Monetäre Werttheorie als Preistheorie
Geld und Wert bei Michael Heinrich

von Guenther Sandleben

06-2013

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Seit einiger Zeit ist eine Werttheorie im Gespräch, die sich das Attribut monetär zugelegt hat und von sich behauptet, in der Tradition einer wirklichen Kritik der politischen Ökonomie zu stehen, die gänzlich mit der klassischen politischen Ökonomie gebrochen habe. Ihr Autor ist Michael Heinrich. Nun weiß man, dass es gerade die Klassik war, die die Arbeitswertlehre entwickelte, auf deren Grundlage sie erst den inneren Zusammenhang der bürgerlichen Gesellschaft thematisieren konnte. Max sah deshalb in der Klassik den wissenschaftlichen Höhepunkt der bürgerlichen politischen Ökonomie und knüpfte kritisch an deren Werttheorie an.

Es ist gerade diese Werttheorie, die Heinrich verwirft. Seiner Meinung nach muss der „Bruch mit dem theoretischen Feld der klassischen politischen Ökonomie“ die von Marx entwickelte Werttheorie soweit einschließen, wie sie „klassische Überreste“ enthalte. Heinrich spaltet deshalb die Marxsche Werttheorie in einen brauchbaren monetären Teil, worin das Geld eine große Rolle spielt, und in einen nicht monetären, klassischen Teil, den er als „Verkürzung des traditionellen, ‚weltanschaulichen’ Marxismus“ ablehnt. Einer solchen Aufspaltung liegt die These zugrunde, dass die Marxsche Argumentation „ambivalent“ und zum Teil inkonsistent sei, dass sie zwischen einer monetären und einer prämonetären Werttheorie hin und her schwanke. Als Resultat seiner Bemühungen stellt Heinrich eine um die klassischen Elemente bereinigte monetäre Werttheorie auf, von der er behauptet, dass dort die „monetären Aspekte der Marxschen Wert- und Kapitaltheorie“ herausgearbeitet sind. Stimmt Heinrichs Vorwurf, dass die Marxsche Werttheorie ambivalent und inkonsistent ist und wie ist die monetäre Werttheorie zu beurteilen, die Heinrich durch Revision der Marxschen Werttheorie aufstellt?

1. Grundzüge der monetären Werttheorie und Unterschiede zur Marxschen Auffassung

Es fällt schwer, Gemeinsamkeiten von monetärer und Marxscher Werttheorie zu fixieren. Wenn wir in das Marxsche Kapital Band 1 hineinsehen, und nur die Überschrift des ersten Absatzes des Warenkapitels nehmen, wo es heißt, „Die zwei Faktoren der Ware: Gebrauchswert und Wert (Wertsubstanz, Wertgröße)“, liegt der Vorwurf aus dem Lager der monetären Werttheorie bereits in der Luft, Marx habe wie die Klassik den Wert als etwas Substanzhaftes bestimmt, ohne das Geld zu berücksichtigen. Mag man hier noch die Unterschiede durch die „Neue Marx-Lektüre“ wegdeuten, um sich auf diese Weise ein Stück Legitimation zu bewahren, spätestens nach der Marxschen Darstellung von Wert und Wertform dürfte eine monetär ausgelegte Lesart des Marxschen Kapitals kaum mehr möglich sein.


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Editorische Hinweise

Wir erhielten den Text vom Autor zur Zweitververöffentlichung. Erstveröffentlicht wurde er in: „Sozialismus”, Heft Nr. 10, Oktober 2008, 35. Jahrgang, Heft Nr. 325,