analysieren und der Frage nachzugehen, worin das Besondere des Rechtsextremismus bei Gewerkschaftsmitgliedern besteht.

Um die wesentlichen Unterschiede zwischen Gewerkschaftsmitgliedern und Nicht-Mitgliedern herauszuarbeiten, haben wir die Befragten entsprechend ihrem Einkommen und ihrer Bildung in drei Gruppen eingeteilt: Unterschicht (44% aller Befragten), Mittelschicht (32% aller Befragten) und Oberschicht (24% aller Befragten). Dieses Verfahren bezeichnen wir als objektive Schichtzuordnung.

- Zur Unterschicht: Sie ist vergleichsweise schwach gewerkschaftlich organisiert. Ihr gehören rund ein Drittel aller Gewerkschaftsmitglieder an. Charakteristisch für die Unterschicht sind Arbeiter ohne abgeschlossene Berufsausbildung, Arbeitslose und Rentner.
- Zur Mittelschicht: Sie ist besonders stark gewerkschaftlich organisiert. Fast die Hälfte aller Gewerkschaftsmitglieder ist dieser Schicht zuzuordnen. Die Mitgliedschaft in einer Gewerkschaft ist offenbar für Angehörige der Mittelschicht besonders attraktiv. Charakteristisch für die Mittelschicht sind Facharbeiter und Angestellte in Verantwortungspositionen.
- Zur Oberschicht: Sie ist gewerkschaftlich "durchschnittlich" organisiert. Etwas über ein Fünftel der Organisierten gehört dieser Schicht an. Charakteristisch für die Oberschicht sind Angestellte in Verantwortungspositionen und Beamte.

Diese Einteilung in drei Schichten ist analytisch fruchtbar, weil Bildung und Einkommen zwei Merkmale darstellen, die maßgeblich für den sozialen Status in unseren Gesellschaften sind. Das Ergebnis der Komplexitätsreduktion durch Schichtzuordnung ist in Grafik 2 abgebildet.

Grafik 2:
Rechtsextreme Einstellungen bei Gewerkschaftsmitgliedern und Nicht-Mitgliedern nach objektiver Schichtzuordnung 2003 (%)

Lesebeispiel: Von den Gewerkschaftsmitgliedern, die der Unterschicht angehören, sind 28 Prozent rechtsextrem eingestellt, bei den Nicht-Mitgliedern sind es 33 Prozent. Von den Mitgliedern, die der Mittelschicht angehören, sind 19 Prozent rechtsextrem eingestellt, dagegen sind es nur 13 Prozent bei den Nicht-Mitgliedern der Mittelschicht. Von den Mitgliedern, die der Oberschicht angehören, sind nur sechs Prozent rechtsextrem eingestellt.

Die Grafik enthält folgende Informationen:

- Befragte, die der Unterschicht zuzuordnen sind, erweisen sich generell als weitaus anfälliger für Rechtsextremismus als Angehörige der Mittelschicht und erst recht als Angehörige der Oberschicht. Das gilt gleichermaßen für Gewerkschaftsmitglieder und Nicht-Mitglieder.
- Gewerkschaftsmitglieder aus der Unterschicht neigen weniger zum Rechtsextremismus als Nicht-Mitglieder aus der Unterschicht. Der Abstand fällt freilich nicht besonders groß aus, und daher wird man nicht von einem bedeutsamen Unterschied zwischen Organisierten und Unorganisierten sprechen wollen.
- Auch Gewerkschaftsmitglieder aus der Oberschicht neigen seltener zum Rechtsextremismus als Nicht-Mitglieder aus der Oberschicht. Die Differenz ist zwar größer als bei der Unterschicht, bewegt sich allerdings auf einem sehr niedrigen Niveau und fällt aufs Ganze gesehen auch weniger ins Gewicht, weil nur ein vergleichsweise kleiner Teil der Gewerkschaftsmitglieder aus der Oberschicht stammt.
- Dagegen sind Gewerkschaftsmitglieder aus der Mittelschicht, die die Hälfte aller Mitglieder ausmachen, anderthalb Mal so häufig rechtsextrem eingestellt wie Nicht-Mitglieder aus dieser Schicht. Hier liegt mithin der herausragende Unterschied zwischen Organisierten und Unorganisierten.

Dieser Befund ist überraschend, weil er nicht der herrschenden Meinung in der Literatur entspricht.

Gewerkschaftsmitglieder unterscheiden sich von den Nicht-Mitgliedern also vor allem darin, dass bei ihnen die Mittelschicht überproportional rechtsextrem orientiert ist. Bei der Mittelschicht handelt es sich zumeist um Facharbeiter und qualifizierte Angestellte, die über ein relativ gutes Einkommen und über eine vergleichsweise gute Bildung verfügen und daher eigentlich nicht zu den Verlierern der Modernisierungs- und Globalisierungsprozesse zählen. Dieses Mitgliedersegment hat innerhalb der Gewerkschaften nicht nur wegen seiner Größe eine herausragende Bedeutung, ihm gehören auch 43 Prozent der Funktionäre an. Die maßgeblichen Trägergruppen der Gewerkschaften sind also besonders wenig immun gegen rechtsextreme Ideen; aus ihren Reihen stammt die Hälfte der Gewerkschaftsmitglieder mit rechtsextremen Einstellungen.

Damit kein falscher Eindruck entsteht, sei auf die Größenordnungen hingewiesen, um die es hier geht: 20 Prozent der Gewerkschaftsmitglieder haben rechtsextreme Einstellungen. Davon gehört die Hälfte - also zehn Prozent aller Mitglieder - der Mittelschicht an. Die andere Hälfte der rechtsextrem eingestellten Gewerkschaftsmitglieder verteilt sich auf die Unter- und auf die Oberschicht. Diese zweite Hälfte ist für die Beantwortung der Frage nach den Besonderheiten des Rechtsextremismus bei Gewerkschaftsmitgliedern allerdings unbedeutend, weil sie sich bezüglich ihrer Anfälligkeit für Rechtsextremismus kaum von den Nicht-Mitgliedern unterscheidet. Einschlägig für unsere Analysen sind die Mittelschicht-Gewerkschafter, weil sie im Vergleich zu den Unorganisierten besonders (nämlich anderthalb Mal so) häufig rechtsextrem eingestellt sind (Grafik 2). Daher stellt sich die Frage, warum ausgerechnet die gewerkschaftlich organisierte Mittelschicht vergleichsweise anfällig für Rechtsextremismus ist.

Wir haben uns in dem Projekt extensiv mit der Ursachenforschung befasst und sind dabei unter Einsatz eines breiten statistischen Repertoires (von Korrelations- über Entscheidungsbaum- und Regressions- bis hin zu Pfadanalysen) nahezu allen in der sozialwissenschaftlichen Literatur vorfindlichen Thesen nachgegangen. Diese Thesen wurden nicht nur für Gewerkschaftsmitglieder und Nicht-Mitglieder überprüft, sondern auch für diverse Subgruppen, wie beispielsweise Gewerkschaftsfunktionäre, aktive und passive Gewerkschaftsmitglieder sowie für Nicht-Mitglieder, die mit den Gewerkschaften sympathisieren, oder für Nicht-Mitglieder, die ihnen sehr distanziert gegenüberstehen. Dabei wurde immer auch die Schichtzugehörigkeit berücksichtigt. Die Ergebnisse der Einzelanalysen füllen den größten Teil des über 600 Seiten starken Endberichts. Hier können nur einige wesentliche Befunde wiedergegeben werden.

Im Laufe der Forschungsarbeiten hat es sich als nützlich erwiesen, die Fülle von einzelnen Erklärungsfaktoren in zwei Komplexen zu bündeln:

- Der sozio-ökonomische Status umfasst Faktoren wie zum Beispiel Bildung, Einkommen, Schichtzugehörigkeit, Modernität des Arbeitsplatzes oder Prekarität des Beschäftigungsverhältnisses. Generell gilt, dass rechtsextreme Einstellungen mit der Gefährdung des sozialen Status zunehmen.
- Sozio-politische Orientierungen beziehen sich auf Persönlichkeitseigenschaften (z.B. Autoritarismus, Selbstbewusstsein), auf Wertorientierungen und auf Einstellungen zu den politischen und zu den wirtschaftlichen bzw. sozialen Verhältnissen in der Bundesrepublik.

Dabei ist zwischen zwei gegensätzlichen Mustern zu unterscheiden:

  • Demokratische Überzeugungen stellen eine Kombination von politischem Selbstbewusstsein, freiheitlichen ("libertären") Werten und demokratischen Einstellungen dar. Je stärker demokratische Überzeugungen ausgeprägt sind, desto geringer ist die Anfälligkeit für Rechtsextremismus. Sie nimmt noch mehr ab, wenn demokratische Überzeugungen eine Verbindung eingehen mit einem eher linken Selbstverständnis sowie mit dem starken Bedürfnis nach gewerkschaftlicher Interessenvertretung. In diesem Fall sprechen wir von partizipatorischen Orientierungen.
  • Bei autoritären Überzeugungen verbinden sich autoritäre Persönlichkeitsmerkmale, autoritäre Werte und restriktive Demokratievorstellungen. Je stärker die autoritären Überzeugungen sind, desto größer ist die Anfälligkeit für Rechtsextremismus. Der Effekt wird noch verstärkt, wenn sich autoritäre Überzeugungen mit wirtschaftlich-sozialer und/oder politischer Unzufriedenheit zu kritischen Orientierungen gegenüber dem politischen oder ökonomischen System („systemkritisch“) addieren.

Bei der Ursachenanalyse ist also zwischen Faktoren zu unterscheiden, die der Ausbreitung des Rechtsextremismus eher Vorschub leisten, und zwischen solchen, die Rechtsextremismus eher abwehren. Eindimensionale bzw. einfaktorielle Aussagen ("Arbeitslosigkeit begünstigt Rechtsextremismus") werden der Realität kaum gerecht.
Zur Verdeutlichung ein Beispiel: Je moderner Arbeitsplätze ausgestaltet sind, um so geringer ist die Wahrscheinlichkeit, dass die Arbeitsplatzinhaber über rechtsextreme Einstellungen verfügen. Umgekehrt: Je unmoderner die Arbeitsplätze, desto größer die Wahrscheinlichkeit des Rechtsextremismus. Dabei handelt es sich um die viel zitierte Modernisierungsverliererthese, die insoweit auch mit unseren Daten bestätigt wird. Das Ausmaß des Rechtsextremismus hängt allerdings nicht nur vom Modernisierungsgrad, sondern auch von den sozio-politischen Orientierungen ab. Wenn ein Arbeitnehmer eine Tätigkeit ausübt, bei der er nicht mit modernen Technologien in Berührung kommt, aber über besonders ausgeprägte demokratische Überzeugungen verfügt, wird er kaum zum Rechtsextremismus neigen. Dagegen wird der Inhaber eines unmodernen Arbeitsplatzes dann extrem anfällig für rechtsextreme Angebote sein, wenn er nur schwache demokratische Überzeugungen, dafür aber starke autoritäre Überzeugungen hat.

Und so ist es eben auch möglich, dass Arbeitnehmer mit hoch modernen Tätigkeiten empfänglich für Rechtsextremismus sind (Modernisierungsgewinnerthese), dann nämlich, wenn sie stark autoritär disponiert oder sogar besonders systemkritisch eingestellt sind. Rechtsextremisten gibt es nicht nur unter Modernisierungsverlierern, sondern auch unter Modernisierungsgewinnern! Die Modernisierungsgewinnerthese wird in der Literatur fälschlicherweise zumeist alternativ zur Modernisierungsverliererthese diskutiert. Zutreffend ist, dass sich beide Thesen empirisch bestätigen lassen, dass beide aber nicht zum Kern der Ursachen des Rechtsextremismus vorstoßen. Denn Rechtsextremismus gründet sich auf einen komplizierten Wirkungszusammenhang vieler Faktoren, die sich gegenseitig verstärken, neutralisieren oder auch abschwächen können. Wenn jeder einzelne Faktor für sich genommen mit einer Rechtsextremismusskala in Beziehung gesetzt wird, ergibt sich zumeist ein hochsignifikanter (mehr oder weniger starker) Zusammenhang. Untersuchungen, die nur ein begrenztes Repertoire von Erklärungsfaktoren berücksichtigen, laufen daher Gefahr, einzelne Ursachen für Rechtsextremismus zu überschätzen, vor allem dann, wenn Erklärungsfaktoren unberücksichtigt bleiben, die Rechtsextremismus eher eindämmen.
Unsere Untersuchung stützt sich auf eine sehr breite Palette von möglichen Ursachen für Rechtsextremismus. Dabei korrelieren Erklärungsfaktoren aus dem Bereich des sozio-ökonomischen Status durchgängig schwächer mit Rechtsextremismus als sozio-politische Orientierungen. Die Bedeutung eines problematischen sozialen Status wird in der Literatur also zumeist erheblich überschätzt. Das bedeutet nicht, dass derartige Faktoren überhaupt keinen Beitrag zur Erklärung von Rechtsextremismus leisten, aber ihre Erklärungskraft ist vergleichsweise gering. Die Aussage "je unmoderner die Arbeitsplätze, desto größer die Wahrscheinlichkeit des Rechtsextremismus" ist zwar richtig, aber sie beschreibt eine Tendenz, die abweichende Fälle einschließt - beispielsweise Modernisierungsgewinner mit rechtsextremen Einstellungen.

Dies gilt entsprechend für die derzeit in der Industriesoziologie favorisierte These, dass Rechtsextremismus bei Arbeitnehmern vor allem durch die Prekarisierung der Beschäftigungsverhältnisse verursacht sei. Zwar liefern unsere Daten viel empirische Evidenz für die Prekarisierungsthese, aber auch hier gilt, was wir im Zusammenhang mit der Modernisierungsverliererthese ausgeführt haben: Ob und wie stark Arbeitnehmer in prekären Beschäftigungsverhältnissen zum Rechtsextremismus neigen, hängt von ihren sozio-politischen Orientierungen ab: Ein prekär beschäftigter Arbeitnehmer mit starken demokratischen Überzeugungen wehrt Rechtsextremismus eher ab. Wenn Prekarität aber mit autoritären Überzeugungen oder sogar mit systemkritischen Orientierungen verbunden ist, dann sind mit hoher Wahrscheinlichkeit starke rechtsextreme Neigungen vorhanden.
Kurzum: Die Anfälligkeit der Individuen für Rechtsextremismus hängt weniger davon ab, wie problematisch ihr sozialer Status ist, sondern vor allem davon, wie sie die aus ihrem sozialen Status resultierenden Probleme subjektiv verarbeiten. Unsere Befragungsergebnisse verweisen auf zwei unterschiedliche Verarbeitungsformen: selbstbewusstes und nachhaltiges demokratisches Engagement (in Gewerkschaften) oder Überantwortung des eigenen Schicksals an autoritäre Instanzen, die Macht und Stärke, Sicherheit und Ordnung verheißen.

Rechtsextremismus ist daher mit antidemokratischem Denken und Handeln, das die Eigengruppe (Rasse, Ethnie, Nation) bevorzugt oder für höherwertig erklärt und zugleich Fremdgruppen abwertet, diskriminiert oder ausgrenzt, nur unzureichend beschrieben. Zur Begriffsbestimmung gehört darüber hinaus, dass er für Ich-schwache, ängstliche, unsichere Individuen eine hohe Funktionalität bei der Bewältigung von Problemen hat, weil er Orientierungshilfe, Sinnstiftung, persönliche Anerkennung und Aufwertung, Schutz, Risikobewältigung und Privilegiensicherung verspricht.

Nach diesen grundsätzlichen Anmerkungen zur Ursachenanalyse widmen wir uns nun wieder dem Unterschied zwischen Gewerkschaftsmitgliedern und Nicht-Mitgliedern und gehen der Frage nach, warum Gewerkschafter aus der Mittelschicht anfälliger für Rechtsextremismus sind als Nicht-Mitglieder aus der Mittelschicht.

Zunächst gilt, dass sich Organisierte und Unorganisierte nicht prinzipiell hinsichtlich der Ursachen für rechtsextreme Einstellungen unterscheiden. Die Ausbreitung des Rechtsextremismus wird bei Mitgliedern und Nicht-Mitgliedern durch dieselben Faktoren begünstigt. Und auch für die Immunisierung gegen Rechtsextremismus sind bei Mitgliedern und Nicht-Mitgliedern dieselben Faktoren verantwortlich. Insofern handelt es sich bei Gewerkschaftsmitgliedern um ganz normale Menschen, bei denen die Anfälligkeit davon abhängt, wie sie ihre Statusprobleme subjektiv bewältigen.

Um die Unterschiede zwischen Organisierten und Unorganisierten zu ermitteln, müssen wir eine Schicht tiefer graben. Wir haben oben dargelegt, dass Rechtsextremismus aus einem komplizierten Wirkungsgeflecht von Faktoren erwächst, die sich gegenseitig verstärken, neutralisieren oder auch abschwächen können. Unsere Untersuchungen haben ergeben, dass für die rechtsextremen Einstellungen der verschiedenen Mitgliedergruppen spezifische Faktorenkonstellationen verantwortlich sind. Eine Eigenschaft haben allerdings alle Mitgliedergruppen, und darin unterscheiden sie sich eindeutig von den Unorganisierten: Sie sind - teilweise sogar wesentlich - stärker partizipatorisch orientiert als Nicht-Mitglieder (Grafik 3). Partizipatorische Orientierungen stellen geradezu ein Alleinstellungsmerkmal von Gewerkschaftsmitgliedern dar. Dabei handelt es sich - wie erwähnt - um die Verknüpfung von demokratischen Überzeugungen, einem eher linken Selbstverständnis und der Betonung nachhaltiger Interessenvertretung.

Da partizipatorische Orientierungen Rechtsextremismus stark eindämmen, müssten Gewerkschaftsmitglieder eigentlich vergleichsweise resistent gegen rechtsextreme Einflüsse sein. Das sind sie aber nur teilweise, weil eben noch andere Einflussfaktoren im Spiel sind, zum Beispiel „systemkritische“ Orientierungen (Grafik 4) oder eben auch Statusprobleme (Tabelle 2). Im Folgenden werden diese Faktoren gemeinsam für die drei Schichten betrachtet:

- Wie bereits dargestellt, neigen Angehörige der Unterschicht häufiger zu rechtsextremen Einstellungen als die Mittel- und die Oberschicht (Grafik 2). Sie verfügt nämlich über geringe partizipatorische, dafür aber über starke systemkritische Orientierungen, und ihr sozialer Status ist besonders problematisch. Dass Gewerkschaftsmitglieder in diesem sozialen Segment etwas weniger anfällig für Rechtsextremismus sind als Nicht-Mitglieder, liegt daran, dass sie stärker partizipatorisch orientiert sind und ihr sozialer Status etwas weniger gefährdet erscheint. Hinsichtlich der systemkritischen Orientierungen unterscheiden sich Organisierte und Unorganisierte nicht.
- In der Oberschicht findet Rechtsextremismus vergleichsweise wenig Zuspruch (Grafik 2). Sie stellt in Bezug auf die hier behandelten Erklärungsfaktoren das Gegenteil der Unterschicht dar: starke partizipatorische und geringe systemkritische Orientierungen sowie ein eher unproblematischer sozialer Status. Dass Gewerkschaftsmitglieder aus dieser Schicht noch etwas seltener rechtsextrem eingestellt sind als Nicht-Mitglieder, dürfte an ihrem überragenden partizipatorischen Impetus liegen, der ihre - im Vergleich zu den Unorganisierten - beträchtlichen systemkritischen Orientierungen und die wohl etwas stärkere Gefährdung ihres sozialen Status neutralisiert.
 
Grafik 3:
Starke partizipatorische Orientierungen bei Gewerkschaftsmitgliedern und Nicht-Mitgliedern nach objektiver Schichtzuordnung 2003 (in Prozent)



Grafik 4:
Starke systemkritische Orientierungen bei Gewerkschaftsmitgliedern und Nicht-Mitgliedern nach objektiver Schichtzuordnung 2003 (in Prozent)



Tabelle 2: 

Problematischer sozialer Status bei Gewerkschaftsmitgliedern und Nicht-Mitgliedern nach objektiver Schichtzuordnung 2003 (in Prozent)

 

Geringe Modernität des Arbeitsplatzes

Starke Prekarität des Beschäftigungsverhältnisses

Unterschicht

 

 

            Mitglieder

36

55

            Nicht-Mitglieder

46

57

Mittelschicht

 

 

            Mitglieder

22

27

            Nicht-Mitglieder

25

36

Oberschicht

 

 

            Mitglieder

11

16

            Nicht-Mitglieder

6

18


Lesebeispiel: 36 Prozent der Gewerkschaftsmitglieder und 46 Prozent der Nicht-Mitglieder aus der Unterschicht verfügen über einen durch geringe Modernität gekennzeichneten Arbeitsplatz.

- Abschließend betrachten wir die Mittelschicht, das soziale Segment also, in dem die Gewerkschaftsmitglieder anderthalb Mal so häufig rechtsextrem eingestellt sind wie die Nicht-Mitglieder. Ursächlich dafür ist nicht der soziale Status, denn der ist bei den Organisierten weniger bedroht als bei den Unorganisierten. Insbesondere die Beschäftigungsverhältnisse der Gewerkschaftsmitglieder sind deutlich weniger prekär als die der Nicht-Mitglieder. Ursächlich dafür sind auch nicht die partizipatorischen Orientierungen, denn sie sind bei den Mitgliedern stärker ausgeprägt als bei den Nicht-Mitgliedern. Die Lösung des Problems ist im Bereich der systemkritischen Orientierungen zu finden: Gewerkschaftsmitglieder sind fast anderthalb Mal so stark systemkritisch eingestellt wie Nicht-Mitglieder. Dieser Befund erklärt die vergleichsweise große Anfälligkeit der Mittelschicht-Gewerkschafter allerdings nur teilweise. Wir müssen noch eine Schicht tiefer graben und das Orientierungsmuster "systemkritische Orientierungen", das sich aus vielen einzelnen Erklärungsfaktoren zusammensetzt, genauer unter die Lupe nehmen. Dann zeigt sich, dass Gewerkschaftsmitglieder aus der Mittelschicht teilweise extrem unzufrieden mit den wirtschaftlich-sozialen und politischen Verhältnissen sind und dann zu heftiger Systemkritik, zu Fundamentalopposition und eben auch überproportional zum Rechtsextremismus neigen.

Dass gerade unter den Gewerkschaftern aus der Mittelschicht, vor allem unter organisierten Facharbeitern und verantwortlichen Angestellten, so große Frustration herrscht, lässt sich, wie auch die Ergebnisse der qualitativen Befragung zeigen, mit ihrer veränderten Rolle in den industriellen Beziehungen erklären:

Sie konnten sich lange Zeit als Träger (Funktionäre, Betriebsräte) und als Gewinner einer erfolgreichen Tarif- und Arbeitspolitik und als Nutznießer der wirtschaftlichen Prosperität begreifen. Diese herausgehobene Stellung scheint nun in Folge von Globalisierung, Modernisierung, Deregulierung und Unterbietungskonkurrenz ernsthaft gefährdet zu sein. Ihnen droht nicht nur erheblicher Status- und wohl auch Privilegienverlust (z.B. Abbau übertariflicher Leistungen); sie müssen auch mit ansehen, wie die früheren Erfolge der gewerkschaftlichen Politik, also ihre eigenen Erfolge, nun Stück für Stück demontiert werden, wie die Macht der Gewerkschaften Schritt für Schritt zurück gedrängt wird. In den Gruppendiskussionen wurde als Erklärung für die Neigung der Kolleginnen und Kollegen zum Rechtsextremismus besonders häufig die „Existenzangst“ auch der derzeit von Verschlechterungen (noch) gar nicht Betroffenen Kerngruppen der Beschäftigten genannt. Zugleich wurde vehement ein Verlust an Solidarität unter den Kolleg/innen beklagt.
Diese Verluste und Niederlagen äußern sich bei Teilen der organisierten Mittelschicht darin, dass sie ihre Schutzbedürfnisse nur durch eine nationalistische und ethnozentrische Politik gewährleistet sehen. Dass die Gewerkschaften heute weniger resistent gegen Rechtsextremismus sind, als sie es (offenbar) früher einmal waren, könnte daran liegen, dass die Anfälligkeit vor allem ihrer Mittelschicht-Mitglieder in den vergangenen 15 bis 20 Jahren zugenommen hat. Gerade die Angehörigen der Mittelschicht sind nicht nur in ökonomischer und sozialer Hinsicht, sondern auch als maßgebliche Akteure der Gewerkschaftspolitik von den umbruchartigen ökonomischen Veränderungen besonders betroffen.

Das Besondere an der gewerkschaftlich organisierten Mittelschicht besteht darin, dass sie in doppelter Hinsicht massive Ängste entwickelt, die sich gegenseitig noch verstärken dürften: Als Arbeitnehmern droht ihnen das Schicksal von sozialen Verlierern, als Gewerkschaftsmitgliedern droht ihnen das Schicksal von politischen Verlierern.
Darin unterscheiden sie sich von den beiden anderen Schichten: Angehörige der organisierten Unterschicht zählen zwar auch zu den Verlierern dieser Entwicklung. Aber sie verfügte schon immer über einen problematischen sozialen Status, und daher ist ihre "Fallhöhe" nicht so groß wie die ihrer Mittelschicht-Kollegen. Außerdem zählen die Gewerkschafter aus der Unterschicht zumeist zu den passiven Mitgliedern. Der Beitrag der Oberschicht zur Erfolgsgeschichte der Gewerkschaften dürfte zwar kaum geringer sein als der der Mittelschicht. Aus der Mittel- und aus der Oberschicht stammen immerhin 80 Prozent der Gewerkschaftsfunktionäre. Aber die Oberschicht-Gewerkschafter zählen nur zu den politischen, nicht aber zu den sozialen Verlieren. Denn ihr sozialer Status ist im Vergleich zu den übrigen Mitgliedergruppen kaum bedroht.

Welche Schlussfolgerungen können daraus gezogen werden?

Die Gewerkschaften haben nach 1945 in vorderster Front gegen die Nachwirkungen und gegen das Wiederaufleben des Faschismus in der Bundesrepublik gekämpft. Sie haben bereits bei der Einrichtung der DGB-Kommission Rechtsextremismus (1999-2000) erkannt, dass es sich dabei nicht mehr nur um ein externes Phänomen handelt. Nationalistisches und ethnozentrisches Denken hat mittlerweile auch Teile ihrer eigenen Mitgliederschaft erfasst. Sie sind also nicht mehr nur Akteur, sondern eben auch Adressat der Auseinandersetzung mit dem Rechtsextremismus.

Rechtsextreme Einstellungen unter Gewerkschaftsmitgliedern sind Ausdruck von tief greifenden politischen und wirtschaftlichen Veränderungen sowie von der Krise, in der sich die Gewerkschaften gegenwärtig befinden. Offensichtlich erreichen gewerkschaftliche Erklärungsmuster viele Mitglieder nicht. Rechtsextreme Gruppierungen besetzen solche Themenfelder, während gewerkschaftliche Positionen und Argumente bei vielen Mitgliedern offensichtlich nicht bekannt sind oder nicht angenommen werden. Wenn gewerkschaftliche Positionen nicht wahrgenommen werden und Mitglieder stattdessen betriebsbezogene, konkurrenzbedingte "Sachzwänge" akzeptieren oder gar rechtsextreme und fremdenfeindliche Parolen aufnehmen, geht die Chance einer solidarischen und demokratischen Verarbeitung der Probleme und Konflikte verloren.

Die Verluste und Niederlagen sind real, die Frustrationen und Ängste mithin verständlich. Da Rechtsextremismus funktional für die subjektive Verarbeitung von problematischen Lebenslagen sein kann, wird es kaum ausreichen, ihn allein mit dem moralischen Verweis auf den Nationalsozialismus ("Wehret den Anfängen!") zu bekämpfen. Vielmehr besteht die Herausforderung darin, eine gewerkschaftliche Praxis und Politik zu konzipieren, die an der Verarbeitung und Deutung von Erfahrungen und Ängsten ansetzt, vor allem wenn es um Probleme wie Arbeitslosigkeit, Outsourcing und Unterbietungskonkurrenz geht. Diese Praxis und Politik muss auf verschiedenen Ebenen, von der betrieblichen Interessenvertretung über die Bildungsarbeit, die Tarifpolitik, die gesellschaftliche Bündnispolitik und die Lobbyarbeit gegenüber Parlamenten und Regierungen, wirksam werden.

Der DGB und seine Gewerkschaften haben in den letzten Jahren eine Vielzahl neuer Initiativen – Aktionen, Kampagnen, Bildungsprojekte und Betriebsvereinbarungen – gegen Fremdenfeindlichkeit und Rechtsextremismus entwickelt. Wie diese Ansätze und unsere Ergebnisse zeigen, muss eine nur betrieblich ausgerichtete oder gar als Beiwerk angelegte Behandlung des Themas an den sozio-ökonomischen und sozio-politischen Realitäten rechtsextremer Einstellungen scheitern. Projekte und Bildungsansätze der Gewerkschaften, in denen Arbeitnehmer lernen, sich gegen Fremdenfeindlichkeit und Rassismus einzusetzen oder Toleranz, Gleichbehandlung, Zivilcourage und interkulturelles Lernen zu fördern, können ihre erhoffte Wirkung nicht erzielen, wenn rechtsextreme Einstellungen im Kontext von Handlungsperspektiven der gewerkschaftlichen Interessenvertretung nicht offen angegangen werden. Wie gesellschaftliche und sozio-ökonomische Konflikte wie Globalisierung, Outsourcing, Unterbietungskonkurrenz und Standortverlagerungen von Gewerkschaftsmitgliedern verstanden und verarbeitet werden und welchen Einfluss gewerkschaftliche Analysen und Handlungsperspektiven haben, ist nach unseren Erkenntnissen entscheidend dafür, ob sich rechtsextreme Einstellungen entwickeln und wie verbreitet sie in der Mitgliederschaft sind. Nach den Befunden unserer Untersuchung sind folgende Erkenntnisse für das Handeln der Gewerkschaften in dieser Frage wichtig:
- Gewerkschaften können nur dann gegen Rechtsextremismus wirksam sein, wenn sie sich deutlich als Wertegemeinschaft – und nicht nur als Arbeitsmarktkartell oder gar als Dienstleistungsunternehmen zur individuellen Förderung ihrer Kunden/Mitglieder – verstehen und dies auch in der Binnen- und in der Außenkommunikation deutlich machen. Dazu gehört insbesondere das Eintreten für die Verbindung der Werte „soziale Gerechtigkeit“ und „Demokratie“ als Grundlage gewerkschaftlichen Handelns.

- Inhaltlich verknüpft mit der Ausrichtung der Gewerkschaften als Wertegemeinschaften ist die Aktivierung und Ermöglichung von Partizipation. Eigenaktivität bzw. die Förderung einer partizipatorischen Orientierung, die sich in unserer Untersuchung als besonders starkes Bollwerk gegen rechtsextreme Einstellungen erwiesen hat, kann nicht nur durch Bildungsarbeit gestärkt werden. Wenn es richtig ist, dass die Arbeitnehmer und die Gewerkschaftsmitglieder nichts besser von rechtsextremen Deutungsangeboten und Versuchungen fernhält als die Erfahrung, durch eigene Tätigkeit und Mitbestimmung in Betrieb, Gewerkschaft oder Politik etwas bewirken, erreichen, verändern zu können, dann steht diese Erkenntnis quer zur von den meisten Funktionären beklagten und von vielen als unabänderbar angesehenen Praxis des Stellvertreterhandelns für passive und nur an individueller Nutzenmaximierung interessierte Mitglieder. Leitbild könnte das starke, solidaritätsfähige Individuum sein. (Ein Parolenvorschlag: „Nur starke Individuen sind solidaritätsfähig. Nur solidarische Individuen sind stark.“)

- Als strategische Zukunftsaufgabe gehört das Thema „Anfälligkeit für Rechtsextremismus“ offensiv in den "mainstream" der gewerkschaftspolitischen Analysen, Bildungs- und Handlungsansätze. Ein Vorgehen als Beiprogramm mit Sonderstatus bleibt wirkungslos.
- Eine durchgehende Erkenntnis sowohl der quantitativen als auch der qualitativen Untersuchungen unseres Projekts ist der Zusammenhang zwischen autoritären Persönlichkeitsstrukturen, verbunden mit Rigiditäten im Denken, und rechtsextremen Einstellungen. Zur Rigidität gehört die Bereitschaft, "einfache" Lösungen für komplexe Probleme und Veränderungen der Lebenslage zu suchen. Rigidität wird gefördert durch ein Denken in Sachzwängen und „Alternativlosigkeiten“ – ob auf der betrieblichen oder der gesamtgesellschaftlichen Ebene. Gewerkschaften hätten dem entgegen zu treten: In der Politik durch ein Bestehen auf Alternativkonzepten und in der Bildungsarbeit und Bildungspolitik durch Förderung der Fähigkeit zu differenzierter Analyse und selbständiger Urteilsbildung.

- Gerade im Hinblick auf die Europäisierung der Märkte und die Notwendigkeit ihrer politischen Regulierung wird die grenzüberschreitende Zusammenarbeit an Bedeutung für die Behandlung von herausfordernden Themen wie Rechtsextremismus gewinnen. Vergleichende Daten verschiedener EU-Länder zeigen deutlich, dass Rechtspopulismus und rechtsextreme Einstellungen europaweite Phänomene sind, deren Bekämpfung einer ebenso breiten Perspektive bedarf.

Das Ziel von Gegenmaßnahmen sollte vor allem darin bestehen, die rechtsextreme Reaktion als hilflose und perspektivlose Flucht vor der Freiheit, der Verantwortung und der Selbsttätigkeit zu entlarven und als Alternative das kollektive, solidarische und demokratische Engagement zu stärken. Gewerkschaftsmitglieder sollten für diese Argumentation empfänglich sein, weil ihre Mentalität - anders als die der Nicht-Mitglieder - besonders stark demokratisch-partizipatorisch geprägt ist.
 

Editorische Anmerkungen

Das Forschungsprojekt (Laufzeit 2003/04) wurde von der Hans-Böckler-Stiftung und der Otto-Brenner-Stiftung gefördert. Mitarbeiter waren Michael Fichter, Joachim Kreis, Günter Pollach, Richard Stöss und Bodo Zeuner (Sprecher). Die hier mitgeteilten Daten sind dem umfangreichen Abschlussbericht entnommen und beruhen auf vier disproportional geschichteten Stichproben (je rund 1000 Gewerkschaftsmitglieder in Westdeutschland und Ostdeutschland sowie je rund 1000 Nicht-Mitglieder in beiden Landesteilen). Befragt wurden insgesamt 4008 Personen. Ergänzend wurde im Frühjahr 2004 eine qualitative Studie in Form von 10 Gruppendiskussionen mit 58 Funktionsträger/innen von DGB-Gewerkschaften durchgeführt.

Der vorliegende Text erschien in
einblick 12/05, 20.06.2005 und  ist eine Spiegelung von http://www.einblick.dgb.de/archiv/0512/tx051202.htm

Der komplette Abschlußbericht (gewrex.zip 3,8 MB)
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