Sonderthema
Neuwahlen & "Links"partei

Offener Brief an "Linkspartei"

07/05

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onlinezeitung
Liebe Freundinnen und Freunde, liebe Genossinnen und Genossen,

im September gibt es vorgezogene Neuwahlen, der Wahlkampf hat bereits begonnen. Mit der WASG/PDS tritt bei diesen Wahlen eine politische Kraft an, die sowohl im eigenen Selbstverständnis als auch in der medialen Öffentlichkeit als "die Vereinigte Linke" wahrgenommen wird. Wahlkampfaussagen dieses Parteienbündnisses werden in großem Maße definieren, was in der breiteren Öffentlichkeit als linke Position gilt.

Wir halten es daher für politisch sinnvoll zu versuchen, auf die Wahlkampfaussagen der PDS/WASG soviel Einfluss wie möglich zu nehmen. Wir halten die Bedingungen dazu im Moment aus mehreren Gründen für günstig.

Erstens, weil außer "gegen Hartz IV" bis jetzt so gut wie keine programmatischen Aussagen gemacht wurden. Zweitens, weil es in beiden Parteien Kräfte gibt, die beim Kampf gegen rechte Wahlkampfparolen Lafontaines Unterstützung in Form politischer Äußerungen „von der Basis“ brauchen können. Drittens, weil es für die PDS/WASG durchaus interessant ist, die außerparlamentarische Linke als Wählerinnenreservoir zu erschließen.

Wir haben daher einen offenen Brief formuliert, in dem wir die PDS/WASG auffordern, zu einigen Forderungen sozialer Bewegungen Farbe zu bekennen, wenn sie ihrem Anspruch als parlamentarische Linke gerecht werden wollen. Es handelt sich dabei um Forderungen, die sowohl Teil eines linken/linksradikalen Grundkonsenses sind, als auch von der PDS/WASG im Wahlkampf vertreten werden könnten. Wir wollen diesen offenen Brief von einem möglichst breiten Spektrum sozialer und politischer Basisorganisationen und aktiver Einzelpersonen unterzeichnen lassen, um diesen Forderungen Nachdruck zu verleihen.

Es geht uns nicht darum, eine Wahlempfehlung auszusprechen oder gar Hoffnungen auf die parlamentarische Politik einer möglichen PDS/WASG Fraktion zu wecken. Wir kennen die Resultate einer Regierungsbeteiligung der PDS. Worum es uns geht, ist eine strategische Intervention in den Wahlkampf, um einige zentrale linke Forderungen wirkungsvoller in der öffentlichen Debatte zu platzieren, als wir das nur mit unseren
Aktionen alleine könnten – und darum, diejenigen Kräfte in beiden Parteien zu stärken, die für eine linke Politik stehen.

In diesem Sinne bitten wir Euch, den offenen Brief als Gruppe zu unterzeichen und ihn weiter zu verbreiten. Rückmeldungen bitte möglichst bald an fels@nadir.org.

Wir planen, den Brief einige Tage vor dem außerordentlichen PDS Bundesparteitag, der am 17. Juli in Berlin stattfinden soll, zu veröffentlichen. ErstunterzeichnerInnen sollten sich daher bis spätestens 10. Juli bei uns gemeldet haben. Danach wird es weiterhin die Möglichkeit geben, sich auf einer Homepage als UnterzeichnerIn registrieren zu
lassen.

Mit antifaschistischen Grüßen

Antifaschistische Linke Berlin,
Für eine linke Strömung (FelS, Berlin)

 



Offener Brief sozialer und politischer Basisorganisationen an die PDS und WASG

Wir, die unterzeichnenden Gruppen, Organisationen, Initiativen und Einzelpersonen, waren auf die eine oder andere Weise an nahezu allen linken Bewegungen, Mobilisierungen, Kampagnen und Protesten der vergangenen Jahre beteiligt. Bei diesen Aktivitäten
haben wir uns oft mit der Basis und den AktivistInnen der PDS oder der WASG bewegt, vielleicht genauso oft waren nur wir da. Wir sind diejenigen, die in vielen Orten und Städten eine Politik von unten im Alltag erfahrbar machen und Projekte sowie Strukturen aufrecht erhalten.

Parteien und soziale Bewegungen fußen auf verschiedenen Herangehensweisen, sie sind und bleiben zwei unterschiedliche Realitäten. Diese gilt es wahrzunehmen. Nichtsdestotrotz begrüßen wir den Zusammenschluss von PDS und WASG zur Linkspartei. Wir hoffen, dass dieser Schritt dazu beiträgt, linke Positionen insgesamt zu stärken und damit auch die Rahmenbedingungen unserer Arbeit zu verbessern.

Auch die deutliche Positionierung von PDS und WASG für die Abschaffung der Hartz IV-Gesetze begrüßen wir. Die Forderung nach der Einführung eines angemessenen
Grundeinkommens sehen wir als die richtige Antwort auf die momentane neoliberale Politik an.

Die Thematisierung der sozialen Frage darf allerdings auf keinen Fall auf dem Rücken anderer ausgetragen werden. Rassistische, diskriminierende und nationalistische Untertöne haben in linken Parteien keinen Platz.

Wir fordern Euch daher auf, im Wahlkampf und im politischen Alltag deutlich und wahrnehmbar die folgenden Punkte zu propagieren:

  • Die Ablehnung der aktuellen Ausbürgerungen von über hunderttausend Menschen, die einen Doppelpass besitzen.
  • Die Ablehnung und Abschaffung von Residenzpflicht
  • Die Auflösung aller Abschiebelager
  • Die Ablehnung von Abschiebungen
  • Die Forderung nach einer freien Gesundheitsversorgung für alle in Deutschland lebenden Menschen – also auch für Illegalisierte
  • Das Recht auf Legalisierung des Aufenthalts für alle illegal hier lebenden Menschen

Wir fordern Euch auf, rassistischer und nationalistischer Stimmungsmache entschieden entgegenzutreten!


Unterzeichner:

  • Dr. Sabah Alnasseri (Politikwissenschaftler, Unis Frankfurt am Main und Kassel),
  • Antifaschistische Linke Berlin, arranca! – linke Zeitschrift,
  • AVANTI – Projekt undogmatische Linke,
  • Günter Bell (Uni Dortmund, Sozialistisches Forum Rheinland, attac Arbeitskreise
    „Antisemitismuskritik“ und „Umfairteilen!“, Köln),
  • Dr. Mario Candeias (Uni Jena, InkriT, Das Argument), Für eine linke Strömung (FelS, Berlin),
  • Thomas Fritz (Berliner Landesarbeitsgemeinschaft Umwelt und Entwicklung – BLUE 21), Friederike Habermann (BUKO – Bundeskoordination Internationalismus),
  • Dorothea Härlin (attac-Rat),
  • Kurt Haymann (attac München),
  • Michael Hoffmann (Politikwissenschaftler),
  • Informationsbüre Nicaragua, Philipp Jacks (attac-Rat),
  • Michael Jäger (Redaktion Freitag),
  • JungdemokratInnen/Junge Linke Aachen,
  • Olaf Kaltmeier (Zeitschrift Peripherie),
  • Daniel Loick (Vorstand DemoPunk e.V., Frankfurt am Main),
  • Medizinische Flüchtlingshilfe Bochum e.V.,
  • Dieter Meissner (Naturwissenschaftler-Initiative, Internationale Network of Engineers and Scientists for Global Responsibility – INES, Wels/Österreich),
  • Kolja Möller (DGB Landesjugendvorstand Hessen),
  • Werner Rätz (Informationsstelle Lateinamerika, attac Deutschland, KO-Kreis),
  • Knut Rauchfuss (Arzt, Bochum),
  • Nikolaus Roth (Betriebsrat, Bayer AG Leverkusen),
  • Matthias Schmitz (Münster),
  • Alfred Schobert (Duisburger Institut für Sprach- und Sozialforschung e.V. – DISS),
  • Claus Schreer (Münchner Bündnis gegen Krieg und Rassismus),
  • Werner Schuren (Projekt Soziallotse, Winsen/Luhe),
  • Asadeh Shahyar (attac Köln),
  • Thomas Seibert (attac-Rat), Redaktion SoZ – Sozialistische Zeitung

Kontaktadresse:

FelS / ALB
c/o Schwarze Risse
Gneisenaustrasse 2a
10961 Berlin
http://www.fels-berlin.de
http://www.antifa.de
fels@nadir.org

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Editorische Anmerkungen

Der Text ist gespiegelt von http://ainfos.de/
und es gibt dazu eine eigene Website:
http://www.offener-brief-an-linkspartei.de/

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